Alfa Romeo Giulietta: Kompaktklässler in der Kaufberatung Dynamik-Alternative
Knackiges Chassis, straffe Motorenpalette, feine Sportlichkeit: Die Alfa Romeo Giulietta hält in der Kompaktklasse immer noch die Fahne typisch leidenschaftlichen Maschinenbaus aus Italien hoch. Kaufberatung
Alfa Romeo. Dieser Name hat nach wie vor Schwung. Auch wenn die italienische Traditionsmarke derzeit in großen Umbau-Maßnahmen steckt und zuletzt erst mit dem Sportwagen 4C ein wenig der Vorhang gelüftet wurde, in welche drahtigsportive Richtung der künftige Kurs gehen könnte, enthält das sehr überschaubare Modellprogramm immer noch ein paar Angebote für jene Auto-Fans, die beim morgendlichen Blick in die Garage neben funktionaler Zufriedenheit auch emotionale Pulsbeschleunigung erwarten. Die Giulietta ist weit entfernt davon, ein Exot zu sein, sie ist funktional und preiswürdig, sie ist gut ausgestattet und herzeigbar gemacht. Aber sie hat darüber hinaus auch noch jenen atmosphärischen Pfiff, der vielen Konkurrenten in der Kompaktklasse einfach fehlt.
Giulietta: Acht Antriebe von 105 bis 240 PS
Selbstverständlich handelt es sich hier nicht um eine magische Extra-Zutat, sondern einfach um die gewisse italienische Art, Autos zu bauen. Leute, für die „das Auto“ keine Sache ist, sondern „la macchina“, können wohl gar nicht anders, als Sinn mit Sinnlichkeit zu verbinden – ein Element, das in der Giulietta stets mitschwingt. Die Giulietta-Formel ist dabei einfach: Man nehme einen funktionalen Kern und interpretiere diesen dann schnörkellos sportlich, aber mit großer Liebe zum Detail.
Die Giulietta ist nur in einer Form zu haben, es gibt keinen Dreitürer, keinen Kombi, keine sonstigen Derivate. Wer Giulietta sagt, meint den vorderradgetriebenen Fünftürer – mit charakteristischen Oval-Scheinwerfern an der Front, neben den C-Säulen versteckten Griffen für die Fondtüren und einem knackigen Heck, dessen serienmäßige LED-Leuchten bei Nacht eine markante Spiral-Grafik zeigen.
Preisbewusste Alfisti wählen dann die Basis-Ausstattung „Impression“, die allerdings bereits mit einem runden Technik-Paket inklusive aller Airbags, Dynamik-ESP (VDC), Isofix-Halterungen, Reifendrucksensoren und Klimaanlage die wichtigsten Alltags- und Sicherheits-Elemente bündelt. Das hier bereits serienmäßige Touchscreen-Infotainment-System „U-Connect“ mit USB-Anschluss und Bluetooth-Freisprecheinrichtung beweist, dass für Alfa selbst die Basis nichts mit Kargheit zu tun hat.
Wirklich verzichtet werden muss am unteren Ende der Preisliste auf die starken Motoren, die Einstiegs-Ausstattungsvariante ist lediglich für die beiden 105- und 120-PS-Benziner sowie den 105-PS-Diesel zu haben, wobei es den 105-PS-Benziner sogar nur mit Impression gibt. Unsere Empfehlung für vom Alfa-Spirit beseelte Preisfüchse: Für sehr faire 1000 Euro ist optional das Paket „Impression“ zu haben, das mit Leichtmetallrädern, Nebelscheinwerfern, Chrom-Außenspiegelkappen, Lederlenkrad und schwarzem Dachhimmel den neuesten Schrei an sportlicher Hardware und stilvoller Mens Wear in die Basis-Giulietta bringt.
