Wirtschaft: 8 Aufsteiger-Marken im Automarkt Deutschland Die Aufsteiger
- Wirtschaft: 8 Aufsteiger-Marken im Automarkt Deutschland
- Nissan: Mit dem Zungenbrecher aus dem Tief
- Mini: Das Retromobil wird zur Familie
- Skoda: Die Überraschung aus dem Osten
- Dacia: Billig läuft auch im Premium-Land
- Land Rover: Die knorrigen Briten werden stylisch
- Hyundai: Der wissbegierige Weltkonzern
- Porsche: Sportwagen-Marke mit SUV und Limousine
- Jeep: Sicher über den Abgrund
Seit der Gründung der AUTO ZEITUNG hat der deutsche Automarkt viele Marken kommen und gehen sehen. Wir blicken hinter die Kulissen der acht größten Erfolgsgeschichten
Der Automarkt in Deutschland lässt sich gut mit einer Steilwand vergleichen: Als Einsteiger findet man kaum Halt und droht, ständig abzustürzen. Auch wer einmal Fuß gefasst hat, braucht viel Mut und Kraft, um weiter aufzusteigen. Und an der Spitze ist die Aussicht wie immer am schönsten.
Wirtschaft: 8 Aufsteiger-Marken im Automarkt Deutschland
Immerhin ist der deutsche Automarkt nach China, den USA und Japan der viertgrößte der Welt. Die Verlockungen für die Hersteller sind also groß. Doch die Bundesrepublik gilt auch als einer der schwierigsten Automärkte der Welt. Das liegt vor allem an der starken heimischen Autoindustrie: VW, Mercedes, BMW & Co. lassen den Importeuren wenig Raum: 2014 entfielen 62,5 Prozent aller Neuzulassungen auf die deutschen Hersteller. Und um den Rest konkurrieren aktuell 38 ausländische Marken.
Kein Wunder, dass in den vergangenen Jahren zahlreiche Hersteller wie Simca, Rover oder Saab aufgeben mussten. Oder sich wie Chrysler, Daihatsu und aktuell Chevrolet wieder vom deutschen Markt zurückziehen. Doch neben den Tragödien gibt es ebenso viele Erfolgsgeschichten. Zudem Marken, die schon einmal in den Abgrund schauten und dennoch weiter aufsteigen konnten:
> > > Nissan: Mit dem Zungenbrecher aus dem Tief
> > > Mini: Das Retromobil wird zur Familie
> > > Skoda: Die Überraschung aus dem Osten
> > > Dacia: Billig läuft auch im Premium-Land
> > > Land Rover: Die knorrigen Briten werden stylisch
> > > Hyundai: Der wissbegierige Weltkonzern
> > > Porsche: Sportwagen-Marke mit SUV und Limousine
> > > Jeep: Sicher über den Abgrund
Nissan: Mit dem Zungenbrecher aus dem Tief
Bis in die 90er-Jahre kann Nissan stellvertretend für den Erfolg der Japaner in Deutschland stehen. 1972 als Datsun gestartet, wurden die immer beliebteren Modelle ab 1984 nur noch als Nissan verkauft. Ihren Höhepunkt erlebte die Marke nach der Wiedervereinigung: 1992 verkaufte Nissan in Deutschland allein vom Kompaktwagen Sunny 41.684 Exemplare. Der im gleichen Jahr präsentierte neue Micra wurde als erstes japanisches Fahrzeug zum „Auto des Jahres“ gewählt.
Doch in den 90er-Jahren blieb der Erfolg aus: Die konturlosen Modelle Almera und Primera gerieten in der stark umkämpften Kompakt- und Mittelklasse unter Druck. Mit der dritten Generation des Primera versuchten die Japaner den Befreiungsschlag, doch das Design floppte. Die Einstellung des Primera 2007 bedeutete den Tiefpunkt der Marke in Deutschland.
Schon 1999 hatte Nissan eine Allianz mit Renault geschlossen. Durch gemeinsame Plattformen konnten die Japaner und Franzosen Milliarden Euro einsparen und flexibler produzieren. In Europa setzte Nissan schließlich alles auf einen Crossover mit Zungenbrecher-Namen, den Qashqai. Das von vielen Experten zuerst kritisch beäugte Modell wurde ein großer Erfolg. In Deutschland war der Qashqai 2014 das beste Import-SUV, auf das knapp 40 Prozent aller Nissan-Verkäufe entfielen. Und die Japaner legten nach: So war der außergewöhnlich gestylte Juke eines der ersten SUV im Kleinwagensegment.
