BMW 2002 tii/DeLorean DMC-12: So verschieden sind 130 PS
Der Bayernstürmer und der Filmstar
Den BMW 2002 tii und den DeLorean DMC-12 trennen zehn Jahre. Sie haben zwar die gleiche Leistung, doch ihre Karrieren verliefen völlig unterschiedlich. Wie viel Fahrspaß bereiten die beiden so verschiedenen Sportikonen mit ihren 130 PS?
Während der BMW 2002 tii schon zu Lebzeiten eine Legende war, gelangte der DeLorean erst posthum zu seinem Ruhm. Der BMW tii war zwar ein Musterschüler, aber zugleich eine Sportlimousine reinsten Wassers und die stärkste Variante der 02er-Reihe: ehrlich, geradlinig und mit einer Karriere ohne Skandale. Dagegen war schon die Entstehungsgeschichte des DeLorean filmreif. Der ehemalige GM-Manager John DeLorean wollte einen Sportwagen nach seinen eigenen Vorstellungen bauen: nachhaltig, langlebig und sicher. Dafür gründete er in Irland eigens eine neue Fabrik und griff für seinen zweitürigen Sportwagen auf einen Designentwurf von Giorgetto Giugiaro zurück. Doch die Entwicklungsarbeiten zogen sich hin. DeLorean ging zusehends das Geld aus, und er geriet in Zeitdruck, schließlich begann die Entwicklung bereits 1975.
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BMW 2002 tii und DeLorean DMC-12 könnten unterschiedlicher nicht sein
Speziell die Wahl des geeigneten Motors war ein Problem, ursprünglich angedachte V8 Aggregate waren zu teuer und hätten den Sportwagen in eine Preisregion katapultiert, die John DeLorean nicht wollte. Die Entwicklung stockte – DeLorean fragte bei Porsche nach, ob man ihm aushelfen könnte. Doch die Verantwortlichen winkten ab, denn dort war man der Meinung, dass sie mindestens fünf Jahre für eine seriöse Entwicklung bräuchten. So wandte sich DeLorean an die Marke Lotus, die schließlich das Auto in nur zwei Jahren entwickelte. Am Ende entschieden sich die Techniker:innen für den 2,8 l großen Euro V6, der in Citroën-, Volvo- und Renault-Modellen zum Einsatz kam. Für die Kraftübertragung sorgte ein Getriebe von Renault. Doch der schicke Flügeltürer wog nun rund 1,3 t, und mit dem 130 PS (96 kW) starken Aggregat im Heck waren keine Sportwagenleistungen auf dem Niveau einer Corvette oder eines Ferrari zu erzielen – so der ursprüngliche Plan.
Anfänglich beklagte die Kundschaft viele Qualitätsmängel. Der Verkauf des DeLorean DMC-12 blieb weit unter den geplanten Stückzahlen zurück. John DeLorean versuchte, mit dem Verkauf von Drogen seine Firma zu retten. Nach nur gut einem Jahr Produktion war der Spuk 1982 schon beendet, die Firma meldete Insolvenz an. Trotz aller Wirrungen ist der DeLorean mit seiner unlackierten Edelstahlkarosserie, der futuristischen Form und den Flügeltüren ein automobiles Unikat. Er weckt Begeisterung, wo er auftaucht. Leider kam die von Steven Spielberg inszenierte Trilogie "Zurück in die Zukunft" erst 1985 in die Kinos – zu spät für den Wagen, aber der Film verhalf ihm zu einer weltweiten Popularität und Ruhm für die Ewigkeit. Neben dem schillernden Popstar sieht der BMW 2002 tii fast bieder aus. Doch während der Ire mehr Schein als Sein repräsentiert, glänzt der Bayer mit seinen inneren Werten.
Der 2002 tii ist eine feine Sportlimousine
Im Gegensatz zum zweisitzigen Sportwagenkonzept des DeLorean DMC-12 steht der BMW 2002 tii für eine viersitzige, kompakte Sportlimousine. Der weinrote 2002 tii von Besitzer Jürgen Heling ist in einem sehr guten Zustand. Seit 2002 gehört ihm das Auto, gekauft hat er es mit 110.000 km auf dem Tacho, jährlich fährt er etwa 2000 km. "Als ich 1973 meinen Führerschein machte, fuhr mein Vater damals einen BMW 2002. Das Auto hat mich so fasziniert, dass ich unbedingt einmal einen 02er fahren wollte", erzählt der ehemalige Bauingenieur. Der BMW mit der Erstzulassung Juni 1973 befindet sich noch weitgehend in seinem Originalzustand und wurde noch nie geschweißt, lediglich das Dach ist neu lackiert, und die hintere Sitzbank wurde noch einmal mit dem Originalstoff bezogen.
