Faszination: Der Alfa Romeo 4C trifft den 8C Competizione Gemeinsame Ausfahrt
Bereits zweimal hat uns Alfa Romeo vorgeführt, wie eine emotional aufgeladene Wiederkehr der Marke aussehen könnte: Mit dem 8C Competizione von 2007 und jetzt dem 4C. Sonnige Aussichten!
Trance. Plötzliches Aus-sich-Heraustreten und verwundert feststellen, dass da diese Parallelwelt existiert, in die man nur durch eine Tätigkeit hinübergesickert ist: Alfa Romeo 8C Competizione fahren. Immer die Uferstraße des Lago di Como entlang, zwischen Nesso und Bellagio, an einem warmen Frühlingstag mit den Seitenscheiben unten. Warmer Fahrtwind im Cockpit und dieser brutale, infernalische V8-Sound. In allen Modulationsstufen von laut bis leise – naja, was Italiener eben so unter leise verstehen. Von hart hämmernd bis weich grollend, von metallisch-singend, wenn dieser italienische Ausnahme-V8 der Drehzahlgrenze entgegenfräst bis warm-wummernd, wenn er im nächsten Moment auf einer langen Gefällstrecke einfach nur ausatmen darf.
Alfa Romeo 4C und 8C: Treffen der beiden Alfa-Sportler
Und wie dieses 4,7-Liter-Prachtstück geht! Italienische Nebenstrecken können einen ja zur Verzweifl ung treiben mit ihrem dichten Verkehr, ihren Engstellen und Unwägbarkeiten. Da kommt so ein satt im großen Gang anschiebender Drehmoment-Sauger gerade recht. Ganz lässig lupft er den roten Sportwagen um die Kehren und kann kilometerlang im Windschatten eines träumenden Fiat Panda dahinfließen. Dann tut sich eine kurze Gerade auf – es reicht wirklich eine sehr kurze –, und weil wir übermütig sind, drücken wir die Kohlefaser-Schaltwippe für „Herunterschalten“ gleich zweimal. Den Sport-Modus haben wir in weiser Voraussicht schon eingelegt, was zwar nicht nötig gewesen wäre, aber die Schaltzeiten von 0,4 Sekunden auf 0,2 Sekunden verkürzt.
Zweimal 0,2 Sekunden später sitzt also der dritte Gang, und wir lassen den Gasfuß fallen. Heißa, geht das dahin! Der Otto-Ce peitscht zähnefletschend voran, lässt dabei sein typisch ratschendes Stakkato hören. Bumm, Bumm lädt der sequenzielle Schaltautomat beim Hochschalten die Gänge durch, und ein paar Sekunden später ist derPanda Geschichte. Dann wird wieder auf Normalmodus gestellt, und wir genießen das runde Handling, die präzise Lenkung und die tiefe, sinnliche Aura dieses wunderschön proportionierten Ausnahme-Autos, von dem 2007 nur 500 Stück gebaut worden sind. Damals der erste Ausblick auf eine grandiose Marken-Zukunft.
70 Kilometer weiter südlich dämmert inzwischen allerdings die stillgelegte Alfa-Fabrik in Arese mit depressiver Hoffnungslosigkeit dahin. Mittlerweile ist das Modellprogramm der Marke auf den MiTo und die Giulietta ausgedünnt, auch für diese Modelle wird es höchstwahrscheinlich keine Nachfolger geben. Nur der Alfa Romeo 4C soll daran erinnern, dass der legendäre Alfa-Spirit noch lebt und auf seine Wiederkehr wartet. Ab 2016 mit einem leichten Spider, einer scharfen Giulia, die selbst BMWs 3er um die Ohren fährt und einem energischen Alfetta. Zukunftsmusik eben. Und bis die ganze Band am Start ist, soll der 4C schon mal das Intro mit Wiedererkennungswert zupfen …
So sehr sich die beiden Hoffnungsträger auch ähneln mögen, so unterschiedlich sind sie in ihren Charakteren: Während der 8C noch mit der aufgebohrten Variante eines Maserati-Motors Steine erweichen durfte, mit sinnlichen Linien und nostalgischen Chromdetails an eine vergangene Ära erinnerte, ist der 4C vollkommen im Heute zuhause. Sein kleiner 1,8-Liter-Turbo-Vierzylinder erinnert einerseits vital an die sensationellen 1300er der Alfa-Historie, an ihre Drehfreude und ihren Sound. Er ist andererseits aber so zeitgemäß, dass einem der Traumwagen 8C beinahe vorkommt wie die Requisite einer zuckersüßen Operette. Mit dem 8C träumte man vielleicht zu entrückt – der 4C zeigt aber, dass man inzwischen verstanden hat, wie ein Alfa Romeo der Neuzeit zu funktionieren hat: modern, drängend, ein wenig durchgeknallt.
Im superleichten, absurd handlichen und radikal fahrintensiven 4C wird es nicht den pathetischen Zeitlupen-Flow geben, in denen einen der 8C befördert. Der 4C drückt stattdessen auf die Fast Forward-Taste: Sein Turbo-Four klingt herrlich aggressiv und rotzig-digital, er beschleunigt mit kompromisslosem Punch und enthemmter Drehfreude. Der 4C ist trotz seiner verblüffenden Schönheit gleichzeitig so konkret und schlackefrei gemacht, dass man plötzlich zu verstehen beginnt, dass eine Alfa-Zukunft tatsächlich möglich ist. Ohne Chrom-Zierrat – aber mit Digital-Cockpit. Ohne Heldentenor-Pathos, stattdessen mit fein ausbalancierter Emo/Funktion. Der 8C führt in eine Sackgasse, der 4C ins Freie. Daumen drücken, Alfisti!
TECHNIK |
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ALFA ROMEO 4C |
ALFA ROMEO 8C COMPETIZIONE |
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Motor | R4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbo, Direkteinspritzung | V8-Zylinder, 4-Ventiler |
Hubraum | 1742 cm³ | 4691 cm³ |
Leistung | 177 kW / 240 PS bei 6000/min | 331 kW / 450 PS bei 7000/min |
Max. Drehmoment | 350 Nm bei 2200 - 4250/min | 480 Nm bei 4750/min |
Getriebe | 6-Gang, Doppelkupplung | 6-Stufen-Automatik, Transaxle-Anordnung |
Antrieb | Hinterrad | Hinterrad |
Fahrwerk | Kohlefaser-Monocoque mit Alu-Hilfsrahmen; v.: Doppelquerlenker, Federn, Dämpfer, Stabilisator; h.: Mehrfachlenker-Achse, Federn, Dämpfer, Stabilisator; ESP |
Gitterrohr-Rahmen, Kohlefaser-Karosserie; vorn und hinten: Doppelquerlenker, Federn, Dämpfer, Querstabilisator; ESP |
Bereifung | v.: 205/45 R 17; h.: 235/40 R 18 |
v.: 245/35 ZR 20; h.: 285/35 ZR 20 |
L/B/H | 3989/1864/1183 mm | 4381/1894/1341 mm |
Radstand | 2380 mm | 2646 mm |
Leergewicht | 895 kg | 1660 kg |
Kofferraumvolumen | 110 l | k.A. |
MESSWERTE1 | ||
0-100 km/h | 4,5 s | 4,2 s |
Höchstgeschwindigkeit | 258 km/h | 292 km/h |
EU-Verbrauch | 6,8 l S/100 km | 16,0 l SP/100 km |
CO2-Ausstoß | 157 g/km | 377 g/km |
Grundpreis | 50.500 Euro | 159.860 Euro (2007) |
1Werksangaben |
Johannes Riegsinger