Neuer Porsche Mission R (2021): Erste Testfahrt
So fährt der neue Mission R
Im September 2021 noch war der neue Porsche Mission R nicht viel mehr als ein Traum. Doch hier und heute wird er wahr: Ausgerechnet in Hollywood startet der elektrische Rundstreckenrenner zur ersten Testfahrt. Und zwar nicht auf der Leinwand, sondern auf Asphalt.
Die erste Testfahrt im neuen Porsche Mission R (2021) zeigt: In Hollywood werden Träume war. Und das gilt nicht nur in der Welt von Steven Spielberg oder George Clooney, sondern auch für Matthias Scholz. Als Entwicklungsleiter für die GT-Rennwagen ist er auch der Kopf hinter dem Mission R, mit dem Porsche die Angst vor der elektrischen Zukunft nehmen will. Ein Jahr lang hat sein Team an dem Rundstrecken-Renner gearbeitet, bevor er auf der IAA 2021 in München seine Premiere gefeiert hat. Und wer den Tiefflieger unter Strom beim Roll-Out noch für eine schleichende Studie hielt, der hat die Rechnung ohne die Renningenieur:innen gemacht. Denn hier und heute bitten sie zur ersten Testfahrt. Die Fabrik für diesen Traum steht zwar in Flacht (Weissach), wo Porsche traditionell seine Rennwagen baut. Doch in Erfüllung geht er im brandneuen Porsche Experience Center vor den Toren Hollywoods. In einem schmucklosen Industriegebiet zwischen Freeway und Flughafen haben sie eine Strecke hingeskribblet, die es in sich hat: keine drei Kilometer lang, dafür aber eng, verschlungen, hügelig und wie gemacht für den nur 4,24 Meter langen und 1,19 Meter flachen Zweisitzer, der gerade noch am Ladekabel steht. Während sich die Akkus, die dort montiert sind, wo beim Porsche sonst der Motor steckt, hinter den Sitzen die letzten Milliwattsekunden einverleiben, gibt es für uns noch kurz eine Hochvolt-Schulung. Dann schnürt uns die Boxencrew eine Handbreit über dem Asphalt in den Sitz, stellt die Pedale ein, stöpselt das Lenkrad auf die Säule und über Funk gibt es eine Freigabe wie beim Start einer Rakete. Mehr zum Thema: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der Porsche Mission R (2021) im Video:
Erste Testfahrt im neuen Porsche Mission R (2021)
Wie eine Rakete fühlt es sich auch an, wenn sich der Fuß bei der ersten Testfahrt senkt und die Welt vor den schmalen Fenstern des neuen Porsche Mission R (2021) in den schnellen Vorlauf schaltet. Je ein Motor pro Achse, vorne mit bis zu 320 kW oder nach alter Währung 453 PS und hinten 480 kW oder 653 PS, reißen einen aus dem Hier und Heute und katapultieren uns in die Zukunft des Kundensports. Nur 2,8 Sekunden vergehen bis Tempo 100. Und wenn die Gerade auch nur ein bisschen länger wäre, dann hätte die Raserei erst weit jenseits der 300er-Marke ein Ende. Während der ersten paar Runden noch verhalten, steigt mit der Temperatur der Slicks auch unser Temperament und mit dem Vertrauen das Tempo. Während die Reifen wie Pattex auf dem glatten Asphalt pappen und der Porsche mit seinen gerade mal 1500 Kilogramm perfekt die Balance hält, werden die Sprints auf den wenigen Geraden engagierter, die Bremspunkte verschieben sich nach hinten und die Abstände zu den Scheitelpunkten schrumpfen Runde um Runde: Schnell und immer schneller surrt der Sportler über den Kurs, duckt sich mit seiner ausgefeilten Aerodynamik tief unter dem Wind hindurch und nimmt die verzwickten Schikanen so richtig zackig: Rechts, links, rechts, ein paar Grad am Lenkrad, schon reißt es den Renner herum, so direkt ist die Lenkung. Und obwohl das Ganze von draußen ziemlich eckig aussieht, fühlt es sich drinnen rund und harmonisch an. Schon nach ein paar Minuten ist man im Flow und die Zukunft ist verdammt gegenwärtig.
