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Porsche 901 & Alpine A108: Das Duell der Urahnen

Die Puristen unter den Heckmotorsportlern

Karsten Rehmann Autor
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Inhalt
  1. Alpine A108 und Porsche 901: Heckmotorsportler par excellence
  2. Viele Parallelen zwischen Alpine und Porsche
  3. 901 fahren ist schweißtreibend
  4. Die A108 feiert den Minimalismus
  5. Technische Daten von Alpine A108 und Porsche 901
  6. Fazit

Zwei besondere Classic Cars unter den Heckmotor-Sportwagen sind die Alpine A108 und der Porsche 901, mit dem die Ära des 911 begann. Ein Vergleich!

Diese deutsch-französische Familien-Saga mit Alpine A108 und Porsche 901 beginnt wie jede Geschichte, in der Autos mit Heckmotor vorkommen: mit dem VW Käfer. Was Porsche damit zu tun hatte, wissen die alten Hasen unter Ihnen längst. Aber vielleicht sitzt junges Volk mit am Tisch, und da wir ohnehin gerade die Wurzeln des 911 ausgraben, erwähne ich es kurz: Ur-Opa Ferdinand konstruierte vor fast 90 Jahren den Volkswagen, Opa Ferry machte daraus nach dem Krieg den ersten Porsche, und Papa Ferdinand Alexander (genannt "Butzi"), der Designer, blies ihn vor rund 60 Jahren zu Porsches erstem Sechszylinder-Typ auf. Der sollte nicht 911 heißen, sondern Porsche 901, und erst als die Familie Peugeot protestierte, weil sie die dreistelligen "Nullnummern" für die Namen ihrer Autos gepachtet hatte, ließen sich die Porsches was Neues einfallen. So kam es 1965 zum 911, und so heißt er heute noch.

In der französischen Kleinstadt Dieppe saß damals ein technisch begabter Rennfahrer namens Jean Rédélé, der sich zwar über jedem Vokal in seinem Nachnamen einen Accent aigu leistete, sonst jedoch gern auf alles Überflüssige verzichtete. Rédélé baute auf Renault-Technik als Basis für seine winzigen, ultraleichten Sportwagen mit Kunststoffkarosserie wie die Alpine A108. Und deshalb saß auch bei ihm der Motor automatisch dort, wo er nach Ansicht vieler anderer Sportwagenbauer eher nicht hingehört, nämlich hinten.
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Der Alpine A290 (2024) im Fahrbericht (Video):

 
 

Alpine A108 und Porsche 901: Heckmotorsportler par excellence

Ur-Opa Ferdinand Porsche saß nach dem Krieg in französischer Gefangenschaft und wurde dazu verdonnert mitzuhelfen, eine Art französischen VW zu entwickeln. Das Ergebnis war der Renault 4CV mit Rohrrahmen und Heckmotor, aber wassergekühlt. Dessen Chassis nutzte Rédélé als Basis für seine ersten Alpines, die noch A106 hießen und so aussahen wie viel zu heiß gewaschene Porsche 356. 1958 ging Rédélé den entscheidenden Schritt weiter zur viel hübscheren Alpine A108, die er bald mit Sportmotoren des Renault Dauphine Gordini bestückte.

Er machte also auf Basis der französischen "Volkswagen" das Gleiche wie Porsche, nur mit anderem Ergebnis. Von der in Handarbeit gefertigten A108 gab es verschiedene Versionen: ein Sportcoupé mit kurzem Kuppeldach, ein sehr schönes Cabrio, einen 2+2-sitzigen "Coach" und ab 1962 die "Berlinette" mit lang gezogenem Dach und Panorama-Heckscheibe. Mit mehr PS und geändertem Heck wurde später daraus die Alpine A110, ein bildschöner und verflixt schneller Zweisitzer, dem bis zu seinem Karriereende 1977 kein Rivale in Frankreich den Nimbus des Sportwagens der Nation streitig machte. A110 und 911 starteten auch in der Rallye-EM, wo sie den Traktionsvorteil der Heckmotorbauweise ausspielten, bis der Lancia Stratos kam, sah und siegte.

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Viele Parallelen zwischen Alpine und Porsche

Die Parallelen zwischen Alpine A108 und Porsche 901 reichen noch weiter: Die für viele Sportwagenfirmen lebensgefährliche Zeit der Ölpreiskrisen überlebten beide Marken unter der Patronage ihrer ursprünglichen Organspender – VW und Renault. Fast zeitgleich starteten sie in Gestalt der Alpine A310 und des Porsche 924/944 Versuche, sich mit progressiveren Modellen neu zu erfinden. Hüben wie drüben führte es zu sehr guten Sportwagen, aber nicht zu dauerhaftem Erfolg. Hätte Porsche seinen Elfer fallengelassen, wäre die Marke noch in den Neunzigern vielleicht vom Markt verschwunden – wie Alpine, die 1995 mit dem letzten A610-Ableger dauerhaft den Geist aufgab. Porsche hielt durch und erfand seine eigene Legende durch gnadenloses Hightech-Training neu. Als die Tage des Elfers gezählt schienen, zündeten sie in Weissach neue Raketenstufen und brachten ihn als Typ 964 und Typ 993 zurück in die Spur.

Mit dem Typ 996 hat er die Luftkühlung an den Nagel gehängt, aber der Boxer sitzt immer noch im Heck und macht sich breit. Dieser Porsche 901 hier ist eines der frühesten noch existierenden Exemplare aus der ersten Serie, die quasi die "Nullnummer" für den 911 abgab. Der Ur-Elfer wirkt gertenschlank und drahtig wie ein Mittelstreckenläufer, der höchstens mal in der Hosentasche die Faust ballt, wenn vor ihm ein Lieferwagen herumbummelt und kein Überholen drin ist. 130 PS (97 kW) boxt er aus seinen sechs Zylindern. Das war damals eine echte Ansage; heute jedoch dauert es eine gefühlte Ewigkeit, bis der zwitschernde Zweiliter-Sauger sich schlafmützig den Staub aus den Ansaugrohren geputzt hat. Im Porsche 901 geht alles über die Drehzahl – je höher, desto besser.

