Neue Modelle: VW gegen Citroën, Peugeot und Renault Das große Länderspiel
Volkswagen plant eine Flut von Zukunftsmodellen. Wie kontern die Franzosen? Spannendes gibt's auch von Citroën, Renault und Peugeot
Auf den ersten Blick scheint alles klar, die Wolfsburger fahren Europas Konkurrenz auf und davon. Nur noch Rekordmeldungen: 2011 konnte VW seinen weltweiten Absatz – Krise hin, Krise her – um 13,1 Prozent steigern. Und das geht munter weiter: In den ersten drei Monaten dieses Jahres verkaufte VW 1,2 Millionen Autos, 9,3 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Verdientes Geld? Satte 1,1 Milliarden Euro. „Wir haben ein erstes Quartal nach Maß hingelegt“, strahlt Konzerncheftin Winterkorn.
Anders die Lage bei der französischen Konkurrenz. So kommt der 2011 unter Absatz- und Finanzproblemen leidende PSA-Konzern mit seinen Marken Peugeot und Citroën auch 2012 nicht in Fahrt. Im Gegenteil: Der Absatz sank in den ersten drei Monaten im Vergleich zum Vorjahr um 14,2 Prozent auf 790.100 Autos. Längst wird über den Abbau von Produktionskapazitäten nachgedacht.
HOFFNUNG AUF DIE NEUEN AUTOMOBIL-ALLIANZEN
Auch Renault, Frankreichs automobile Nummer zwei, ist aktuell noch nicht im Tritt: 638.498 verkaufte Autos von Januar bis März entsprechen zunächst einem Rückgang von 7,9 Prozent. Dabei will die Marke 2012 eigentlich zum neuen Absatzrekord fahren. Wenigstens war die in den letzten Jahren sehr erfolgreiche Renault-Tochter Dacia im ersten Quartal fast auf Kurs – kaum Verkaufsverluste.
Die rumänische Preisbrecher-Marke, an der Renault seit 2001 rund 93 Prozent der Anteile hält, startet im Juni mit dem nur 9990 Euro teuren Familienvan Lodgy ihr nächstes Modell – auch dieses Auto dürfte ein Renner werden. Und in ein paar Jahren könnte sich die Lage der französischen Hersteller womöglich generell verbessern. Dann nämlich, so hofft man in den Pariser Zentralen der beiden Großunternehmen, werden sich die neuen Allianzen positiv auf das Automobilgeschäft auswirken.
Beispiel Renault. Die Marke mit dem Rhombus im Logo, seit 1999 wirtschaftlich und technisch eng mit Nissan verbandelt (seit 2000 auch mit der koreanischen Marke Samsung), hat nämlich seit 2010 eine strategische Partnerschaft mit Daimler. Die Zusammenarbeit reicht von Einkaufskooperationen, Antrieben, Elektro-Themen bis hin zu gemeinsamen Kleinwagen Plattformen (nächster Twingo). Das soll nicht nur nachhaltige Entwicklungsvorteile bringen, sondern auch viele Euro sparen.
DER PSA-KONZERN SETZT AUF GENERAL MOTORS
Beim PSA-Konzern allerdings, bisher unter anderem Kooperationspartner von Ford und BMW, dürfte es bis zu fünf Jahre dauern, bis die gerade mit der General Motors geschlossene große Allianz fürgemeinsame Einkäufe und Automobilprojekte bis hin zu einheitlichen Fahrzeugarchitekturen jeder Art die ersten Früchte trägt. Frühestens 2016 soll das erste Auto auf einer gemeinsamen Plattform gebaut werden. Überhaupt: Bis die französischen Allianzen volle Wir-Wolfsburger noch weiter enteilt sein.
Mit ihren extrem standardisierten modularen Technikbaukästen für Autos mit quer und längs eingebauten Motoren marschieren sie schon in diesem Jahr in die Großserie – zuerst mit dem Golf VII (modularer Querbaukasten), der im November als Drei- und Fünftürer neue Maßstäbe bei Fahrkomfort, Verbrauch und Qualität setzen soll. Der Kombi Variant folgt im Mai 2013.