Analoges Fahrgefühl im neuen Porsche Mission R (2021)
Der neue Porsche Mission R (2021) ist bei der ersten Testfahrt Porsche pur, reinrassig und unverfälscht. Mag der Elfer mit seiner ganzen Elektronik mittlerweile auch ein Rechner auf Rädern sein, ist ausgerechnet der erste elektrische Rennwagen so analog, wie es nur eben geht. ESP? Servolenkung? Oder gar Torque Vectoring? Wer braucht schon Schaltkreise, wenn er seine Sinne beisammen hat! Nichts, aber auch gar nichts, soll das Gefühl fürs Fahren verfälschen oder einen bevormunden. Das gilt auch fürs Bremsen. Wo man bei anderen Elektroautos nur den Fuß lupfen muss, verzögert der Mission R erst, wenn man auch wirklich in die Eisen tritt. Dafür dann aber mit einer Macht, dass es auch noch das letzte bisschen Luft aus dem Körper presst und die Augäpfel aus dem Kopf treibt. Nur um sie mit einem Kickdown danach wieder einzufangen. Das Auto schnellt mit jedem Gas-, Pardon, Stromstoß nach vorn und der Puls wieder in die Höhe. Beinahe Schmerzen beim Beschleunigen, Stöhnen beim Bremsen und jede Kurve ein Kraftakt – und trotzdem wird das Grinsen Runde um Runde breiter. Während sich viele andere elektrische Sportwagen bis hinauf zum Rimac Nevera gefährlich nach Playstation anfühlen, ist das hier Carrera-Bahn für Große. Genauso zackig, genauso impulsiv – und vor allem mit genau so viel Spaß.
Neuer Porsche Mission R (2021) fährt 30 Minuten Vollgas
Fahrspaß hat beim neuen Porsche Mission R (2021) auf der ersten Testfahrt nicht nur der:die Fahrer:in. Auch von draußen klingt die kleine Schikane gegenüber der Box wie eine Kampfszene bei Star Wars, so laut flirrt und surrt der Porsche und übertönt dabei mühelos das sonore Rauschen auf dem Freeway nebenan. Und drinnen in der engen Kanine versteht man bei diesem Spektakel sein eigenes Wort nicht mehr, selbst wenn das auf dem Weg vom Mund zum Hirn den Kopf gar nicht verlässt. Die Stille der Stromer? Vielleicht in einem Tesla oder in einem Taycan, aber nicht im Mission R! Wo sich selbst die stärksten Elektroautos bisweilen ziemlich steril anfühlen und man sich beim Rasen im Reinraum wähnt, gibt es hier mächtig was auf die Ohren und das Fahren wird wieder zu einem buchstäblich sinnlichen Erlebnis. Selbst die Nase kommt auf ihre Kosten, auch wenn es nirgends nach Benzin oder Öl riecht. Denn spätestens nach drei, vier Runden mischt sich reichlich Schweiß ins Adrenalin – erst recht, wenn vom Himmel über Hollywood die Novembersonne durch die Glaselemente zwischen den skelettartigen Karbonstrukturen im Dach brennt. Wer da jetzt auf eine baldige Erholung an der Ladesäule hofft, der hat die Rechnung ohne die Truppe aus Flacht gemacht. Der Mission R ist nicht nur dauerhaft vollgasfest und lässt anders als so viele andere Elektroautos in seinem Elan nicht nach. Nein, die rund 80 kWh des Akkus reichen auch noch erschreckend lange. Nach zehn Runden jedenfalls zeigt das Display im Lenkrad noch immer 62 Prozent. Es klingt fast wie eine Drohung, wenn die Pit-Crew über Funk verrät, dass sie den Mission R auf mindestens 30 Minuten volles Rohr ausgelegt haben. Und selbst danach kennen die Männer und Frauen um Projektleiter Scholz keine Gnade: Schnell fahren, schnell laden lautet ihr Motto. Schon nach 15 Minuten ist der Akku deshalb wieder zu 80 Prozent voll und der Mission R schießt erneut hinaus auf die Bahn.
