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Geht auch ganz einfach:

BMW-Designchef Adrian van Hooydonk: Interview

"Wir wollen die Marke auf ihre Essenz reduzieren"

Michael Godde Leitung Test & Sonderaufgaben
Adrian van Hooydonk
Der gebürtige Holländer nahm 1992 als Exterieur-Designer bei BMW seinen Dienst auf. Zwischen 2000 und 2004 war er für BMW in den USA tätig. 2004 wurde er Leiter BMW Design in München und prägt seit 2009 als Leiter BMW Group maßgeblich den Gesamtauftritt. Foto: BMW

Die AUTO ZEITUNG spricht mit Adrian van Hooydonk, Leiter BMW Group Design, im Interview über die Zukunft des BMW-Designs, das mit der "Neuen Klasse" die Marke transformieren wird.

Herr van Hooydonk, die Studien Vision Circular, Vision Dee, Vision Neue Klasse und Vision Neue Klasse X geben schon einen Ausblick in die Zukunft. Wie viel der vier Designstudien wird tatsächlich 2025 in der Serie zu sehen sein?
Die Studien zeigen unsere Innovationskraft in den zentralen Bereichen Elektrifizierung, Digitalisierung und Zirkularität. Viele Elemente des Vision Neue Klasse und Vision Neue Klasse X werden auch später in den Serienmodellen der Neuen Klasse zu sehen sein. Bei den Studien Vision Dee und Vision Circular geht es weniger um die künftige Formensprache als vielmehr um unsere Zukunftsvisionen zu den Themen Zirkularität und Digitalisierung: Welche Ideen und Innovationen haben wir hier zu bieten, und wie setzen wir das in unseren Fahrzeugen um? Wie gehen wir zum Beispiel mit Monomaterialien um, oder was kann man alles auf die Windschutzscheibe projizieren? Wie verschwimmen die Grenzen zwischen virtuell und real? Während der Vision Neue Klasse und der Vision Neue Klasse X schon recht konkrete Ausblicke auf unser künftiges Produktportfolio geben, stehen der Vision Circular und der Vision Dee für die Themen, die in unseren Fahrzeugen eine wesentliche Rolle spielen. Auch interessant: Unsere Produkttipps bei Amazon

Leslie & Cars fährt den BMW i7 M70 xDrive (2023) im Video:

 
 

BMW-Designchef Adrian van Hooydonk im Interview

Das Design der Neuen Klasse soll eine neue Epoche prägen und im Portfolio für Differenzierung sorgen. Wie werden Sie das umsetzen?
Dabei wollen wir bleiben, das hat sich bewährt und hatte einen großen Anteil an unserem Wachstum der letzten Jahre. Die ersten Fahrzeuge der Neuen Klasse kommen Ende 2025, danach wird es schnell gehen. Dann werden wir innerhalb von drei Jahren ziemlich viele neue Produkte auf den Markt bringen, die sich querbeet über die Modellpalette verteilen. Die BMW, die dann auf der Straße sind, werden ein ganz neues Bild unserer Marke vermitteln und gleichzeitig mehr BMW als jemals zuvor sein.

Endet mit der Designsprache der Neuen Klasse die Evolution im BMW-Design der letzten Jahre und es startet stattdessen eine Art Revolution?
Ich weiß nicht, ob wir im Moment eine Evolution oder Revolution sehen. Viele sprechen auch von einer Transformation. Für uns ist es vielmehr kontinuierlicher Fortschritt. Ich glaube, dass wir jetzt in einer Zeit sind, in der sich Technologie und Konsumverhalten stark verändern – schneller als wir das in den letzten 20 Jahren gesehen haben. Dazu passt aus meiner Sicht auch eine etwas größere Veränderung im Design. Dabei wollen wir die Marke BMW nicht wahllos in eine beliebige Richtung verändern, sondern die Marke BMW näher an ihren Kern bringen, sie sozusagen auf ihre Essenz reduzieren. Das bedeutet, dass wir die Formensprache vereinfachen und dadurch noch charakterstärker machen. Dabei kommt es auf jedes Detail an.

Werden Sie mit dieser Transformation das Design des konventionellen 3er an die kommende Neue Klasse angleichen, oder werden beide Technologien wieder optisch auseinander driften, um sichtbar zu machen: Hier ist die neue Welt, da ist die alte Welt?
Die Philosophie, für die die Fahrzeuge der Neuen Klasse stehen, nämlich neues Design, neue Technologie, digitale Innovationen und Nachhaltigkeit, werden wir auf unser komplettes Modellportfolio übertragen. Dabei setzen wir weiterhin auf das Konzept, mit dem wir bereits extrem erfolgreich sind: Unsere Kundschaft will zunächst einen echten BMW fahren und entscheidet sich dann für einen Antrieb. Ob vollelektrisch, PHEV oder Verbrenner – sie bekommen immer einen BMW, der in puncto Design und auch Technologie State of the Art ist. Die Impulse, die die Neue Klasse gibt, werden wir auf alle künftigen Modelle ausrollen. Für uns ist undenkbar, dass hier eine Zweiklassengesellschaft entsteht zwischen alter und neuer Welt. Das wird es bei uns definitiv nicht geben.

