M8 Cabrio/AMG SL63: Vergleichstest
M GmbH und AMG im Schlagabtausch
- BMW M8 Competition & Mercedes-AMG SL 63 im Vergleichstest
- Fahrkomfort: Geschmeidig unterwegs im Mercedes-AMG SL 63
- Motor/Getriebe: Präzise Automatik im BMW M8 Competition Cabrio
- Fahrdynamik: Präzise Lenkung im Mercedes-AMG SL 63
- Umwelt/Kosten BMW M8 minimal günstiger in Anschaffung
- Messwerte & technische Daten BMW M8 Competition Cabriolet & Mercedes-AMG SL 63 4Matic+
- Ergebnis in Punkten
- Fazit
In seiner fast 70-jährigen Historie ist der SL längst zur absoluten Ikone gereift. Entsprechend gespannt begrüßen wir die neueste Generation zum ersten Kräftemessen. Der logische Gegner für den Mercedes-AMG SL 63 im Vergleichstest: das BMW M8 Competition Cabriolet.
Das BMW M8 Competition Cabrio stellt sich im Vergleichstest dem Mercedes-AMG SL 63, einem der wenigen echten automobilen Ikonen. Vor knapp 70 Jahren als reines Renngerät gestartet, zählt der offene Sportwagen heute zu den wohl berühmtesten und begehrtesten Luxusfahrzeugen überhaupt. Die neueste Generation gibt, anders als ihr direkter Vorgänger, wieder mehr den distinguierten Sportsmann, der mit reichlich Power und querdynamischem Potenzial gesegnet ist und bei weitem nicht nur für die Boulevards dieser Welt geschaffen wurde. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Affalterbacher Sportwagenschmiede AMG bei der Entwicklung den Hut aufgehabt. Und, dies sei an dieser Stelle vorweggenommen, das Entwicklungsteam hat hervorragende Arbeit geleistet. Ob es der 585 PS starke V8-Roadster jedoch mit dem 625 PS starken BMW M8 Competition Cabriolet aufnehmen kann, zeigt am Ende die Punktwertung im Vergleichstest. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der BMM M8 (2019) im Fahrbericht (Video):
BMW M8 Competition & Mercedes-AMG SL 63 im Vergleichstest
Der Mercedes-AMG SL 63 kommt im Vergleich zu seinem recht ausladend wirkenden Vorgänger sehnig, ja fast schon grazil daher. Die Designmannschaft hat es geschafft, die durchaus üppigen Abmessungen geschickt zu kaschieren. Immerhin ist der Roadster 4,71 Meter lang und 1,92 Meter breit. Im Interieur genießen man vorne nicht nur ein aufgrund der hervorragenden Sitzposition echtes Roadster-Feeling – und man freut sich überdies über gute Platzverhältnisse. Der SL wirkt gerade im Vergleichstest mit dem BMW M8 Competition Cabrio, das trotz der noch üppigeren Außenlänge innen eher passgenau wie ein Turnschuh geschnitten ist, luftig und bietet bei geschlossenem Verdeck reichlich Kopffreiheit und angemessen viel Bewegungsfreiheit für die Ellenbogen. Über die Fondplätze freut sich indes allenfalls der Nachwuchs, denn anders als im BMW taugen die Notsitze mit ihren steil stehenden Rücklehnen lediglich für Kinder und Jugendliche bis 1,50 Meter Größe. Im M8 halten es hinten hingegen auch nicht allzu hochgeschossene Erwachsene etwas länger aus. Rein gar nichts auszusetzen gibt es beim BMW an der Material- und Verarbeitungsgüte. Nicht nur, dass die Karosserie bocksteif wirkt, auch die verwendeten Materialien im Interieur fassen sich hochwertig an und sind penibel zusammengefügt. Kurz gesagt: Der Münchener wirkt einfach rundum solide wie eine Burg. Dies trifft auf den Mercedes-AMG SL 63 nicht uneingeschränkt zu. Beim Überfahren von Kanten knistert es bei ihm schon mal am oberen Scheibenrahmen und auch unschöne Details wie knarzende Türgriffe im Innenraum sind eines 200.000-Euro-Autos nicht würdig. Ebenfalls Licht und Schatten gibt es bei der Bedienung. Absolut lobenswert ist die trotz nahezu unzähliger Funktionen absolut intuitive Menüführung auf dem brillanten und griffgünstig platzierten Zentralmonitor sowie die kinderleichte Anbindung des Handys ans Bordsystem. Weniger gelungen hingegen sind die winzigen Touchflächen am Lenkrad und die fummelige Sitzverstellung über die berührungssensitive Elemente in den Türen, die nicht immer auf Anhieb und dann teils wenig feinfühlig reagieren. Und auch die Verdeckbetätigung über den virtuellen Slider auf dem Touchscreen, der die gesamte Dauer des Öffnens oder Schließens gehalten werden will, sorgt für Verdruss – zumal das entsprechende Menü erst eine geraume Zeit nach dem Motorstart zur Verfügung steht. Der auch mögliche Doppelklick auf die winzige Fläche in der einteiligen Menüleiste ist nicht unbedingt die bessere oder gar lustvollere Alternative. Eine separate, größere Taste wäre hier wünschenswert. Etwas, das beide Sportler eint, ist die komplexe Sicherheitsausstattung, die jeweils den neuesten Stand widerspiegelt und hier wie da zahlreiche autonome Fahrfunktionen beinhaltet.