Allerdings hat der in Bergisch Gladbach wohnende Fan seinen tii technisch und optisch aufgerüstet: "Für die Kraftübertragung sorgt jetzt ein Fünfganggetriebe, das aus dem ersten 3er BMW stammt und das original Vierganggetriebe ersetzt hat. Die Zusatzinstrumente in der Mittelkonsole sind ebenfalls nachgerüstet worden, genauso wie die Recaro-Sportsitze." Der 2002 tii war damals ein Wolf im Schafspelz. Er verzichtet auf jegliche Kriegsbemalung und setzte stattdessen auf die klassischen BMW-Werte wie toller Motor, sportliches Fahrwerk und gute Verarbeitung. Alles wirkt auch heute noch solide und durchdacht – wie die per Drehrad zu betätigenden vorderen Ausstellfenster.
Dank der großen Fensterflächen verblüfft der kompakte Bayer mit einer hervorragenden Übersichtlichkeit. Dass die nachgerüsteten Recaro-Sportsitze eine lohnenswerte Investition waren, zeigt sich schon nach den ersten Metern. Sie bieten einen guten Seitenhalt und sind mit ihren langen Lehnen auch für Großgewachsene bequem. Den Slogan "Aus Freude am Fahren" löst dann der herrliche Motor ein, der ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Der als M10 bezeichnete Vierzylinder feierte bereits 1961 in der Neuen Klasse sein Debüt und wurde bis 1988 in BMW-Fahrzeugen eingebaut. Das Aggregat mit einem Querstrom-Zylinderkopf und obenliegender Nockenwelle war damals modern. Eine Kugelfischer-Einspritzung steigert die Leistung auf 130 PS (96 kW). Das Bayern-Kraftwerk freut sich über jeden Gasbefehl und dreht vibrationsarm sowie federleicht in hohe Regionen, untermalt von einem sämigen Sound.
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Ohne Drehzahl keine Kraft im BMW
Der BMW 2002 tii braucht allerdings Drehzahlen, denn ein Drehmomentkönig ist er nicht. Doch seine Fahrleistungen sind top: Den Sprint von null auf 100 km/h schüttelt er in 9,8 s aus dem Ärmel. Damit nimmt er dem gleich starken DeLorean DMC-12 1,2 s ab. Das gut fünf Zentner geringere Gewicht verschafft dem BMW auch im Handling Vorteile. Der 2002 tii ist leichtfüßig, wendig und kurvengierig. Man spürt, dass seine Heimat am Fuß der Alpen liegt. Wie alle hinterradgetriebenen BMW ist auch der tii im Grenzbereich ein deutlicher Übersteurer, der mit schnellem Gegenlenken wieder eingefangen werden möchte. Doch nur wenige werden in diesen Grenzbereich vordringen. Überraschend leichtgängig ist die Lenkung, die ohne Servounterstützung auskommen muss. Erfreulich sind die übersichtlichen Instrumente und die einfache Bedienung, lediglich der rechts an der Lenksäule angebrachte Blinkerhebel ist gewöhnungsbedürftig. Im Vergleich zum hochbeinigen und schmalen BMW wirkt der breite und flache DeLorean mit seiner glänzenden Edelstahlkarosserie und dem Spoilerwerk wahrlich wie ein Auto von einem anderen Planeten.
Florian Postleb, 43 Jahre alt, hat den DeLorean 2015 von seinem Vater übernommen, der ihn bereits 1992 erworben hatte. Seither optimiert der gelernte Automechaniker, der seine Ausbildung bei Renault absolvierte, permanent sein Schätzchen. Rund 30.000 Euro hat er bereits in seinen silbernen Showstar investiert. Dabei hat das Auto eine besondere Geschichte. Als 371. gebauter Wagen wurde er vom 16. bis 24. März 1981 als VIN 871 produziert. Das Fahrzeug befand sich auf dem ersten Schiff, das die Autos von Belfast nach Kalifornien zu den US-Händlern brachte. Diese ersten 500 produzierten Fahrzeuge sind bei Sammlern besonders beliebt. "Diese Modelle hatten noch zwei Sicken auf der Kofferraumhaube und eine offenliegende Tankklappe. Danach wurde die Haube geglättet und der Einfüllstutzen unter dem Kofferraumdeckel angebracht", weiß Postleb, der inzwischen in der IT-Branche arbeitet.
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Der DeLorean hängt satt am Gas
Das Einfädeln in die Flunder erfordert eine gewisse Beweglichkeit. Erst muss man den Kopf einziehen, damit man sich nicht an den Flügeltüren stößt, dann in die Knie gehen, sich zuerst auf den Sitz gleiten lassen und anschließend die Füße über die breiten Schweller nachziehen. Im Gegensatz zum lichtdurchfluteten BMW 2002 tii ist es im DeLorean DMC-12 fast so schummrig wie in einem Kino, was an der komplett schwarzen Innenausstattung und der Spoilerverkleidung der Heckscheibe liegt. Die GFK-Karosserie mit Edelstahlbeplankung sorgt für eine intime Nähe, bietet zwei Personen aber genügend Platz. Nach einer Zündschlüssel-Umdrehung ertönt der Euro-V6 dank eines Sportauspuffs mit einem überraschend kräftigen und kernigen Sound. Er klingt deutlich ambitionierter als das Serienpendant. Der Motor hängt gut am Gas und beschleunigt den DMC-12 kraftvoll und verzögerungsfrei. Des Rätsels Lösung: Der IT-Spezialist hat den serienmäßigen G-Kat ausgebaut und zusätzlich einen Fächerkrümmer montiert. "Das bringt insgesamt etwa 20 PS mehr Leistung, in der Serie streuten sie meistens nach unten."