Wirklich ernst macht Alfa Romeo dann mit der Turismo-Version – sie reicht motorisch bis 175 PS und trifft durch eine serienmäßige Klima-Automatik, Leichtmetallräder, Lederlenkrad sowie dynamischen Stil den luxuriös-sportlichen Kern der italienischen Marke. Auch hier ist wieder ein überzeugendes Upgrade-Paket im Angebot: Das 1300 Euro teure Sportpaket addiert unter anderem große 17-Zoll-Leichtmetallräder, Sportfahrwerk und konzentriert sportliche Atmosphäre.
Das 3000 Euro schwere QV Sportiva-Paket muss hingegen nur für wirklich angefixte Marken-Fetischisten sein – neben ähnlichen Umfängen wie im normalen Sportpaket besteht sein Mehrwert hauptsächlich aus rot lackierten Brembo-Bremssätteln und Leder-Alcantara-Sportsitzen. Die weiteren Ausstattungsoptionen unterstreichen im Wesentlichen den individuellen Charakter des kompakten Alfa.
Mit Bi-Xenonscheinwerfern (1300 Euro), einer geschmackvollen Lederausstattung (1800 Euro) sowie dem großen U-ConnectInfotainment (1500 Euro) samt 6,5-Zoll-Touchscreen, Digitalradio und Karten-Navigation kommt die Giulietta dem Ideal schon recht nahe. Der sensationell tief leuchtende Perleffektlack „Rosso Competizione“ (2500 Euro) sowie die klassischen Fünfloch-Felgen im 18-Zoll-Format (1300 Euro) stehen selbstverständlich ebenfalls auf der Wunschliste jedes Alfisti, sind aber schon recht teuer.
Traum-Ausstattung unter der Motorhaube ist freilich der 240 PS starke 1,8-Liter-Turbo der Quadrifoglio Verde-Version, der inklusive des Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebes TCT geradewegs aus dem bissigen 4C in die Giulietta wandern durfte. Heiserer Sound, deftige Beschleunigung und souveräner Durchzug – die Giulietta QV ist diesseits des 4C die aktuell schärfste Möglichkeit, einen echten Alfa Romeo zu fahren.
Eine Leistungsstufe weiter unten lockt der 170 PS starke 1,4-LiterMultiAir-Turbobenziner, der von uns allerdings nur in Verbindung mit dem manuellen Sechsgang-Schaltgetriebe eine Empfehlung erhält. Hier kommt der quirlige, drehfreudige Charakter gut zur Geltung. Das ebenfalls erhältliche TCT-Doppelkupplungsgetriebe ist besonders im Normalmodus etwas zu defensiv abgestimmt, um den kleinen Heißsporn ideal zu unterstützen. Erst wenn der D.N.A-Fahrmodus-Schalter auf Dynamic steht, wirkt der Antrieb harmonisch – aber natürlich auch im Alltag etwas zu aufgedreht.
Die beiden Einstiegs-Benziner schenken sich wenig, der Leistungsvorsprung der 120-PS-Version gegenüber dem 105-PS-Motor ist vor allem auch deshalb vernachlässigbar, weil sich das Drehmoment kaum unterscheidet, die etwas fülligere Charakteristik des stärkeren Motors geht im Alltag beinahe unter. Hinzu kommt aber auch, dass sich bereits die 105-PS-Basis erstaunlich gut schlägt: Der kleine Turbo-Benziner wirkt frisch und drehwillig, er verleiht der Giulietta einen souveränen, positiven Charakter. Unsere Kaufempfehlung für den Einstieg ins Giulietta-Modellprogramm wäre also nahezu uneingeschränkt, lediglich das manuelle Sechsgang-Getriebe könnte etwas präziser sein.
Ein ähnliches Bild bietet sich bei den Dieselmotoren: Auch hier fragt man sich nach einer Testfahrt mit dem 105 PS starken 1,6-Liter-Einstiegs-Turbodiesel, weshalb irgendjemand noch einen Blick auf die stärkeren Varianten werfen sollte. Der kleine Selbstzünder arbeitet willig und kultiviert, mit unkompliziertem Temperament und ganz selbstverständlichem Vorwärtsdrang wird er schnell zur Kaufempfehlung.
