Audi/BMW/Land Rover/Hyundai: Test Tucson auf Augenhöhe mit dem Q3
Mit dem neuen Hyundai Tucson liefern die Koreaner einen Überraschungssieger, schlug er doch im ersten Vergleichstest gleich Deutschlands Lieblings-SUV, den VW Tiguan. Fährt er nun auch der Premium-Konkurrenz Land Rover Discovery, Audi Q3 und BMW X1 voraus?
Früher war zwar nicht alles besser, aber vieles einfacher. Die Automobilwelt folgte in der Regel klaren Gesetzen: Großes Auto gleich hoher Preis und viel Prestige. Das war lange vor dem Premium-Zeitalter. Seit die Koreaner den deutschen Automarkt bedrängen, lautet die Losung: Viel Auto fürs Geld. So kommt es, dass der neue stattliche Hyundai Tuscon mit 185-PS-Diesel, Allradantrieb und Automatik für 37.500 Euro in der Preisliste steht, während beispielsweise der kleinere Audi Q3 als 184 PS starker Allradler mit 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe gleich mal 2350 Euro teurer kommt. Beim BMW X1 und dem nur um einige Zentimeter längeren Land Rover Discovery Sport fallen die Preisunterschiede noch krasser aus. Sind sie durch entsprechende Qualitätsvorteileder Premium-SUV gerechtfertigt?
Test: Hyundai Tucson gegen Audi, BMW und Land Rover
Wer Wert auf ein üppiges Platzangebot legt, kommt am hochaufragenden Land Rover Discovery Sport nicht vorbei. Dank längs verschiebbarer Rücksitzbank beschert er den Fond-Passagieren den üppigsten Maximal-Knieraum. Fast genauso großzügig ist der Hyundai Tucson geschnitten. Am anderen Ende rangiert der Audi Q3, dessen Insassen vor allem auf der Rückbank kompromissbereit sein sollten. Auch mit dem Gepäckraum ist es nicht allzu weit her. Hier ist es wieder der Brite, der mit maximal 1698 Liter Ladevolumen in Großkombi-Dimensionen unterwegs ist, was selbst für größere SUVs längst nicht selbstverständlich ist. Er lässt sich außerdem gegen Zuzahlung von 1092 Euro zum Siebensitzer machen. Die üppigste Zuladung (530 Kilogramm) und maximal 2,5 Tonnen Anhängelast adeln ihn vollends zum automobilen Multitool. Vorbildlich: Da SUVs bei der unfreiwilligen Begegnung mit Fußgängern nicht unbedingt unkritisch sind, rüstet Land Rover den Discovery Sport mit einem serienmäßigen Fußgänger-Airbag aus – er ist damit der einzige Kandidat im Testfeld mit diesem Feature. Dennoch bietet der BMW X1 in der Summe eine umfangreichere Sicherheitsausstattung.
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Von wenigen Ausnahmen abgesehen sagt die Offroad-Attitüde nichts über das tatsächliche Einsatzgebiet eines SUVs aus. Mit starkem Diesel und Allradantrieb sind alle vier Kandidaten dagegen für Langstrecken prädestiniert. Das sehen viele Nutzer genauso, wie der Blick auf die Autobahnen und Fernstraßen zeigt. Hier kann der BMW mit den optionalen Sportsitzen punkten, die sich dank einstellbarer Wangen an so ziemlich jede Statur anpassen lassen. Audi und Land Rover betten ihre Frontpassagiere kaum schlechter. Die Hyundai-Polster könnte so mancher im direkten Vergleich zur Konkurrenz als eine Spur zu weich empfinden. Im Fond des Briten wiederum sitzt man nicht, man thront eher. Trotzdem wäre etwas mehr Seitenhalt angebracht. Wie man es besser macht, zeigen die Hyundai-Ingenieure. Das gilt auch für die Ergonomie: Alle Schalter und Tasten liegen gut zur Hand. Einzig der Lautstärkeregler des Radios ist schlecht zu bedienen, da er kaum aus der Blende herausragt. Das ist nicht das ganz große Drama, gibt es doch auch einen Lautstärkeregler im serienmäßigen Multifunktionslenkrad. Für die kalten Tage kann der Koreaner als einziger mit einer serienmäßigen Lenkradheizung aufwarten.
