Infiniti Q30 1.5d/Mercedes A 180d: Vergleichstest Q30 und A-Klasse – Brüder im Geiste
Infiniti nutzt beim neuen Q30 die technische Architektur der Mercedes A-Klasse und verpasst ihr einen eigenen Charakter. Wie gut das gelungen ist, zeigt der erste Vergleichstest.
Japanische Neuinterpretation oder schwäbisches Original? Im ersten Vergleichstest zwischen den eng verwandten Kompaktmodellen Infiniti Q30 und Mercedes A-Klasse stellt sich die Frage, ob der asiatische Newcomer seinem routinierten Teilespender gefährlich werden kann. Beide Rivalen fahren mit dem 1,5 Liter großen, 109 PS starken Dieselmotor von Kooperationspartner Renault vor. Dass es sich bei Infiniti Q30 und Mercedes A-Klasse um Brüder handelt, fällt auf den ersten Blick kaum auf: Während der flach bauende Benz eine klassische Kompaktwagenform aufweist und sich eng auf den Asphalt schmiegt, erinnert der bulligere und hochbeinige Japaner eher an ein Crossover. Da der Q30 nicht auf der A-Klasse, sondern auf der Karosserie des SUV GLA basiert, ist er vier Zentimeter höher als der Mercedes A 180 d, etwas breiter und auch länger. Fahrer und Beifahrer bringt unser Infiniti-Testwagen daher etwas luftiger unter als der Mercedes, und auch die Fondpassagiere genießen etwas mehr Bewegungsfreiheit. Durch den weit hinuntergezogenen seitlichen Dacheinzug des A-Klasse-Schwaben gerät zum einen der Zustieg nach hinten zur Turnübung, zum anderen leidet das subjektive Raumgefühl. In puncto Kofferraumvolumen liegen die beiden Test-Kontrahenten zwar dicht beieinander, das Gepäckabteil des Infiniti (368 bis 1223 Liter) schluckt aber sowohl im Normalzustand als auch bei umgelegter Rückbank ein bis zwei Reisetaschen mehr als das der A-Klasse (341 bis 1157 Liter).
Qualitativ ist der Mercedes A-Klasse vor Infiniti Q30
Schalter, Tasten und Hebel sind in beiden Cockpits fast identisch. Bei Navigations- und Entertainmentsystemen geht das deutsch-japanische Geschwisterpaar jedoch unterschiedliche Wege: Der Infiniti lässt sich sowohl über den auf der Mittelkonsole platzierten Dreh-Drück-Schalter als auch über den berührungsempfindlichen Zentralbildschirm bedienen, während Mercedes-Fahrer ohne Touchscreen auskommen müssen. Dafür ist das Comand Online der A-Klasse (3511 Euro) logischer aufgebaut und verfügt über die schärfere Auflösung als das Infiniti-System (1450 Euro). Absetzen kann sich der kleinste Mercedes auch mit seiner umfangreicheren Sicherheitsausstattung, die unter anderem serienmäßig Aufmerksamkeits-, Anfahr- sowie City-Notbremsassistenten beinhaltet. Zwar ist Letzterer auch beim Q30 Serie, Seitenairbags im Fond, Feuerlöscher sowie eine vorausschauende Crasherkennung tauchen als Option allerdings nur in der Mercedes-Preisliste auf. Und auch qualitativ hat der von uns getestete Schwabe dank der im unteren Bereich unterschäumten Türtafeln und des insgesamt etwas geringeren Hartplastikanteils die Nase vor dem Japaner Infiniti Q30 1.5d.
Auf den im Style-Paket (1160 Euro) enthaltenen, eng anliegenden Sportsitzen der Mercedes A-Klasse lässt es sich dank vielfacher Einstellmöglichkeiten auch auf langen Strecken bestens aushalten. Das kommode Gestühl des Infiniti muss dagegen ohne variable Oberschenkelauflage und mit weniger Seitenhalt auskommen. Dafür lassen sich die Kopfstützen vertikal und horizontal justieren. Der Sitzkomfort im Fond liegt in beiden Testwagen auf einem Niveau. Anders der Federungskomfort: Die mit adaptiven Dämpfern (1238 Euro) und recht kleinen 16-Zoll-Rädern ausgerüstete A-Klasse spricht sensibel auf Schlaglöcher und Kanten an. Die Abstimmung der herkömmlichen Dämpferelemente des Infiniti Q30 ist zwar durchaus gelungen, die üppige 18-Zoll-Bereifung sorgt jedoch dafür, dass Erschütterungen bei Testfahrten nicht so souverän verarbeitet werden. Auch aufgrund des im Vergleich zum Benz höheren Schwerpunkts ist der Aufbau unseres Q30 1.5d MT stets stärker und vor allem länger in Bewegung. Die gerade bei höheren Tempi wirkungsvollere Abschottung gegen Wind-, Abroll- und Motorgeräusche sprechen hingegen für den Infiniti.
