Renault Espace E-Tech Full Hybrid 200: Test
Viel Technik-Raum im Renault Espace
Espace heißt Raum. Davon bietet der neue Renault Espace E-Tech Full Hybrid 200 in der sechsten Generation zwar weniger als seine Vorgänger, überrascht aber dank exklusiver Hybrid-Technik mit Effizienz, wie dieser Test der AUTO ZEITUNG zeigt.
Positiv | Viel Platz (vorn, zweite Reihe, Laderaum), direkte Allradlenkung (Option) |
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Negativ | Leichte Komfortschwächen, gefühlsarme Allradlenkung, beengte dritte Sitzreihe |
Dem Renault Espace E-Tech Full Hybrid war die raumgreifende Vielseitigkeit mit der französischen Bezeichnung für "Raum“ praktisch auf ewig ins Stammbuch und in den Modellschriftzug tätowiert. Doch im Zuge des um sich greifenden Desinteresses an der Fahrzeuggattung "großer Van“ mutierte der Espace in der letzten Generation ein bisschen und in der nun neuen sechsten Auflage vollends zum SUV, basierend auf dem aktuellen Kompakt-Crossover Renault Austral. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der Renault Espace (2023) im Fahrbericht (Video):
Der Renault Espace E-Tech Full Hybrid 200 im Test
Der neue, über 4,70 m lange Renault Espace E-Tech Full Hybrid macht seinem Namen im Test jedoch auch weiterhin alle Ehre, indem er seinen Passagier:innen in der ersten und vor allem in der in Längsrichtung verschiebbaren zweiten Sitzreihe viel Bewegungsfreiheit verschafft. Hier kann man die Beine bequem übereinanderschlagen, und dahinter variiert das Standard-Kofferraumvolumen je nach Bankposition zwischen 477 und 677 l, womit sich der Espace als reisetauglicher Familienfreund qualifiziert. Beim Einladen des Urlaubsgepäcks müssen Großgewachsene jedoch acht geben, dass sie nicht mit der elektrisch öffnenden Heckklappe kollidieren, denn deren Öffnungswinkel ist nicht sehr groß. Was dem Espace jedoch fehlt, ist eine gut nutzbare dritte Sitzreihe bei gleichzeitig akzeptablem Kofferraumvolumen, das nach dem Aufstellen der beiden serienmäßigen Klappsitze auf 159 l schrumpft. Dabei möchte man die Mitreise im schwer zugänglichen hintersten Abteil eigentlich gar keinem Menschen zumuten, denn selbst durchschnittlich großen Personen mangelt es hier massiv an Bewegungsspielraum. Wer die volle Sitzbelegung nicht unbedingt braucht, kann und sollte die dritte Sitzreihe einfach abbestellen, womit sich das Kofferraumvolumen auf 581 bis 777 l erhöht. Maximal fasst der Espace dann sogar 1818 statt 1714 l Fracht.
Mit dem Verzicht auf die dritte Sitzreihe wird der Espace aber nicht billiger, er startet dann nach wie vor bei 43.500 Euro. Die Basisausstattung Techno fällt dabei umfangreich aus, mit Google-Infotainment- und Navisystem samt hochauflösendem Touchdisplay, Multi Sense-Fahrmoduswahl mit individueller Abstimmung, Klimaautomatik, Rückfahrkamera, einer Grundausstattung an Fahrassistenten, adaptiven LED-Vision-Scheinwerfern, 19-Zoll-Alu-Rädern und vielem mehr. Zudem gefällt das – abgesehen von der lappigen Anti-Rutsch-Handy-Unterlage und dem billig wirkenden, zu kleinen Hartplastik-Handschuhfach – qualitativ hochwertig anmutende Interieur. Das liegt auch an den bequemen Sitzen vorn wie in der zweiten Reihe und an der routinierten, stark Google-basierten Funktionalität im Cockpit. Dabei findet der Renault Espace Vollhybrid hier eine gute Balance aus logisch positionierten Direktwahltasten – etwa zur Abschaltung des Spurassistenten oder zur Klima-Bedienung – und in die schlüssige Menüstruktur integrierte Funktionen. Lediglich der PRND-Automatik-Wahlhebel sorgt zusammen mit dem Wischerhebel und dem Radiosatelliten für einen Funktions-Overkill rechts am Lenkrad.
