VW Polo/Renault Clio: Vergleichstest
Der Clio fordert den Polo heraus
- Renault Clio und VW Polo im Vergleichstest
- Fahrkomfort: VW Polo bietet hohen Federungskomfort
- Motor/Getriebe: Renault Clio sprintet besser
- Fahrdynamik: VW Polo fährt dem Renault Clio davon
- Umwelt/Kosten: Renault Clio ist günstiger als VW Polo
- Messwerte & technische Daten: Renault Clio TCe 100 & VW Polo TSI OPF
- Fazit
Im Vergleichstest mit dem VW Polo 1.0 TSI OPF geht der Renault Clio TCe 100 selbstbewusst in das Duell. Der Franzose konnte bereits drei Testsiege einfahren. Kann er auch den Klassenprimus VW Polo schlagen?
Gesamtbewertung (max. Punkte) | Renault Clio TCe 100 | VW Polo 1.0 TSI OPF |
Karosserie (1000) | 505 | 525 |
Fahrkomfort (1000) | 552 | 587 |
Motor/Getriebe (1000) | 640 | 645 |
Fahrdynamik (1000) | 609 | 655 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2306 | 2412 |
Kosten/Umwelt (1000) | 526 | 499 |
Gesamtwertung (5000) | 2832 | 2911 |
Platzierung | 2 | 1 |
Seit einer gefühlten Ewigkeit gilt der VW Polo in seinem Segment als Messlatte für die Konkurrenten – etwa den Vergleichstest-Herausforderer Renault Clio aus dem Kleinwagenland Frankreich. In der inzwischen fünften Modellgeneration ist der Clio so gut wie nie und konnte sich bei Vergleichstests bereits gegen Nissan Micra, Peugeot 208 und zuletzt Mazda2 durchsetzen. Mit breiter Brust empfängt der 100 PS starke Franzose nun den VW Polo mit 95 PS zum Kräftemessen. Renault Clio und VW Polo treten den Vergleichstest mit aufgeladenen Dreizylinder-Benzinern und manuellen Fünfgang-Getrieben an.
Der Renault Clio im Fahrbericht (Video):
Renault Clio und VW Polo im Vergleichstest
Bereits auf den ersten Blick erkennt man die unterschiedlichen Charaktere von Renault Clio und VW Polo: Während der eher unaufgeregt und sachlich gezeichnete Polo ein typischer Volkswagen ist, haben die Renault-Designer beim schnittigen Clio mit seinen aufälligen Scheinwerfern oder den in der C-Säule versteckten Fondtürgriffen mehr Mut bewiesen. Bei der Außenlänge herrscht jedoch Einigkeit zwischen den Vergleichstest-Kontrahenten, sie messen beide 4,05 Meter. Dennoch ergeben sich in puncto Raumangebot für die Passagiere deutliche Unterschiede: Wie einige andere Konzernmodelle basiert der VW Polo auf der speziell für kleinere Baureihen konstruierten A0-Plattform des Modularen Querbaukastens, die eine hervorragende Raumökonomie bietet. Fahrer und Beifahrer genießen nochmals mehr Bewegungsfreiheit in alle Richtungen als im keinesfalls eng geschnittenen Clio. Fast schon ein Klassenunterschied ergibt sich im Fond, wo der Polo spür- sowie messbar mehr Bein- und Kopffreiheit bietet. Auch beim Laderaumvolumen kann sich der VW mit seinem 351 bis 1125 Liter großen Kofferraum besser in Szene setzen, wobei das 340 bis 1096 Liter große Gepäckabteil des Renault im Segment ebenfalls zu den größeren zählt. Bei umgelegter Bank entsteht jedoch eine unpraktische Stufe, die den Transport sperriger Transportgüter erschwert. Sein deutscher Rivale wartet dagegen mit einer fast ebenen Ladefläche auf. Die Zuladungen von 464 (Renault) und 454 Kilogramm (VW) sind in der Kleinwagenklasse dagegen üppig und liegen auf dem Niveau einiger Kompaktautos. Etwas knausriger zeigt sich der VW Polo beim Thema Sicherheitsausstattung: Während die hellen LED-Scheinwerfer des Renault Clio stets zum Serienstandard zählen, verlangt VW für die LED-Technik knapp 1000 Euro Aufpreis. Zudem verfügt der optionale Abstandsregeltempomat nicht wie beim Clio über einen Stauassistenten, und Tempolimits werden nicht aktiv per Kamera erkannt, sondern aus den digitalen Karten des Navi-Systems übernommen. Dass der VW Polo das Karosseriekapitel im Vergleichstest dennoch recht deutlich für sich entscheiden kann, verdankt er seiner nahezu selbsterklärenden Bedienung und dem dank großlächig geschäumter Kunststoffoberflächen wertigeren Qualitätseindruck.
