BMW 7er Limousine: 730d im Dauertest
Gerade einmal 20 Monate benötigte der bayerische Luxusliner BMW 730d, um die Dauertest-Distanz von 100.000 km abzuspulen
Eckdaten | |
---|---|
PS-kW | 245 PS (180 kW) |
Antrieb | Hinterrad, 6-Stufen Automatik |
0-100 km/h | 7.2 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 245 km/h |
Preis | 70.790,00€ |
Die Erwartungshaltung war hoch, als Anfang Dezember 2009 der in Metallic-Silber lackierte Der BMW 730d im ersten Fahrbericht der AUTO ZEITUNG auf den Redaktionsparkplatz rollte. Immerhin hatte das Vorgängermodell die Strapazen des AUTO ZEITUNG-Dauertests, in dessen Verlauf die Kandidaten die Distanz von zweieinhalb Erdumfahrungen zurücklegen müssen, nahezu anstandslos absolviert und sich als eine Ausgeburt an Zuverlässigkeit präsentiert. Beste Voraussetzungen also für die Modellreihe mit dem internen Code F01, bei der die drei großen Kritikpunkte des Vorgängers – iDrive, Elektronik und Design – verändert wurden.
ELEKTRONIKPROBLEME? FEHLANZEIGE!
Und in der Tat funktionierte die Elektronik über die gesamte Testdauer ohne irgendwelche Auffälligkeiten. Dank der deutlich schnelleren Datenübertragungsgeschwindigkeit der neuen Elektronikarchitektur (Fley-Ray) sollen Fahrwerk und Antrieb sowie die zahlreichen Assistenzsysteme schneller und zuverlässiger miteinander kommunizieren. Der 730d trat den Beweis an – und das, obwohl er mit so ziemlich allem ausgerüstet war, was die Aufpreisliste hergibt. Insgesamt waren Extras im Wert von 32.760 Euro an Bord, unter anderem auch Spurhalte-, Toter-Winkel- und Fernlichtassistent sowie ein Head-up-Display samt Anzeige der Geschwindigkeitsbegrenzung.
Während das 1390 Euro teure Head-up-System nach kurzer Eingewöhnung kaum noch jemand missen wollte, fand die 320 Euro teuere Speed Limit Info weniger Anklang. So bemerkte Redakteur Elmar Siepen, dass der BMW 7er Tempolimits selbstständig aufhebe und konnte sogar von einem Fall berichten, bei dem auf der Autobahn eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h angezeigt wurde. Doch es ging auch andersherum, etwa ein Tempo-100-Hinweis in der 30er-Zone. Die übrigen Assistenzsysteme arbeiteten hingegen zuverlässig, nur die Fernlichtautomatik reagierte oftmals zu träge – mit der Folge, dass der Gegenverkehr zur Lichthupe griff.
MOTOR UND GETRIEBE SIND EIN TRAUMPAAR
Den Löwenanteil seines Daseins verbrachte der 730d auf der Autobahn, wo er seine Qualitäten als erstklassiges Reiseauto eindrucksvoll unter Beweis stellen konnte. Auch Chefreporter Stefan Miete stimmte in den positiven Tenor mit ein und stellte fest: „Der BMW 730d ist ein formidabler Langstreckenjet! Der Verbrauch über 2000 km lag bei 9,5 Liter – nahezu voll beladen mit drei Fahrgästen an Bord bei stets zügiger Beschleunigung. Nicht schlecht für solch ein Schiff!“ Über die gesamte Dauertest-Distanz war es kaum anders, durchschnittlich 9,6 Liter je 100 km flossen durch die sechs Einspritzdüsen des Reihensechsers, der dank des BluePerformance-Pakets (NOx-Kat) bereits die Euro-6-Norm erfüllt.
Mehr Tests & Fahrberichte: Der kostenlose Newsletter der AUTO ZEITUNG
Nicht nur der kultivierte und antrittsstarke Diesel überzeugte, auch die serienmäßige Sechsstufen-Automatik von ZF gefiel allen Beteiligten. Sie sortierte die Gänge stets gleichermaßen schnell wie geschmeidig und auch gegen Ende genauso treffsicher wie am ersten Tag. Testchef Jürgen Voigt beschrieb Motor- und Fahrleistungen als völlig ausreichend, dennoch würde das Auto seiner Meinung nach erheblich von der Achtstufen-Automatik – wie sie im 5er eingesetzt wird – profitieren. Diese ist derzeit noch den Versionen 760i, 740d xDrive sowie dem Hybridmodell Active-Hybrid 7 vorbehalten, wird aber im Zug der anstehenden Modellüberarbeitung Einzug in alle BMW 7er-Versionen halten.
Bei der abschließenden Beschleunigungsmessung bestätigte der Siebener, dass sein Antrieb nach wie vor voll im Saft steht. Mit 7,2 Sekunden für den Standardsprint erreichte er die Werksangabe aufs Zehntel genau.
