Audi Q3/Hyundai Tucson/VW Tiguan: Test Platzhirsch Tiguan behauptet sich gegen Q3 und Tucson
Im Test bringen sich der neue Audi Q3 und der aufgefrischte Hyundai Tucson in Stellung, um Deutschlands meistverkauftes SUV VW Tiguan Schachmatt zu setzen. Kann das gelingen? Wir geben die Antwort!
Im Test treffen der neue Audi Q3 und der überarbeitete Hyundai Tucson auf den VW Tiguan. Pragmatisch, praktisch, gut: Nach dieser Devise war der Wolfsburger auch 2018 hierzulande wieder das erfolgreichste SUV. 2011 präsentierte Audi den technisch eng verwandten Q3, der nicht mit Alleskönner-Qualitäten, sondern mit Ingolstädter Marken-Nimbus um Kunden buhlte. Und das durchaus erfolgreich. Die Tiguan-Generation Nummer zwei (seit 2016) übernahm in Sachen Wertigkeit einiges von Audi – wie positioniert sich im Vergleich nun der neue Q3? Das Testfeld mit 136 bis 150 PS starken Diesel und Allradantrieb komplettiert Hyundais jüngst modernisiertes Erfolgs-SUV Tucson. Mehr zum Thema: Q3 Sportback als Erlkönig
Audi Q3 im Video:
Audi Q3, Hyundai Tucson & VW Tiguan im Test
Die Stärken des VW Tiguan sind seit jeher sein üppiges Platzangebot, die hohe Sitzposition und das luftige Raumgefühl. Im Audi Q3 sitzt man dagegen über fünf Zentimeter tiefer mit Blick durch vergleichsweise kleine Fenster. Vorn bietet der Audi seitlich etwas weniger Platz, auch die Mittelkonsole ragt ein bisschen mehr in die Fußräume. Und obwohl Radstand und Karosserie bei allen drei Kompakt-SUV quasi gleich lang sind, fallen die Fond-Türausschnitte des Q3 deutlich schmaler aus – bedingt durch die nach vorn geneigte C-Säule. Obwohl der Q3 im Vergleich zum Vorgänger deutlich geräumiger ist, bietet er hinten weniger Kopf- und Beinraum als Tiguan und Hyundai Tucson. In puncto Kofferraumvolumen macht dem VW (615 bis 1655 Liter) keiner etwas vor. Der schnittig designte Q3 (530 bis 1525 Liter) nimmt etwas mehr Gepäck auf als der größer wirkende Tucson (513 bis 1503 Liter).Zudem ist der Q3-Innenraum sehr variabel mit zweigeteilt verschiebbarer Rückbank, doppeltem Ladeboden und serienmäßig dreigeteilt umklappbaren Fond-Sitzlehnen, die eine nach vorn nur leicht ansteigende Ladefläche freigeben. Geht es um Zuladung und Anhängelast, liegt der Tiguan erneut vorn, auch weil man mit dem optionalen Offroad-Paket bis zu 2,5 Tonnen ziehen darf. Tucson-Fahrer müssen sich mit 1,6 Tonnen begnügen, dafür bietet der Hyundai – wie der VW– mit 100 Kilogramm die höchste Stützlast.