Fahrkomfort: VW Polo bietet hohen Federungskomfort
Hohen Qualitätsansprüchen genügen auch die üppig dimensionierten, angenehm straff gepolsterten und gut konturierten Sitze des VW Polo. Zwar reist man auch im Renault Clio auf langen Fahretappen durchaus bequem, die Beinauflage ist aber recht kurz geraten. Die weich gepolsterte und wenig Abstützung bietende Rückbank fällt bei der Sitzprobe sogar deutlich ab, während der VW Fondpassagieren einen Sitzkomfort auf Kompaktwagen-Niveau bietet. Eine richtig erwachsene Vorstellung liefert der Polo dann beim Federungskomfort ab. Er federt sensibel an und hält grobe Schlaglöcher oder Querfugen wirkungsvoll von den Passagieren fern. Zudem wirkt er auf welliger Bahn selbst mit voller Beladung ruhiger als der Renault. Maßgeblichen Anteil an dieser guten Performance haben die adaptiven Dämpfer (440 Euro). Im Clio lässt sich die Dämpfercharakteristik nicht einstellen, dennoch bietet auch er gute Komforteigenschaften. Zwar fällt die Grundabstimmung vergleichsweise straff aus, unangenehme Schläge teilt die Federung aber auch auf löchrigen Asphaltstrecken nicht aus. Insgesamt reagiert der Franzose im Vergleichstest jedoch harscher auf Kanten oder nicht bündige Kanaldeckel und verfügt beladen über geringere Reserven. Beim Geräuschkomfort erreicht der Renault Clio den VW Polo ebenfalls nicht ganz – vor allem Wind- und Abrollgeräusche werden deutlicher von den Passagieren wahrgenommen.
Motor/Getriebe: Renault Clio sprintet besser
Akustisch präsent sind bei Renault Clio und VW Polo die Dreizylinder-Turbomotoren. Vor allem unter Last läuft das Einliter-Triebwerk des Clio aber noch etwas rauer. Bei den Fahrleistungen liegen die Kleinwagen dagegen wieder gleichauf: Den Sprint auf Tempo 100 erledigen sie im Vergleichstest jeweils in knapp unter elf Sekunden und erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 187 km/h – mehr benötigt man im Fahralltag nicht. Die Elastizitätsmessungen attestieren dem Clio jedoch ein besseres Sprintvermögen: Im vierten Gang nimmt er dem Polo beim Spurt von Tempo 60 auf 100 gut zwei Sekunden ab. Auf längeren Autobahnetappen mit Geschwindigkeiten jenseits von 150 km/h vermisst man hier wie dort jedoch einen drehzahlsenkenden sechsten Gang. Die Fünfgang-Box des Clio wirkt hakeliger als das knackiger abgestufte Pendant im Polo. Und während sich der VW Polo auf unseren Verbrauchsfahrten mit durchschnittlich 5,8 Litern zufrieden gibt, genehmigt sich der Renault Clio 0,2 Liter mehr Superkraftstoff. Mit zartem Gasfuß erreichen beide Kontrahenten aber sogar Verbräuche mit einer Vier vor dem Komma.