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901 fahren ist schweißtreibend

Also im Porsche 901 mit einer saftigen Zwischengas-Fanfare einen Gang zurückschalten, am besten zwei, und bereithalten fürs Überholmanöver. Wenns dann soweit ist, bloß nicht zucken, sondern blitzschnell zutreten, aufs stehende Gaspedal. Bei Vollgas klingt der Zweiventiler so, als würde er die Zähne zusammenbeißen. Dann hetzt er hechelnd bis zum Erreichen der Drehzahlgrenze, wartet ab, bis man mit Geduld und Nachdruck den nächsthöheren Gang einlegt und sich dann mit deutlich einem niedrigeren Pulsschlag erst mal auf seinen Lorbeeren ausruht. 901-Fahren ist schweißtreibende Handarbeit und das Lenkrad mit dem großen, aalglatten, dünnem Holzkranz schreit nach Fahrerhandschuhen.

Das Cockpit des Porsche 901 (1964).
Foto: Frank Ratering

In engen Kurven erleichtert es die Kurbelei, denn der Porsche 901 hat keine Servounterstützung. Er war kein Naturtalent, sein Fahrwerk brauchte in den Anfangsjahren viele Zusatz-Trainingseinheiten, unter anderem mit Gewichten in den Stoßstangen, um ihm seine Neigung zu Überraschungseffekten durch spontane Änderungen des Eigenlenkverhaltens auszutreiben. Wie sollte er auch Halt finden auf diesen schmalen Gummischlappen? Hier liegt es ganz am Geschick der Person am Steuer, wie sie die Traktion mit Gasfuß und Lenkrad regelt, den handlichen Sportler flink über kurviges Terrain zirkelt.

 

Die A108 feiert den Minimalismus

Die Sitzpolster des Porsche 901 mit ihrem putzigen Pepita-Muster bieten dabei wenig Hilfestellung. Man hockt seltsam gekrümmt auf diesen Clubsesselchen, den rechten Fuß in einem orthopädisch bedenklichen Winkel abspreizend, um das beinahe mittig aus dem Boden wachsende Gaspedal durchzutreten. Der Schwierigkeitsgrad dieser Dehnübung wird dadurch weiter erhöht, dass der krumme Schaltstock sich genau dort befindet, wo eigentlich der rechte Oberschenkel hingehört. Je nach Beinlänge und Getriebestellung sorgt die so erzwungene Sitzhaltung dafür, dass längere Fahrten im Porsche 901 noch Tage später körperlich spürbar sind. Doch jetzt kommt das Verblüffende: Jede Tour im 901 setzt trotzdem ein tief befriedigendes Glücksgefühl frei – genau wie in der Alpine A108.

Die Alpine A108 (1965) fahrend von schräg vorne fotografiert.
Foto: Frank Ratering

Sie ist so wendig, dass ihr in jeder Kurve gleich mehrere Ideallinien offenstehen. Dabei pfeilt sie selbst durch 90-Grad-Kehren fast ohne Lenkeinschlag, weil sie so schlank ist. Das Vermächtnis von Jean Rédélé genießt man als Manifest des Minimalismus – sofern man alle Körperteile im 1,45 m schmalen und nur 1,12 m hohen Auto unterbringt, ohne dabei die Lenkung oder die Schaltung zu blockieren. Die Alpine A108 wiegt nicht nur halb so viel wie der Porsche 901 in unserem Vergleich der Classic Cars, sie ist auch kleiner, hat nur das Nötigste an Bord und kein Gramm zu viel auf den Rippen.

 

Technische Daten von Alpine A108 und Porsche 901

Classic Cars 06/2020Alpina A108Porsche 901
Zylinder/Ventile pro Zylin.4/26/2
Hubraum904 cm³1991 cm³
Leistung48 kW/65 PS96 kW/130 PS
Max. Gesamtdrehmoment bei70 Nm 3800/min174 Nm 4200/min
Getriebe/Antrieb4-Gang-Getriebe/Hinterrad4-Gang-Getriebe/Hinterrad
L/B/H3780/1450/1120 mm4163/1610/1320 mm
Leergewicht550 kg1080 kg
Bauzeit1958-19651963-1964
Stückzahlca. 17082
Beschleunigung
null auf 100 km/h
15,9 s9,1 s
Höchstgeschwindigkeit167 km/h210 km/h
Verbrauch auf 100 km7,9 l S12,5 l S
Grundpreis (Jahr)ca. 20.000 Francs21.900 Mark (1964)

 
Karsten Rehmann Karsten Rehmann
Unser Fazit

Das Heckmotor-Konzept wurde immer wieder für tot erklärt – bis heute. Doch die technische Philosophie von Ferdinand Alexander Porsche und Jean Rédélé funktioniert, in Zuffenhausen mittlerweile in Form der achten Elfer-Generation. Als Heckschleudern verrufen, zeigen Alpine und Porsche dennoch Vorteile: Der Ballast im Heck unterstützt die Traktion. Verzögert man, konzentriert sich die Masse nicht zu stark an der Frontpartie, was eine höhere Bremskraft an der Hinterachse ermöglicht. Allerdings sind und waren diese Sportwagen nicht immer leicht zu fahren – besonders bei forcierter Gangart. Dazu braucht es echte Könner am Volant – noch heute.

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