Kompakte Stromer im Vergleichstest: ID.3 trifft auf EX30 & 600e
- Fiat 600e, Volvo EX30 & VW ID.3 im Vergleichstest
- Karosserie: Der VW wirkt reifer als je zuvor
- Fahrkomfort: Keiner ist so leise wie der Volvo
- Motor/Getriebe: Dem Fiat wird sein schwacher Antrieb zum Verhängnis
- Fahrdynamik: Den meisten Fahrspaß vermittelt der Volvo
- Umwelt/Kosten: Fiat und VW deutlich am günstigsten
- Technische Daten von Fiat 600e, Volvo EX30 Single Motor Extended Range & VW ID.3 Pro
- Ergebnis in Punkten
- Fazit
Mittlerweile gilt der VW ID.3 als Routinier im elektrischen Kompakt-Segment. Können die neueren Stromer Fiat 600e und Volvo EX30 den Volkswagen überholen? Ein Vergleichstest!
Fiat 600e, Volvo EX30 & VW ID.3 im Vergleichstest
Der VW ID.3 hatte keinen leichten Start. Zunächst hieß es, Volkswagen hätte den Eintritt ins Elektro-Zeitalter verschlafen, um dann dafür eins auf die Finger zu bekommen, dass man eine konsequente E-Plattform-Strategie aus dem Boden stampfte – während viele Kund:innen skeptisch der neuen Antriebsform gegenüber standen. Qualitäts- und Softwareprobleme kamen zum Marktstart des ID.3 2020 erschwerend dazu. Dass der kompakte Stromer spätestens mit der Überarbeitung 2022 ein richtig gutes Auto geworden ist, hat er unlängst in diversen Tests bewiesen. Nun gilt es, mit den unbestrittenen Qualitäten den mauen Ruf vergessen zu lassen. Volvo stellt dem ID.3 den EX30 zum Vergleichstest entgegen, der derzeit in China und bald auch in Belgien vom Band laufen soll. Er ist ebenfalls ein konsequent konstruiertes E-Auto – aber mit deutlicheren SUV-Anleihen. Bei der Bedienung des Volvo EX30 setzt die schwedische Marke auf noch konsequenteren Minimalismus und den Software-Giganten Google.
Am eigenwilligsten mutet allerdings der Fiat 600e an, der das Design des 500er auf ein kompaktes SUV überträgt, unter dessen Hülle eine Multi-Antriebsplattform des Stellantis-Konzerns steckt. Als technischer Bruder von Opel Mokka und Co. kann man den Italiener nicht nur mit Elektro-, sondern auch mit Mildhybridantrieben ordern. Sein Layout lässt nur Vorderradantrieb zu, während die beiden Konkurrenten ihre Kraft an die Hinterräder abgeben. Trotz ähnlich großer Karosserien gibt es deutliche Unterschiede bei Preis und Leistung: Der Volvo ist rund 8500 Euro teurer als seine Konkurrenten, und während die Maschine des EX30 satte 200 kW (272 PS) entwickelt, muss der Fiat 600e mit 115 kW (156 PS) auskommen. Der VW ID.3 schiebt sich dazwischen mit 105 kW (204 PS).
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Leslie & Cars zeigt den VW ID.3 GTX (2024) im Video:
Karosserie: Der VW wirkt reifer als je zuvor
Keiner der drei Stromer ist länger als 4,30 m, was sie allesamt im gleichen kompakten Segment einsortiert. Obwohl der vanartige VW ID.3 optisch eher klein wirkt, streckt er sich auf die größte Außenlänge von 4,26 m. Davon profitiert der Innenraum, der auf allen Plätzen sowie im Ladeabteil am luftigsten ausfällt. Vorn kann der Volvo EX30 noch mithalten, doch schon in der zweiten Reihe geht es hier eine ganze Ecke kleiner zu – samt beschwerlichem Zustieg durch die schmalen Türausschnitte. Auch beim Kofferraum kann der Schwede keine Akzente in diesem Vergleichstest setzen – immerhin bietet er als Einziger des Trios einen kleinen Frunk unter der vorderen Haube. Dem Fiat 600e merkt man an, dass er auf einer Kleinwagen-Plattform basiert, die überdies auch noch andere Antriebe unterbringen können muss. Speziell in Reihe zwei kneift es vergleichsweise schnell. Am deutlichsten Federn lassen muss der Fiat 600e allerdings bei der Sicherheitsausstattung – hier bieten der VW ID.3 und vor allem der Volvo EX30 ein deutlich umfangreicheres Arsenal an Technik und Funktionen. Ein besonders ärgerliches Beispiel ist die sehr nützliche, aber simple Rückfahrkamera, die es nur für die 6500 Euro teurere La Prima-Ausstattung gibt.
