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Coupé-Triell: Opel Calibra gegen Nissan 200 SX & VW Corrado

AUTO ZEITUNG

Rückblick auf den Vergleichstest der AUTO ZEITUNG Heft 15/1990: Medienrummel und Käuferansturm adeln Opels Calibra zum Auto-Ereignis des Jahres. Um zu zeigen, was er tatsächlich auf dem Kasten hat, stellte er sich zwei etablierten Konkurrenten.

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Inhalt
  1. Der Opel Calibra greift VW Corrado und Nissan 200 SX an
  2. Der Calibra liefert einen cW-Wert von 0,29
  3. Nissan lockt mit Turbo- und Vierventil-Technik
  4. Der Corrado glänzt mit G-Lader
  5. Opel setzt mit dem Calibra neue Maßstäbe
  6. Technische Daten von Nissan 200 SX, Opel Calibra 2.0i 16V und VW Corrado G60

Für die Deutschen ist 1990 das Jahr der Lust. In verschiedenen Erscheinungsformen wird die Lust mediengerecht diagnostiziert: die Lust am Kind ("Stern"), die Lust am geeinten Vaterland ("Bild"), die Lust am Fußball (ARD/ZDF). Den Nachweis für die erwachte Lust an sportlichen Coupés liefert die Zulassungsstatistik des Kraftfahrt-Bundesamtes. VW Corrado und Konsorten melden Monat für Monat Verkaufserfolge, und mit dem Erscheinen des Calibra von Opel werden die Zulassungszahlen in diesem Segment gleichermaßen steigen wie die Erträge der Rüsselsheimer:innen. Um zu zeigen, was in ihm steckt, soll der mit Vorschußlorbeeren bedachte jüngste Opel in der 150 PS (110 kW) starken Zweiliter-16V-Version für 39.800 Mark gegen zwei etablierte Konkurrenten antreten: Nissan 200 SX, 169 PS (124 kW), 41.595 Mark und VW Corrado, 160 PS (118 kW), 43.700 Mark.
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Der VW ID.7 GTX (2024) im Check (Video):

 
 

Der Opel Calibra greift VW Corrado und Nissan 200 SX an

1988 preschten die Wolfsburger:innen mit dem Corrado im Segment der sportlichen Coupés vor – im Verständnis der Hersteller eine "Nische" – und etablierten sich im letzten Jahr sogleich als Marktführer. 10.610 Einheiten wurden 1989 hierzulande verkauft, in dem Jahr, in dem der 200 SX von Nissan auf dem deutschen Markt debütierte, um als Erbe des glücklos in der Verkaufsstatistik agierenden Silvia Turbo für Furore zu sorgen. 3237 Verkäufe unterstrichen diese Ambitionen. In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres wurden schon 1588 SX verkauft, sein Konkurrent Corrado wurde im gleichen Zeitraum 3139 Mal ausgeliefert.

Der VW Corrado G60 fahrend von schräg vorne fotografiert.
AUTO ZEITUNG Archiv

Das Erscheinen des Opel Calibra wird das Geschäft der Etablierten nicht erleichtern, denn Opel meldet schon vor Beginn der ersten Auslieferungen berstende Auftragsbücher. Schnell wurde das jährliche Produktionsziel von 40.000 Calibra um 20.000 nach oben korrigiert. Nachdem sich GM bei Saab eingekauft hat, dürfen nun sogar finnische Kollegen im schwer artikulierbaren Uusikaupunki Calibra montieren. Friedrich W. Lohr, Opels Technik-Vorstand, kommentiert diese Entwicklung mit gewissem Hintersinn: "Die Nischen-Autos gewinnen zunehmend an Bedeutung – und 60.000 Autos pro Jahr sind schon eine ziemlich große Nische."