DER GOLF KOMMT AUCH ALS FEINES, VIERTÜRIGES COUPÉ
Die Sensation: Erstmals gibt es ab 2014 eine viertürige Coupé-Version des Golf, quasi den kleinen Bruder des Passat CC mit kurzem Stufenheck und eventuell mit integrierter Heckklappe – Letzteres ist noch nicht endgültig entschieden. Natürlich gibt es wieder den Hochdach-Golf Plus, er ist ab Januar 2014 zu haben. Eher, nämlich schon Frühjahr 2013, erscheint die Cabrio-Version des Beetle – erstmals mit Durchlademöglichkeit. Mitte 2016 nutzt dann auch der neue Polo die hochflexible MQB-Architektur, die zudem ideale Voraussetzungen für Hybrid- und Elektroautos offeriert. Und bei den ganz Kleinen rollt VW mit dem neuen Up die Liga der Stadtminis auf – der Floh soll schnell zur Modellfamilie wachsen: Erdgas-Modell (November), Cross-Spaßmacher (Jahresende), Elektroversion (Mitte 2013) und dann der 110 PS starke GT (Ende 2013).
Auch auf den SUV-Boom ist VW vorbereitet. So kommt der Nachfolger des Tiguan ab Anfang 2015 nicht nur als klassischer Offroader, sondern auch als Gelände-Coupé (2016). Zudem erhält der Tiguan vor 2015 noch einen XL-Bruder: drei Sitzreihen, bis zu sieben Plätze. Und das schon erwähnte kleine SUV auf Polo-Basis hat angesichts des SUV-Trends gute Chancen auf ein Okay des Vorstands – wir rechnen spätestens 2015 mit ihm. Der Passat-Nachfolger? Limousine und Kombi Variant starten im Frühjahr 2014 auf Basis der neuen MQB-Architektur (quer eingebaute Motoren). Und der Nachfolger des VW-Flaggschiffs Phaeton rollt im Sommer 2015 an – es bleibt bei der Stufenheck-Karosse. Ob es einen neuen Scirocco gibt? Aber ja: Schon im nächsten Jahr kommt das Sportcoupé in neuer Form à la Golf VII auf bisheriger technischer Basis. Der komplett neue Nachfolger folgt erst 2017.
VIELE ÜBERRASCHENDE NEWS AUS FRANKREICH
Bei Renault läuft der Countdown für den neuen Clio (ab November) und das kleine Elektroauto ZOE (Dezember). Der überarbeitete Mégane ist schon am Start, und 2014 ist mit dem neuen Espace zu rechnen. Die Überraschungen: Renault plant mit einem leichten 300-PS-Sportwagen die Wiederbelebung der heißen Marke Alpine, und 2015 könnte der legendäre R5 auferstehen und gegen Fiat 500 sowie BMW Mini antreten.
Citroën startet bei uns am 2. Juni das Mittelklasse-SUV C4 Aircross, Technikspender ist der Mitsubishi ASX (Fahrbericht Heft 9/2012). 2013 kommt der Nachfolger des Kompaktvans C4 Picasso als Klapptüren-Fünfsitzer mit der Option auf eine dritte Sitzreihe wie beim VW Touran. Frühestens Anfang 2015 dürfte der expressive DS2 als Nachfolger der legendären Ente erscheinen, etwas später startet der Nachfolger des glücklosen Topmodells C6 – den Ausblick gab auf der Pekinger Automesse die elegante DS-Studie Numero 9. Nicht zu vergessen: Der geliftete C1 tritt gegen den VW Up an.
Peugeot: Neues Topmodell geplant
Bei Peugeot übernimmt das der renovierte 107, und auch die Löwen-Marke plant ein neues Topmodell: Eine viertürige Coupé-Limousine auf Basis des 508 könnte 2015 den 607 (bis 2010) beerben. Bei den Offenen dürfte frühestens 2013 ein 208-Stoffdach-Cabrio den 207 CC ersetzen. Weil das klassische Verdeck weniger Platz braucht, ist mit einem vollwertigen Viersitzer zu rechnen.
Der 308 CC könnte dann entfallen, im Gespräch dafür ist eine Roadster-Version des kleinen Sportlers RCZ, für dessen Nachfolger es schon erste Design-Ideen gibt. Und im Herbst 2013 rollt das erste Kompakt-SUV der Marke an, die Studie dazu heißt Urban Crossover.
Wolfgang Eschment
Zeichnungen: Jean-Francois Hubert, Reichel CarDesign
AUTO ZEITUNG