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Geht auch ganz einfach:

Schnellste Kompaktsportler: Eifel-Meister 2022

Acht Hot Hatches ringen um den Titel

Johannes Riegsinger Autor
Inhalt
  1. AUTO ZEITUNG sucht den "Eifel-Meister 2022"
  2. Wildcard für den Mini Clubman JCW
  3. Frontantriebs-Trio Renault Mégane R.S. Trophy, Ford Focus ST X & Hyundai i30 N Performance
  4. Einziger Fünfzylinder im Feld: Audi RS 3
  5. VW Golf R 20 Years, der BMW M240i xDrive & Mercedes-AMG A 45 S 4Matic+
  6. BMW M240i xDrive sichert sich den ersten Platz
  7. Messwerte & technische Daten

Wer in die Mitte der Autowelt zoomt, landet in der Eifel. Und bei den Kompakten der scharfen Fahrspaß-Klasse. Wir wetzen genau hier um die Wette – und finden den "Eifel-Meister 2022". Ein Vergleich der schnellsten Kompaktsportler!

 

AUTO ZEITUNG sucht den "Eifel-Meister 2022"

Was machen ein Audi RS 3, ein BMW 240i xDrive, ein Ford Focus ST X, ein Renault Mégane Thropy, ein Hyundai i30 N Performance, ein Mercedes-AMG A 45 S 4Matic+, ein VW Golf R und ein Mini Clubman an einem Septembermorgen in der Eifel? Sie treffen sich am "Historisches Fahrerlager". Aber wieso? Im Karree der alten Boxenanlage zwischen Grand Prix-Kurs und Nürburgring-Nordschleife gehen für die AUTO ZEITUNG die besten Geschichten los. Immer, wenn es wirklich etwas auszufahren gibt und man sich auf einen Startpunkt einigen muss, sagt irgendwer "Altes Fahrerlager" und der Rest nickt wissend. Einfach, weil damit sozusagen der Fehdehandschuh geworfen ist. Heute ist aber etwas anders als sonst. Es geht hier nicht um einen Vergleichstest, wie ihn die AUTO ZEITUNG vielfach im Jahr mit 53 Jahren Erfahrung und uneingeschränktem Respekt der Automobilindustrie durchführt, sondern um eine ganz spezifische Herausforderung: Die Eifel darf das Tempo vorgeben, die Messlatte legen, der Maßstab sein. "Eifel-Meister" haben wir das genannt. Weil der Nürburgring eben unsere Hausstrecke ist und die umgebende Eifel das Redaktions-Wohnzimmer: Wir kennen jeden Winkel zwischen Rhein und Ardennen, Kölner Bucht und Moseltal und wissen deshalb, dass ein Auto, das das Zeug zum "Eifel-Meister" hat, auch sonst im Vergleich alles in Grund und Boden fährt. Überall. Weltweit. Die "Grüne Hölle", die Nürburgring-Nordschleife, ist für nahezu jeden internationalen Autokonzern Entwicklungsstrecke und Prüfstein, der Grand Prix-Kurs zählt zu den Legenden des Rennsports – und diese beiden Strecken sind nichts weniger als ein Konzentrat der Eifel. Sie ist ein wilder Dschungel aus Hügeln und Wäldern, Kurven und Kehren, Sonne und Regen, smoothen Tracks und verschlagenen Winkelpisten. Die Eifel ist pure Weite – und erzwingt im nächsten Moment die Entscheidung. So etwas gibt es sonst nirgends. Was die Eifel ultimativ herausarbeiten kann, ist genau eine Essenz: reine Fahrfreude. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon

Der Mercedes-AMG A 45 S (2019) im Fahrbericht (Video):

 