Dass Opel 1989 mit seinem Sportcoupé auf der Automobilausstellung in Frankfurt ein Medienereignis glückte, darauf lässt nicht nur der Auftragseingang schließen. Opel gibt sieben Monate Lieferfrist zu, gemunkelt wird bereits von 70.000 Verkäufen – mehr als eine Jahresproduktion. Selten wurde ein neues Auto von den Medien mit solch vorbehaltlosem Lob überschüttet. Nicht einmal der "Spiegel" wollte mit hausüblicher Häme am glatten Kleid des Rüsselsheimers ätzen und zollte dem Calibra unter dem Titel "Starkes Kaliber" über mehr als eine Seite artiges Lob. Dass die Techniker:innen der einzelnen Hersteller lieber an der Verwirklichung eines Coupé-Projektes werkeln als an der nächsten Generation der knapp kalkulierten Brot-und-Butter-Massenartikel, geben sie unumwunden zu.

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Die drei Coupés könnten verschiedener nicht sein

Josef Schulze, Chef-Aerodynamiker bei Opel: "Nicht zuletzt die Vorgabe des Vorstandes, beim Calibra einen weltmeisterlichen cW-Wert zu schaffen, versetzte uns in die Lage, Lösungen zu verwirklichen, die bei einem Vectra aus kalkulatorischen oder fertigungstechnischen Gründen gestrichen worden wären." Bei Coupés darf es gerne etwas mehr sein, die Kundschaft zahlt williger; denn sie hats, wie die Marketingabteilung bei Nissan ermittelte. Sie zeichnet das Profil eine:r Coupé-Käufer:in, der:die sich beispielsweise für den 200 SX entscheidet, folgendermaßen: zu 80 Prozent männlich, durchschnittlich 45 Jahre alt, in jedem zweiten Fall selbständig. Der Haushalt umfasst meist zwei Verdienende, selten noch eine dritte Person. Monatlich stehen netto 8800 Mark zur Verfügung.

Mit rund fünf dieser Beträge muss das Sparschwein angefüttert werden, wenn die Kaufentscheidung für einen der Testkandidaten fällt. Wer modernen Autos nicht ohne Grund eine Vereinheitlichung der Gestaltung unterstellen möchte, muss im Falle der drei Coupés eine Ausnahme von der Regel sehen: Verschiedener können drei Vertreter einer Fahrzeugklasse kaum anmuten. Ohne Wenn und Aber markiert der Calibra den gestalterischen Höhepunkt innerhalb des Trios. Seine Form wirkt nicht nur am modernsten, sondern gerade im Vergleich mit der des Corrado fast eine Klasse erwachsener. Kein Wunder, denn der Opel ist rund 40 cm länger als der VW.

Der Opel Calibra 16V fahrend von schräg vorne fotografiert.
Foto: AUTO ZEITUNG Archiv
 

Der Calibra liefert einen cW-Wert von 0,29

Doch Opel renommiert beim Jüngsten weniger mit dem gefälligen Design als vielmehr mit einem weltmeisterlichen cW-Wert, der mit 0,26 angegeben wird. Nicht, dass die Seriosität der Rüsselsheimer:innen Anlass zu ernsten Zweifeln gäbe. Nach dem bewährten Leninschen Prinzip, dass Vertrauen gut, Kontrolle aber besser sei, schien es jedoch angebracht, einen Termin im Windkanal bei Ford anzuberaumen, um dem Calibra auf neutralem Boden die Gegenprobe zum Rekordversprechen abzufordern. Die Ermittlung des cW-Wertes unseres Testwagens betreiben die Ford-Mannen völlig unverkrampft, zumal den Kölner:innen derzeit ein direktes Konkurrenzmodell zum Calibra völlig fehlt. Daß der Ausdruck der computergesteuerten Messmimik dem Calibra einen cW-Wert von 0,29 bescheinigt, darf keinesfalls als Vorspiegelung falscher Tatsachen verstanden werden.