Wer jetzt allerdings in den 175-PS-Dampfhammer mit Zweiliter-Turbodiesel umsteigt, erlebt schnell sein blaues Wunder: 350 Newtonmeter Maximaldrehmoment machen den 2.0 JTDM sehr souverän, das Standard-Doppelkupplungsgetriebe hat hier ebenfalls einen stimmigen Auftritt. Dank des elektronischen Sperrdifferenzials Q2 (das übrigens alle Giulietta-Versionen haben) ist auch dieser Saft-und-Kraft-Motor selbst auf engen Kurvenstraßen noch mit guter Traktion und energischem Handling unterwegs. Die Getriebeabstimmung passt, die Laufkultur des Zweiliter-Diesels ist ausgezeichnet, und über allem steht natürlich seine mehr als souveräne Leistungsentfaltung. Gemessen an diesem Potenzial ist ein EU-Durchschnittsverbrauch von 4,4 l/100 km bemerkenswert.
Zwischen das 175-PS-Kraftwerk und den smarten 105-PS-Einsteiger packt Alfa Romeo dann aber nicht etwa einen Kompromiss, sondern den eigentlichen Star der dicken Diesel: Ohne TCT-Doppelkupplungsgetriebe darf der Zweiliter nun aus dem Vollen schöpfen, mit 150 PS hat diese Antriebsvariante zwar weniger Leistung als der Topdiesel vorzuweisen, stellt aber ein noch höheres Maximaldrehmoment (380 Nm) zur Verfügung. Im Alltag ist dieses Durchzugsplus eindeutig spürbar.
Der 150-PS-Motor gibt sich ungemein elastisch, man ist beinahe nachlässig schaltfaul unterwegs, und die Laufkultur des mittleren Diesels scheint tatsächlich noch einmal besser zu sein als die der 175 PS-Version. Nur wer im Diesel-Lager also großen Wert auf das TCT-Getriebe legt, sollte zur starken Variante greifen. Nichtsdestotrotz bleibt unsere Kaufempfehlung beim moderaten 1.6 JTDM 16V mit 105 PS: Sein Temperament macht große Freude, und das in der Anschaffung gesparte Geld lässt sich anderweitig hervorragend investieren. Zum Beispiel in die Farbe Alfa Rosso und Fünfloch-18-Zöller.
Quadrifoglio Verde:
Seit dem Facelift im Herbst 2013 ist die schärfste Giulietta mit dem 240 PS starken 1,8-Liter-Turbo-Vierzylinder des 4C ausgestattet, das manuelle Getriebe der alten QV-Version wurde durch ein TCT-Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe ersetzt. 6,0 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h, Topspeed 244 km/h – das „grüne Kleeblatt“, das an die Alfa-Rennerfolge bei der legendären Targa Florio erinnern soll, macht die Giulietta zum heißblütigen Herausforderer von VW Golf GTI und Co. Besonders sexy: die Launch Edition mit Karbon-Anbauteilen in feurigem „Alfa Rosso“.
Die Alfa Romeo Giulietta spielt eine Sonderrolle in der Kompaktklasse: Als beinahe letzte Vertreterin klassischer Italianità hält die Nachfahrin so illustrer Ahnen wie des Alfa 147 oderdes Alfa 33 eine stolze Flagge empor, allerdings dürften auch ihre Tage spätestens mit der kommenden Alfa Romeo-Generation gezählt sein. Bis dahin bleibt die aktuelle Giulietta aber dennoch ein bemerkenswertes Angebot, eine sympathische und mitreißende Alternative im Segment. Die charaktervolle und spritzige Giulietta ist für Fahrer, die das Besondere suchen, immer eine Überlegung wert.
Johannes Riegsinger