VW Golf R 20 Years

Jetzt grantelt der VW Golf R 20 Years als erster ins Alte Fahrerlager, er hat 13 PS mehr als sonst und eine Riesenwut mitgebracht: Ausgerechnet im 20. Golf R-Jubel-Jahr haben wir neulich seinen "GTI Clubsport"-Bruder als kernigsten Helden unter den wilden Gölfen in den Himmel  gepriesen (Sportwagen des Jahres, AZ 16/2022). Und das möchte der Golf R dann doch bitteschön schleunigst zu seinen Gunsten geklärt haben. Wir haben dem Golf ja immer vorgehalten, ein Perfektionist mit unterentwickelter Emotionskomponente zu sein – und an genau dieser Stelle haben die VW-Entwickler:innen akribisch nachgearbeitet. Die 333 PS (245 kW) des limitierten Golf R "20 Years" sind dabei eine eher vorhersehbare Seite seines Dominanz-Anspruchs, so richtig den Bizeps spannt er mit anderen Elementen. Los geht's mit dem sogenannten "Emotionsstart", bei dem ein harziges Hochdrehen beim Anfahren angewählt werden kann. Auch die kunstvoll dosierten Drehmoment-Überhöhungen (kurz: "Schaltschlag") beim manuellen Hochschalten in den Fahrmodi S und S+ züngeln in dieselbe juvenile Lücke. Man möchte manchmal Mäuschen an Motorenentwickler-Stammtischen sein, wenn die sich mitternächtens frustriert weinend in den Armen liegen: Da feilen die jahrelang an möglichst elegant verschliffenen Schaltvorgängen – und programmieren hinterher wieder absichtliche Rucker ein, damit die gelangweilte Kundschaft etwas Nervenkitzel hat. Immerhin haben sich die Golf R-Special Forces von solchen Entertainment-Einlagen nicht den seriösen Schneid abkaufen lassen – der VW Golf R "20 Years" hat noch weitere Tricks auf Lager, die deutlich weniger Show sind und mehr echte Vollstrecker-DNA liefern: Bei Teillast werden die Turbolader konstant vorgespannt, also auf Drehzahl gehalten, in Schubphasen bleibt die Drosselklappe offen – das Resultat soll ein spontaneres Ansprechen des Motors sein. Mehr Aggressivität, mehr Biss. All das will der böse "Err" heute vorführen und dabei nicht nur Golf-intern die Chefposition besetzen, sondern es im Vergleich auch mit der gesamten scharfen Kompakt-Klasse aufnehmen.

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Powerplay von 280 bis 421 PS

Gerade rollen ein neuer Audi RS 3 und ein BMW M240i xDrive ins Viereck des Alten Fahrerlagers – die Show der Kompaktsportler könnte spannend werden. Mal sehen, was sonst noch zur Endrunde des "Eifel-Meisters" kommt. Ein Hyundai i30 N Performance in unschuldigem Babyblau zum Beispiel – und alle wissen, dass es dieser Fan-Favorit faustdick hinter den Ohren und als unverblümter Herausforderer auf die ganze GTI-Klasse abgesehen hat. Ein eifelgrüner Ford Focus ST X rückt an, die aktuelle Ausgabe des Kölner Fahrspaß-Urgesteins, alter Pocket-Rocket-Adel, mit handgerissenem Getriebe und knurrendem 2,3-Liter-Turbo-Vierzylinder. Den Abschluss in diesem Trio macht der Renault Mégane R.S. Trophy, wobei er sich garantiert nicht lange mit dem Schluss begnügen wird, denn der R.S. Trophy ist ein Tier: Kompromisslos auf Racing getrimmt, mit breiter Spur, scharfen Bremsen, Fahrwerk aus der Renault Sport-Hexenküche, supergriffigen Semi-Slicks. Der Mini Clubman John Cooper Works hat unsere Wildcard bekommen: Mit seinem Allradantrieb, dem 306 PS (225 kW) starken Turbomotor und einem Radstand von 2670 Millimetern landet der "Lifestyle-Kombi-oder-so" zumindest rein rechnerisch mitten in der Golf GTI-Klasse. Als dann aber zum Schluss Wettbewerber Nummer Acht ins Fahrerlager rollt, fragt sich der eine oder andere Mini-Fan schon, ob man dem freundlichen dreinschauenden Clubman im Vergleich nicht doch zu viel zumutet. Was da knallgelb, mit feuerroten Bremssätteln und schwer beflügelt zum Stehen kommt, heißt Mercedes-AMG A 45 S 4Matic+. Und das ist der absolute Endgegner, ein 421 PS (310 kW) starkes Allrad-Monster. Der AMG inhaliert unvorsichtige Minis durchs rechte Nasenloch. Mal sehen, wie weit es unser John Cooper Works-Clubman schafft. Minuten später sind wir unterwegs, schnüffeln uns nach Osten ins Land, ziehen dann einen weiten Bogen von Süd nach West, kurven in den Norden und räubern anschließend im Ahrtal zurück ins Kernland rund um den Nürburgring.