Der Sechszylinder ist ein rauer und wenig drehfreudiger Geselle. Ursprünglich war das mit einem Zylinderbank-Winkel von 90 Grad konstruierte Aggregat als V8 geplant. Doch durch die Ölkrise 1973 wurde der Motor einfach um zwei Zylinder gekürzt. Aber die ungleichmäßige Zündfolge des V8 blieb erhalten, was der Laufkultur nicht zugute kommt. Zudem tönt der Motor im Heck recht kräftig. Der 2002 tii ist dagegen ein wahrer Leisetreter. Dafür entschädigt der DeLorean mit einem guten Durchzug – hier lässt er dem BMW keine Chance. Das maximale Drehmoment von 207 Nm steht bereits bei niedrigen 2750/min an und ermöglicht entspanntes, schaltfaules Fahren. Was auch gut ist, denn die fünf Gänge des an der Hinterachse montierten Transaxle-Getriebes wollen mit Nachdruck gewechselt werden, und die schwergängige Kupplung verlangt eine kräftige Beinmuskulatur. Modelle mit der manuellen Fünfgangschaltung sind heute deutlich begehrter als jene mit der trägen Dreistufen-Automatik.
Apropos Leistung: "Es gab auch drei Prototypen mit Turbomotoren, die allerdings nie in Serie gingen", sagt der in Köln lebende Experte. Obwohl das Fahrgestell auf dem des Lotus Esprit basiert, fährt der DMC-12 nicht wie ein Sportwagen. Mit rund 1300 kg Gewicht ist er nicht leicht. Sein Einlenkverhalten zeigt wenig Agilität, und mit der schwergängigen Lenkung (ohne Servounterstützung) muss der Flügeltürer mit Nachdruck in die Kurve gebeten werden. Dagegen ließ die Ausstattung damals kaum Wünsche offen. Klimaanlage, Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber und Außenspiegel, Stereoradio mit Kassettengerät, Ledersitze, Lederlenkrad und Alufelgen waren Serie. Und für die Sicherheit sorgte im Fall eines Auffahrunfalls eine wegklappende Lenksäule. Diese Komfortfeatures in Verbindung mit den bequemen Sitzen charakterisieren den DeLorean als den vielleicht komfortabelsten Flügeltürer, er ist ein Sportler, dessen Stärke mehr cruisen als rasen ist. Heute ist er selten – von den etwa 9000 produzierten Fahrzeugen sind noch rund 5000 existent. Und die Preise haben in den vergangenen Jahren stark angezogen.
Technische Daten von BMW 2002 tii und DeLorean DMC-12
Classic Cars 11/2023 | BMW 2002 tii | DeLorean DMC-12 |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/2 | 6/2 |
Hubraum | 1990 cm³ | 2849 cm³ |
Leistung | 96 kW/130 PS | 96 kW/130 PS |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 177 Nm 4500/min | 207 Nm 2750/min |
Getriebe/Antrieb | 4-Gang-Getriebe/Hinterrad | 5-Gang-Getriebe/Hinterrad |
L/B/H | 4110/1590/1380 mm | 4210/1850/1140 mm |
Leergewicht | 1030 kg | 1270 kg |
Bauzeit | 1971-1975 | 1981-1982 |
Stückzahl | 38.703 | 8583 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 9,8 s | 11 s |
Höchstgeschwindigkeit | 190 km/h | 198 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 11,5 l S | 12,5 l S |
Grundpreis (Jahr) | 12.765 Mark (1971) | 74.797 Mark (1982) |
BMW 2002 tii und DeLorean DMC-12 sind so unterschiedlich wie Karl Lauterbach und Pamela Anderson. Der sachliche Bayer überzeugt mit seiner nüchternen Seriosität und klassischen Tugenden wie einem drehfreudigen Vierzylinder, guten Fahrleistungen und einem sportlichen Fahrwerk. Das Talent zum Showstar hat er nicht. Der DeLorean dagegen liebt das Scheinwerferlicht. Auch wenn der irische Sportler nicht die Fahrleistungen erreicht, die seine futuristische Formensprache suggeriert, ist er flott genug und dank seiner Großserientechnik ein weitgehend problemloser Klassiker. Zudem ist er einmalig, denn ein Auto wie den DeLorean wird es nie mehr geben – schon längst ist der Flügeltürer ein Mythos auf Rädern.