Nützliches Zubehör rund ums Elektroauto:
Die Kunst des Weglassens beherrscht aber keiner besser als der Volvo – wenn auch an anderer Stelle. Der Schwede spart sich nicht nur die Instrumente hinter dem Lenkrad, sondern lässt auch noch eine ganze Reihe an wichtigen Tasten weg. Das wird spätestens dann zum Ärgernis, wenn man etwa die Außenspiegel über den zentralen Monitor und dann über die Lenkradtasten justieren muss. Die luftige Mittelkonsole mit vielen teils variablen Ablagen gefällt da deutlich besser. Einst wurde auch VW für das Weglassen von Schaltern kritisiert, doch die Schelte kam an, und die neueste Ausbaustufe des hauseigenen Infotainments räumt mit einigen Kritikpunkten auf. So gelingt nicht nur die Bedienung der Klimaanlage besser als zuvor, das System rechnet nun auch spürbar schneller und stabiler als zu Beginn der ID.3-Karriere.
Dass man bei VW auch die Materialqualität verbessert hat, unterstreicht den gestiegenen Reifegrad. Hier fällt besonders der Fiat ab, dessen Innenraum sich in freudloses Hartplastik und empfindliches, helles Kunstleder hüllt. Auch die Verarbeitung überzeugt im Vergleich zur solider wirkenden Konkurrenz weniger. Etwas mehr Liebe zum Detail hätte zudem die Infotainment-Software vertragen, die recht simpel gestrickt ist und auf wichtige Funktionen, etwa eine Ladeplanung, verzichtet. Das können VW und Volvo deutlich besser – was besonders E-Auto-Neulingen den Alltag erleichtert. Sehr gut gefällt etwa die Anzeige im VW, welche maximale Ladeleistung aktuell erreichbar wäre – inklusive der Möglichkeit der Vorkonditionierung des Akkus. Etwas, wovon Fiat 600e-Fahrende derzeit nur träumen können. Als Zugfahrzeug taugt einzig der EX30 – die Konkurrenz verzichtet darauf, Anhänger ziehen zu können. Zudem gefällt der Volvo mit 100 kg Stützlast, was ohne Probleme für zwei bis drei E-Bikes auf der Anhängerkupplung (hier Empfehlungen zum Nachrüsten) ausreicht.
Fahrkomfort: Keiner ist so leise wie der Volvo
Die mit Abstand besten Sitze im Vergleichstest hat der VW ID.3 – die allerdings auch mit einem Aufpreis von 4275 Euro zu Buche schlagen. Die Sportsitze, die sogar über eine Massagefunktion verfügen, verwöhnen mit einer guten seitlichen Abstützung und erlauben dank ausziehbarer Beinauflage auch großgewachsenen Personen ermüdungsfreies Reisen. Die Sitze des Volvo stehen denen des Volkswagens zwar optisch in nichts nach, enttäuschen dann aber mit einer zu geringen Unterstützung und einer eher kleinen, nicht ausziehbaren Sitzfläche – eine Charakteristik, die sich der Fiat 600e mit dem Schweden teilt. Am komfortabelsten sitzt man überdies auch im Fond des VW, während der Volvo EX30 mit seinem hohen Fahrzeugboden zu einer unbequemen Sitzhaltung zwingt. Immerhin gefällt der Federungskomfort. Der EX30 neigt zwar bisweilen zu größeren Karosseriebewegungen, verarbeitet aber sämtliche Anregungen erwachsen und lässt den Wunsch nach elektronisch gesteuerten Dämpfern gar nicht erst aufkommen.
Die besitzt hier nur der ID.3, der dadurch eine breitere Spreizung beim Ansprechverhalten der Dämpfer erlaubt. In der komfortabelsten Abstimmung liegt er auf dem gleichen guten Niveau des Volvo – mit der Option, die Dämpfer kleinteilig nachzustraffen. Der Fiat fällt da ein wenig ab. Seine Feder-Dämpfer-Komponenten arbeiten zwar ebenfalls angenehm, geben aber am meisten Informationen über die Straßenbeschaffenheit in die Karosserie weiter. Das macht ihn auf kleinen, permanenten Anregungen eine ganze Spur zittriger und dröhniger als die beflissener arbeitende Konkurrenz. Beim Geräuschkomfort fährt der Volvo an die Spitze – leiser kann man sowohl objektiv als auch subjektiv in keinem der drei reisen. Im VW fallen die mäßig gedämmten vorderen Radhäuser auf, aus denen etwa Rollsplit mit lautem Getöse akustisch bis in den Innenraum dringt. Der Fiat ist im Innenraum subjektiv der lauteste Kompakte – wenngleich er deutlich leiser und somit angenehmer als vergleichbare Verbrenner fährt.
