Opel Cascada vs. VW Golf Cabrio: Vergleichstest Stadt, Land, Fluss
Viersitzige Cabriolets der gutbürgerlichen Kompaktklasse sind charmante Begleiter für kleine Fluchten aus dem Alltag. Der neue Opel Cascada will es hier mit dem Dauerbrenner VW Golf Cabrio aufnehmen. Schwierig – oder gar unmöglich? Vergleichstest
Opel will es wissen: Mit dem Cascada zielen die Rüsselsheimer selbstbewusst auf die großen Premium-Cabriolets wie Audi A5 oder BMW 3er, und beim Blick aufs stattliche Exterieur scheint das nicht einmal allzu verwegen. 4,70 Meter Länge sind auf Niveau eines Mercedes E-Klasse-Cabrios – dass der Cascada auf dem Opel Astra basiert, tritt hier völlig in den Hintergrund. Mit seiner sehenswerten Machart und echtem Kampfpreis konnte der Cascada bei den großen Viersitzern wirkliche Achtungserfolge erringen. Allerdings möchte ein anderer Rivale den imposanten Opel nicht so einfach ziehen lassen und erinnert den schicken Rüsselsheimer an seine bodenständigen Wurzeln: Das VW Golf Cabrio setzt auf Kompaktheit, Leichtigkeit und Unkompliziertheit, ob der Cascada auch hier Eindruck schinden kann, wird sich zeigen.
Karosserie
Zumindest im Karosserie-Kapitel kann der VW dem Opel nicht das Wasser reichen. Er ist nicht nur kleiner und weniger aufwendig gemacht, der Opel gewinnt auch wegen seiner größeren Variabilität und der besseren Sicherheitsausstattung. Das auf dem alten Golf VI basierende Cabrio bietet viele der Assistenzsysteme nicht, die im moderneren Cascada ganz selbstverständlich mitfahren. Hinzu kommt, dass der Premiumanspruch des Cascada tatsächlich keine Augenwischerei ist: Auch wenn der VW markentypisch sauber gearbeitet ist, schafft es der Opel mit vielen schönen Details auf dasselbe Punkteniveau in Sachen Qualität. Das gut gedämmte Stoffverdeck des Casacada kann nicht nur per Knopfdruck im Cockpit, sondern auch über den Zündschlüssel fernbedient werden. Wie in der Premiumklasse üblich, verschwindet das Verdeck dann nach 17 Sekunden sauber und elegant unter einer lackierten Abdeckklappe. Öffnen und Schließen funktionieren übrigens bis 50 km/h, also innerorts völlig reibungslos.
Im Golf klappt die kleine Stoffmütze zwar deutlich schneller (neun Sekunden), was allerdings daran liegt, dass hier nur das Verdeck gefaltet wird, eine elegante Abdeckung fehlt. Geöffnet liegt die Mechanik unschön und nicht staubgeschützt frei. Der schnelle Klick aus dem Straßencafé bleibt dem Wolfsburger ebenso verwehrt, obendrein muss das Auto auf 30 km/h abgebremst werden, um die Verdeckbetätigung starten zu können – im Stadtverkehr einfach unpraktisch. Auch wenn das Golf Cabriolet schon immer zu den praxisgerecht viermann-tauglichen Cabrios gehört hat, findet es im Cascada seinen Meister: Der große Opel bietet vor allem im Fond noch etwas mehr Beinfreiheit. Ein Punkt, der die unterschiedlichen Fahrzeug- und Markenphilosophien anschaulich macht, soll zuletzt beleuchtet werden: Tendenziell ist das kompakte Golf Cabriolet etwas übersichtlicher als der üppige Cascada mit seiner schmalen Schießscharten- Heckscheibe und dem großen Hecküberhang. Opel kompensiert das aber clever mit serienmäßiger Heck-Parkhilfe. Unkompliziert gelöst – prima.
Karosserie | Max. Punkte | VW Golf Cabriolet 1-4 TSI | Opel Cascada 1.6 SIDI Turbo |
---|---|---|---|
Raumangebot vorn | 100 | 74 | 80 |
Raumangebot hinten | 100 | 28 | 30 |
Übersichtlichkeit | 70 | 41 | 39 |
Bedienung/ Funktion | 100 | 85 | 81 |
Kofferraumvolumen | 100 | 12 | 27 |
Variabilität | 100 | 10 | 18 |
Zuladung/ Anhängelast | 80 | 31 | 26 |
Sicherheit | 150 | 58 | 66 |
Qualität/ Verarbeitung | 200 | 175 | 175 |
Kapitelbewertung | 1000 | 514 | 542 |
Fahrkomfort
Während sich der Opel durch seinen ganzen Charakter eher als komfortbetontes Genussautomobil anbietet, macht das Golf Cabrio 1.4 TSI auf drahtiges Fahrmobil. Dass sich der kleine Golf aber trotzdem auf das recht hohe Komfortniveau des Cascada schleichen kann, liegt an vielen Punkten, die bei Volkswagen einfach traditionell gut gemacht werden: Die Sitze sind hervorragend, das Geräuschniveau ist – wie auch im Cascada – so gut, dass man sich wirklich fragt, weshalb irgendjemand noch nach Blechdach-Cabrios fragen möchte. Und mit der optionalen Verstelldämpfung (1000 Euro) holt der VW sogar noch ein paar Extrapunkte in Sachen Abroll- und Federungskomfort.