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Zwei Tage Eifel-Sonderprüfung

Dieses tag- und abendfüllende Kapitel Eins handelt von weit geschwungenen Kurven in Flusstälern, die Stabilität und eine ultrapräzise Lenkung fordern. Von verwinkelten Straßen, auf denen man ohne bissfeste, klar dosierbare Bremsen, souveränes und scharfes Handling völlig aufgeschmissen ist. Von Asphalt in allen Qualitäten und Körnungen, der den Fahrwerken alles abverlangt: Geschmeidiges Ansprechen, sichere Kontrolle, transparentes Feedback – und manchmal auch die Fähigkeit, brutale Attacken elegant wegzustecken. Und von einer Berg-und-Talfahrt-Welt, die Motoren an steilen Anstiegen alle Kraft aus den Knochen saugen kann, mit kniffligen Linien-Aufgaben, die ohne haarscharfes Ansprechen, ohne Breitband-Power, ohne perfekt dosierbare Getriebe und grundsolide Traktion kaum zu lösen sind. Willkommen in der Eifel. Wenn die Autos das dann überstanden haben, geht es zum zweiten Kapitel auf den Grand Prix-Kurs. Das Brennglas richtet sich hier auf letzte Vollstrecker-Qualitäten, verdampft die letzte Schlacke, räumt letzte Zweifel aus. Es ist jetzt ganz ruhig rund um den Ring, sie sind alle weg: Die Rennteams, die Industrie-Tester:innen, die Fans an den Streckenzäunen. Die Herbstsonne flirrt tief über den warmen Asphalt, legt Tümpel aus goldenem Licht an, in der Boxengasse knistern unsere acht Maschinen, ein paar letzte, schnelle Runden werden noch auf die Strecke gebrannt. Magische Stunden. Und dann haben wir den "Eifel-Meister" immer noch nicht ermittelt, denn am nächsten Morgen soll es regnen. Auch das ist 100 Prozent Eifel pur – und wer sie meistern will, darf keine Angst vor Nässe und Kälte haben. Für den einen oder anderen Wettbewerber wird es jetzt lustig, denn die teilweise ehrgeizig aufgezogenen Semi-Slicks mögen dieses Wetter nicht. Keine Chance mehr, die Wertung vom Vortag zu verbessern.

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Wildcard für den Mini Clubman JCW