Turbodiesel im Mercedes spritziger als im Infiniti Q30
Sowohl im Infiniti Q30 als auch im Mercedes A 180 d arbeitet ein 1,5-Liter-Turbodiesel aus dem Hause Renault. Allerdings scheint es, dass man in Stuttgart intensiver an der Optimierung des kleinen Vierzylinders gearbeitet hat als in Japan. In der A-Klasse gibt sich das 109-PS-Aggregat erfreulich spritzig. Vor allem beim Erklimmen hoher Drehzahlregionen wirkt der getestete Selbstzünder hier deutlich drehfreudiger. Spürbar träger arbeitet sich der gleiche Motor oberhalb von 3500 Umdrehungen im Infiniti Q30 1.5d die Drehzahlleiter hinauf. Infiniti setzt zudem auf eine in den oberen Gängen längere Übersetzung, was das Temperament des 260 Nm kräftigen Turbodiesels weiter beschneidet. Resultat: Der Q30 benötigt im sechsten Gang von Tempo 80 auf 120 satte 18,8 Sekunden und damit 3,5 Sekunden mehr als der besser abgestimmte Mercedes A 180 d. Dafür sorgen die gute Laufkultur und das niedrige Drehzahlniveau des Infiniti vor allem bei hohen Geschwindigkeiten für mehr Ruhe – der Test-Verbrauch profitiert allerdings nicht davon. Mit 6,0 Litern ist der Q30 zwar nicht sonderlich durstig, aber die spritzigere und 88 kg leichtere A-Klasse schluckt mit 5,8 Litern auf 100 km etwas weniger Kraftstoff.
Das geringere Gewicht der Mercedes A-Klasse und der im Vergleich zum höheren und längeren Infiniti Q30 tiefere Schwerpunkt des Schwaben bilden bereits eine gute Basis für eine überzeugende Agilität. Da sich beim A-Klasse-Testwagen per Tastendruck auch Dämpfung und Lenkung in den knackigen Dynamikmodus (1238 Euro) versetzen lassen, bietet der A 180 d trotz der schmalen 16-Zoll-Testbereifung einen Hauch von Gokart-Feeling. Vor allem die schnellen Richtungswechsel in der Slalomgasse meistert er extrem sicher, mit viel Rückmeldung und ist dabei zudem sehr schnell unterwegs. Der hochbeinigere, deutlich weniger kommunikativ in der Hand liegende Q30-Testwagen neigt dazu, mit der Hinterachse nach außen zu drängen – das kostet Zeit und fordert das ESP frühzeitig zur Arbeit auf. Dass der Infiniti beim Handling aber doch wieder zum quirligen Mercedes aufschließen kann, verdankt er seiner üppigen 18-Zoll-Bereifung. Vorteile bei der Verzögerung bieten diese dagegen nicht. Der Q30 zeigt hier zwar bessere Werte als ein Ende 2015 getesteter Mercedes GLA, aber die guten Bremswerte der A-Klasse erreicht er nicht. A-Klasse oder Q30? Zumindest ist das keine Frage des Preises. Zwar ist der Mercedes in der Basis über 1000 Euro teurer als der Infiniti, aber die verschachtelte Aufpreispolitik der Japaner sorgt dafür, dass sich die Testwagenpreise auf einem Niveau einpendeln. Auch in den anderen Bewertungspunkten sind die Unterschiede gering: Die dank serienmäßigem CD-Radio sowie USB-Anschluss etwas bessere Ausstattung des Infiniti gleicht der Mercedes mit den besseren Garantiebedingungen wieder aus.
Technische Daten | Infiniti Q30 | Mercedes A-Klasse |
Version | 1.5d MT | A 180 d |
Motor | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbodiesel | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbodiesel |
Hubraum | 1461 cm³ | 1461 cm³ |
Leistung | 80 kW/109 PS bei 4000 /min | 80 kW/109 PS bei 4000 /min |
Getriebe, Antrieb | 6-Gang, manuell, Vorderrrad | 6-Gang, manuell, Vorderrrad |
0 - 100 km/h | 11,3 sec | 10,8 sec |
Höchstgeschw. | 190 km/h | 190 km/h |
Testverbrauch | 6,0 l D/100 km; | 5,8 l D/100 km |
Bewerteter Preis | 30.090 Euro | 29.958 Euro |
Unser Fazit
Die Mercedes A-Klasse ist ein echter Volltreffer geworden. Nicht unbedingt deshalb, weil sie in allen Bereichen die optimale Lösung bietet, sondern weil es den Schwaben gelungen ist, aus der biederen ersten Generation einen attraktiven, agilen Kompaktklässler zu machen, der Fahrspaß bereitet. Die gelungene Basis der A-Klasse kommt nun auch als Infiniti Q30 auf den Markt und soll der jungen Premiummarke von Nissan endlich den entscheidenden Durchbruch bringen. Im ersten Vergleichstest muss sich der Q30 1.5d allerdings dem Original geschlagen geben. Der A 180 d ist zwar knapper geschnitten, dafür aber komfortabler, quirliger und dabei nicht teurer. Dennoch ist der Q30 rundum gelungen: grundsolide verarbeitet, gut ausgestattet und sehr kultiviert wird er seine Kunden finden.