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Daimler-Chef Ola Källenius: Interview

"Wir stehen weiterhin zum Formel 1-Engagement"

Volker Koerdt Freier Mitarbeiter

In Zeiten von Diskussionen über Tempolimits und CO2-Ausstoß gerät der Rennsport immer mehr in Bedrängnis. Daimler-Chef Ola Källenius spricht im Interview mit der AUTO ZEITUNG über die Zukunft der Formel 1, das Konzept der Formel E und die Bedeutung eines sportlichen Markenimages vor dem Hintergrund des autonomen Fahrens und der fortschreitenden Digitalisierung!

Wie lange bleibt Mercedes noch in der Formel 1?
Wir stehen zu unserem äußerst erfolgreichen Formel 1-Engagement. Die Rennserie bleibt für uns auch weiterhin attraktiv durch die große Fan-Base und einen Medien-Gegenwert allein für unser Team von über einer Milliarde Euro pro Jahr. Zudem sind in den vergangenen Monaten entscheidende Schritte unternommen worden, um den Sport nachhaltig auszurichten – das gilt für die Senkung der Kosten genauso wie für den Klimaschutz, die CO2-Neutralität. Wir unterstützen diesen Weg ausdrücklich.

Mercedes-AMG One – Lewis Hamilton (Video):

 
 

Daimler-Chef Ola Källenius im Interview

Wie wollen Sie teure Entwicklungen im Motorsport mit Verbrennungsmotoren begründen? 
Zum kommenden Jahr führt die Serie eine Obergrenze für Technikkosten von 145 Millionen US-Dollar ein, was die Kosten deutlich nach unten fährt. Davon abgesehen hat die Formel 1 bereits in den vergangenen Jahren einen äußerst attraktiven Return on Investment für uns geliefert. Zudem ist sie in technischer Hinsicht heute so relevant für die Entwicklung von Straßenautos wie nie zuvor – unter anderem dank der Hybrid-Motoren, die uns regelmäßig Impulse liefern in wichtigen Bereichen wie E-Motoren oder Batterietechnik. 

Sind die hohen Summen und Gehälter der Piloten durch die Corona-Pandemie noch haltbar?
Schon in den vergangenen Jahren hat Daimler nur einen Teil zum Budget unseres Formel-1-Teams beigetragen. Der Rest wurde beispielsweise durch Sponsorenverträge oder Preisgelder gedeckt. Auf der Einnahmenseite stand das Team also schon gut da, künftig wird auch kostenseitig nachgezogen: Mit dem Budget Cap im kommenden Jahr wird die Kostenbasis der Formel 1 weitaus attraktiver gestaltet. Somit wird die Formel 1 ein finanziell nachhaltiges Engagement.

Hat die Formel 1 in der Form überhaupt eine Zukunft? Wie weit muss sie elektrifiziert werden?
Die Formel 1 ist seit 2009 elektrifiziert. Über die Jahre ist der Hybrid-Anteil immer weitergewachsen. Heute nutzt die Formel 1 die modernsten Hybrid-Motoren der Welt. Es ist richtig, den elektrischen Anteil im Gesamtpaket auch in Zukunft weiter zu erhöhen. Dazu kommt die Einfu?hrung von 100 Prozent synthetischen Kraftstoffen ab 2023. Aber unser Anspruch an uns selbst geht weit darüber hinaus: Bis 2022 wollen wir den CO2-Ausstoß unseres Teams im Vergleich zu 2018 um die Hälfte reduzieren. Bereits zum Ende dieses Jahres wird das Team durch eine Mischung aus Reduktion der CO2-Emissionen sowie Kompensationen nach dem Gold-Standard klimaneutral sein.

Löst die Formel E mit ihrer Ausrichtung auf batterieelektrische Antriebe zukünftig nicht folgerichtig die Formel 1 ab?
Formel 1 und Formel E haben zwei völlig unterschiedliche Konzepte, die sich sehr gut ergänzen. Die Formel 1 ist seit Jahrzehnten die etablierte Spitze des Motorsports, hier werden Jahr für Jahr die technischen und sportlichen Standards gesetzt. Die Formel E funktioniert eher wie ein Start-up: Es ist eine ganz neue Idee – vom Geschehen auf der Strecke über die Rennen in Städten bis hin zur Gestaltung der Rennwochenenden.

Apropos Formel E – die wahren Motorsportfans identifizieren sich nicht mit der Serie. Sie ist noch zu langsam. Was muss passieren, damit sie attraktiver wird?
Die Formel E ist ein neues Format. Als solches muss die Serie experimentieren, beispielsweise mit Ideen wie dem Fan Boost. Die Formel E braucht Zeit, um zu wachsen und ihre Fangemeinde zu entwickeln. Dabei sollte sie versuchen, ihre Einzigartigkeit zu behalten und nicht so zu werden wie andere Rennserien.

Halten Sie Einheitsreifen, Einheitschassis und mehr für richtig?
Letztendlich blockiert das die Entwicklung … Als neues Racing-Produkt muss sich die Formel E erst einmal etablieren. Dafür ist es wichtig, dass die Einstiegshürden für die Teams auch in finanzieller Hinsicht überschaubar sind. Einheitsteile sind eine Möglichkeit, den Kostenrahmen zu begrenzen. 

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Die Formel E findet bewusst in großen Metropolen statt. Zukünftig werden die Autos zwangsläufig schneller werden. Ist es aus Sicherheitsgründen dann überhaupt noch opportun, in Städten zu fahren?
Die engen Stadtkurse der Formel E gehören zu den Alleinstellungsmerkmalen der Rennserie und sollten auch Teil ihrer Zukunft sein. Die Sicherheit hat oberste Priorität. Als FIA-reglementierte Serie ist die Formel E hier gut aufgestellt, denn die FIA hat in diesem Bereich sehr viel Erfahrung – nicht zuletzt dank der Formel 1, die ja mit Singapur oder auch dem Klassiker in Monaco ebenfalls Stadtrennen im Angebot hat.

Wie geht es weiter mit der DTM? Hat die Serie wirklich noch Zukunft?
Wir blicken mit äußerst positiven Erinnerungen auf unsere Zeit in der DTM zurück, in der wir viele Titel und Erfolge einfahren konnten. Gleichzeitig sind wir überzeugt, dass wir mit unseren Werksteams in Formel 1 und Formel E und unserem erfolgreichen Kundensportprogramm bei AMG in Sachen Motorsport sehr gut aufgestellt sind.

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Ist ein sportliches Image für die Marke Mercedes vor dem Hintergrund des autonomen Fahrens und der fortschreitenden Digitalisierung überhaupt noch wichtig?
Unser historischer Erfolg von sechs Doppelweltmeisterschaften hintereinander hat viel für das sportliche Image und den Wert unserer Marke geleistet. Davon profitiert vor allem unsere High-Performance-Marke AMG. Mit Lewis Hamilton haben wir außerdem einen der besten Rennfahrer aller Zeiten unter Vertrag, der weit über den Bereich des Motorsports hinaus ein moderner Botschafter unseres Unternehmens ist.

Hat der Motorsport in diesem Umfeld noch eine Zukunft?
Klares Ja! Zwischen unseren Engagements in der Formel E und der Formel 1 decken wir das ganze Motorsportspektrum ab. 2019 wurde die Formel 1 von fast 550 Millionen Menschen geschaut, das waren rund zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Die Serie bleibt hochattraktiv, sowohl für die Fans zuhause als auch für uns als Teilnehmer. 

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