Langsam ziehen die Diskussionen nun immer engere Kreise, das Bild wird klar und klarer: Der Mini Clubman wird unsere Wildcard behalten, er scheint uns zu bemerkenswert, um ihn einfach aus der Wertung zu kegeln. Wir mögen seinen Unterhaltungswert, empfinden ihn als äußerst gut gemachten Alltags-Flitzer und sogar Langstrecken-Feiler ungemein tapfer. Aber wir wissen auch: Zum "Eifel-Meister 2022" wird es nicht reichen. Marcel Kühler macht dem Clubman zwar noch ein paar Komplimente ("... eigentlich fährt der Mini recht spaßig, wetzt rege ums Eck ..."), aber Martin Urbanke bringt das Dilemma des Mini gewohnt schonungslos auf den Punkt: "Beim Mini springt der Funke nicht über. Früher waren John Cooper Works-Modelle extrem scharf, heute ist das eine reine Marketing-Plakette. Eher mild statt wild. Am Übergang von flott zu fordernd lässt sich das Auto allzu leicht in derbes Untersteuern treiben, die Getriebe-Abstimmung ist sehr bemüht ..." – "... und für einen Mini ist das Auto schlicht und ergreifend zu groß", klinkt sich Kollege Kühler noch mal ein. "Aber das wussten wir. Unser Fehler." Dass uns der korpulente Maxi-Mini aber trotzdem irgendwie erfreut, zeigt die Tatsache, wie wenig er nun noch diskutiert wird. Wir haben unseren Frieden mit ihm gemacht, sehen ihn gern mitkurven, ins Cockpit prügeln muss man keinen einzigen. Aber die eigentliche Diskussion hat sich auf den verbissenen Zweikampf dreier sehr ähnlich konzeptionierter Wettbewerber verlagert: Renault Mégane R.S. Trophy, Ford Focus ST X, Hyundai i30 N Performance. Dreimal Vorderradantrieb, Vierzylinder-Turbo und 280 bis 300 PS (206 bis 221 kW). Alle drei untermauern ihren Anspruch mit traditionell gelernter oder jüngst erworbener Rennsport-Folklore und jetzt fingerhakeln sie auch in unserer Gunst um das Äußerste. Dass sich dabei schnell entschlossene Fans für die oberflächlich gesehen sehr ähnlichen Konzepte finden, ist Teil der Party – genau so läuft das ja auch da draußen ab. Martin Urbanke hat sich auf den Ford eingeschossen, feiert dessen "neutral-agile Balance" und notiert "eine sauber abgestimmte Lenkung, williges Einlenken und spontanes, aber gut zu kontrollierendes Eindrehen" auf seinem Mitschrieb. Diese dürren Worte scheinen für den Kollegen eine echte Liebeserklärung zu sein, denn der Focus landet in Urbankes Favoriten-Liste ganz weit vorn. Marcel Kühler begründet seine Vorliebe für den Hyundai dagegen weitaus gefühlvoller: "Der Fahrspaß mit der kernigen Kiste ist einfach grandios!" Urbanke reicht das nicht. Er doziert zum Hyundai, etwa wie direkt und ungefiltert der sei. Dass das aufpreispflichtige NCT-Doppelkupplungsgetriebe zwar top funktioniere, im Vergleich zur Handschaltung des Ford aber doch eher deplatziert wirke. Dann räumt er ein, dass die manuelle Handbremse für Showeinlagen und Winter-Drifteskapaden perfekt tauge, mäkelt aber gleich wieder an einer für ihn zu hohen Sitzposition und an den "starken Antriebseinflüsse unter Last" in der "präzisen Lenkung", die fest geführt" werden wolle. "Genau," kommentiert Marcel Kühler trocken, "geil eben!" Und dann eskaliert die Debatte. Was so viel bedeutet wie: Riegsinger muss schlichten. Der kann aber gerade nicht, weil er mit Ganzkörper-Gänsehaut vor dem Renault Mégane R.S. Trophy kniet und sich närrisch freut. Ja, der Franzose ist bereits ein ziemlich alter Bock, lodert aber mit knuspriger Frische über die Landstraße und schenkt besonders auf der Rennstrecke tief und hart ein. Die Kollegen plappern zwar dauernd darüber, dass man die 300 PS (221 kW) des Mégane nicht spüren würde, aber die Wahrheit sieht ganz anders aus: Das Fahrwerk ist von so wenig Leistung einfach unterfordert. Du haust ihn auf der Bremse in den allerletzten Winkel, lenkst dann sahnig und ultrastabil ein, korrigierst bei Bedarf per Lastwechsel und mächtig ausschwenkender Hinterachse, ziehst den Ofen mit mächtigem Grip auf die Gerade – und Feuer. Brutal. Was für ein Gerät.

