Abgefahrene Reifen im ADAC-Test 2023
Versteckte Gefahr bei abgenutzten Reifen
Der ADAC hat sechs Reifen im abgefahrenen Zustand getestet. Das Ergebnis zeigt, dass es trotz guter Leistung in der Längsbeschleunigung, in den Kurven trotzdem gefährlich werden kann!
Wer neue Reifen braucht, sollte sich vor dem Kauf durch das Lesen fundierter Reifentests informieren, um einen guten und sicheren Reifen zu finden. Doch wie verhalten sich die Reifen eigentlich, wenn man sie schon einige Zeit gefahren und das Profil verschlissen ist? Um diese Frage zu beantworten, hat der ADAC einen Reifentest mit bereits abgefahrenen Profilen durchgeführt. Die Bildergalerie zeigt eine Übersicht der Ergebnisse. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
So die Reifenprofiltiefe checken (Video):
ADAC-Testergebnis: Fahren mit abgefahrenen Reifen
Nässe
Obwohl alle Fahrzeuge bei der Realfahrt denselben Weg zurückgelegt haben, zeigen sich je nach Reifenmodell unterschiedliche Verschleißbilder. Das wirkt sich auf das Verhalten bei Nässe aus. Bester Reifen beim Nassbremsen und Aquaplaning längs war der Goodyear Ultragrip 9 mit einem Leistungsverlust von 7,0 respektive 17,3 Prozent gegenüber neuwertiger Reifen. Beim Bremsen auf nasser Fahrbahn und bei Aquaplaning auf der Geraden waren Reifen mit verstärktem Abrieb an der Innenschulter weniger zuverlässig (bis -23 %), als Modelle mit gleichmäßigem Abrieb. Sicherer beim Bremsen auf Nässe und bei Aquaplaning waren die Modelle mit Mittenabrieb und höhere Profiltiefe. Bei Aquaplaning quer ist der Sicherheitsverlust bei Mitten- und Schulterabrieb besonders hoch (-49,4 % bei Goodyear Ultragrip 9 bis -77.8 % bei Yokohama BluEarth) und gefährlich. Beim Nasshandling fiel das Ergebnis mit einem Performance-Verlust von maximal 12,3 Prozent (Yokohama BluEarth) weniger dramatisch aus.
Schnee
Die Traktion auf Schnee nimmt laut ADAC-Test bei abgefahrenen Reifen 14,7 Prozent (Michelin Alpin 5) bis 35,3 Prozent (Continental WinterContact TS860) ab. Beim Bremsen auf Schnee zeigt der Test ein ähnliches Ergebnis: Der Michelin Alpin 5 verliert 14,1 Prozent seiner Leistung und ist damit bester verschlissener Reifen für Schneebremsungen, der Continental WinterContact TS860 mit einem Verlust von 31,7 Prozent am wenigsten sicher. Laut ADAC entspricht der Leistungsverlust des Reifens bei einer Notbremsung aus 30 km/h einer Verlängerung des Bremswegs von 3,5 Metern. Wo der neuwertige Reifen bereits zum Stehen kommt, sei der verschlissene mit einer Restgeschwindigkeit von 15 km/h unterwegs. Ein weiterer Aspekt beim Bremsen auf Schnee ergibt sich beim Test aus dem Zustand der Lamellen. Zum Vergleich nennt der ADAC den Michelin Alpin 5 und den Yokohama BluEarth, die neuwertig ähnlich performen. Der Reifen von Michelin zeigte noch effektive Lamellen, während diese beim Reifen von Yokohama bereits verschlissen waren. Das Ergebnis ist ein schlechteres Bremsverhalten des Yokohama-Reifens auf Schnee im Vergleich zum Michelin-Reifen bei gleicher Restprofiltiefe.