Motor/Getriebe: Dem Fiat wird sein schwacher Antrieb zum Verhängnis
Der Leistungs-Malus des Fiat 600e schlägt sich wie zu erwarten in den schlechtesten Fahrleistungen nieder. Für sich genommen erlaubt der Italiener entspanntes Vorankommen beziehungsweise das Mitschwimmen in den allermeisten Verkehrssituationen, doch spontane Überholvorgänge sind ebenso wenig seins wie schnelle Autobahnetappen. Zudem zeigt er bei der Einstellung der Rekuperation am wenigsten Varianz. Wie es besser geht, demonstriert der VW ID.3, der sich bei den Fahrleistungen deutlich vom Fiat 600e absetzen kann. Noch klarer wird der Leistungsnachteil des Italieners, sobald der Volvo EX30 auftaucht. Der potente Schwede rennt zudem bis zu 180 km/h schnell, was ihn zur ersten Wahl für Schnellfahrende macht. Allerdings erkauft sich der EX30 sein Dynamik-Plus mit dem höchsten Verbrauch im Vergleichstest – bei allen drei bei nicht idealen, weil kalten Bedingungen mit nur einstelligen Plus-Graden ermittelt. Dank des größten Akkus – 65 kWh sind nutzbar – reicht es dennoch im Test für die größte Reichweite, die annähernd bei 300 km liegt. Dem sparsamen Fiat wird hier seine kleine Batterie zum Verhängnis, die im Test eine Reichweite von 263 km erlaubt.
Der VW ID.3 Pro sortiert sich sowohl beim Verbrauch als auch bei der Reichweite dazwischen ein. Mit zurückhaltendem Gasfuß – auf unserer Verbrauchsrunde dann auf 100 km/h beim Autobahnanteil gedeckelt – schaffen alle drei E-Autos rund 75 km mehr Reichweite. Ob das Erstauto-tauglich ist, kommt auf das persönliche Anforderungsprofil an. Geht es auf die Langstrecke samt Schnelllader-Stopps, hinkt der Fiat mit maximal 100 kW Ladeleistung hinterher. Volvo (153 kW) und VW (165 KW) schaffen in der Spitze mehr und zeigten im Test auch eine deutlich ausdauerndere und zuverlässigere Ladekurve. Der Volvo kann zudem als Einziger (optional) mit 22 kW Wechselstrom laden, VW und Fiat bieten ausschließlich einen dreiphasigen 11-kW-Bordlader an. Die bei 600e und EX30 serienmäßige Wärmepumpe kostet beim VW ID.3 kleinliche und gar nicht mal günstige 990 Euro Aufpreis.
Fahrdynamik: Den meisten Fahrspaß vermittelt der Volvo
Dass das mit Abstand stärkste Auto auch bei der Fahrdynamik den Ton angibt, dürfte jetzt nicht überraschend kommen. Doch es ist nicht nur die überlegene Antriebsleistung, die den Volvo EX30 vor der Konkurrenz platziert: Das Fahrwerks-Setup sowie die Abstimmung der elektronischen Regelsysteme darf man als rundum harmonisch bezeichnen. Der EX30 kurvt ungemein neutral und leicht beherrschbar über den Handlingkurs. Provoziertes Übersteuern (hier zusammen mit Untersteuern erklärt) ist zwar möglich, der Volvo bleibt dabei aber frei von Überraschungen und somit sicher auf Kurs. So kommt in ihm am meisten Fahrspaß im Vergleichstest auf. Auch bei den Bremswerten liefert er die Bestwerte des Trios, er steht mit kalter Anlage als Erster bereits nach weniger als 35 m aus 100 km/h. Der VW ID.3 folgt auf dem Fuße, macht dabei wenig falsch, lässt aber den mitreißenden Verve des Schweden im direkten Vergleich vermissen.
Ähnliches gilt auch für den Fiat 600e – wenngleich mit deutlich größerem Abstand. Der Fronttriebler hadert zum Teil mit der Traktion, bekommt die ohnehin nicht überbordende Leistung bisweilen weggeregelt und kämpft somit mit stumpfen Waffen in diesem Testumfeld. Doch die Fahrdynamik ist für sich genommen absolut ausreichend: frei von Tücken und stets primär der Fahrsicherheit verschrieben. So wie es sich für ein potenzielles Familienauto gehört.