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Motorisiert ist der Land Rover Discovery Sport mit dem neuen Ingenium-Diesel, der ebenfalls im Range Rover Evoque Dienst tut. Die Maschine holt aus 2,0 Liter Hubraum 180 PS, wirkt aber im Discovery Sport wie ausgewechselt, weil sie hier spürbar kultivierter läuft. Die Kehrseite der Medaille macht sich in den Fahrleistungen bemerkbar. Hier wird deutlich, dass es annähernd zwei Tonnen Leergewicht sind, die es zu bewegen gilt. Mit 10,2 Sekunden für den Standard-Sprint auf 100 km/h und 200 km/h Höchstgeschwindigkeit ist der Disco der Langsamste innerhalb des Quartetts. Vor allem beim Beschleunigen in höheren Geschwindigkeitsbereichen mwirkt der Engländer ausgesprochen zäh. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass er von 120 bis 160 km/h 6,6 Sekunden mehr benötigt als beispielsweise der BMW. Da kann auch die gut abgestufte Neunstufen-Automatik nicht viel ausrichten. Trotz seines mit 430 Newtonmetern höchsten Drehmoments im Test fehlt ihm schlicht der Druck, die ausladende Karosserie schneller durch den Fahrtwind zu schieben. Letztendlich trägt er auch mit einem Testverbrauch von 7,9 Litern Diesel auf 100 Kilometern die rote Laterne.
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BMW und Audi sind spontan und drehfreudig
Der 185 PS starke Hyundai Tucson liegt mit 7,8 Litern knapp darunter, geht aber deutlich lebhafter zur Sache. So nimmt er dem Briten bis zur 100 km/h Marke 1,4 Sekunden ab. Das fällt im Verkehrsalltag weit weniger ins Gewicht als der Umstand, dass sich mit dem Koreaner Überholvorgänge auf der Autobahn deutlich entspannter absolvieren lassen. Da nimmt man in Kauf, dass sein Diesel nicht ganz so seidenweich läuft wie das Triebwerk des Land Rovers. Aus ganz anderem Holz sind die Aggregate von Audi und BMW geschnitzt. Schon in den "Comfort"-Modi ihrer Fahrprogramme wirken sie deutlich spontaner und auch drehfreudiger als ihre Konkurrenten. Zusammen mit der Tatsache, dass sie deutlich weniger Gewicht mit sich herumschleppen müssen, führt das in der Folge zu deutlich besseren Fahrleistungen. Beide knacken die 100 km/h-Marke deutlich unter acht Sekunden (Audi: 7,7 s, BMW: 7,8 s) und rennen bei Bedarf jeweils 219 km/h. Wer will, kann mit diesen SUVs also auch recht dynamisch unterwegs sein. Beeindruckend, wie sparsam der BMW mit dem Dieselkraftstoff umgeht: Der Testverbrauch beträgt lediglich 6,7 Liter, während sich der Audi fast einen Liter mehr gönnt.