Fahrdynamik: VW Polo fährt dem Renault Clio davon
Lieferten sich die zwei Kleinwagen-Klassiker im Vergleichstest bislang einen relativ offenen Schlagabtausch, fährt der VW Polo dem Renault Clio bei den Dynamikprüfungen deutlich davon. Mit seiner genauen Lenkung, dem sportlich abgestimmten Fahrwerk und den ebenso präzise wie sanft eingreifenden Regelsystemen umrundet der Wolfsburger den Handlingparcours gut fünf Sekunden schneller. Und auch in der Slalomgasse kann der Renault nicht Schritt halten. Zwar lenkt auch er zackig ein und durchfährt Kurven mit wenig Seitenneigung, sein übereifrig agierendes ESP bremst ihn aber vorauseilend und harsch ein. Die Regeleingriffe beeinträchtigen sogar die Fahrsicherheit, weil sie zuweilen mit starkem Untersteuern einhergehen. Sehr gut: Obwohl an den Hinterachsen von Renault Clio und VW Polo nur Trommelbremsen montiert sind, verzögern sie mit kalten und warmen Anlagen aus Tempo 100 in 34 bis 35 Metern bis zum Stand.
Umwelt/Kosten: Renault Clio ist günstiger als VW Polo
Für preissensible Käufer schnüren die Franzosen mit dem ab 16.440 Euro erhältlichen und serienmäßig gut ausgestatteten Renault Clio TCe 100 ein wirklich faires Paket. In testrelevanter Konfiguration kostet der Franzose 17.840 Euro und ist damit immer noch günstiger als der VW Polo 1.0 TSI im Basis-Trimm (ab 18.020 Euro). Mit bewertungsrelevanter Ausstattung bringt es der VW auf 19.810 Euro und ist damit rund 2000 Euro teurer alssein Vergleichstest-Gegner. Immerhin: Für den Polo fallen geringere Aufwendungen für Kraftstoff und Versicherung an.
Messwerte & technische Daten: Renault Clio TCe 100 & VW Polo TSI OPF
AUTO ZEITUNG 15/2020 | Renault Clio TCe 100 | VW Polo 1.0 TSI OPF |
Technik | ||
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 3/4; Turbo | 3/4; Turbo |
Hubraum | 999 cm³ | 999 cm³ |
Leistung | 74 kW/100 PS | 70 kW/95 PS |
Max. Drehmoment | 160 Nm | 175 Nm |
Getriebe/Antrieb | 5-Gang, manuell/ Vorderrad | 5-Gang, manuell/ Vorderrad |
Messwerte | ||
Leergewicht (Werk/Test) | 1103/1139 kg | 1080/1156 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 10,7 s | 10,8 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 187 km/h | 187 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 35,0/34,5 m | 34,9/34,0 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 6,0/4,9 l S | 5,8/5,2 l S |
CO2-Ausstoß (Test/WLTP) | 141/116 g/km | 137/124 g/km |
Preise | ||
Grundpreis | 16.440 Euro | 18.020 Euro |
Testwagenpreis | 17.840 Euro | 19.810 Euro |
Aus dem Kräftemessen zwischen Renault Clio TCe 100 und VW Polo TSI OPF geht der Franzose nur als zweiter Sieger hervor. Für ihn sprechen vor allem die sehr moderne Multimedia- und Sicherheitsausstattung. Zudem ist er in der Anschaffung günstiger – im Kleinwagensegment häufig der entscheidende Kaufgrund. Beim Komfort und vor allem bei der Fahrdynamik kann der Franzose im Vergleichstest aber nicht mit dem VW Polo 1.0 TSI mithalten: Im teureren Wolfsburger sitzt man besser und hat vor allem im Fond deutlich mehr Bewegungsfreiheit. Zudem fällt der Federungskomfort dank optionaler adaptiver Dämpfer souveräner aus. Bei den Dynamikprüfungen zeigt der routinierte Polo, dass er zu den agilsten und fahrsichersten Kleinwagen zählt. Weniger gelungen ist die recht magere Sicherheitsausstattung.