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Frontantriebs-Trio Renault Mégane R.S. Trophy, Ford Focus ST X & Hyundai i30 N Performance

Dagegen wirkt der Ford Focus ST X im ersten Moment des Vergleichs beinahe zu analytisch, zu auskomponiert. Vermutlich mag der Urbanke aber genau diesen intellektuellen Zug, da haben sich zwei Grenzbereichs-Tüftler gefunden und freuen sich aneinander, bis der Arzt kommt. Aber man muss schon sagen: Ein Focus-Moment blüht allen. Es könnte dieses harzig-erdige Motorbollern sein, das einen plötzlich ganz herrlich unrund laufen lässt, das dreckige Auto-Zwischengas beim Runterschalten sowieso: Handschaltung à la Ford, knackig, präzise, lässig. Oder auch einfach nur dieser Moment, in dem der Ford Focus hurtig auf feuchter Dauerwellen-Piste durch den letzten Eifel-Winkel streunt, beim Beschleunigen aus engen Kurven heraus trotz Vorderradantrieb nur ganz sanfte Lenkeinflüsse zeigt, aber druckartig anreißende Traktion zeigt und man sich fragt: Wie. Machen. Die. Das? Womit wir beim Hyundai i30 N Performance angekommen wären, der eine solide Mischung aus der heftigen Durchgedrehtheit des Renault Mégane R.S. Trophy und der freundlichen Kompetenz des Ford Focus ST X ist. Beides serviert er möglicherweise nicht in derselben hohen Dosierung – aber die Mischung hat es in sich, ist am Ende vielleicht sogar größer als die Summe der Teile. Wie ein Derwisch tanzt der Hyundai i30 N Performance, haut mit seiner "N Grin-Taste" und anderen Software-Kunststücken Unterhaltungseinlagen für die YouTube-Generation raus, kann aber auch ausgesprochen seriös sein, fast ein wenig golfig. Und – das darf man nicht vergessen – er ist dabei auch noch das preisgünstigste Auto im "Eifel-Meister"-Turnier. Ohne einen Funken lieblos, fade oder beliebig zu sein.

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Einziger Fünfzylinder im Feld: Audi RS 3