Verarbeitung: Audi Q3 am wertigsten
Die Bedienung des Koreaners über Touchscreen und viele sinnvolle Direktwahltasten gefällt, mit der modernen Sprachsteuerung der knöpfchenreduzierten Deutschen kann er jedoch nicht mithalten. Kehrseite der Medaille: Für einfache, aber essenzielle Dinge wie die Dimmung der Cockpit-Beleuchtung muss man sich bei Audi und VW durch mehrere Untermenüs im Touchscreen arbeiten. Punkten können der Audi Q3 und der VW Tiguan dagegen bei der Sicherheitsausstattung – hier holt der VW mit Gepäckraum-Trennnetz (180 Euro), Anhänger-Rangierassistenten (310 Euro), Nebelscheinwerfern und Bergabfahrassistenten fürs Gelände sogar noch ein paar Zähler mehr. Auf Knopfdruck bergab klettert zwar auch der getestete Hyundai Tucson, allerdings fehlen Seitenairbags hinten, eine Crash-Früherkennung oder die Möglichkeit, teilautonom zu fahren. Dafür stehen moderne Features wie Spurhalteassistent, Verkehrszeichen- oder Querverkehrserkennung in der Preisliste, und bei einer drohenden Kollision kann der Koreaner bis zum Stillstand auch automatisch bremsen. Geht es um die Qualität, gefällt der Q3 mit solider Verarbeitung und edler Anmutung unterm Strich zwar am besten, doch man muss schon genau hinschauen, um die Unterschiede zum ebenfalls hochwertig anmutenden Tiguan auszumachen. Hartplastik findet man im Audi inzwischen auch dort, wo man oft hinfasst – davon können selbst acht verschiedene Oberflächen- Materialien nicht ablenken. Der Tucson wirkt einfacher und weniger edel. Über die durchweg ordentliche Verarbeitung kann man aber auch hier nicht meckern.
Fahrkomfort: VW Tiguan unangefochten
Ebenso wenig gibt es an der Geräuschdämmung des Hyundai Tucson auszusetzen, dessen Motor akustisch am besten abgeschirmt ist. Selbst Wind- und Abrollgeräusche stören nicht. Der Diesel des Audi Q3 hingegen arbeitet im Leerlauf ziemlich rau sowie dröhnig und nagelt vernehmlich bei Stadttempo, und auf der Autobahn sind die Windgeräusche präsenter. Der Tucson ist deutlich straffer abgestimmt als die kleiner bereiften und mit adaptiven Dämpfern (Option) ausgestatteten Wettbewerber. Besonders der VW Tiguan hinterlässt im Komfort-Modus mit feinem Ansprechverhalten einen sehr guten Eindruck. Auch der Q3 überzeugt, verarbeitet aber zum Beispiel Gullideckel-Kanten oder Absätze im Test nicht so sanft. Ein Muss bei Audi und VW sind die langstreckentauglichen, angenehm straff gepolsterten und gut konturierten Options-Sitze, deren Kopfstützen man in Höhe und Tiefe justieren kann. Die recht weich gepolsterten Tucson-Stoffsitze bieten wenig Seitenhalt, verursachen aber ebenfalls keine Rückenschmerzen. So ergonomisch und langstreckentauglich wie die Pendants der deutschen Wettbewerber sind sie aber längst nicht. Außerdem kann man im Hyundai die Fond-Kopfstützen nicht weit genug herausziehen, obwohl noch Platz bis zum Dachhimmel bliebe. In puncto Ergonomie sammelt der Tiguan viele Zähler, weil er die meisten, praktischsten und am größten dimensionierten Ablagemöglichkeiten besitzt – in die Türtaschen etwa passen 1,5 Liter große Flaschen, für 340 Euro gibt es Fächer in der Dachkonsole, und in den Armaturenträger ist eine Mulde mit verschließbarer Klappe eingelassen. Außerdem ist sein Touchscreen in optimaler Reichweite des Fahrers platziert – das gilt auch für den des Q3. Ergonomisch zwar günstiger, aber etwas weiter vom Fahrer entfernt ist der Bildschirm des Tucson weit oben auf dem Armaturenbrett installiert. Das Positive dabei: Der Blick während der Fahrt muss nicht weit von der Straße abweichen.
