Audi A4/BMW 320d/Mercedes C 220/Volvo V60: Test Deutsche Mittelklasse-Kombis gegen den neuen Volvo V60
- Audi A4, BMW 320d, Mercedes C 220 & Volvo V60 im Test
- Karosserie: V60 rund 13 Zentimeter länger
- Fahrkomfort: A4 mit niedrigstem Geräuschniveau
- Motor/Getriebe: C-Klasse geizt beim Verbrauch
- Fahrdynamik: A4 mit direkt ansprechender Lenkung
- Umwelt/Kosten: Volvo und BMW mit über 60 Prozent Wertverlust
- Technische Daten Audi A4, BMW 320d, Mercedes C 220 & Volvo V60
- Fazit
Der Volvo V60 tritt im Test gegen den Audi A4, den BMW 320d und den Mercedes C 220 an. Halten die inneren Werte, was die schönen Schalen der vier Kombis versprechen?
Audi A4, BMW 320d und Mercedes C 220 stellen sich im Test dem neuen Volvo V60. Automobildesigner und Entwickler wandeln, wenn sie den Auftrag erhalten, einen neuen Kombi zu ersinnen auf einem schmalen Grat. Es gilt, den Spagat zwischen praktischem Nutzen und lifestyligem Auftritt zu meistern. Eine Portion Komfort oder gar Luxus und zumindest eine Prise Fahrspaß dürfen auch nicht fehlen. In grauer Vorzeit, als Kombis einzig und allein die Rolle eines Lastesels einzunehmen hatten, zählte Volvo zu den absoluten Big Playern in dieser Fahrzeuggattung. Mit dem Wandel des Segments in Richtung Lifestyle verloren die Schweden allerdings etwas den Anschluss. So bot die erste Generation des Volvo V60 beispielsweise ein für einen Mittelklasse-Kombi eher klein ausfallendes Kofferraumvolumen von maximal 1241 Litern. Die Neuauflage spielt unter anderem dank deutlich gewachsener Außenmaße mit bis zu 1441 Litern in einer anderen Liga – und erfüllt mit ihrem schicken Design gleichzeitig auch höchste ästhetische Ansprüche. Gleiches gilt aber auch für das jüngst facegeliftete Mercedes C-Klasse T-Modell und den Audi A4 Avant. Und auch der wenige Monate vor dem Modellwechsel stehende BMW 3er Touring kann sich in jeder Beziehung noch absolut sehen lassen. Mehr zum Thema: Vergleichstests
Die Mercedes C-Klasse im Video:
Audi A4, BMW 320d, Mercedes C 220 & Volvo V60 im Test
Mit dem Zugewinn von rund 13 Zentimetern in der Länge wuchs auch der Radstand des Volvo V60 im Vergleich zum Vorgänger um fast zehn Zentimeter auf 2,87 Meter. Davon profitieren vor allem die Passagiere auf der Rückbank, die in dem eleganten Schweden die größte Bein-, gleichzeitig aber die geringste Kopffreiheit in diesem Testfeld vorfinden. Dies liegt auch am optionalen Panorama-Glasdach (1450 Euro) des Testwagens, das die Innenhöhe einschränkt. In Summe bietet der Volvo dennoch spürbar mehr Platz als der Mercedes, kommt aber an das Raumangebot des BMW und vor allem das des Audi nicht heran. Mit 529 Litern bei aufgestellter Rückbank offeriert der V60-Kofferraum das größte Volumen, der Audi markiert dafür mit 1510 Litern den Bestwert bei umgeklappten Fondsitzen und dachhoher Beladung. Die drei deutschen Kombis verfügen serienmäßig über eine dreigeteilte, der Volvo nur über eine asymmetrisch geteilte, dafür aber mit einer Durchlademöglichkeit versehene Rückbank. Am variabelsten präsentieren sich der BMW und der Mercedes. So sammelt der 3er Touring nicht zuletzt mit seiner separat zu öffnenden Heckscheibe für das Einladen kleinerer Gegenstände wertvolle Punkte, das T-Modell wiederum mit seiner optionalen Ski- und Snowboard-Tasche. Der Stuttgarter darf mit 530 Kilogramm zudem am meisten zuladen, der Volvo mit bis zu zwei Tonnen dagegen die höchste Anhängelast ziehen.
Karosserie: V60 rund 13 Zentimeter länger
Beim Thema Sicherheit spielt der V60 in seiner eigenen Liga. So hat der Schwede beispielsweise eine Multikollisionsbremse zum Festbremsen nach einem Unfall, einen Kreuzungsassistenten und einen sich automatisch den jeweils geltenden Geschwindigkeitsbeschränkungen anpassenden Tempomaten ebenso serienmäßig an Bord wie einen Ausweichassistenten und die in den Notbremsassistenten integrierte Fahrradfahrer- und Großtiererkennung. Im Rahmen der soeben erfolgten Überarbeitung legte auch die C-Klasse bei der Sicherheitsausstattung zu und erreicht damit das Niveau des Audi. Bestandteil des High-End-Assistenzpakets (3035 Euro) für den Mercedes ist jetzt unter anderem der Nothaltassistent der das Fahrzeug bei anhaltender Inaktivität des Fahrers automatisch bis zum Stillstand abbremst. Der etwas in die Jahre gekommene BMW bietet zwar weniger Assistenzsysteme, verwöhnt dafür aber unverändert mit bester Bedienbarkeit. Die an und für sich hohe Qualitätsanmutung der vier Premium-Kombis wird im Fall des Mercedes durch für die Marke eigentlich untypische Details wie unsauber eingepasste Verkleidungen an den A-Säulen getrübt.
