VW Tiguan/Opel Grandland: Vergleich
Neues Grandland Facelift will den Tiguan vom Thron stoßen
Kompakte SUV stehen weiterhin hoch im Kurs. In diesem Vergleich trifft der Topseller VW Tiguan auf das Opel Grandland Facelift.
So wie das Kompaktwagen-Segment gern auch als "Golf-Klasse" bezeichnet wird, so könnte man der Kategorie der Kompakt-SUV auch den Beinamen "VW Tiguan-Klasse" verleihen – auch, wenn das Opel Grandland Facelift in dieser Klasse mitspielt, ist zumindest vor diesem Vergleich der Tiguan das Aushängeschild. Der Wolfsburger führt seit jeher die Zulassungsstatistiken an und markiert auch in Vergleichstests der AUTO ZEITUNG traditionell die Messlatte, an der sich seine Konkurrenten meist die Zähne ausbeißen. Trotz zahlreicher guter Anlagen hat im direkten Vergleich somit auch der vor Kurzem erneuerte Grandland einen schweren Stand. Der Rüsselsheimer tritt mit dem einzigen für ihn zur Verfügung stehenden Benzinmotor an, einem 1,2-Liter-Turbo-Dreizylinder mit 130 PS (100 kW). Den Tiguan treibt ein aufgeladener 1,5-Liter-Vierzylinder mit 150 PS (110 kW) an. Zur Effizienzsteigerung verfügt der Tiguan 1.5 TSI zudem über die Zylinderabschaltung ACT, die im Teillastbetrieb zwei Brennkammern stilllegt. Beim Testverbrauch hat dennoch der Grandland 1.2 DI Turbo die Nase vorn: 6,9 Liter strömen auf 100 Kilometern durch sein Einspritzsystem, der Tiguan benötigt einen halben Liter mehr. Der VW bietet dafür aber auch die besseren Fahrleistungen. So sprintet er in 9,9 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h und fährt auch mit einer Höchstgeschwindigkeit von 203 Kilometern pro Stunde dem Opel Grandland (10,7 Sekunden, 188 km/h) davon. Weil der drehfreudige und akustisch zurückhaltende Vierzylinder im Vergleich zudem das deutlich kultiviertere Aggregat ist, geht der Sieg im Kapitel "Motor/Getriebe" an den VW Tiguan. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der Ausblick auf den VW Tiguan (2023) im Video:
VW Tiguan & Opel Grandland Facelift im Vergleich
Die für den VW Tiguan ab der Life-Ausstattung (1920 Euro) verfügbare adaptive Fahrwerksregelung DCC (1045 Euro) macht sich beim Fahrkomfort absolut bezahlt. Ist über die Fahrprofilauswahl der Komfort-Modus aktiviert, beeindruckt der immerhin 1,6 Tonnen schwere Volkswagen mit einem souveränen Anfedern und feinstem Abrollen sowie einem enormen Schluckvermögen gerade im Vergleich zum Opel Grandland Facelift. Selbst bei hohen Geschwindigkeiten bügelt er auch derbe Schlaglöcher gelassen weg. Für den Opel stehen adaptive Dämpfer nicht zur Wahl. Mit seiner vergleichsweise weichen Fahrwerksabstimmung bietet er dennoch ausreichende Federungsreserven selbst auf schlechtesten Pisten. Der Fahrkomfort des Grandland leidet insgesamt aber unter dem permanent in Bewegung befindlichen Aufbau. Zudem dringen Kanten oder Gullydeckel weitgehend ungefiltert zu den Insass:innen durch. Diese nehmen auch vorn wie hinten auf etwas weniger komfortablen Sitzen Platz als die Reisenden im VW Tiguan. Der Opel Grandland muss sich seinem Konkurrenten somit auch beim Thema "Fahrkomfort" geschlagen geben.
Opel Grandland mit weniger Assistenzsystemen
Bei der Bewertung der Karosserie kann der VW Tiguan seinen Punktevorsprung noch weiter ausbauen. Zwar erfüllt das Kofferraumvolumen des Opel Grandland Facelift mit 514 bis 1652 Litern absolut die Klassenerwartung. Der Tiguan setzt sich mit 615 bis 1655 Litern im Vergleich allerdings ein wenig besser in Szene. Zudem kann er bis zu 1800 Kilogramm an die Anhängerkupplung nehmen, während der Grandland nicht mehr als 1,4 Tonnen ziehen darf. Rund 500 Kilogramm Zuladung hier wie dort (Opel: 506, VW: 480 Kilogramm) dürften für die meisten Transportaufgaben ausreichen. Entscheidend von seinem Konkurrenten absetzen kann sich der Tiguan mit der deutlich höheren Wertigkeit der verwendeten Materialien im Interieur. Die Werkstoffe und Einfassungen im Grandland-Innenraum erfüllen die Erwartungen an ein Fahrzeug dieser Klasse hingegen nur zum Teil. Auch bei der Sicherheitsausstattung hat der Rüsselsheimer in diesem Vergleich das Nachsehen. Zwar sind unter anderem ein Notbremsassistent samt Fußgängererkennung, ein Spurhalteassistent sowie Verkehrsschild- und Müdigkeitserkennung serienmäßig an Bord. Mit für den VW Tiguan verfügbaren Systemen wie dem Anhängerassistenten oder dem proaktiven Insassenschutz kann der Opel Grandland aber nicht dienen.