Einschränkung erfährt die Funktionalität an Bord außerdem wegen der schießschartigen Heckscheibe, die obendrein durch die großen, nicht versenkbaren Fond-Kopfstützen teils verdeckt wird. Da gewinnt die serienmäßige Rückfahrkamera im Test ungemein an Bedeutung. Aber auch die hilfreichen Assistenten an Bord haben schon mal ihre Tücken. Fragt man den an sich sehr verständigen und talentierten Sprachassistenten zum Beispiel, auf welcher Fahrzeugseite sich die Tankklappe befindet, behauptet dieser: auf der linken Seite. Stimmt aber leider nicht, betankt wird der Espace von rechts, zumindest in Fahrtrichtung gesehen. Und auch auf die häufig fehlerhafte Anzeige der Tempolimits der serienmäßigen Verkehrsschildererkennung sollte man sich nicht verlassen – das könnte teuer werden. Gut und somit komfortsteigernd funktioniert die automatisierte Längs- und Querführung auf Autobahnen.
199 Hybrid-PS arbeiten emsig und sind genügsam
Nicht ganz mithalten können im Test die Federungs- und Geräuschkomfort des Renault Espace E-Tech Full Hybrid 200. Das aufgrund der straffen Abstimmung und der optionalen 20-Zoll-Räder etwas bockige Ansprechen der Federung sowie relativ laute Wind- und Abrollgeräusche lassen den Wunsch nach adaptiven Dämpfern und besserer Schalldämmung aufkommen. Der exklusive Vollhybrid-Antrieb mit kräftigen 199 PS (146 kW) ist die einzige Antriebsform für den Espace. Die Kombination aus 1,2-l-Turbo-Vierzylinder und dem elektrifizierten, automatisierten Multi-Mode-Getriebe arbeitet meist unauffällig, leise und komfortabel. Die Koordination der Antriebsarten erfolgt durch das Getriebe, das mit zwei Elektro- und fünf Verbrenner-Gängen bis zu 15 verschiedene Fahrstufen zulässt. Das fühlt sich ein wenig wie ein stufenloses Getriebe an, aber bei schnellen Lastanforderungen überrascht der Espace schon mal mit trägen, ruckeligen Schaltmanövern.
Und auch die zuweilen etwas jaulenden Geräusche beim Gaswegnehmen – vermutlich durch die Rekuperation – sind gewöhnungsbedürftig. Ab der Ausstattung Esprit Alpine (ab 46.300 Euro) und in der hier gezeigten Topversion Iconic (48.300 Euro) ist die Allradlenkung 4Control advanced mit an Bord, die sich auch über das Multi-Sense-Fahrprofil variieren lässt und dem Espace zu einem direkten und sportlichen Einlenkverhalten verhilft. Jedoch bleibt der Franzose dabei den fühlbaren Kontakt im Lenkrad schuldig. Somit wird der Renault Espace auch in der sechsten Generation nicht zum Racer, nicht zuletzt wegen der zwar standfesten und leistungsstarken, aber etwas schwer dosierbaren Bremse. Dafür überzeugt der Renault im Test mit einem niedrigen Verbrauch von 6,5 l, der sich unter Auslassung von Vollgas-Etappen und – per sanftem Gasfuß – den häufigen Wechsel in den rein elektrischen EV-Modus in die Nähe des WLTP-Normverbrauchs von 4,6 bis 4,9 l drücken lässt.
Technische Daten und Messwerte des Renault Espace E-Tech Full Hybrid 200
AUTO ZEITUNG 19/2023 | Renault Espace E-Tech Full Hybrid 200 |
Technik | |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/4; Turbo |
Hubraum | 1199 cm³ |
Gesamtleistung | 146 kW/199 PS |
Leistung Verbrenner/E-Motor | 96 kW (131 PS)/50 kW (68 PS) |
Batterie | Lithiumionen |
Spannung/Kapazität | 400 V/1,7 kWh |
Getriebe/Antrieb | automatisiertes Multi-Mode-Getriebe; Vorderradantrieb |
Messwerte | |
Leergewicht/Zuladung | 1735/625 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 9,1 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 174 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 35,5/35,6 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 4,6-4,9 l S/6,5 l S |
CO2-Ausstoß | 105 g/km |
Preise | |
Grundpreis | 43.500 € |
Der Espace ist ein geräumiges SUV mit effizientem Hybrid-Antrieb. Den modernen, nicht immer fehlerfrei arbeitenden Infotainment- und Assistenzsystemen stehen gute Bedienbarkeit und leichte Komfortschwächen gegenüber. Die dritte Sitzreihe ist nur eingeschränkt nutzbar.