Neuer Porsche Mission R (2021) bald produktionsreif
In der kurzen Ladepause der ersten Testfahrt mit dem neuen Porsche Mission R (2021) gibt es eine Druckbetankung in Theorie und Technik: Während sich die Synapsen erst wieder sortieren müssen, erzählt Scholz von der neuartigen Öldirektkühlung für die hauseigenen E-Motoren, die den Leistungsabbau während des Rennens verhindert, oder von der auf 900 Volt erhöhten Spannung der Hochleistungsakkus. Es gibt eine kurze Vorlesung über die nachwachsenden Rohstoffe, die hier eingebaut worden sind, über den 3D-Druck als Produktionsverfahren für Kleinserien, und über das Exoskelett aus Karbon, das nicht nur cool aussieht, sondern auch noch ein paar Kilos spart, weil Karosserie und Käfig dabei eines werden. Nicht umsonst wiegt der Mission R trotz seiner zentnerschweren Akkus weniger als ein konventionell angetriebener Cayman und lässt selbst den Elfer gefährlich adipös wirken. Und wer partout mit diesem Porsche auf die Playstation will, der erfährt, wie – zumindest in der Fantasie der Entwickler:innen – das gesamte Cockpit mitsamt der Rennschale aus dem Auto ins Wohnzimmer stellen und als Simulator an den Computer angeschlossen werden kann. Aber weshalb die Wirklichkeit noch simulieren, wenn sie doch so greifbar ist? Genau deshalb soll der Mission R bis zur Mitte der Dekade produktionsreif sein. Die Hoffnung: dass die Kolleg:innen aus der Serienentwicklung mit ihrem elektrischen Sportwagen dann auch soweit sind. Zum einen ist die enge Verzahnung zwischen Rennwagen und Straßenauto im Schwabenländle eine bewährte Tradition, zum anderne brauchen sie in Flacht die großen Stückzahlen aus Zuffenhausen, wenn sie den Kostenrahmen halten und den Cup-Renner wie bisher für gute 300.000 Euro anbieten wollen. Doch nachdem Porsche 2020 kaum eine Studie gezeigt hat, die es nicht auch in Serie geschafft hätte, wird dieser Traum sicherlich nicht nur in Hollywood in Erfüllung gehen, sondern auch in Hockenheim – oder auf jeder anderen Rennstrecke der Welt.
Technische Daten des neuen Porsche Mission R (2021)
AUTO ZEITUNG 25/2021 | Porsche Mission R |
Technische Daten | |
Motor | 2 permanent erregte Synchronmaschinen |
Getriebe/Antrieb | Konstantübersetzung, Allrad |
Gesamtleistung | 800 kW/1088 PS |
Max. Drehmoment | k.A. |
Batterie-Kapazität | 80 kWh |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4326/1990/1190 mm |
Leergewicht/Zuladung | 1500/k.A. kg |
Kofferraumvolumen | k.A. |
Fahrleistungen (Werksangaben) | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 2,8 s |
Höchstgeschwindigkeit | ca. 300 km/h |
Verbrauch auf 100 km | k.A. |
Reichweite elektrisch | k.A. |
Kaufinformationen | |
Basispreis (Testwagen) | ca. 300.000 Euro |
Marktstart | k.A. |
Elektrisch, ekstatisch, brandheiß und ziemlich cool – der neue Porsche Mission R (2021) ist viel mehr als eine Fingerübung der Motorsport-Truppe und eine Designvorschau für die nächste Auflage von Boxster und Cayman. Der elektrische Rundstreckenrenner zeigt außerdem, wie sich Sportwagen in die Neuzeit retten lassen und wie Porsche die Nerven der Generation E kitzeln sowie zugleich die gusseisernen Fans mit in die Zukunft nehmen kann. Also, nicht lange fackeln, sondern bitte bauen!