Fahrkomfort: A4 mit niedrigstem Geräuschniveau
Alle vier Probanden treten mit adaptiven Dämpfern an. Statt auf serienmäßiger 17-Zoll-Bereifung absolviert der Volvo V60 diesen Vergleichstest mit aufpreispflichtiger Bereifung im 19-Zoll-Format (1530 Euro). Die großen Räder tragen ihren Teil dazu bei, dass der Schwede Fahrbahnunebenheiten nicht so gut verarbeiten kann wie seine durchweg mit ebenfalls aufpreispflichtigen 18-Zöllern bereifte Konkurrenz. Punkte macht der V60 wieder gut, weil er sich als Einziger mit einer Vier-Zonen-Klimaautomatik (850 Euro) ausrüsten lässt. Wie der Volvo bietet auch der Mercedes serienmäßig eine getrennte Klimaregelung für Fahrer und Beifahrer. Bei Audi und BMW kostet eine solche Zwei-Zonen-Automatik 695 Euro respektive 650 Euro. Der 3er bietet die beste Ergonomie und einen sehr guten Federungskomfort, er absorbiert sämtliche Unbilden des Straßenbaus sehr souverän. Der recht straff abgestimmte Audi gibt sich im unbeladenen Zustand etwas steifbeinig, reagiert mit zunehmendem Gewicht aber immer sensibler auf Asphaltflicken, Bodenwellen oder Querfugen. Ähnliches ist beim deutlich weicher abgestimmten Mercedes mit aufpreispflichtiger Luftfederung (1666 Euro) zu beobachten, wenn auch nicht so deutlich wie beim A4. Die Audi-Sportsitze (330 Euro) sind die bequemsten, und auch die Fondpassagiere sitzen im A4 am besten. Abgerundet wird die überzeugende Vorstellung vom niedrigen Geräuschniveau an Bord des Ingolstädters, was ihn unterm Strich zum komfortabelsten Testkandidaten macht. Demgegenüber wird die Akustik in BMW und Volvo vornehmlich durch die zum Teil deutlich vernehmbaren Abrollgeräusche bestimmt.
Motor/Getriebe: C-Klasse geizt beim Verbrauch
Allen Unkenrufen zum Trotz sind moderne Dieselmotoren immer noch erste Wahl, wenn es darum geht, dieses Quartett der Premiumkombis zu motorisieren. Insbesondere dann, wenn sie die Abgasnorm Euro 6d Temp erfüllen, wie es bei BMW, Mercedes und Volvo schon der Fall ist. Selbst sechs Zylinder sind nicht zwingend nötig. Das zeigt zum Beispiel der besonders vibrationsarm säuselnde, 190 PS starke Zweiliter-Vierzylinder-TDI im Audi. Da halten die Triebwerke von Mercedes und Volvo nicht mit. Vergleichsweise knurrig verrichtet auch der gleich starke BMW-Motor seinen Dienst. Allerdings erreicht der 3er als Sprinter-König die 100 km/h-Marke schon nach 7,3 Sekunden. Der hubraum- und leistungsgleiche Volvo lässt es mit 8,4 Sekunden deutlich gemächlicher angehen. Das gilt auch für die Spitze von 220 km/h. Mehr als genug, aber Audi, BMW und Mercedes legen mit 231, 226 und 233 km/h noch etwas drauf. Schön, dass die Testverbräuche in sehr bescheidenem Rahmen bleiben. Dieselgegner bitte herhören: Audi und BMW verbrauchen im Test – inklusive Volllastanteil – jeweils nur 6,5 Liter Diesel auf 100 Kilometern. Die C-Klasse kommt mit dem bereits aus der E-Klasse bekannten neuen, 194 PS starken 2,0-Liter-Turbodiesel (OM 654) auf der gleichen Distanz sogar mit nur 6,1 Litern aus. Der Schwede entwickelt mit 7,2 Litern den größten Durst. In der Kraftentfaltung überzeugt der Mercedes mit gleichmäßigem Ladedruckaufbau, während der BMW mit besonderer Drehfreude gegenhält. Audi und Volvo benötigen jeweils einen Moment, um Gaspedalbefehle in Ladedruck umzuwandeln. Der A4 Avant wartet mit viel Zugkraft bei mittleren Drehzahlen auf. Hier arbeitet auch der V60 druckvoll, aber insgesamt etwas träger, was auch für seine manchmal etwas zögerlich agierende Achtstufen-Automatik gilt. Die Kraftübertragung im A4 Avant übernimmt ein sehr aufmerksam arbeitendes Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Die Achtstufen-Automatik des BMW schaltet genauso schnell, im kalten Zustand mitunter aber deutlich sanfter. Die Neunstufen-Automatik im Mercedes reagiert oft zu träge, etwa wenn sie bei Autobahn-Richtgeschwindigkeit erst nach einiger Bedenkzeit in die neunte Fahrstufe wechselt.
