Mercedes S 63 AMG Coupé/BMW M6: Vergleichstest S 63 und M6 im Sportduell
Mit mattem Speziallack und viel Leistung sind der BMW M6 und Mercedes S 63 AMG aus dem Jahr 2015 alles andere als unauffällig. Im Vergleichstest haben wir die Sport-Coupés unter die Lupe genommen.
Ursprünglich wurden matte Oberflächen für eine effektvolle Tarnung entwickelt, etwa für Kampfflugzeuge. Matte Autolacke haben allerdings keine Tarnkappenfunktion – doch sie liegen absolut im Trend und sind im Fall der Coupés Mercedes S 63 AMG Coupé und BMW M6 sogar sehr teuer. 3800 Euro kostet der blaue Sonderlack bei BMW, Mercedes verlangt 3490 Euro für das graue Stealth-Imitat. Doch natürlich geht es in unserem Verlgiechstest nicht um die Farben, sondern um harte Fakten – und die liefern sowohl S 63 als auch M6. Denn die beiden V8-Motoren mit Doppelturbo-Aufladung haben es in sich – 575 PS im BMW treten an gegen 585 PS im Mercedes.
Mercedes S 63 AMG & BMW M6 im Vergleichstest
Nur beim Motorstart lässt das S-Klasse Coupé kurz durchblicken, was für eine Power in ihm schlummert, die nur darauf wartet, abgerufen zu werden. Dann hebt der 5,5-Liter-V8 einmal die Drehzahl, rotzt dabei kurz und kräftig durch die vier trapezförmigen Endrohre, um sich anschließend tief grummelnd in den ruhigen Leerlauf zu begeben. Leicht bassig, wie AMG eben so sind, ist auch der Klang während der Fahrt, wobei die Geräuschdämmung inklusive der serienmäßigen Doppelverglasung so gut gelungen ist, dass der V8-Sound immer nur als angenehme Begleitmusik erscheint. Selbst bei Vollgas dröhnt es nicht – zumindest im Innenraum. Das BMW M6 Coupé ist mehr der Typ Draufgänger, es klingt kehliger, heller und lässt die Insassen jederzeit teilhaben am Hochdrehzahl-Konzert des ebenfalls zweifach aufgeladenen Achtzylinders. Das mag für eingefleischte Fans Musik sein, nach einiger Zeit nervt es aber und geht in den Kopf. Eins zu null also für den Schwaben in Sachen Fahrgeräusche.
S 63 AMG Coupé zeigt sich komfortorientiert
Auf den Komfortstrecken sowie im Alltag zeigt sich abermals, dass der S 63 mit adaptiver Luftfederung und Seitenwindassistenten komfortorientiert ausgelegt ist. Ihr Fahrwerk entkoppelt Fahrbahnunebenheiten deutlich besser von der Karosserie als dies beim M6 der Fall ist. Selbst tiefe Fugen und schlecht eingepasste Gullideckel pariert der Stuttgarter souverän. Nur die auf Querkanten manchmal etwas hart ansprechende Vorderachse, auf der knapp 1,2 Tonnen Gewicht lasten, schmälert den ansonsten sehr guten Eindruck leicht. Aber das S Coupé soll ja auch dynamisch sein – genau wie die Speerspitze der 6er-Reihe. Die M6-Vorderachse spricht ebenfalls erstaunlich sensibel an, die 295er-Hinterräder quittieren jedoch jede Art von Unebenheit trocken, poltrig und mit zum Teil starken Aufbaubewegungen. Fährt man dieselben Strecken mit maximaler Beladung, wirkt der Benz sogar noch einen Tick souveräner und ruhiger. Der BMW hingegen ist poltriger, die Karosserie gerät noch mehr in Bewegung, und das Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern kommt besonders auf der Hinterhand an seine Reserven. Komfortabel sitzt man in beiden Coupés – der Mercedes bietet die bequemeren Polster, der BMW die bessere Konturierung.