Fahrkomfort: Geschmeidig unterwegs im Mercedes-AMG SL 63
Eine Domäne, die sich die Neuauflage des Mercedes SL trotz der im Vergleich zum Vorgänger deutlich sportlicheren Ausrichtung bewahrt hat, ist die Fähigkeit, geschmeidig und unaufgeregt lange Strecken zu bewältigen. Gerade bei flotterer Fahrt erweist sich der Mercedes-AMG SL 63 als überaus angenehmer Reisebegleiter. Seine Federung gleicht kurze und lange Wellen gleichermaßen ordentlich aus. Aber auch in der Stadt vermittelt der Benz beim Überfahren von Unebenheiten wie Schlaglöchern nie den Eindruck übertriebener Härte. Letzteres gilt aufgrund des sensiblen Anfederns auch für das BMW M8 Competition Cabrio. Insgesamt ist der Bayer jedoch merklich straffer abgestimmt als sein Kontrahent und lässt nie wirklich im Unklaren über die Beschaffenheit des jeweiligen Untergrundes. Den Vergleichstest bestreitet der knallgelbe Bolide mit eng anliegenden Karbon-Schalensitzen, die nicht nur jede Menge Seitenhalt bereitstellen – sie bieten zudem einen top Langstreckenkomfort und sind deutlich leichter als die Seriensitze. Aber auch der Mercedes tritt keineswegs mit Seriensitzen, sondern vielfach einstellbaren, voll klimatisierten Multikontursitzen an, die auf langer Strecke noch etwas bequemer als die Schalensitze des BMW sind.
Motor/Getriebe: Präzise Automatik im BMW M8 Competition Cabrio
Es bleibt wohl ein Rätsel, warum der Motor-Startknopf des Mercedes-AMG SL 63 4Matic+ so schüchtern, ja fast schon versteckt hinter dem zentralen Bildschirm platziert ist. Schließlich passiert etwas Wunderbares, wenn der 4,0 Liter große AMG-V8 beim Druck auf die Taste erwacht: Es stellen sich vor Wonne umgehend sämtliche Körperhaare auf. Respekteinflößend wummernd und mit tiefem Bass gesegnet, weckt schon der bebende Leerlauf die Vorfreude auf den ersten Tritt aufs Gaspedal. Ungeduldig ziehen wir den Getriebehebel auf D und geben der Versuchung nach. Unter wütendem Stampfen schießt der SL aus den Startblöcken, passiert nach nur 3,6 Sekunden die 100-km/h-Marke, ist in 11,5 Sekunden bereits 200 km/h schnell und stürmt, ohne maßgeblich an Druck zu verlieren, weiter, bis sich bei 315 km/h Luftwiderstand und Motorleistung die Waage halten. Was für ein beeindruckendes Erlebnis – trotz der nicht immer treffsicheren und manchmal ruckartig arbeitenden Neun-Stufen-Automatik und dem zuweilen zögerlichen Druckaufbau der beiden Turbos. Umstieg in das BMW M8 Competition Cabriolet. Sein nahezu vibrationslos laufender, blitzartig ansprechender V8-Biturbo klingt anders, aber kein Deut weniger faszinierend. Der fein komponierte Sound ist hochfrequenter, tönt fast schon wie der eines Rennaggregates. Und dazu dieser nicht enden wollende Schub! Das über zwei Tonnen schwere Cabrio zoomt, unterstützt durch die herausragende Acht-Stufen-Automatik, in atemberaubenden 3,2 Sekunden auf Tempo 100 – noch schneller als der SL. Bis zur 200-km/h-Marke nimmt der BMW dem Mercedes sogar fast eine Sekunde ab. Werksseitig ist das BMW M8 Competition Cabrio allerdings bei 250 km/h abgeregelt. Eine Anhebung der Endgeschwindigkeit auf 305 km/h kostet 2450 Euro, beinhaltet dafür aber auch ein Fahrtraining. Bei aller Begeisterung müssen wir jedoch über den Umgang der beiden Sportler mit dem Kraftstoff reden. Der BMW genehmigt sich auf unserer Testrunde im Vergleichstest glatte 12 Liter, der Mercedes-AMG SL 63 noch einen Liter mehr. Und da bei häufiger Abfrage der vollen Leistung die Verbräuche exponentiell ansteigen, taugen die Sportler definitiv nicht als grüne Werbebotschafter für Verbrenner – müssen sie aber angesichts der geringen Absatzzahlen auch nicht!