VW Tiguan mit höherer Fahrdynamik
Auch bei der aktiven Sicherheit erreicht das Opel Grandland Facelift nicht ganz das Niveau seines Wolfsburger Widersachers. Mit einem Bremsweg von mehr als 36 Metern bei kalter wie warmer Bremsanlage kommt der Grandland aus Tempo 100 im Vergleich erst rund zwei Meter nach dem VW Tiguan zum Stehen. Auch glänzt der VW mit einem gleichermaßen dynamischen wie sicheren Fahrverhalten. Trotz seines recht hohen Gewichts lässt er sich auf dem abgesperrten Handlingkurs wieselflink durch die Kurven treiben und hält dabei stets präzise sowie sicher die Linie. Kommt er doch einmal in den Grenzbereich, sind die sanften stabilisierenden Eingriffe des ESP kaum wahrnehmbar. Ganz anders die Vorstellung des Grandland: Sein Aufbau neigt sich bei forcierter Kurvenfahrt stark zur Seite. Vor allem in engen Kehren verliert das innere Vorderrad schnell an Grip. Das eher gefühllose Bremspedal trägt auch nicht zur Fahrfreude im Opel bei. Zumindest ein wenig Boden gutmachen kann der Grandland im Kosten-Kapitel. Zwar liegt sein Grundpreis mit 33.975 Euro knapp 1500 Euro über dem des VW Tiguan. Doch tritt der Wolfsburger zu diesem Vergleich mit einer üppigen, unter anderem die adaptiven Dämpfer sowie die ergoActive-Sitze vorn (660 Euro) umfassenden Ausstattung an. Im testrelevanten Preis ist er damit wieder teurer als der Rüsselsheimer. Trotz seines umfangreicheren Ausstattungsangebots und der besseren Garantieleistungen kommt der Klassenprimus im Kostenkapitel nicht mehr an seinen Rivalen heran. Dies liegt unter anderem auch daran, dass der Opel Grandland dank seines kleineren Motors in puncto Steuern etwas besser davonkommt und auch der niedrigere Verbrauch das Portemonnaie der Fahrer:in im Vergleich weniger belastet. Am insgesamt sehr souveränen Erfolg des in allen Beziehungen ausgereiften VW Tiguan ändert dies jedoch nichts.
von Christoph Zander
Auch interessant:
Technische Daten von VW Tiguan 1.5 TSI ACT & Opel Grandland 1.2 DI Turbo
AUTO ZEITUNG 13/2022 | VW Tiguan 1.5 TSI ACT | Opel Grandland 1.2 DI Turbo |
Technik | ||
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/4; Turbo | 3/4; Turbo |
Hubraum | 1498 cm³ | 1199 cm³ |
Leistung | 110 kW/150 PS 5000 - 6000 /min | 96 kW/130 PS 5500 /min |
Max. Drehmoment | 250 Nm 1500 - 3500 /min | 230 Nm 1750 /min |
Getriebe/Antrieb | 6-Gang, manuell, Vorderradantrieb | 6-Gang, manuell, Vorderradantrieb |
Messwerte | ||
Leergewicht (Werk) | 1600 kg | 1394 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Werk) | 9,9 s | 10,7 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 203 km/h | 188 km/h |
Verbrauch auf 100 km (Test) | 7,4 l S/100 km | 6,9 l S/100 km |
Preise | ||
Grundpreis | 32.525 € | 33.975 € |
Ergebnis in Punkten (aus AZ 08/2022)
Gesamtbewertung (max. Punkte) | VW Tiguan 1.5 TSI ACT | Opel Grandland 1.2 DI Turbo |
Karosserie (1000) | 670 | 615 |
Fahrkomfort (1000) | 715 | 672 |
Motor/Getriebe (1000) | 639 | 608 |
Fahrdynamik (1000) | 644 | 582 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2668 | 2477 |
Kosten/Umwelt (1000) | 376 | 393 |
Gesamtwertung (5000) | 3044 | 2870 |
Platzierung | 1 | 2 |