Der BMW M6 punktet mit Fahrspaß
Freude am Fahren? Ja, weil man im M6 noch arbeiten muss – besonders, wenn Gaspedalkennlinie, Lenkung, Fahrwerk und Schaltzeiten auf Sport+ stehen und das ESC (ESP) nicht mehr dazwischenfunken kann. Zwar ist der Mattblaue ständig in Bewegung und bekommt deshalb Abzüge in puncto Fahrsicherheit, doch es gibt nichts Schöneres, als leicht quer und mit minimalem Schlupf aus Kurven herauszubeschleunigen oder schnelle Kurven mit Volllast unter die Räder zu nehmen. Weniger angenehm sind der nervöse Geradeauslauf und die eingeschränkte Spurstabilität bei einer Vollverzögerung. Überhaupt ist die Wirkung der 8800 Euro teuren Karbon-Keramik-Bremse im Vergleich zu der des schwereren Mercedes nur mäßig. Das S 63 AMG Coupé fährt auf dem Handlingkurs spürbar träger, glänzt aber mit einem sehr guten Brems-Pedalgefühl, kurzen Bremswegen und – dank des Allradantriebs – einer sehr guten Traktion. Durch die Slalomgasse wedelt es sogar minimal schneller als der bei kurzen, heftigen Lastwechseln auf der Hinterachse nervöse M6. Wer mit dem Daimler einlenkt und denkt, noch mehr Lenkeinschlag erzeuge bloß Untersteuern, der irrt. Anders als erwartet bauen die Conti-Reifen noch mehr Grip auf und machen den Fünfmeter-Trumm so noch agiler. Die Hinterachse bleibt dabei völlig frei von Unruhe, sie läuft einfach mit.
Beide Coupés mit sportlichen Fahrleistungen
Dass der gut 230 Kilo schwerere Mercedes aus dem Stand zunächst schneller sprintet als der BMW, liegt an seinem Allradantrieb mit sen-sibler Kraftverteilung. Bis 100 km/h hat der S 63 deshalb den Stern leicht vorn, danach aber schiebt der M6 seine Niere am Daimler vorbei und nimmt ihm bis Tempo 200 1,3 Sekunden ab. Serienmäßig endet der Vortrieb bereits bei 250 km/h, gegen Aufpreis wird das Limit aber auf 305 (BMW: 2450 Euro) respektive 300 km/h (Mercedes: 3213 Euro) angehoben – inklusive Fahrertraining. Auf abgesperrter Strecke kann man dann zum Beispiel die vielen Fahrmodi des M6 ausprobieren, dessen Doppelkupplungsgetriebe-Charakteristik per Knopfdruck von angenehm sanft für den Alltag auf knüppelhart à la sequenzielles Renngetriebe wechselt. Das ebenfalls siebenstufige Daimler-Getriebe arbeitet stets gelassen, auch im Sportmodus. Hier dauert es immer ein paar Millisekunden länger, bis wieder die volle Power nach dem Gangwechsel aufgebaut ist. Und davon haben beide Coupés mit 575 (BMW inklusive Competition-Paket) respektive 585 PS (Mercedes) mehr als genug. Verbräuche von gut 16 Litern muss man in dieser Gewichts- und Leistungsklasse deshalb akzeptieren.
Die Preise des S 63 AMG Coupé und M6
Gut fünf Meter lang und 2,1 Tonnen schwer ist das S 63 AMG Coupé 4Matic. Bewegunsgfreiheit hat man vorn genug nach allen Seiten, obwohl die Innenhöhe etwas niedriger ausfällt als bei der S-Klasse-Limousine. Hinten finden höchstens Kinder Platz, immerhin gibt es Isofix-Halterungen. Vom 1,9 Tonnen schweren M6 nicht zu toppen sind Materialgüte und Verarbeitungsqualität, wobei wir hier vom absoluten Luxus-Level im Automobilbau sprechen. Auch die reichhaltigere Sicherheitsausstattung (z. B. Abstandsregler, Notbrems- oder Parkassistent) sichert dem bulligen Coupé Extra-Punkte gegen den schnellen 6er. In diesem nimmt man hinten auf eng ausgeformten Einzelsitzen Platz, und er bietet im Vergleich zum Benz etwas mehr Ladevolumen sowie eine höhere Zuladung. Klasse ist wie immer die simple, übersichtliche Bedienung via iDrive. Über den Preis sollte man in dieser Liga nicht nachdenken. Fest steht: Mit allen testrelevanten Extras übertrumpft das Mercedes S 63 AMG Coupé den BMW M6 um knapp 40.000 Euro – ganz schön happig, auch wenn es dafür mit der reichhaltigeren Serienausstattung vorfährt und längere Garantien bietet. Der Unterhalt beider Coupés ist ebenfalls sehr kostspielig. Für die Wartung muss man – ohne Reifen – rund 1000 Euro per anno einplanen, 400 Euro für den Fiskus und gut 3500 Euro für die Versicherung. Und fürs Leasing werden gut 1500 (M6) bzw. knapp 2200 Euro (S 63) pro Monat aufgerufen – plus 20 Prozent Neupreis-Anzahlung.
Das komplettere Automobil ist hier der Mercedes S 63 AMG Coupé 4Matic, weil es besten Komfort mit brachialer Kraft und dynamischem Talent verbindet. Vor allem seine starke Bremsleistung begeistert. Kompromissbereitschaft fordert dagegen das schnelle BMW M6 Coupé. Es ist laut, hart und verlangt dem Fahrer mehr Einsatz ab. Aber genau diese Eigenschaften machen es unvergleichlich reizvoll.