Ähnlich großes Lob ernteten die 2200 Euro teuren Komfortsitze, die im Fall unseres Dauertesters zusätzlich mit Massagefunktion (830 Euro) sowie Sitzbelüftung (810 Euro) aufwarteten. Testredakteur Paul Englert notierte dazu im Fahrtenbuch: „Die hervorragenden – wenn auch aufpreispflichtigen – Komfortsessel mit ihrem einstellbaren Lehnenkopf nehmen jeder Distanz den Schrecken.“ Und Stefan Miete fügte an: „Der dicke BMW hätte einen Langstreckenpokal verdient. Die Sitze sind eine Wucht!“
Etwas getrübt wurde das tolle Komfortniveau von leicht erhöhten Windgeräuschen bei schnellen Autobahn-Tempi sowie der Federung, die nicht uneingeschränkt überzeugte. Während Testleiter Martin Urbanke in der Komfort-Stellung bei Querfugen ein leichtes Karosseriezittern konstatierte, monierte Technik-Redakteur Holger Ippen, dass die Federung mitunter etwas stößig sei. Doch all das ist Klagen auf sehr hohem Niveau. Insgesamt muss man dem Luxusliner, der serienmäßig mit adaptiven Dämpfern ausgestattet ist, einen sehr guten Federungskomfort attestieren, wobei sich der StanStandardmodus als bester Kompromiss herauskristallisierte. Während die Sport-Stellung unnötige Unruhe in das Auto bringt, nehmen die Aufbaubewegungen im Komfort- Modus stark zu.
Das zu Beginn seiner Einführung heftig kritisierte iDrive-Bediensystem bereitet den Nutzern in der aktuellen zweiten Generation kaum noch Probleme im Umgang. Das Navigationssystem arbeitete im Test flott und größtenteils zuverlässig. Alle wichtigen Funktionen lassen sich mit Hilfe der Direktwahltasten, die um den iDrive-Controller angeordnet sind, schnell anwählen, die Menüstruktur ist logisch aufgebaut. Kritik gab es dennoch. Der stellvertretende Chefredakteur Klaus Uckrow hielt fest: „Das Navi nimmt kleinste Staus zu ernst und umfährt sie unnötigerweise.“ Und Michael Godde kritisierte das zu langsame Hochfahren des Systems beim Einschalten der Zündung, das könne der neue Fünfer schneller.
Auch die hinter den Zierleisten versteckten Türgriffe sorgten beim Erstkontakt mit dem BMW 7er für fragende Blicke und einen Griff ins Leere. Die ungünstig hohe Position sei generell ein Ärgernis, befand der stellvertretende Chefredakteur Wolfgang Eschment. Auch die Bedienung der automatischen Wischfunktion ist nur auf den ersten Blick gut gelöst, muss man sie doch bei jedem Start von Neuem aktivieren. Und wo wir gerade einmal beim Meckern sind: Die mit Hilfe der Raddrehzahlsensoren messende Reifenpannenanzeige steht der per Drucksensoren arbeitenden Version, wie sie etwa in der 5er-Reihe zum Einsatz kommt, in puncto Schnelligkeit deutlich nach. Sport-Redakteur Dieter Serowy bemerkte einen Luftverlust an einem der Runflat-Reifen, das System zeigte den Druckverlust auf der Fahrt zur Werkstatt aber erst nach einigen Kilometern an.
Nach 100.000 km steht der Münchner aber fast so gut da wie am Tag der Übergabe. Abgesehen von der zerfledderten Motordämmung, die auf einen nächtlichen Marderbesuch zurückzuführen ist, sowie vom leichten Rostbefall am Scharnier der rechten Hintertür gibt es nichts zu beanstanden. Elmar Siepen stellte kurz vor Ende fest: „Der 730d ist immer noch ein gediegenes Reiseauto, das kaum Verschleißerscheinungen erkennen lässt.“ Auch die Karosserie hat nichts von ihrer Steifigkeit eingebüßt, Klappern blieb für den BMW 7er bis zum Schluss ein Fremdwort. Einen ebenso überzeugenden Eindruck hinterließ der hochwertige Innenraum, der immer noch wie neu aussieht. Und man muss schon einen Blick unter die Motorhaube oder den Kofferraumdeckel werfen, um handwerkliche Nachlässigkeiten festzustellen – dort verzichteten die Münchner an den Innenseiten auf eine Klarlackschicht, was kaum dem Premium- Anspruch entsprechen dürfte.