Zudem setzte Nissan im Gegensatz zu anderen japanischen Wettbewerbern schon früh auf emotionale Modelle: Der 370Z steht wie seine Vorgänger für bezahlbare Sportcoupés, und der GT-R braucht sich vor europäischen Spitzensportlern nicht zu verstecken. Auch beim Thema Nach- haltigkeit hat Nissan einiges zu bieten: Der bereits seit 2010 gebaute Nissan Leaf ist das bis heute weltweit meistverkaufte Elektroauto.
Mini: Das Retromobil wird zur Familie
Was hatte sich BMW dabei nur gedacht? Als die Münchner nach dem Rover-Debakel die Briten im Jahr 2000 wieder verkauften, behielten sie nur ein Projekt – den in der Entwicklung befindlichen neuen Mini. Die Experten waren ratlos: Was wollte die sportliche Premiummarke mit einem Auto, das in den 60er-Jahren als platzsparende Verzichtserklärung die Briten mobil gemacht hatte? In Deutschland fand der alte Mini in seinem letzten vollen Verkaufsjahr 1999 gerade einmal 2141 Liebhaber.
Sein Nachfolger wurde zudem viel größer und teurer: BMW positionierte den Mini sehr selbstbewusst als Premium- Kleinwagen. Eine geschickte Wahl, denn das Retromobil wurde schnell zum Statussymbol für den gut verdienenden und junggebliebenen Städter. Das clevere Marketing etablierte den Mini als kultigen und sportlichen Kleinwagen – mit vielen Emotionen. Was BMW besonders freut: Mini-Käufer entscheiden sich meist für die stärkeren Motorvarianten und die umfangreichere Ausstattung. Das positive Image des Retromobils konnte mittlerweile auf eine ganze Modellfamilie mit sechs Varianten übertragen werden. Besonders das SUV Countryman entwickelt sich seit 2010 zu einem großen Erfolg.
Skoda: Die Überraschung aus dem Osten
Das Ende des Ostblocks ist den meisten Automarken hinter dem eisernen Vorhang schlecht bekommen: Trabant und Wartburg verschwanden, Tatra baut nur noch Lastwagen, und Lada ist bis heute außerhalb Russlands nur schwer verkäuflich. Lediglich Skoda hatte die Weichen von Anfang an richtig gestellt, um auch im Kapitalismus erfolgreich zu sein: Schon 1990 suchten die Tschechen nach einem ausländischen Partner, um ihre 1895 gegründete Firma wettbewerbsfähig zu halten.
Nach Gesprächen mit BMW, General Motors, Renault und Volkswagen bekamen die Wolfsburger den Zuschlag: Skoda wurde das jüngste Mitglied der Konzernfamilie. 1994 beendete man die Produktion des noch in der Planwirtschaft entwickelten Favorit. Nachfolger wurde der Felicia, bei dem bereits einige Motoren aus dem VW-Regal stammten. Doch der wirkliche Neustart in die Zukunft gelang Skoda 1996 mit dem Octavia, der auf der Plattform des Golf basierte. Das solide Modell mit dem guten Preis-Leistungs-Verhältnis legte den Grundstein für den internationalen Erfolg der Marke. Bereits 1998 produzierte Skoda über 400.000 Fahrzeuge und exportierte in 70 Länder. Die zweite Säule des Erfolgs wurde der 1999 gestartete Kleinwagen Fabia. Zwei Jahre später kehrte Skoda mit dem Superb in die obere Mittelklasse zurück, 2009 folgte mit dem Yeti das erste SUV der Marke.
Im Vorjahr durchbrachen die Tschechen schließlich die Hürde von einer Millionen verkauften Autos pro Jahr. In Deutschland stiegen ihre Verkäufe in den letzten 20 Jahren sogar um mehr als das Zehnfache. So mauserte sich Skoda im Eiltempo von der rückständigen Ostmarke zu einer der erfolgreichsten Töchter des VW-Konzerns.