Die gäbe es übrigens auch für den Cascada (FlexRide, 980 Euro), der Testwagen musste aber ohne diese Geheimwaffe auskommen. Dass der Golf Ergonomie „kann“, ist bekannt, als Gesamtpaket fällt der Cascada aber nicht allzu weit ab. Er ist meist ebenso schlüssig aufgebaut, mit gut erreichbaren Schaltern und Bedienelementen. Darüber hinaus gibt es im VW nicht einmal gegen Aufpreis automatische Gurtbringer wie im Opel. Hinzu kommt, dass der Golf-Kofferraum nicht nur spürbar kleiner, vor allem aber wesentlich schlechter zugänglich ist als der des Cascada ist – Ergonomieabzüge für den sonst so flüssig gestrickten Golf.
Fahrkomfort | Max. Punkte | VW Golf Cabriolet 1-4 TSI | Opel Cascada 1.6 SIDI Turbo |
---|---|---|---|
Sitzkomfort vorn | 150 | 135 | 133 |
Sitzkomfort hinten | 100 | 29 | 32 |
Ergonomie | 150 | 119 | 120 |
Innengeräusche | 50 | 34 | 34 |
Geräuscheindruck | 100 | 72 | 73 |
Klimatisierung | 50 | 29 | 29 |
Federung leer | 200 | 135 | 133 |
Federung beladen | 200 | 133 | 132 |
Kapitelbewertung | 1000 | 686 | 686 |
Motor und Getriebe
Nominell müsste der Opel mit seinem 1,6-Liter-Benzindirekteinspitzer den VW ja schlagen, denn der hat etwas weniger Leistung und Hubraum – in der Praxis sieht das aber anders aus. Die Ursache für das fröhliche Temperament des Golf Cabrio liegt freilich nicht irgendwo zwischen Einspritzdüsen und Auspuffkrümmern, sondern in seinem geringen Gewicht: 1469 Kilogramm wog der Golf-Testwagen, der Cascada beinahe 280 Kilogramm mehr! Damit ist bereits alles gesagt. In kaum einer Disziplin kann der schwere Opel dem spritzigen Golf Paroli bieten. Er verbraucht mehr (Golf 8,1 Liter/100 km; Cascada 8,7 Liter/100 km) und beschleunigt schlechter.
Hinzu kommt, dass der Opel mit einem Getriebe ausgestattet ist, dass sich bei lässiger Gangart zwar weich schalten lässt, sich aber beim Wetzen durch lange Schaltwege und dann auftretendes Hakeln etwas ziert. Vorteile bietet der neue 1.6 SIDI-Motor im Opel Cascada höchstens durch seine etwas bessere Laufkultur und sein stoisches Kaltblüter- Stehvermögen – schaltfaul untertourig fahren geht mit ihm besser als mit dem drehfreudigen Golf. Beides ist natürlich ganz prima beim Cruisen, die Punktewertung geht aber mit deutlicher Klarheit an den Golf. Der fährt einfach ansteckend munter. Und wenn man es nicht so eilig hat, ist sein agiler Grundtenor mindestens ebenso sympathisch wie das etwas getragenere Temperament des Opel.
Motor und Getriebe | Max. Punkte | VW Golf Cabriolet 1-4 TSI | Opel Cascada 1.6 SIDI Turbo |
---|---|---|---|
Beschleunigung | 150 | 110 | 98 |
Elastizität | 100 | 80 | 75 |
Höchstgeschwindigkeit | 150 | 65 | 69 |
Getriebeabstufung | 100 | 92 | 88 |
Kraftentfaltung | 50 | 35 | 37 |
Laufkultur | 100 | 71 | 73 |
Verbrauch | 325 | 228 | 216 |
Reichweite | 25 | 12 | 11 |
Kapitelbewertung | 1000 | 693 | 667 |
Fahrdynamik
Vier 68-Kilogramm-Leute zusätzlich auf den Sitzen? Ungefähr das ist die Ausgangslage des Opel Cascada 1.6 SIDI Turbo, als er gleichzeitig mit dem VW Golf auf den Handlingkurs und in den Slalom geht. Beim Resultat dieser beinahe unfairen Übung überrascht höchstens, dass sich der gewichtige Casada dem flinken Golf nicht geradezu haushoch geschlagen geben muss. Trotzdem: Letzterer präsentiert sich als das wesentlich fahraktivere Auto. Leichtfüßig und sicher sticht er um den Kurs und durch die Pylonengasse, bleibt selbst im Grenzbereich und bei Lastwechseln mit gutmütig mitlenkendem Heck sicher unterwegs. Darüber hinaus gefällt seine Lenkung durch Präzision und Feedback.