Fahrdynamik: A4 mit direkt ansprechender Lenkung
Der neue Schweden-Kombi gefällt mit einem jederzeit narrensicheren Fahrverhalten. Bei extremen Fahrmanövern greift sein ESP ebenso früh wie rigoros ein. Seine Lenkung erlaubt zielgenaues Zirkeln, die Lenkbefehle setzt der V60 allerdings träger um als die Konkurrenz. Der A4 Avant – der zweite Fronttriebler im Testfeld – lässt sich da deutlich zackiger durch die Pylonengasse und über den Rundkurs scheuchen, was zum einen an dem um fast 150 Kilogramm niedrigeren Leergewicht liegt, zum anderen an seiner direkter ansprechenden Lenkung. Zudem erreicht er höhere Kurvengeschwindigkeiten, weil ihn sein ESC (ESP) im Dynamic-Modus an einer etwas längeren Leine lässt als der schwedische Schleuderschutz den Volvo. Seine Eindrehtendenz beim Gaslupfen lässt den Audi in engen Biegungen wesentlich handlicher erscheinen als den Volvo. Das C-Klasse T-Modell wartet gegenüber dem Audi mit deutlich besserer Traktion auf. Infolgedessen kommt der Stuttgarter mit spürbar mehr Schwung aus der Kurve als der Ingolstädter. Im Dynamic-Modus verlangt die Mercedes-Lenkung aber höhere Lenkkräfte als die des Audi, ohne aber beim gefühlten Fahrbahnkontakt mithalten zu können. Insgesamt wirkt der Schwabe schwerfälliger, lässt jedoch im Grenzbereich dem Fahrer stets genügend Zeit zu reagieren. Top: Die C-Klasse punktet mit den kürzesten Bremswegen. So gut die anderen Kandidaten auch sein mögen, was die Fahraktivität angeht, kommt erstaunlicherweise keiner an den inzwischen angejahrten BMW 320d Touring heran. Mit der aufpreispflichtigen variablen Sportlenkung lässt er sich ebenso spielerisch wie zielsicher dirigieren ohne dass der Fahrer Kompromisse bei der Sicherheit eingehen muss. Die bestens dosierbare Bremse schafft viel Vertrauen, auch wenn der Kaltbremswert etwas lang ausfällt.
Umwelt/Kosten: Volvo und BMW mit über 60 Prozent Wertverlust
Noch beeindruckender als die saftigen Kaufpreise der Testwagen ist ihr Wertverlust. Hier drückt sich dann doch in Euro und Cent aus, welchen Image-Schaden die Dieselkrise dem Selbstzünder zufügt. So attestiert die DAT den Kandidaten binnen vier Jahren und 80.000 Kilometern Wertverluste zwischen 62,3 (Volvo) und 67,9 Prozent (BMW). In den anderen Disziplinen zeigen sich die Kosten wie erwartet auf Premium-Niveau – es gibt aber dennoch deutliche Unterschiede: BMW zum Beispiel verlangt laut ADAC die niedrigsten Werkstattkosten, während der Volvo mit den günstigsten Versicherungstarifen glänzt und der Audi mit dem umfangreichsten Garantiepaket.
Technische Daten Audi A4, BMW 320d, Mercedes C 220 & Volvo V60
Mit dem neuen Volvo V60 D5 ist den Schweden ein durchaus adretter und komfortabler Kombi gelungen, der markentypisch mit bester Sicherheitsausstattung beeindruckt und auch beim Thema Verarbeitung Premium-Ansprüche erfüllt. Dennoch bleibt ihm nur der vierte Platz, da die Konkurrenz vieles noch etwas besser kann. Der BMW 320d Touring beeindruckt mit dem besten Handling bei zugleich gutem Federungskomfort. Ebenso stellt er bei Bedienung und Ergonomie die Rivalen in den Schatten. Der Audi A4 Avant 2.0 TDI zeigt, dass man in Ingolstadt das Thema Leichtbau beherrscht. Das niedrigste Leergewicht im Test verhilft dem bestens verarbeiteten und sehr komfortablen Ingolstädter zu hoher Agilität. Dennoch muss der siegesgewohnte A4 den ersten Platz für den neuen Testsieger Mercedes C 220 d T-Modell räumen. Der Schwabe ist der Schnellste, erreicht die kürzesten Bremswege, hat den sparsamsten Motor und liegt auch in puncto Variabilität ganz vorn.