Dacia: Billig läuft auch im Premium-Land
Die Rumänen sind neben Skoda die zweite erfolgreiche Ostmarke. Allerdings musste Dacia viel länger warten, um von einem westlichen Autokonzern aus dem Dornröschenschlaf erlöst zu werden: Ab 1999 übernahm Renault schrittweise den rumänischen Hersteller. Fünf Jahre später verließ der erste Logan das modernisierte Werk. Der spartanische Kleinwagen mit Stufenheck und der Technik des alten Renault Clio war mit einem Preis von 7200 Euro der mit Abstand günstigste Neuwagen. Im ersten vollen Verkaufsjahr 2006 konnte Dacia von dem Billigauto in Deutschland 6290 Exemplare absetzen.
Der endgültige Durchbruch gelang in Folge der Abwrackprämie 2009: Die Rumänen hatten mit dem neuen Sandero genau das richtige Auto parat: Das moderner gezeichnete Schrägheck traf den Geschmack der Kunden. Seither etablierte sich die Billigmarke auf dem Premiummarkt Deutschland. Auch weltweit feiern ihre Modelle Erfolge, wenn auch meist unter dem Renault- Emblem. Und mit dem Duster setzten die Rumänen rechtzeitig auf das boomende SUV-Segment – zum Schnäppchenpreis, versteht sich.
Land Rover: Die knorrigen Briten werden stylisch
Irgendwie beruhigend, dass die Engländer Experten im Bau von Geländewagen sind. Denn in der Vergangenheit war Land Rover meist in wirtschaftlich schwierigem Terrain unterwegs. Nachdem die Marke dem Untergang des unglückseligen British-Leyland-Konzerns entgangen war, kam Land Rover 1994 in den Besitz von BMW. 2000 reichten die Bayern die Marke an Ford weiter, bevor die Amerikaner sie im März 2008 schließlich an Tata verkauften.
Doch unter dem Dach des indischen Mischkonzerns blühte die britische Marke überraschend auf. Endlich bekam Land Rover die Eigenständigkeit, die man jahrzehntelang vermisst hatte. Die Gewinne flossen nun nicht mehr ab, sondern wurden wieder in die Fabriken und neue Mitarbeiter investiert. Und natürlich in die Produkte: Neue Technologien wie etwa Aluminium-Karosserien hielten in die Baureihen Einzug. Außerdem steigerte sich unter dem deutschen Manager Ralf Speth die Qualität auf Premium-Niveau. Mit dem Range Rover Evoque zeigten die Briten 2011 schließlich, dass sie auch modernes Design beherrschen – auf das Modell entfielen 2014 in Deutschland 39 Prozent aller Land Rover-Verkäufe.
Hyundai: Der wissbegierige Weltkonzern
Das Rennen um den größten Autokonzern der Welt zwischen Toyota, VW und General Motors könnte schon bald zum Vierkampf werden. Denn Hyundai holt mit großen Schritten auf: Seit 2004 steigerten die Südkoreaner ihre weltweiten Verkäufe um satte 156 Prozent auf 7,86 Millionen und legten im Vorjahr auf allen großen Märkten zu.
Das Erfolgsrezept: Kaum eine Marke hat eine so steile Lernkurve wie die Koreaner. Wurden ihre Autos wie der Pony Anfang der 90er-Jahre noch belächelt, sind ihre aktuellen Modelle auf Augenhöhe mit den Wettbewerbern. So konnte etwa der i10 im Vorjahr drei Vergleichstests der AUTO ZEITUNG gewinnen – gegen namhafte Konkurrenten von VW und Skoda. Die Qualität der Produkte unterstreicht Hyundai zudem mit einer langen Neuwagengarantie von fünf Jahren. Ein weiteres Ergebnis des andaurnden Lernprozesses ist das moderne, eigenständige Design der Marke. Auch hier waren sich die Südkoreaner nicht zu schade, um von deutschen Experten zu lernen: Seit 2013 verantwortet der ehemalige Audi- und VW-Gestalter Peter Schreyer das Design des Hyundai-Konzerns.
Die Koreaner entwickeln und fertigen ihre Modelle stets vor Ort, ob in den USA, China, Indien oder Europa. So eröffnete Hyundai 2003 ein Entwicklungszentrum in Rüsselsheim. Gleichzeitig entstand ein Fahrzeugwerk in Tschechien, in dem etwa der Hyundai i30 produziert wird. Moderne Fabriken an günstigen Standorten in oder bei den jeweiligen Absatzmärkten – mit diesem Rezept sichert sich Hyundai eine höhere Produktivität als seine Wettbewerber. Mittlerweile ist Hyundai die erfolgreichste asiatische Marke in Deutschland und hat Toyota längst hinter sich gelassen. Und auch beim Marketing heißt es klotzen statt kleckern: Seit 2002 sponsorte Hyundai sämtliche Fußball-Weltmeisterschaften.