Umwelt/Kosten: Fiat und VW deutlich am günstigsten
Eine Preisdifferenz von knapp 8500 Euro dürfte für viele Kaufinteressierte eines neuen E-Autos ein gewichtiges Argument sein – in diesem Fall pro Fiat 600e und VW ID.3. Verzichtet man auf jegliche Extras, rollt man mit beiden für weniger als 37.000 Euro vom Hof. Der Volvo-Spaß beginnt hingegen erst bei knapp 45.000 Euro. Zugutehalten muss man dem Schweden dabei allerdings auch die größte Batterie – einen entscheidenden Kostenfaktor bei E-Autos. Doch auch mit testrelevanten Extras bleibt es beim großen Abstand zur Konkurrenz. Dass alle drei dann teils weit jenseits der 40.000-Euro-Marke liegen, ist ein Hinweis auf die keinesfalls komplette Basisausstattung und die teils wenig Alternativen zulassende Aufpreispolitik mit großen, teuren Paketen oder bindenden Ausstattungslinien (Stand: Januar 2025).
Der Wertverlust ist für alle drei E-Autos kein Ruhmesblatt – nach vier Jahren hat man laut Prognose rund 60 Prozent an Wert verloren. Volvo EX30 und VW ID.3 können aber bei Wartung und Versicherung punkten. Beim Fiat 600e sind sowohl die Wartung als auch die Versicherungsbeiträge kostenintensiver. Während der Volvo mit dem besten Garantiepaket (drei Jahre Neuwagengarantie) im Vergleichstest nochmal wichtige Punkte einfahren kann, sind es beim Fiat die geringsten Energiekosten, die positiv aufs Endergebnis einzahlen.
Technische Daten von Fiat 600e, Volvo EX30 Single Motor Extended Range & VW ID.3 Pro
AUTO ZEITUNG 02/2024 | Fiat 600e | Volvo EX30 Extended Range | VW ID.3 Pro |
Technik | |||
Motor | Synchronmaschine (vorn) | Synchronmaschine (hinten) | Synchronmaschine (hinten) |
Antrieb | Konstantübers.; Vorderrad | Konstantübers.; Hinterrad | Konstantübers.; Hinterrad |
Systemleistung | 115 kW (156 PS) | 200 kW (272 PS) | 150 kW (204 PS) |
Systemdrehmoment | 260 Nm | 343 Nm | 310 Nm |
Spannung; Kapazität netto | 400 V; 50,8 kWh | 400 V; 65,0 kWh | 400 V; 59,0 kWh |
Max. Ladeleistung AC/DC | 11 kW/100 kW | 11 kW/153 kW | 11 kW/165 kW |
Karosserie | |||
Außenmaße (L/B/H) | 4170/1790 (1988)*/1570 mm | 4230/1830 (2010)*/1560 mm | 4260/1810 (2070)*/1560 mm |
Leergewicht (Werk/Test) | 1445/1581 kg | 1775/1812 kg | 1740/1839 kg |
Kofferraumvolumen | 360 - 1231 l | 318 - 1000 l | 385 - 1267 l |
Fahrleistungen | |||
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 9,0 s | 5,5 s | 6,7 s |
Höchstgeschw. (Werk) | 150 km/h | 180 km/h | 160 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 35,3/34,6 m | 34,7/34,5 m | 35,7/34,5 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 19,3/15,5 kWh | 22,2/17,0 kWh | 21,0/15,3 kWh |
Reichweite (Test/maximal) | 263/338 km | 293/367 km | 281/358 km |
Preise | |||
Grundpreis | 36.490 € | 44.990 € | 36.425 € |
Testwagenpreis | 42.990 € | 50.165 € | 43.860 € |
*Breite mit Außenspiegel |
Ergebnis in Punkten
Gesamtbewertung (max. Punkte) | Fiat 600e | Volvo EX30 Extended Range | VW ID.3 Pro |
Karosserie (1000) | 549 | 593 | 582 |
Fahrkomfort (1000) | 652 | 688 | 715 |
Motor/Getriebe (1000) | 684 | 739 | 717 |
Fahrdynamik (1000) | 651 | 700 | 670 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2536 | 2720 | 2684 |
Kosten/Umwelt (1000) | 349 | 350 | 368 |
Gesamtwertung (5000) | 2885 | 3070 | 3052 |
Platzierung | 3 | 1 | 2 |
Volvo EX30 Single Motor Extended Range und VW ID.3 Pro liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Testsieg. Der geht nach Auswertung aller Punkte nach Schweden. Ausschlaggebend sind die überlegenen Fahrleistungen, die beste Fahrdynamik und die umfangreichste Sicherheitsausstattung. Der VW profitiert vom besten Platzangebot und vom hohen Fahrkomfort. Er kann den EX30 auf der Zielgeraden aber nicht mehr überflügeln: Platz zwei. Dritter wird der Fiat 600e – ein sparsamer Kompakter mit pfiffigem Design. Defizite gibt es bei der E-Auto-Ausstattung – ohne dass er Vorteile beim Preis bietet.