Motor/Getriebe: Audi Q3 knapp vorn
Zwei Liter Hubraum und 150 PS bieten die baugleichen Vierzylinder-Turbodiesel mit SCR-Katalysator von Audi und VW, 136 Pferdestärken wirft der ebenfalls mit SCR-Technik ausgerüstete 1,6-Liter von Hyundai in die Waagschale. Nicht zuletzt weil der Audi Q3 im Gegensatz zum VW Tiguan rund 100 Kilogramm leichter ist, fährt er mit 6,9 Litern pro 100 Kilometer im Test zwar am sparsamsten, in Verbindung mit dem schön abgestuften, manuellen Sechsgang-Getriebe aber auch mit den höchsten Drehzahlen (2400 Touren bei 130 km/h). Die Doppelkupplungsgetriebe in Hyundai Tucson und Tiguan gehen im Schiebebetrieb oft in den Leerlauf und sorgen im Fall des VW für niedrige Drehzahlen (1950 /min bei 130 km/h; Hyundai: 2300 /min). Wenn man es darauf anlegt, ist man mit Audi und VW am schnellsten, doch im Alltag wirkt der Tiguan recht träge, nutzt zum Anfahren meist den zweiten Gang und lässt dabei die Kupplung lange schleifen. Dafür arbeitet sein Vierzylinder-Turbodiesel etwas kultivierter als der des Hyundai – und als der des dröhnigen Q3 sowieso. Obendrein wirkt der bis Autobahntempo kräftig antretende Audi ab 180 km/h ziemlich schlapp. Die versprochenen 211 km/h kann man selbst mit langem Anlauf im Test kaum erreichen. Dagegen legt sich der 14 PS schwächere und mit nur 180 km/h Spitze angegebene Tucson richtig ins Zeug und erreicht problemlos Tacho 190 oder gar mehr.
Fahrdynamik: Hyundai Tucson bleibt zurück
Weil die mögliche Geschwindigkeit im Grenzbereich auch das Sicherheitspotenzial eines Fahrzeugs in Notsituationen widerspiegelt, ist die Frage, warum der Hyundai Tucson auf dem Handlingkurs die schnellste Zeit fährt, der Audi Q3 dagegen Zeit verliert, sehr wichtig. Die Antwort: Der Tucson ist leicht, besitzt die größte Reifenaufstandsfläche und hat ein fein abgestimmtes ESC (ESP). Der ebenso leichte Audi ist dagegen per se eher dynamisch ausgelegt, sonst wäre er nicht so zügig im Slalom unterwegs. Allerdings wird er bei größeren Kurvenradien im Grenzbereich von seinem manchmal überraschend regelnden ESC stark eingebremst. Ein und dasselbe Ausweich- oder Spurwechselmanöver absolviert der Q3 kaum verlässlich reproduzierbar, sondern mal ganz neutral, mal ohne Regeleingriffe und ausbrechendem Heck, mal heftig regelnd, sodass er kaum noch Vortrieb hat und von der gewünschten Fahrtrichtung abweicht. Hier sollte Audi nachbessern. Der VW Tiguan absolviert alle Testübungen unaufgeregt und souverän, der Tucson verliert Punkte, weil er etwas schlechter bremst und seine Lenkung zu gefühllos wirkt.
Umwelt/Kosten: VW Tiguan mit Vorteilen
Fünf Jahre Technikgarantie und rund 3500 respektive 5000 Euro Preisvorteil inklusive aller testrelevanten Extras sind ein Pfund für den Hyundai Tucson, der das Kostenkapitel souverän gewinnt – obwohl er mit seinen prognostizierten Werkstattkosten und den Typklassen für die Versicherungseinstufung nicht ganz vorn liegt. Ausstattungsbereinigt kostet der Audi Q3, der in der Kombination aus 150-PS-Diesel und Allradantrieb (quattro) nur mit manuellem Getriebe angeboten wird, fast 8000 Euro mehr als der Hyundai (4WD). Der Abstand zum VW Tiguan, den man als Allradler (4Motion) wiederum nur mit Doppelkupplungsgetriebe bekommt, beträgt 1800 Euro.
Technische Daten Audi Q3, Hyundai Tucson & VW Tiguan
Noch ist der König nicht entmachtet. Im Gegenteil: Der VW Tiguan holt den AUTO ZEITUNG-Testsieg mit deutlichem Vorsprung und überzeugt mit hohem Nutzwert, gutem Komfort, starkem Antrieb sowie sicheren Fahreigenschaften. Der neue Audi Q3 spricht wieder jene Kunden an, die mehr Wert auf Qualität und Prestige als auf Platz legen und die dafür gern etwas mehr bezahlen – Rang zwei. Es folgt der deutlich günstigere Hyundai Tucson, der gute Alltagsqualitäten bietet, aber weniger modern ist und wegen seiner bescheidenen Höchstgeschwindigkeit viele Punkte einbüßt.