Alfa Romeo 75 3.0 V6 kaufen: Ratgeber
Der letzte "echte" Alfa
Der Alfa Romeo 75 hat definitiv das Potential zum Klassiker zu werden. Möchte man den letzten "echten" Alfa als 3.0 V6 kaufen, muss man sich auf eine längere Suche gefasst machen. Unser Ratgeber zeigt auf, was es beim Kauf alles zu beachten gilt.
Der Alfa Romeo 75 war der letzte große Aufschlag, bevor die heutige Mutter Fiat das Steuer in Arese übernahm. Der Alfa 75, entstanden aus der ehrwürdigen Giulietta, erlebte sein Debüt 1985 und hatte all das, wovon heute die Legende Alfa lebt: einen Hinterradantrieb, optimale Gewichtsverteilung dank Transaxle-Bauweise und Motoren, die den typischen Alfa-Sound lieferten. Anfangs kam der Alfa Romeo 75 zierlich daher, doch im Laufe seiner Karriere ließ es sich offenbar nicht vermeiden, dass immer mehr Kunststoff an die Karosserie angebaut wurde. "America", nannte Alfa den Style – heute gehört diese Version zu den Raritäten. Besonders gesucht sind vor allem die Modelle mit dem seinerzeit innovativen Turbomotor sowie die V6-Versionen. Die Auswahl an Alfa Romeo 75 ist angesichts der geringen Stückzahl auf dem deutschen Markt nicht groß, vor allem, weil bei vielen der angebotenen Fahrzeuge im Laufe der Jahre unübersehbar viele Mängel entstanden sind. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
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Ratgeber: So Alfa Romeo 75 3.0 V6 kaufen
Alfa und der Rost. Diese Kombination hat sich seit seligen Alfasud-Zeiten in die Köpfe der Interessierten eingebrannt. Zu Unrecht, denn im Falle des Alfa Romeo 75 ist die Karosserie nicht wirklich schlecht gegen Rost geschützt. Unfallfreiheit vorausgesetzt, gibt es eigentlich nur wenige neuralgische Stellen, um die man sich Sorgen machen muss. Dazu gehören in der Frontpartie die Kühlertraverse sowie die Kotflügelecken unterhalb der wuchtigen America-Stoßfänger. Zwar sollen sich diese Shockabsorber nach einer Feindberührung zurückverformen, doch nicht selten reißt darunter der Lack. Feuchtigkeit dringt ein und es beginnt im Verborgenen zu rosten. Ebenfalls ein fieses Korrosionsnest ist der Frontscheibenrahmen, wo es gerne unter der Dichtung blüht. Wer beim Rundgang um den Alfa im Bereich des Tankstutzens Rost entdeckt, kann die Besichtigung abbrechen. Die Reparatur geht meist mit einer teuren Lackierung der halben Fahrzeugseite einher und übersteigt nicht selten den Wagenwert. Gleiches gilt für den Bereich um die Heckleuchten. Am Unterboden sind die Reparaturen dagegen preiswerter. Problemzonen sind hier neben verformten Wagenheberaufnahmen und abgerosteten hinteren Abschleppösen vor allem die Anlenkpunkte der vorderen Zugstreben. Und auch der Tank ist nicht selten Ursache für Zwangspausen. Beim Vierzylinder sitzt er unter dem Kofferraumboden und rostet oft durch. Beim V6 und Turbo liegt er im Kofferraum. Eine Feuchtigkeit speichernde Schaumstoffisolierung ist dafür verantwortlich, dass das Metall darunter aufblüht.
Alfa-75-Technik anspruchsvoll, aber haltbar
Alfa war bei der Planung des 75 kurz vor dem Konkurs, folglich war für Neuentwicklungen bei den Aggregaten kaum Geld vorhanden. Was für ein Glück, denn die aus anderen Alfa-Modellen bekannten Triebwerke halten. Die Vierzylinder-Doppelnockenwellenmotoren machen zwar mitunter Sorgen durch Ölleckagen – wirkliche Probleme sind aber selten. Undichte Ansaugschläuche, durch Aufsetzen beschädigte Abgaskrümmer und leckende Kühler kommen zwar vor, sind aber nicht die Regel. Problematisch wird es erst, wenn die Elektrik der Einspritzanlage zickt oder die Zündanlage nicht mehr richtig funkt. Vor allem der technisch anspruchsvolle Twin Spark lässt Hobbyschraubende an ihre Grenzen stoßen. Ebenfalls problematisch ist der Austausch der Nockenwellen, der erforderlich ist, wenn der Motor hörbar klackert. Dann sind die Nocken abgenutzt. Bei den V6 ist vor allem der Zahnriemen zu prüfen. Anders als bei den Vierzylindern, die über einen wartungsarmen Kettenantrieb der Nockenwellen verfügen, muss der Riemen des Busso-V6 regelmäßig erneuert werden. Reißt er, ist der Motor ein Totalschaden, da er kein Freiläufer ist. Bei der Kraftübertragung macht vor allem die mit Motordrehzahl rotierende Kardanwelle Probleme. Sie ist mehrteilig und mit Gummischeiben an das Getriebe angeflanscht. Diese werden im Alter rissig und es drohen Vibrationen und Schwingungen, die die Welle im schlimmsten Fall abscheren lassen.