Wie sein Vorgänger gehörte auch der aktuelle 7er im Dauertest zu den Mängelzwergen: Bis auf den Austausch des Hydraulikbehälters für die Servolenkung und den anschließenden Wechsel der Servopumpe samt Steuergerät bei rund 70.000 km (alles auf Garantie) ließ sich der Bayer nichts zu Schulden kommen. Auch die laufenden Kosten fielen für eine Luxuslimousine recht niedrig aus. Mit 23 Cent/km schlug der BMW zu Buche, was er neben den moderaten Spritkosten vor allem den erträglichen Inspektionspreisen zu verdanken hatte. Das Zauberwort dafür heißt BMW Service Inclusive. Das Service-Paket ist beim 7er Serie und deckt die Wartungskosten der ersten 100.000 km oder fünf Jahre ab. Größter Posten blieben im Test somit die Reifen, von denen sich der schwere und drehmomentstarke Münchner vier Sätze genehmigte.
Der große Bayer erfüllte die hochgesteckten Erwartungen vollauf, wir freuen uns schon auf die kommende 7er-Reihe im Dauertest.
DAS SAGT BMW …
… ZUR OPTIONALEN REIFENDRUCKKONTROLLE, DIE EINEN LUFTVERLUST ERST MIT DEUTLICHER VERZÖGERUNG MELDETE:
Das Fahrzeug verfügt über eine indirekt messende Reifenprüfanzeige (RPA), die bei einem Druckverlust von ca. 30 Prozent eine Meldung absetzt. Mitunter kann das verzögert – auch abhängig von Geschwindigkeit, Fahrbahnbelag und Straßenführung – erfolgen.
… ZU DEN INNEREN TÜRGRIFFEN, DIE VON UNS ALS VERSTECKT UND UNGÜNSTIG POSITIONIERT KRITISIERT WURDEN:
Kundenseitig wird diese Kritik nur in Einzelfällen erhoben. Die Beurteilung einer optimalen Lage von Türgriffen ist jedoch sehr subjektiv.
… ZUR VERKEHRSZEICHENERKENNUNG, DIE BESONDERS IM STADTVERKEHR NICHT IMMER ZUVERLÄSSIG FUNKTIONIERTE:
Das System ist bisher im Feld nicht negativ auffällig geworden. Die regelmäßigen Updates sorgen für einen gleichbleibend hohen und aktuellen Softwarestand. Dennoch kann es vereinzelt zu Falschanzeigen kommen, wenn Verkehrszeichen nicht eindeutig erkennbar sind. Auch Sonneneinstrahlung, Spiegelungen oder Nebel können sich negativ auswirken.
… ZUR KRITIK AN DEN LACKFLÄCHEN AUF DER INNENSEITE VON MOTORHAUBE UND KOFFERRAUM, BEI DENEN AUF EINE KLARLACKSCHICHT VERZICHTET WURDE:
Der Lackierungsprozess in der Produktion ist größtenteils für alle BMW-Modelle standardisiert. Aus Effizienzgründen werden aber nur die außen sichtbaren Karosserieteile vollumfänglich lackiert.
… ZU DEN PROBLEMEN MIT DER SERVOLENKUNG BEI RUND 70.000 km:
Regelmäßige Qualitätskontrollen und Meldungen aus dem BMW After Sales lassen bisher keine Auffälligkeiten erkennen.
Fazit
Seinem Ruf als Reiseauto par excellence ist der BMW 730d vollauf gerecht geworden. Anfängliche Zweifel, ob der Basis-Diesel eine adäquate Motorisierung sei, wurden nach kürzester Zeit zerstreut. Ganz im Gegenteil, der Motor geht mit der Automatik eine Traumkombination ein. Abgesehen von Problemen mit der Servopumpe, die auf Garantie getauscht wurde, hat der Siebener eine weiße Weste. Der heftige Wertverlust sowie der hohe Reifenverschleiß treiben die ansonsten moderaten Betriebskosten stark nach oben.
Technische Daten | |
---|---|
Motor | |
Zylinder | R6-Zylinder, 4-Ventiler, Turbodiesel |
Hubraum | 2993 |
Leistung kW/PS 1/Min | 180/245 4000 U/min |
Max. Drehmom. (Nm) bei 1/Min | 540 1750 - 3000 U/min |
Kraftübertragung | |
Getriebe | 6-Stufen Automatik |
Antrieb | Hinterrad |
Fahrwerk | |
Bremsen | v: innenbelüftete Scheiben h: innenbelüftete Scheiben |
Bereifung | v: 245/45 R 19 Y h: 245/45 R 19 Y |
Messwerte | |
---|---|
Gewichte (kg) | |
Leergewicht (Werk) | 1865 |
Beschleunigung/Zwischenspurt | |
0-100 km/h (s) | 7.2 |
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 245 |
Verbrauch | |
Testverbrauch | 9.6l/100km (Diesel) |
EU-Verbrauch | 6.8l/100km (Diesel) |
Reichweite | k.A. |
Abgas-Emissionen | |
Kohlendioxid CO2 (g/km) | k.A. |