Vorsicht in Kurven mit verschlissenen Reifen
Wie der ADAC-Test von abgefahrenen Reifen ergab, zeigten alle Reifenmodelle eine ähnliche Ausprägung des Rückgangs von Performance und Sicherheit bei vergleichbarem Verschleiß. Der Leistungsverlust ergibt sich aus der Kombination von Restprofiltiefe, Verschleißbild und Reifenalterung. Einbußen zeigten sich bei längs wirkenden Kräften wie Bremsen und Aquaplaning. Besonders tückisch ist jedoch der Performance-Verlust bei Querkräften, so das ADAC-Testergebnis. Hier sinkt die Sicherheit mit abgefahrenen Reifen besonders drastisch. Das kann zu Kontrollverlust in Kurven führen, da sich Autofahrende verschätzen, weil die Reifen bei Längskräften besseren Grip vermitteln als bei Querkräften tatsächlich gegeben ist. "Die Studie beweist, dass abgefahrene Reifen deutlich an der Fähigkeit verlieren, die Längs- und Querkräfte miteinander zu kombinieren", urteilt der ADAC. Die Empfehlung des Autoclubs lautet deshalb:
Ab einer Profiltiefe von vier Millimetern bei Winterreifen sowie drei Millimetern bei Sommerreifen sollten Reifen bereits erneuert werden
Auf den das Verschleißbild der Reifen achten und bei verstärktem Schulterabrieb die Spur checken und gegebenenfalls einstellen lassen
Herstellerangaben zum Reifendruck beachten, um ungleichmäßigem Verschleiß vorzubeugen
Reifen erneuern, wenn Lamellen nicht mehr erkennbar sind
Abgefahrene Reifen können Sprit sparen
Fährt man mit abgefahrenen Reifen, so kann das laut ADAC-Test zu weniger Verbrauch von Kraftstoff führen. Der Grund: Durch das geringere Reifenprofil muss der Reifen weniger Walkarbeit verrichten. Das kann mit den getesteten Reifen bis zu 2,7 Prozent (Michelin Alpin 5, Yokohama BluEarth) Sprit sparen. Einzig beim Dunlop WinterSport 5 stieg der Verbrauch des verschlissenen Reifens um 0,6 Prozent.
So hat der ADAC getestet
Für den Test hat das Team jeweils drei Sätze von den Winterreifen Continental WinterContact TS860, Dunlop Winter Sport 5, Goodyear Ultragrip 9, Michelin Alpin 5, Nokian WR D4 und Yokohama BluEarth der Größe 205/55 R16 H nach speziellen Vorgaben abgenutzt. Jeweils ein Satz wurde auf einen VW Golf VII montiert und bei realer Fahrt auf der Straße auf 2,5 Millimeter in der schlechtesten Rille abgefahren. Die Fahrzeuge bewegten sich dabei im Konvoi, absolvierten also alle dieselbe Strecke bis zum Erreichen der gewünschten Restprofiltiefe. Der Nokian WE D4 erreichte bereits nach 21,96 Kilometern eine Profiltiefe von 2,5 Millimeter auf der schlechtesten Rille. Der Michelin Alpin 5 hielt mit 59,65 Kilometern am längsten durch.
Der zweite Satz wurde nach Vorbild des real verschlissenen Reifens maschinell abgeschliffen. Der dritte Satz Reifen wurde – ebenfalls maschinell – gleichmäßig nach Vorgaben der Europäische Reifen- und Felgen- und Sachverständigenorganisation (ETRTO) auf rund 2,0 Millimeter abgeschliffen. Anschließend wurden die maschinell abgenutzten Reifen 200 Kilometer und vor dem Test auf Schnee alle getesteten Reifen zusätzlich 50 Kilometer eingefahren. Beim ADAC-Test von abgefahrenen Reifen hat das Testteam den Fokus auf das Verhalten der Reifen bei Nässe und Schnee gelegt, denn dort zeigt sich die Abnahme der Sicherheit mit abnehmender Profiltiefe üblicherweise am deutlichsten. Die Testkategorien lauteten Traktion auf Schnee, Bremsen auf Schnee, Bremsen auf Nässe, Aquaplaning längs (Gerade), Aquaplaning quer (Kurve), Handling auf Nässe und Kraftstoffverbrauch. Aus dem Durchschnitt der Testergebnisse der drei unterschiedlich vorbereiteten Reifensätze wurde am Ende das Testresultat je Reifenmodell ermittelt.