"Geil", unterbricht Philipp Kesternich den euphorisierten Kollegen Kühler. Und der Verlagsleiter, den wir als Meinungs-Geheimwaffe – oder besser: Stimme des Volks – in die "Eifel-Meister"-Jury geladen haben, meint damit den Audi RS 3. Ganz konkret geht es Kesternich um den guttural knarzenden Fünfzylinder-Sound des schnellen Audi. "Wie findest Du beim Audi die Reaktionen auf Lastwechsel und was ist Deine Meinung zur Balance im Grenzbereich?", fragt Martin Urbanke mit aufrichtigem Interesse. Philipps Miene versteinert sich. "Ja", sagt er dann, und: "Keine Ahnung, ob ich heute dort schon war. Im Grenzbereich ..." Riegsinger schielt auf die beinahe profillos glänzenden Pirelli P Zero Trofeo R des RS 3, vor denen sogar der Audi-Prospekt warnt ("Bei Regen, feuchten Straßenverhältnissen sowie Temperaturen unter 10° C darf der Reifen nicht eingesetzt werden"). Er denkt, dass jemand dem Kesternich hätte sagen müssen, dass er am Morgen besser nicht im strömenden Regen aus der Kölner Redaktion in die Eifel hätte fahren sollen, ist sich dann ziemlich sicher, dass der Verlagsleiter dem Grenzbereich heute schon näher war, als ihm lieb sein dürfte – und schweigt diplomatisch. Philipp Kesternich ist Rheinländer, da gilt das Mantra "Et hätt noch immer jot jejange" – das weiß sogar der Schwabe Riegsinger. Dass sich nun die Kollegen Kühler und Urbanke mit Cheftester Sebastian Koch innigst über den Charakter des neuen Audi RS 3 auf der Rennstrecke debattierend verknoten, lenkt glücklicherweise von den Grenzbereichen des wahren Lebens etwas ab. Das kann in dieser Situation durchaus als Metapher für den Audi RS 3 angesetzt werden: Auf der Rennstrecke ist er eine Furie. Hirnschmelzend schnell. Mit einer Bremse, die beim Ankern unfassbar wütet, einem Fahrwerk, das brettstabil liegt und allerhand Torque-Split-Tricks des elektronisch verwalteten Allradantriebs in packenden Vortrieb umsetzt. Wie ein Renn-Tourenwagen fegt der RS 3 um den Kurs, neutral bis Heckschwenk aggressiv, vorwärts gepeitscht vom furiosen, tierisch brüllenden Turbo-Fünfzylinder. Draußen in den Winkeln der Eifel dürfte der RS 3 aber schon auch manchmal etwas weniger verbissen fahren. Lustvoller. Geschmeidiger. Vielleicht sind es auch hier die optionalen Superkleber-Gummis, die auf der Rennstrecke für aberwitzigen Kurvenspeed sorgen, die ihn auf buckligem und zerfurchtem Terrain aber so aggressiv machen und heftig bocken lassen. Am Ende legen wir uns den Audi RS 3 stark polarisiert zur Seite: Fertig sind wir mit seinem Hightech-Furor noch lange nicht, denn das Auto sprüht geradezu vor Komplexität und schreit nach Beschäftigung – für einen lässigen Durchmarsch in die Top Drei unserer "Eifel-Meister" -Wertung reicht es aber einfach nicht.

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VW Golf R 20 Years, der BMW M240i xDrive & Mercedes-AMG A 45 S 4Matic+