Innenraum leidet unter Low-Budget-Produktion
Einfacher zu reparieren ist die ausgeschlagene Schaltung des Alfa Romeo 75, bei der meist die Kunststoffbuchsen defekt sind. Die Getriebe (beim Turbo und beim V6 mit Differentialsperre), sind dagegen haltbar. Allerdings reißt bei sportlicher Fahrweise die Gummiaufhängung und das Aggregat schlägt gegen den Wagenboden. Unschöne Beulen sind stumme Zeugen dieses Problems. Lang erprobt und dementsprechend zuverlässig präsentieren sich Bauteile wie Ventildeckeldichtung, Kurbelwellensimmering und Einspritzanlage. Aber auch hier ist eine Kontrolle auf Dichtigkeit empfehlenswert. Außen hui und innen pfui, lautet das Motto für den 75er. Kunststoff mit Graugummihaptik dominiert, gepaart mit wenig haltbaren Sitzbezügen und garniert mit Schaltern und Hebeln aus der Hochzeit der Low-Budget-Produktion. Typische Fehlerquellen sind, neben einem Bord-Check-System mit Wahnvorstellungen, der zur Selbstentzündung neigende Lichtschalter, defekte Fensterheberschalter und eine streikende Heizungsregulierung. Hinzu kommt, dass es die Sitzbezüge nach 30 Jahren nicht gerne mögen, wenn sie auf ihre alten Tage mechanisch belastet werden – sie reißen. Und natürlich leidet auch ein Alfa 75 unter dem Phänomen eines durchhängenden Dachhimmels, für den es keinen Ersatz mehr gibt. Die Elektrik ist überraschend robust. Masseprobleme durch eindringende Feuchtigkeit (Rücklichter) oder oxidierte Kabelsätze kommen vor, sind aber nicht die Regel und lassen sich schnell mit Kontaktspray beseitigen. Bisweilen bietet das Benzinpumpen-Relais Anlass zur Klage: Es ist oft die Ursache für vergebliche Startversuche, da es verschmort ist.
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Technische Daten des Alfa Romeo 75
Alfa 75 2.0 Twin Spark Kat | Alfa 75 1.8 Turbo | Alfa 75 3.0 V6 QV Kat | |
Zylinder/Ventile pro Zylinder | R4/2 | R4/2 | V6/2 |
Hubraum | 1962 cm³ | 1779 cm³ | 2959 cm³ |
Leistung | 107 kW/145 PS bei 5800/min | 110 kW/150 PS bei 5700/min | 141 kW/192 PS bei 6000/min |
Maximales Drehmoment | 178 Nm bei 3000/min | 230 Nm bei 2600/min | 250 Nm bei 4500/min |
Getriebe/Antrieb | 5-Gang; manuell; Transaxle; Hinterradantrieb | 5-Gang; manuell; Transaxle; Hinterradantrieb | 5-Gang; manuell; Transaxle; Hinterradantrieb |
Beschleunigung (0 - 100 km/h) | 8,7 Sekunden | 7,6 Sekunden | 7,5 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 197 km/h | 213 km/h | 222 km/h |
Leergewicht | 1145 Kilogramm | 1130 Kilogramm | 1300 Kilogramm |
Verbrauch | 8,4 l / 100 km | 12 l / 100 km | 13,2 l / 100 km |
Reifen | 195/60 R 14 | 195/60 R 14 | 195/55 R 15 |
Bauzeit | 1988 bis 1992 | 1985 bis 1991 | 1988 bis 1992 |
Preis | 31.000 Mark (1988) | 34.900 Mark (1987) | 37.200 Mark (1990) |
Stückzahl | 30.745 | 13.514 | 1.576 |
Der Alfa Romeo 75 ist ein idealer Daily Driver, vorausgesetzt, man findet ein Auto in gutem Zustand. Die Mängel sind überschaubar, allerdings muss man typische Alfa-Schwächen wie den etwas flatterigen Innenraum oder die eigenwillige Sitzhaltung in Kauf nehmen. Das belohnt der Oldtimer mit einer tollen Straßenlage und Alfa-typischen Motoren, die den Weg zur Arbeit mit schönsten Italo-Klängen begleiten.