Der getestete Calibra 16V steht auf breiteren Reifen als die Basis, und "ein Unterschied von ein, zwei Hundertstel hinter dem Komma ergibt sich beim cW-Wert schon aus den Schwankungen in der Karosseriefertigung", weiß Alfons Gilhaus, Leiter der Pkw-Aerodynamik bei Ford. Seine Anerkennung für die Arbeit der Opel-Kolleg:innen mündet in der Feststellung: "Ein cW-Wert von 0,29 ist das Beste, was wir hier bislang bei einem Serienfahrzeug ermittelt haben." Zu einer angenehmen Überraschung führt das wissenschaftliche Windspiel auch beim Nissan, dessen angegebener cW-Wert von 0,30 exakt erreicht wird. Die 0,33 des Corrado erschienen da weniger spektakulär, doch kann sich auch dieser Wert im Vergleich mit dem anderer moderner Autos durchaus im vorderen Feld einordnen.

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VW und Opel mit Mittelklasse-Ambiente im Cockpit

Bei der Zubereitung des Cockpits folgen zumindest die beiden deutschen Hersteller demselben Rezept. Sie verordnen ihren sportlichen Coupés das Ambiente ihrer Mittelklasse-Massenware. Im Klartext: Das Armaturenbrett des Corrado umweht der unverfälschte Hauch des Passat, der Calibra-Lenkende blickt auf reinrassiges Vectra-Ambiente. Wenn sich beim direkten Vergleich auch über Geschmack trefflich streiten lässt, so wird doch der Innenraum des Calibra dem Anspruch, den man an ein sportliches Coupé stellt, eindeutig am ehesten gerecht. Hier wurde letztendlich die Abstimmung von Farben, Stoffen und Formen am konsequentesten durchgeführt, der Abstand zur artverwandten Mittelklasse ist dadurch ausreichend gewahrt. Der japanische Konkurrent vertraut auf individuelle Form- und Farbgebung im Innenraum, doch bleibt stets der Eindruck, dass die nüchtern-sachliche Atmosphäre etwas mehr gestalterischen Pfiff vertragen könnte.

 

Nissan lockt mit Turbo- und Vierventil-Technik

Mindestens 150 PS (110 kW), mindestens 220 km/h Spitze sind angesagt, wenn das Trio seine Muskeln misst. Einheitsdenken ist den Technikern im Bereich unter der Motorhaube gänzlich fremd. Hier geben drei Hersteller drei ganz unterschiedlichen Konzepten den Vorzug. Den größten Aufwand betreibt Nissan. Den Gasdurchsatz des längs eingebauten Vierzylinders mit 1,8 l Hubraum vollziehen je zwei Ein- und Auslassventile pro Verbrennungseinheit, gesteuert von zwei obenliegenden Nockenwellen. Mit elektronischer Zündung, Turbo und Ladeluftkühlung wird die respektheischende Leistungsausbeute von 169 PS (124 kW) erzielt.

Den gleichen Hubraum bemüht auch VW beim Corrado. Hier ist der Zweiventiler jedoch quer eingebaut und wird mit einem mechanischen G-Lader zur Abgabe von standesgemässen 160 PS ermuntert. Opel schenkt dem Zweiliter-Sechzehnventiler mit 150 PS das Vertrauen. Die Art der Gemischaufbereitung trägt der Ansaugtrakt mit einem schreienden Logo zu Markte: "SFI" steht für "Sequential Fuel lnjection", was eingedeutscht „taktweise Einspritzung“ bedeutet. So unterschiedlich wie das Konzept lautet, so unterschiedlich agieren die Maschinen auch in der Praxis. Beim Nissan fällt das Turboloch recht milde aus, doch kommt ab 3500/min noch einmal richtig herzerfrischender Schub.