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Mit dem serienmäßigen All-Terrain-Response-System ist der Landrover Discovery Sport dank der darin enthaltenen vier Fahrprogramme für den Aufenthalt abseits befestigter Wege gut gerüstet. Auf dem asphaltierten Handlingkurs dagegen bleibt der Auftritt des Discovery in Sachen Fahrdynamik eher zurückhaltend. Zwar liefert er absolut gesehen für diese Fahrzeugklasse recht kurze Bremswege (Kaltbremswert: 35,0 Meter, Warmbremswert: 35,3 Meter), doch leidet die Dosierbarkeit der Bremse unter einem etwas stumpfen Pedalgefühl. In Kurven zeigt der Brite starke Aufbaubewegungen, und seine Lenkung verlangt nach vergleichsweise hohen Haltekräften, wirkt zudem etwas synthetisch. Auch in diesem Test zeigte der Land Rover wieder bei extremen Fahrmanövern die inzwischen bekannte Eigenart, dass ein bei deaktiviertem ESP eindrehendes Heck bei gleichzeitigem Bremsen den Schleuderschutz zwar wieder auf den Plan ruft, aber nur eine kaum wahrnehmbare Verzögerung zu spüren ist. Wie dynamisch ein SUV sein kann, beweisen der Audi und der BMW, die beide mit adaptiven Dämpfern zum Test rollten. Der X1 überzeugtm mit der rückmeldefreudigsten Lenkung und lenkt noch zackiger ein als der Q3. Derlei ausgeprägte Dynamik ist dem Hyundai fremd. Seine Lenkung erfordert größere Lenkwinkel als die der deutschen Rivalen.
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Tech. Daten | Audi | BMW | Hyundai | Land Rover |
Motor | 2.0 TDI quattro | xDrive20d | 2.0 CRDi 4WD | Sport TD4 |
Zylin./Ventile pro Zylin. | 4/4, Turbodiesel | 4/4, Turbodiesel | 4/4, Turbodiesel | 4/4, Turbodiesel |
Hubraum | 1968 cm³ | 1995 cm³ | 1995 cm³ | 1999 cm³ |
Leistung bei | 135 kW/184 PS 3500 – 4000 /min | 140 kW/190 PS 4000 /min | 136 kW/185 PS 4000 /min | 132 kW/180 PS 4000 /min |
Max. Drehmoment bei | 380 Nm 1800 – 3250 /min | 400 Nm 1750 – 2500 /min | 400 Nm 1750 – 2750 /min | 430 Nm 1750 /min |
Getriebe | 7-Gang, Doppelkupplung | 8-Stufen-Automatik (Option) | 6-Stufen-Automatik (Option) | 9-Stufen-Automatik (Option) |
Antrieb | Allrad, permanent | Allrad, permanent | Allrad, permanent | Allrad, permanent |
0 - 100 km/h | 7,7 s | 7,8 s | 8,8 s | 10,2 s |
Höchstgeschw. | 219 km/h | 219 km/h | 201 km/h | 200 km/h |
Grundpreis | 39.850 € | 40.350 € | 37.500 € | 44.300 € |
Platz | 2 | 1 | 2 | 4 |
Auch wenn es die Koreaner vermeiden, ebenfalls den Begriff "Premium" zu strapazieren, schaffen sie es doch, mit dem Hyundai Tucson 2.0 CRDi 4WD in dieser Liga erfolgreich mitzufahren. Das belegt der zweite Platz zusammen mit dem Audi Q3 2.0 TDI quattro eindrucksvoll. Viel und diesem Fall ein gutes Auto fürs Geld führt eben zum Erfolg. Nicht zu vergessen: die besten Bremsen im Test. Derknapp geschnittene, qualitativhochwertige Audi dagegen hat seine Stärken bei Motor und Getriebe sowie in Handling und Slalom. Der Testsieger BMW X1 xDrive20d profitiert vom sparsamsten Motor im Test, seiner tollen Automatik sowie der feinfühligen Lenkung. Der adrett gestylte Land Rover Discovery Sport TD4 bietet viel Platz, den größten Gepäckraum und die höchste Anhängelast. Damit ist er ein ehrliches, aber auch ein teures Angebot für all jene, die auf hohen Alltagsnutzen Wert legen. Aufgrund der Schwächen in der Fahrdynamik und der hohen Kosten bleibt dem Briten jedoch nicht mehr als der vierte Platz.