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Was ist wichtiger für das Design: die Proportionen oder die Details im und am Auto? Was weckt die Begierde und den Wunsch der Kundschaft, einen BMW fahren zu wollen?
Proportionen sind immer das Wichtigste. Darauf legen wir bei BMW schon seit jeher größten Wert. Obwohl wir natürlich eine sehr Technologie-getriebene Company sind, gehören wir zu den wenigen Firmen, bei denen man bereits im Design Einfluss auf die Proportionen nehmen kann. Wir nutzen zum Beispiel einen möglichst langen Radstand, um ein gutes Verhältnis zwischen Rädergröße und Dachhöhe herzustellen und ganz kurze Überhänge zu realisieren. Und das setzen wir auch mit unseren vollelektrifizierten Autos um. Mit der Neuen Klasse verändern wir allerdings nicht nur die Proportionen, damit sie für den elektrischen Antrieb optimal passen. Hier geht es uns auch darum, die Formensprache schlichter zu gestalten.

Wie wollen Sie mit der Digitalisierung im reduzierten Innenraum die fühlbare Qualität beibehalten, die ja für eine Premiummarke wichtig ist? Wo wird der haptische Unterschied zur Massenware liegen?
Das ist eine gute Frage. Um direkt mit dem zweiten Teil der Frage zu beginnen: Wir werden nicht alles auf Touch umstellen. Es wird ein paar physische Schalter geben, und die werden natürlich so gestaltet sein, dass es ein schönes Erlebnis ist, sie zu bedienen. Bei BMW bleibt es so, dass Fahrdynamik und Fahrerlebnis im Mittelpunkt stehen. Im Gegensatz zu anderen Herstellern haben wir noch nie ein Auto ohne Lenkrad vorgestellt. Wir wollen, dass die Kundschaft immer entscheidet, wann sie selbst fährt oder das Auto fahren lässt. Das ist der Grundstein für die Fahrer:innenorientierung. Wenn man unter diesem Aspekt dann das Cockpit der Vision Neue Klasse anschaut, sieht man, dass es sehr aufgeräumt, aber immer noch um die fahrende Person herum arrangiert ist – mit einem zentralen Display, das durch seine Flucht den Blick auf die Straße leitet. Deshalb haben wir das BMW Panoramic Vision entwickelt. Nicht nur, weil wir finden, dass es ein interessantes Gimmick ist, sondern weil wir wissen, dass sich die Frontscheibe perfekt dafür eignet, um die wichtigsten Infos anzubieten, während man sich gleichzeitig voll und ganz auf die Straße konzentrieren kann. Hier geht es nicht um Digitalisierung der Digitalisierung wegen. Wir wollen es den Menschen hinterm Lenkrad noch einfacher machen und das Fahrerlebnis noch besser.

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Was ist es aus Ihrer Sicht, das man fühlen muss, wenn man einen BMW fährt? Wie transportiert BMW das im Design?
Freude ist unser Markenkern. Ich komme aus Holland, da darf man nicht schnell fahren, die Autos nicht nach ihren Möglichkeiten bewegen. Aber BMW ist in Holland die Nummer eins. Und unsere Kundschaft und ich erfahren auch in meiner Heimat die BMW-typische Fahrfreude, weil das Auto so reaktionsschnell und so intensiv ist. Und darum geht es ja letztendlich. Unsere Kundschaft schätzt, dass jeder BMW ein hochmodernes Fahrzeug ist, das außergewöhnlich gut auf den fahrerischen Input reagiert. Input und Output passen zusammen. Egal, ob man es ganz entspannt fährt oder am Limit bewegt, ob es elektrifiziert ist oder ein Verbrenner: Die Rückmeldung, die mein BMW mir gibt, ist immer direkt und intensiv. Ein BMW muss schon im Stand eine gewisse Dynamik ausstrahlen und zum Fahren einladen. Auch wenn das Auto noch geparkt ist, sollte man sich bereits zu ihm hingezogen fühlen, es bewegen wollen. Wir möchten mit dem Design auch einen Denkprozess anstoßen: Wie fühlt es sich wohl an, wenn ich damit fahre?

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BMW hat viele traditionelle Details wie die Niere, die Doppelscheinwerfer oder den Hofmeister-Knick. Sind diese geforderten Zitate eher ein einengendes Korsett oder wichtige Bezugsgrößen, die man stets neu interpretieren kann?
Erstens: Wiedererkennbarkeit als Marke ist ein hohes Gut, und das wollen wir unbedingt beibehalten. Das kann die beste Werbekampagne nicht erzeugen. Wenn fünfjährige Kinder einen BMW im Straßenverkehr erkennen können, ist das schon mal etwas Gutes. Zweitens sollte man sich bei jedem Fahrzeugdesign überlegen: Wie kann ich die ikonischen Elemente weiterentwickeln? Weiterentwicklung ist wichtig, weil eine Marke immer in Bewegung bleiben muss. Seit rund einem Jahrhundert verfolgen wir bei BMW dieses Credo. Das sieht man zum Beispiel an den BMW-typischen Nieren. Sie gehören schon immer zu den Designmerkmalen eines BMW, aber eben in sehr unterschiedlichen Ausprägungen. Sie definieren die verschiedenen Charaktere unserer Fahrzeuge – zum Beispiel Limousine oder SUV. Auch beim Hofmeister-Knick sehen wir immer wieder neue Interpretationen. Unsere typischen BMW-Design-Ikonen, die wir lieb gewonnen haben und woran viele Leute einen BMW erkennen, sind für uns essenziell. Sie stehen auch für unsere Tradition und Geschichte. Aber natürlich lohnt es sich, auch diese hin und wieder neu zu denken …

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