Analyse: Das sind die Ursachen für Renaults Absatzmisere
Absatz im Keller – Renaults SUV-Plan geht nicht auf
Der Absatz von Renault in Deutschland ist eingebrochen, viele Händler springen ab. Wieso die Modellpolitik der Franzosen daran die Hauptschuld trägt. Eine Analyse.
Es kommt selten vor, dass der Deutschland-Chef einer Importmarke so deutlich Alarm schlägt wie Florian Kraft. Nach dreieinhalb Monaten als Leiter von Renault fällt seine Bestandsaufnahme im Herbst 2024 drastisch aus. Der Grund: Die Neuzulassungen haben sich innerhalb von fünf Jahren mehr als halbiert. Verkaufte die französische Marke bei uns 2019 noch 131.138 Neuwagen, waren es 2024 von Januar bis Oktober lediglich 42.893 Fahrzeuge. Vorbei die Zeiten, in denen Renault über Jahre die erfolgreichste Importmarke in Deutschland war. Noch 2020 lag die Marke mit 4,3 Prozent Marktanteil hinter Skoda auf Rang zwei. Doch dann begann der steile Abstieg: Aktuell rangiert Renault mit nur noch 1,8 Prozent auf Platz elf der Importeure und ist zum ersten Mal bei uns hinter Peugeot und Citroën die kleinste französische Volumenmarke.
Diese Entwicklung ist dramatisch für die Renault-Händler, von denen rund 200 ihre Verträge nicht mehr verlängern wollen – darunter viele Betriebe mit Werkstätten auf dem Land, wodurch der Service in der Fläche leiden würde. Um wichtige Standorte nicht zu verlieren, muss Deutschland-Chef Florian Kraft das Händlernetz nun aktiv verkleinern und gleichzeitig wichtige Partner zum Bleiben überreden. Statt 700 werden es künftig 450 Standorte sein.
Obwohl Kraft mit seiner Kritik vor allem auf den Vertrieb und die Netzplanung in Deutschland zielt, gehen die Ursachen für die Probleme tiefer: Die Strategie von Konzernchef Luca de Meo scheint bei uns in Deutschland nicht aufzugehen. Dieser rief eine "Renaulution" aus, als er die Traditionsmarke 2020 übernahm. Bis dahin war Renault darauf aus, Marktanteile und Absatz zu steigern. Der Gewinn – erwirtschaftet zu 70 Prozent mit Kleinst- und Kleinwagen – verharrte jedoch auf einem niedrigen Niveau.
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Der Alpine A290 (2024) im Fahrbericht (Video):
Luca de Meos "Renaulution": Mit SUV mehr Geld verdienen – einzig der Verkauf läuft schleppend
Luca de Meo war entschlossen, das zu ändern: "Wir wollen das Unternehmen von Volumen auf Wert umstellen." Sein Plan: mit weniger Verkäufen mehr Gewinn erzielen. Um das zu erreichen, sollte die Marke höhere Segmente erobern, in denen es mehr Marge pro Auto gibt. Renault stand Jahrzehnte für günstige Kleinwagen und praktische Familienvans, nun sollte man zur SUV-Marke werden (Fünf interessante Fakten zu SUV). In Rekordzeit ging Renault daran, die Modellpalette umzubauen: Gab es 2020 nur drei SUV im Angebot, stieg deren Anzahl auf heute acht Baureihen – doppelt so viele Modelle wie alle anderen Segmente zusammen.
Doch mit den SUV konnte Renault nicht so viele neue Kund:innen erobern, wie man durch den Wegfall der kleineren Modelle und Vans verlor. Mit der Konzentration auf SUV hat sich die Marke in ein Haifischbecken begeben, in dem fast alle Marken wildern wollen. Dazu kommt, dass die deutschen Kund:innen Renault bis heute nicht mit SUV assoziieren. Gleichzeitig stellte de Meo die populären Baureihen Mégane und Scénic komplett auf Elektroantrieb um. Die Kundschaft zeigt den Stromern jedoch die kalte Schulter: Der Verkauf des Mégane brach seit der Umstellung um 80 Prozent ein. Nun ruhen die Hoffnungen auf den neuen E-Modellen Renault 4 und 5.
Zwar erzielte der Renault-Konzern im ersten Halbjahr einen Gewinn von 1,4 Mrd. Euro. Doch das liegt nicht allein an der Höherpositionierung von Renault, sondern auch am Erfolg der Tochtermarke Dacia sowie den gut laufenden Nutzfahrzeugen. In Deutschland hat der Wandel zur SUV-Marke die Verkäufe des einst größten Importeurs implodieren lassen. Zudem setzt Renault in den kleineren Segmenten konsequent auf Elektromobilität und verliert damit preissensible Kund:innen – viele davon ironischerweise an Dacia.