Nissan 200 SX
Foto: AUTO ZEITUNG Archiv
 

Der Corrado glänzt mit G-Lader

Nachdem VW die Übersetzung des G-Laders geändert hat, ist dem Corrado nunmehr ein müdes Ansprechen nicht mehr anzukreiden. Der aktuelle Motor steht schon im Drehzahl-Keller gut im Futter. Opels sportlicher Vierzylinder dokumentiert eindeutig die Absage an die weiche Welle. Den Biss, den das Triebwerk an den Tag legt, artikuliert es auch akustisch. Die Fans werden einen "echt guten Sound, ey" erkennen, das empfindlichere Ohr dagegen darf in Massen indigniert reagieren. Der fahrerische Alltag mit den Testkandidaten konfrontierte den Tester ständig mit einem Interesse am Calibra, das er sonst nur mit feuerroten Spielmobilen aus der deutlich sechsstelligen Preisklasse erlebt.

Ein Beispiel: Die 130- km/h-Passage der Verbrauchsfahrt veranlasste mehrfach die engagiert motorisierte Landjugend – sie war unterwegs, das Wochenende mit dem Besuch der Grossstadtdisco zu krönen – das Tempo ihrer Golf GTI oder 3er-BMW der frühen Achtziger durch vehementes Bremsen dem Tempo des Testwagens anzupassen. Denn dadurch bekam die zumeist vielköpfige Besatzung Gelegenheit, einen ausgiebigen Blick auf den neuen Opel zu werfen. Jede dieser Begegnungen endete damit, dass das zur Vergnügungsstätte weitereilende fachkundige Publikum die Daumen emporreckte. Und der zurückbleibende Tester kam zu dem Schluß: Mit dem Nissan oder dem Corrado wäre dir das nicht passiert.

 

Opel setzt mit dem Calibra neue Maßstäbe

Doch nicht nur der äußere Eindruck des Calibra ist positiv. Nach Versuchsfahrten auf dem Testgelände, nach Messungen und Tausenden Alltagskilometern ist klar: Der Opel ist der neue Maßstab in der Klasse der kompakten Coupés. Er lässt sich im Motor-Kapitel von den aufgeladenen Konkurrenten nicht abhängen, hat das beste Fahrwerk und ist preiswert – ein klarer Sieg. Der VW Corrado, im Vorjahr noch hinter dem Nissan rangierend, zeigt sich in puncto Motor-Charakteristik und Ausstattung stark verbessert. Was stört, sind die hohen Kosten. Der Nissan verlangt seinem Besitzenden finanziell noch mehr ab. Er ist nicht zurückgefallen, aber die deutsche Konkurrenz hat nicht geschlafen. Auf seine Art ist jedes der drei Coupés ein gutes, in Maßen vernünftiges Auto. Und Fahrvergnügen vermitteln diese Autos in reichem Maß.
Von Thomas Lang, Manfred Daun und Klaus-Achim Peitzmeier

 

Technische Daten von Nissan 200 SX, Opel Calibra 2.0i 16V und VW Corrado G60

Classic Cars 02/2025Nissan 200 SXOpel Calibra 2.0i 16VVW Corrado G60
Zylinder/Ventile pro Zylin.4/4; Turbo4/44/2; Spirallader
Hubraum1809 cm³1998 cm³1781 cm³
Leistung124 kW/169 PS110 kW/150 PS118 kW/160 PS
Max. Gesamtdrehmoment bei224 Nm 4000/min196 Nm 4800/min225 Nm 4000/min
Getriebe/Antrieb5-Gang-Getriebe/Hinterrad5-Gang-Getriebe/Vorderrad5-Gang-Getriebe/Vorderrad
L/B/H4535/1690/1290 mm4492/1688/1320 mm4050/1675/1320 mm
Leergewicht1200 kg1195 kg1155 kg
Bauzeit1989-19931989-19971988-1995
Stückzahlk.A.ca. 240.00097.521
Beschleunigung
null auf 100 km/h
8 s8,7 s8,5 s
Höchstgeschwindigkeit229 km/h224 km/h224 km/h
Verbrauch auf 100 km13 l S9,6 l S12,2 l S
Grundpreis (Jahr)41.595 Mark (1990)39.800 Mark (1990)43.750 Marl (1990)

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