Porsche-Diesel: Cayenne und Junior Traktor Ölbrenner
Porsche ist eine Diesel-Firma. Den Beweis liefern Cayenne und Junior-Traktor …
Peng-peng-peng! Der Motor läuft mit brutalem Lärm und Vibrationen an der Grenze zur Selbstzerstörung in den Drehzahlbegrenzer. Kein Wunder bei nahezu offenem Schalldämpfer und einem Hubraum von 822 Kubikzentimetern pro Zylinder! Eine feuerrote, ultralange Motorhaube schiebt sich vor uns durch das Serpentinen-S an der alten Stuttgarter Rennstrecke, der Solitude. Die Fliehkräfte zerren am spindeldürren Lenkrad, prügeln schonungslos jede noch so kleine Bodenwelle in die schmerzenden Arme.
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Breite Reifen radieren auf der allerletzten Rille am Asphalt. Endlich, die Gerade. Hochschalten! Kurzer Tritt auf ein Kupplungspedal mit ewigem Weg und knochentrockenem Widerstand, energisch den nächsten Gang des Sechsgang-Getriebes einschieben und dann wieder die Kupplung einrücken. Das ganze Gefährt macht durch die Urgewalt des plötzlich antretenden Motors einen regelrechten Satz nach vorn, das harte Stakkato des hektisch werkelnden Motors löst sich in einem lässig-weichen Groove auf. Ungezügelter Geschwindigkeitsrausch – die Haare flattern im Fahrtwind, der Geradeauslauf verschwimmt, die Lenkung ist bei dieser extremen Gangart kaum noch in der Lage, mehr als eine grobe Richtungsempfehlung abzugeben. Wow!
HÖCHSTE ZEIT FÜR SYMPATHIE UND KÖNNERSCHAFT
Und dann schiebt sich links von mir plötzlich eine schmale, braune Jungenhand nach vorn, fasst den Handgashebel, bewegt ihn mit einem kurzen Ruck in Richtung Instrumente. „Jetzt geht’s besser!“ – Ferdinand Mauz, zehn Jahre alt, muss das wissen. Schließlich ist der rote Porsche Junior sein Schlepper. Ferdinand schaut mich kurz an mit diesem erstaunt-mitleidigen „Der-will-Autojournalist-sein-und-weiß- nicht-mal-wie-man-Traktor-fährt“- Blick, dann hält er sich wieder ganz entspannt an der Reling über dem linken Kotflügel fest und blinzelt genießerisch im Fahrtwind.
Eine leichte Steigung liegt zwischen uns und den möglichen 20 km/h Höchstgeschwindigkeit, hinter uns staut sich eine entnervte Auto-Schlange bis zum Horizont. Entschuldigung, aber wir prügeln den kleinen Traktor bereits unerbittlich, die 14 PS des Einzylinder-Motors sind für jede Topographie-Änderung maximal sensibel … Einige Minuten später klärt uns Ferdinands Vater Alexander Mauz grinsend auf, was man heute noch mit einem über 50 Jahre alten Traktor anstellen kann: „Wir vom Porsche Diesel Club Europa unternehmen so einiges an gemeinsamen Ausfahrten, aber dann vermeiden wir viel befahrene Straßen gern.
Es ist zwar gelegentlich nicht ganz legal, Probleme haben wir aber noch nie gehabt. Die alten Trecker sind absolute Sympathieträger, da winken Wanderer begeistert, die meisten Bauern grüßen kollegial, und sogar die Polizei drückt die Augen zu, wenn wir auf großer Fahrt mal einen Feldweg unter die Räder nehmen.“
PENDANT ZUM VOLKSWAGEN: DER VOLKSTRAKTOR
Es sind also die runden Kulleraugen des Junior, die heutzutage alle Herzen brechen – vor einem halben Jahrhundert aber für Pragmatismus, Preiswürdigkeit und Zuverlässigkeit standen. Das Ingenieurbüro von Ferdinand Porsche hatte nach dem Krieg lange für die Firma Allgaier am Bodensee gearbeitet, nach dem Rückzug von Allgaier aus dem Landmaschinen-Geschäft ging das Traktoren-Knowhow von Porsche an Mannesmann. 1963 stellte auch Mannesmann den Traktorenbau ein, die komplette Sparte wurde an Renault verkauft.
Innerhalb nur weniger Jahre hatte der Porsche Traktor – eine Weiterentwicklung des so genannten „Volkstraktors“ – jedoch die Landwirtschaft Deutschlands aus dem Pferde und Ochsen-Zeitalter ins Maschinen-Zeitalter befördert. Der kleine „Junior“, sein größerer Bruder „Standard“, der kräftige „Super“ und schließlich das Spitzenmodell „Master“ machten Porsche zur zweitgrößten Traktoren-Marke der jungen Republik.
Viele Jahrzehnte später ziehen das leuchtende Rot und der kräftige Schlag des Traktoren-Diesels auch junge, neue Fans in den Bann: Ferdinand Mauz und sein Bruder sind jedenfalls restlos vom Porsche-Traktoren-Virus befallen: „Der Ferdinand hat den Junior, meine Mama einen Schmalspur-Junior, Papa einen Standard und ich einen Master“, verkündet der neunjährige Hugo jedenfalls mit stolzgeschwellter Brust. Dann wollen die Jungs aber doch auch noch eine Runde mit dem Cayenne Diesel drehen. Sanft säuselnder Sechszylinder- Sound, ein Antritt wie vom Pferd getreten – die Mauz-Boys sind beeindruckt. Bis der Einzylinder wieder anspringt. Peng-pengpeng, und weg sind sie.
Johannes Riegsinger
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TECHNIK |
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PORSCHE CAYENNE DIESEL |
PORSCHE JUNIOR TRAKTOR |
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Motor | V6-Zylinder, Turbodiesel, 4-Ventiler | 1-Zylinder-Diesel, 2-Ventiler |
Hubraum | 2967 cm3 | 822 cm3 |
Leistung bei | 176 PS (239 kW) bei 4000 – 4400/min |
14 PS (10,2 kW) bei 2250/min |
Max. Drehmoment bei |
550 Newtonmeter Drehmoment bei 2000 – 2250/min |
- |
Getriebeart | 8-Stufen-Automatik | manuell (plus 2 Rückwärts-Gänge) |
Antrieb | Allradantrieb, permanent | Hinterradantrieb |
Aufbau und Fahrwerk |
Selbsttr. Stahl-Karosserie mit Alu-Anbauteilen; v.: Doppelquerlenker, Federn, adapt. Dämpfer, Stabi., h.: Mehrfachlenkerachse, Federn, adapt. Dämpfer, Stabi.; ESP; |
Stahl-Chassis mit Aluminium-Leichtbau-Elementen; v.: Pendelachse, Federn; h.: Starrachse, ungefedert; Nebenantriebe: Zapfwelle hinten u. Zapfwelle f. Riemenscheibe vorn; |
Bereifung | rundum: 265/50 R 19 | vorn: 4,0-16 AS, hinten: 8-24 AS |
ECKDATEN |
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L/B/H | 4846/1939/1705 mm | 2560/1464/1460 mm |
Radstand | 2895 mm | 1557 mm |
Leergewicht | 2.175 kg | 880kg |
0-100 km/h | 7,4 s | - |
Höchstgeschwindigkeit | 218 km/h | 20 km/h |
EU-Verbrauch | 7,4 l D/100 km | - |
Grundpreis | 61.381 Euro | 5.400 DM (1960) |
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