Stattdessen zocken sich der VW Golf R 20 Years, der BMW M240i xDrive und Mercedes-AMG A 45 S 4Matic+ in die Finalrunde um den  "Eifel-Meister". Das sind drei Charakterköpfe, die so unterschiedliche Vorlieben bedienen, dass die Endausscheidung in diesem Vergleich unausweichlich mit dem Messer zwischen den Zähnen ausgetragen sein will. Der VW Golf R sieht seine Stunde jetzt endlich gekommen, hat sich mit unbestechlichem Perfektions-Pressing am Großteil des Feldes vorbeigekämpft und will nun durch einen Eskalations-Nachbrenner die Sache für sich drehen. Und tatsächlich: Die 20-Jahre-Zuspitzung hat den Golf R noch einmal nach vorn gebracht. Er löst etwas aus. Klopft die Verkrustungen seiner Breitband-Verkopftheit ab und hat immer wieder Momente, in denen er einfach nur begeistert. Um es noch einmal erklärend niederzuschreiben: Mit dem Golf R setzen die VW-Entwickler:innen regelrecht genial und ganz dicht an der Perfektion den Versuch um, ein Auto abzuliefern, das alle Autos dieser Welt sein kann. Reiselimousine, Alltags-Multitool, maßvoller Kompaktwagen, Komfort-Moment und, ja: Fahrspaß-Knaller. Absolutes Genie. Hier noch Emotions-Wunderkerzen zu zünden, wäre ganz großes Kino – und der Golf R schafft sogar das. Michael Godde diktiert: "Der Golf R liegt wie das sprichwörtliche Brett, kommuniziert ohne Filter und verschenkt auf dem Weg zum Scheitelpunkt keinen Millimeter. Sein Allradantrieb arrangiert dabei die Leistung, ohne dass die Linienwahl durch Krafteinflüsse beeinträchtigt wird." Marcel Kühler trägt nach: "Auf der Rennstrecke der beste Golf, den ich je gefahren bin! Im Nürburgring-Mode kannst du damit herrlich dosiert querfahren, der Motor geht stramm, die Lenkung ist fein abgestimmt." Was soll den Golf jetzt noch hindern, sich "Eifel-Meister"-Lorbeeren abzugreifen? Ganz einfach: Der Mercedes-AMG A 45 S. Seine A-Klasse-Basis ist in kühlen Vergleichstest-Kategorien gerechnet zwar ein paar Prozentpunkte schlechter als der famose VW Golf, dafür legt die AMG-Variante aber mit schwerer Hand gleich das Dreifache an Durchgeknalltheit, sportlicher Brillanz und emotionalem Nervenkitzel auf die Theke. Die Kollegen stehen Schlange an der Fahrertür des AMG A 45 S, werfen mit Superlativen nur so um sich: "Wie unfassbar scharf kann eine A-Klasse bitte sein? Fast schon porschige Lenkung, perfekt ausbalancierter Allrad, der auch gern zum Driften animiert, kraftvoller wie charakterstarker Vortrieb ..." stammelt Marcel Kühler sichtlich beeindruckt und mit seligem Dauergrinsen. Martin Urbanke legt mit Schaum vorm Mund nach: "Der A 45 fordert Dich unentwegt heraus, liefert aber auch jederzeit ab! Enormer Grip, erlaubt selbst nahe der Haftgrenze noch gezieltes Nachlenken, die martialischen Schalensitze protzen mit grandioser Passform und unerbittlichem Halt, was für ein Biest ..." Mit diesem liebevollen Titel geht der Mercedes-AMG A 45 S in die Endausscheidung. Wirklich verdient hat er ihn indes nicht: Er fährt zwar unfassbar hemmungslos, gleichzeitig aber voll sprühender Agilität und mit transparenter Kontrolle. Kein Biest, sondern ein Meisterstück.

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BMW M240i xDrive sichert sich den ersten Platz

Dass die Jury der AUTO ZEITUNG am Ende dann aber dem BMW M240i xDrive den Titel "Eifel-Meister 2022" umhängt, ist auf diesem Niveau, mit solchen Gegnern, mehr als nur ein Kompliment oder eine Anerkennung: Der Titel ist ein profundes Attribut. Das kompakte Coupé fordert bei genauem Hinsehen eine Entwicklung heraus, die seit Jahrzehnten unverrückbar zementiert schien: Mit dem Siegeszug der GTI-Klasse begann der Untergang der kleinen Fahrspaß-Coupés – jetzt holt sich BMW für einen herrlichen Moment lang den Platz im Scheinwerferlicht zurück. Und das nicht als Kompakt-Knaller mit Kofferraum, sondern als auch charakterlich authentischer Vertreter der alten Schule. Martin Urbanke  findet dafür die passenden Worte: "Der BMW ist ein Feingeist, ein kleines GT-Coupé. Harmonisch und perfekt ausbalanciert. Sein Sahnestück von Motor läuft sämig, seidig, geschmeidig, drehfreudig, steckt voller heftiger und trotzdem perfekt dosierbarer Power, die gefühlvolle Lenkung ist das Tüpfelchen auf dem i." Das hätten eigentlich Sätze des BMW-Fans Kühler sein können, aber der findet keine Worte, will einfach nur fahren, fahren. Michael Godde bemüht sich um weitere Ausleuchtungen: "Der M240i xDrive präsentiert sich wunderbar lebhaft. Sein heckbetonter Allradantrieb lässt jederzeit Drifteinlagen zu, allerdings stabilisiert das Allradsystem das fein kontrollierbare Übersteuern so elegant, dass man es auch für ausgesprochen schnelle Runden nutzen kann. Die Lenkung führt den 2er dabei ohne jede Hektik in jeden Radius. Lockert man dann die elektronischen Zügel, wird der M240i xDrive zur atemraubenden Fahrmaschine. Und nur der BMW bietet ein völlig authentisches Fahrgefühl, weil bei ihm der Heckantrieb den Ton angibt und nicht die Vorderachse wie bei allen anderen Allradlern. Auch deshalb kommen Audi, Mercedes und Golf für mich nicht an den BMW heran." Dem ist in dieser Klasse nichts hinzuzufügen. Sobald man die ehemals vorderradgetriebene Budget-Klasse in brutale und brutalste Leistungsbereiche eskaliert – 300 PS (221 kW) und mehr –, geht ohne Allradantrieb nichts mehr. Und dann stechen Echtheit und Gefühl. Der BMW gewinnt, weil er das organischste und rundeste Auto im Vergleich ist. Funktional nahe an der Perfektion – aber das sind hier beeindruckend viele. Der Sieg beim "Eifel-Meister 2022" ist Herzenssache.

