Straffreiheit bei Unfallflucht: Verkehrsgerichtstag (Update) Unfallflucht bleibt strafbar
Auf dem 56. Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar 2018 (24. bis 26. Januar) wurde beschlossen, dass Unfallflucht bei kleinen Sachschäden am Fahrzeug in Zukunft weiterhin geahndet werden soll. Nach Ansicht vieler Experten ist der Unfallflucht-Paragraf aus dem Jahr 1975 aber längst überholt.
Unfallflucht ist seit 1975 in Deutschland strafbar – und wird es auch weiterhin bleiben. Auf dem 56. Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar 2018 (24. bis 26. Januar) diskutierten insgesamt 2000 Experten darüber, ob Paragraf 142 Strafgesetzbuch, der das Delikt des unerlaubten Entfernens vom Unfallort regelt, noch zeitgemäß ist. Das Gremium hat sich dafür entschlossen, die im Kern seit über 40 Jahren kaum geänderte Gesetzeslage mit einer Änderung beizubehalten. Bislang schrieb das Strafgesetzbuch eine Strafe von bis zu drei Jahren Freiheitsentzug oder ein Bußgeld sowie den Verlust der Fahrerlaubnis vor, wenn sich ein Unfallbeteiligter entfernt, bevor die geschädigte Person die Feststellung der Person, des Fahrzeugs und der Beteiligung am Unfall vornehmen kann. Dieses Gesetz trat bisher auch bei kleinen Blechschäden in Kraft. Jetzt wurde beschlossen, dass ein Fahrverbot nur verhängt wird, wenn Personenschäden oder Sachschäden von mehr als 10.000 Euro entstanden sind. Darüber hinaus spricht sich der Kongress in Goslar eindeutig dafür aus, dass der Gestzgeber die Vorschriften zur "tätigen Reue" reformieren solle, Straffreiheit solle nicht ausschließlich nur dann möglich sein, wenn Unfallverursacher kleine Kratzer nachträglich melden, sondern auch nach Unfällen im fließenden Straßenverkehr. Des Weiteren verlangen die Experten eine konkrete Ansage, die die abzuwartende Zeit am Unfallort vorgibt, wenn Unfallverursacher einen Schaden telefonisch melden.
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Unfallflucht soll eine Straftat bleiben
Die Gesetzeslage, die Unfallflucht als Straftat einordnet, wurde auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar heftig diskutiert. Verkehrsjuristen, Automobilclubs und die Polizeigewerkschaft kritisieren Paragraf 142 Strafgesetzbuch, denn dieses Gesetz sei ihrer Ansicht nach inzwischen überholt. Der Deutsche Anwaltverein ist der Meinung, dass das rechtsstaatliche Prinzip verletzt würde, dass sich niemand selbst belasten muss. Die Verkehrsjuristen halten es für besser, wenn es grundsätzlich ein Gesetz zur Meldung eines Schadens bei Unfällen gäbe. Auch die Automobilclubs plädieren für eine Straffreiheit, wenn Autofahrer einen Sachschaden erst später melden und zunächst den Unfallort verlassen. Die Polizeigewerkschaft schließt sich dieser Ansicht an, solange der Verursacher den Schaden unverzüglich bei der Polizei melde, solle Unfallflucht nicht strafbar sein. Allerdings glaubt die Gewerkschaft der Polizei auch, dass Unfallflüchtige gegebenenfalls auch in anderen Delikten eine Rolle spielen könnten, sodass hier kein aktuter Handlungsbedarf der Gesetzesänderung bestehe.
Verkehrsgerichtstag: Unfallflucht wird stark diskutiert
Zum Thema Straffreiheit bei Unfallflucht sind sich die Experten auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar aber einig: Wenn niemand verletzt wurde und es sich nur um einen kleinen Bagatellschaden handle, solle niemand bestraft werden. Kay Nehm, Präsident des deutschen Bundesverkehrstags und ehemaliger Generalbundesanwalt, ist anderer Meinung, denn seiner Auffassung nach fahren Unfallverursacher einfach weiter, wenn ihnen keine Strafe drohe. Auch Niedersachsen Innenminister Boris Pistorius (SPD) schließt sich dem an. Zwar gebe es einen Untschied zwischen kleinem Blechschaden und schwerem Verkehrsunfall, aber grundsätzlich vertrete er die Ansicht, dass Verkehrsteilnehmer ihr Verhalten verantworten müssen. Nehm räumt hingegen ein, dass Unfallverursacher von kleineren Schäden straffrei bleiben sollten, "wenn sie sich später melden und die Verantwortung übernehmen". Das käme den Experten auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag entgegen, denn häufig werde Unfallflucht aus dem Grund heraus begangen, dass Unfallverursacher häufig psychisch überfordert seien. Man müsse ihnen somit die Möglichkeit geben, ihren Fehler zu korrigieren, heißt es weiter. Lösungsansätze könnte beispielsweise eine neutrale Meldestelle sein, in der man sich auf dem Smartphone mit seiner Versicherungsnummer eintragen könne, über die GPS-Daten ließen sich Angaben ohnehin überprüfen. Der Vorteil wäre an der Straffreiheit bei Unfallflucht, dass so vielleicht mehr Schäden gemeldet würden und Geschädigte ihren Schaden ersetzt bekämen. Aktuell rechnet der Auto Club Europa mit rund 500.000 Verkehrsteilnehmern, die jedes Jahr zu Straftätern werden, weil sie Unfallflucht gemäß Paragraf 142 aus dem Jahr 1975 begehen.