Der Cascada wirkt deutlich träger. Ob er auf den zusätzlich mit Verstelldämpfung ausgestatteten Golf Punkte gut machen könnte, wenn man ihn ebenso gedopt hätte, bleibt in einem zukünftigen Vergleich herauszufinden. So hinterlässt er zwar nicht den Eindruck, als würde er sich gegen sportive Gangart wehren, er ist aber eindeutig ausbalancierter und williger unterwegs, wenn man ihm allzu rasante Manöver erspart. Übrigens macht sich das auch bei zivilem Tempo bemerkbar: Der Golf gibt sich aktiv und spritzig, der Cascada mag es eher gleichförmig gleitend.
Fahrdynamik | Max. Punkte | VW Golf Cabriolet 1-4 TSI | Opel Cascada 1.6 SIDI Turbo |
---|---|---|---|
Handling | 150 | 73 | 65 |
Slalom | 100 | 67 | 61 |
Lenkung | 100 | 81 | 80 |
Geradeauslauf | 50 | 40 | 41 |
Bremsdosierung | 30 | 18 | 16 |
Bremsweg kalt | 150 | 91 | 93 |
Bremsweg warm | 150 | 95 | 91 |
Traktion | 100 | 42 | 42 |
Fahrsicherheit | 150 | 131 | 129 |
Wendekreis | 20 | 14 | 8 |
Kapitelbewertung | 1000 | 652 | 626 |
Umwelt und Kosten
Vom Grundpreis ausgehend ist der VW Golf in diesem Vergleich ja das preisgünstigere Auto, wer allerdings nur die in unseren Testwagen verbauten, wertungsrelevanten Optionen zukauft, landet bei beiden Autos nahezu auf demselben Preisniveau. Und bekommt mit dem Golf dafür wohlgemerkt das deutlich kompaktere Automobil. Die serienmäßige Einparkhilfe des Opel wurde erwähnt – im Golf ist ohne Aufpreis nicht einmal ein Radio verbaut. Volkswagen lässt sich das bessere Image also definitiv bezahlen. Auch der Wertverlust wird bei beiden Fahrzeugen ähnlich eingeschätzt, den ersten Punkteverlust muss der Opel Cascada jedoch einstecken, wenn es um die Garantie geht: ein Jahr Mobilitätsgarantie bei Opel, unbegrenzt bei Volkswagen. Einen zweiten Schlag ins Kontor bekommt der Opel durch seine höheren Werkstattkosten. Ab da herrscht wieder im Wesentlichen Gleichstand. Der Opel Cascada mag also keinesfalls ein teures Auto sein, die Kosten-Wertung geht aber trotzdem an den maßvollen VW Golf.
Kosten/Umwelt | Max. Punkte | VW Golf Cabriolet 1-4 TSI | Opel Cascada 1.6 SIDI Turbo |
---|---|---|---|
Bewerteter Preis | 675 | 206 | 205 |
Wertverlust | 50 | 20 | 20 |
Ausstattung | 25 | 18 | 18 |
Multimedia | 50 | 17 | 17 |
Garantie/Gewährleistung | 50 | 28 | 18 |
Werkstattkosten | 20 | 16 | 12 |
Steuer | 10 | 9 | 9 |
Versicherung | 40 | 36 | 33 |
Kraftstoff | 55 | 37 | 36 |
Emissionswerte | 25 | 20 | 23 |
Kapitelbewertung | 1000 | 407 | 391 |
Fazit
Der Opel Cascada hat zwar einen höheren Anspruch als das VW Golf Cabrio, kann aber nur das Karosserie-Kapitel für sich entscheiden. Allerdings fährt er auch dort keinen entscheidenden Vorsprung heraus. Der VW ist dem Opel bei Motor/Getriebe, den Kosten und der Fahrdynamik deutlich überlegen. Viele der Schwächen des Cascada haben einen gewichtigen Grund: Er ist viel zu schwer geraten.
Gesamtbewertung
Max. Punkte | VW Golf Cabriolet 1-4 TSI | Opel Cascada 1.6 SIDI Turbo | |
---|---|---|---|
Summe | 5000 | 2952 | 2912 |
Platzierung | 1 | 2 |