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Messwerte & technische Daten

AUTO ZEITUNG 21/2022Audi RS 3
Limousine
BMW M240i
xDrive
Ford Focus
ST X
Renault Mégane
R.S. Trophy
Technik
Zylinder/Ventile pro Zylin.R-5 Zylinder,
Turbo
R6-Zylinder,
Turbo
R4-Zylinder,
Turbo
R4-Zylinder,
Turbo
Hubraum2480 cm³2998 cm³2261 cm³1798 cm³
Leistung294 kW/400 PS275 kW/374 PS206 kW/280 PS221 kW/300 PS
Max. Drehmoment500 Nm,
2250 - 5600 /min
500 Nm,
1900 - 5000 /min
420 Nm,
3000 /min
420 Nm
4000 /min
Getriebe/Antrieb7-Gang, Doppelkupplung8-Stufen-Automatik6-Gang, manuell6-Gang, Doppelkupplung
Messwerte
Leergewicht (Werk)1650 kg1765 kg1512 kg1522 kg
Beschleunigung 0-100 km/h (Test)3,8 s4,3 s5,7 s5,7 s
Höchstgeschwindigkeit (Werk)250 km/h250 km/h250 km/h255 km/h
Verbrauch auf 100 km (WLTP)9,4 l SP8,8 l SP8,0 l SP8,4 l SP
Preise
Grundpreis64.000 €58.200 €42.300 €47.100 €
AUTO ZEITUNG 21/2022Hyundai i30 N PerformanceMercedes-AMG
A 45 S 4Matic+
VW Golf R 20 YearsMini Clubman JCW
Technik
Zylinder/Ventile pro Zylin.R4-Zyliner, TurboR4-Zylinder, TurboR4-Zylinder, TurboR4-Zylinder, Turbo
Hubraum1998 cm³1991 cm³1984 cm³1998 cm³
Leistung206 kW/280 PS
5500 /min
310 kW/421 PS
6750 /min
245 kW/333 PS
5500/min
225 kW/306 PS
5000 /min
Max. Drehmoment392 Nm,
2100 /min
500 Nm,
5000 /min
420 Nm,
2100 /min
450 Nm,
1750 - 4500 /min
Getriebe/Antrieb8-Gang,
Doppelkupplung
8-Gang,
Doppelkupplung
7-Gang,
Doppelkupplung
8-Stufen-Automatik
Messwerte
Leergewicht (Werk)1530 kg1635 kg1555 kg1630 kg
Beschleunigung 0-100 km/h (Test)5,4 s3,9 s4,6 s4,9 s
Höchstgeschwindigkeit (Werk)250 km/h270 km/h270 km/h250 km/h
Verbrauch auf 100 km (WLTP)8,4 l SP9,1 l SP7,9 l SP7,9 l SP
Preise
Grundpreis40.050 €64.825 €59.995 €52.900 €

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