Porsche: Sportwagen-Marke mit SUV und Limousine
Hätte man einem Kollegen aus der Redaktion der AUTO ZEITUNG vor 46 Jahren vorhergesagt, dass Porsche dereinst in Deutschland über 24.000 Autos im Jahr verkaufen würde, er hätte uns an den Nervenarzt verwiesen. Und das Argument, dass 44 Prozent davon Geländewagen sein würden, hätte uns auch nicht viel geholfen. Porsche hat in den letzten 20 Jahren ein Kunststück vollführt: Während sich die Modellpalette stark veränderte, bewahrten die Zuffenhausener ihr sportliches Image. Doch die Veränderungen der letzten Jahre waren notwendig, um weiter erfolgreich zu sein. Denn Sportwagenhersteller stehen heute unter einem enormen Druck: Die Entwicklung neuer Modelle wird immer teurer – auch Sportwagen müssen unzählige Umwelt- und Sicherheitsnormen erfüllen, wenn sie weltweit verkauft werden sollen. Und ein Großteil der PS-Boliden geht heutzutage nach Asien: China und der Nahe Osten sind die Wachstumsmärkte. Die Kunden dort wollen neben Sportwagen vor allem leistungsstarke SUV und viertürige Sportlimousinen – Porsche konnte liefern.
Gab es Ende 1995 nur noch den 911, erweiterte man die Modellpalette mit dem Boxster zuerst nach unten. 2002 wagte sich Porsche dann an das Tabu und präsentierte mit dem Cayenne das erste SUV der Marke. Der starke Allradler teilte sich die technische Basis mit dem VW Touareg – ein weiteres Wagnis. Doch der Cayenne wurde vom Start weg ein Riesen-Erfolg. Das SUV stieg zum meistverkauften Porsche auf. 2009 folgte die Luxuslimousine Panamera und im Vorjahr schließlich der Macan. Dieser basiert auf dem Längsbaukasten des VW-Konzerns, zu dem Porsche seit der spannenden Übernahmeschlacht 2009 gehört.
Der Mut der Zuffenhausener wurde also belohnt: 2014 konnte Porsche-Chef Matthias Müller ein weiteres Rekordjahr mit 189.849 Auslieferungen feiern. Der Zuwachs zum ebenfalls starken Vorjahr betrug satte 17 Prozent, 44.636 Neuwagen entfielen dabei auf den Macan. In der Bundesrepublik verkaufte Porsche 2014 hervorragende 24.365 Einheiten. Die Deutschen mögen es beim Modellmix jedoch eher klassisch: Der Bestseller bei uns heißt Porsche 911.
Jeep: Sicher über den Abgrund
Vor sechs Jahren ging es für Jeep steil bergab: Wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise musste der Mutterkonzern Chrysler Insolvenz anmelden. Nur Milliardenzahlungen der US-Regierung retteten die Amerikaner. Die weltweiten Verkäufe von Jeep brachen innerhalb von zwei Jahren um rund die Hälfte ein. Doch bereits im Jahr der Krise wurden die Grundlagen für den Wiederaufstieg gelegt: Ab Juni 2009 übernahm Fiat schrittweise den Chrysler-Konzern. Und mit dem schnellen Wiederaufstieg des US-Marktes erholten sich auch die Verkäufe von Jeep.
Mit der vierten Generation des Cherokee öffnete sich die Marke sportlicheren und jüngeren Käufern: Das Modell brach mit dem kantigen Design des Vorgängers. Optisch entfernte sich der Jeep damit vom Geländewagen hin zum Lifestyle-SUV. In die gleiche Richtung zielt der Renegade, der bisher kleinste Offroader der Marke. Jeep bedient mit dem Modell das weltweit stark wachsende Segment der Mini-SUV. Der Renegade ist der erste Jeep, der außerhalb Nordamerikas im italienischen Melfi gefertigt wird. Er soll auch in Deutschland den Erfolg von Jeep fortsetzen – die Marke konnte ihre Verkäufe in den letzten fünf Jahren fast vervierfachen.