Fahrdynamik: Präzise Lenkung im Mercedes-AMG SL 63
Mercedes-AMG hat nicht zu viel versprochen: Der 1,9 Tonnen schwere Mercedes-AMG SL 63 ist trotz der durchaus vorhandenen Komfortmerkmale und der dem leicht tänzelndem Aufbau im Grenzbereich ein waschechter Sportwagen, der auf der Rundstrecke mit großem Eifer zeigt, wozu er imstande ist. Die Vorderräder greifen herzhaft zu und folgen spurtreu der vorgegebenen Linie. Dadurch lässt sich der AMG eng am Kurveninneren Rand entlangzirkeln und schießt beim Erreichen des Scheitelpunktes mit leicht nach außen drängendem Heck auf die nächste Kurve zu. Die Lenkung? Sie ist hochpräzise, angenehm direkt und stets mit reichlich Rückmeldung gesegnet. Allerdings ist der Wendekreis trotz mitlenkender Hinterräder mit 12,2 Meter nicht sonderlich beeindruckend. Das Gleiche gilt für die 8925 teure Karbon-Keramik-Bremsanlage, über die der Testwagen verfügt. Sie liefert mit Bremswegen von knapp über 34 Metern zwar eine solide, aber eben nicht unbedingt überragende Vorstellung ab, zumal die Dosierbarkeit ebenfalls etwas zu wünschen übrig lässt. Dennoch: Auf der Rundstrecke weist der Mercedes-AMG SL 63 das BMW M8 Competition Cabrio tatsächlich in die Schranken und kommt 0,7 Sekunden vor ihm über die Ziellinie. Und das ist durchaus ein Statement, gilt der Bajuware doch auch als Cabrio als eines der fahrdynamisch veranlagtesten GT-Modelle überhaupt. Für sich genommen bereitet das BMW M8 Competition Cabrio mit seiner wie festgenagelt stabilen Straßenlage und der bei deaktiviertem Stabilitätsprogramm sanften, spielerisch ins Handling einbaubaren Tendenz zum Übersteuern am Kurvenausgang ungemein viel Fahrfreude. Doch im Vergleichstest wirkt der BMW minimal weniger agil, lenkt etwas weniger hungrig ein und will mit mehr Geduld in Kurven hineingeführt werden. Ansonsten schiebt der Zweitonner nämlich spürbar über die Vorderräder. Seine ebenfalls auf alle vier Räder wirkende Lenkung lässt sich gerade um die Mittellage überaus fein dosieren, verlangt im weiteren Verlauf jedoch größere Lenkwinkel und kommuniziert insgesamt nicht ganz so mitteilungsfreudig wie die Lenkung des Mercedes. Dafür brilliert die 9400 Euro teure Karbon-Keramik-Bremse des BMW M8. Sie liefert stets Top-Verzögerungswerte und bietet auch nach zahlreichen Stresstests auf der Rennstrecke über einen kristallklaren Druckpunkt. Besser geht es kaum.
Umwelt/Kosten BMW M8 minimal günstiger in Anschaffung
Null Punkte im Vergleichstest für den bewerteten Preis, null Zähler für den Werterhalt: Das BMW M8 Competition Cabriolet und der Mercedes-AMG SL 63 Roadster sind aufgrund der horrenden Preise und Unterhaltskosten ausschließlich etwas für mehr als nur gut situierte Enthusiast:innen. Punkt.
Auch interessant:
Messwerte & technische Daten BMW M8 Competition Cabriolet & Mercedes-AMG SL 63 4Matic+
Ergebnis in Punkten
Der neue Mercedes-AMG SL 63 4Matic+ ist ein absolutes Traumauto, das wie kaum ein anderes distinguiertes Dahingleiten und überragende Rennstrecken-Performance in Einklang bringt. Gänsehaut-Sound und brachialer Vorwärtsdrang runden das Gesamtkunstwerk SL ab. Allerdings wünschen wir uns von einem derart teuren Auto eine sorgfältigere Verarbeitung. Den Vergleichstest gewinnt das BMW M8 Competition Cabrio. Der faszinierende bayerische Sportwagen glänzt mit seiner famosen Antriebseinheit und punktet auch mit der praktischeren Karosserie.