A6 Avant, 5er Touring & E-Klasse T-Modell: Kombis im Test
Für Familie und Geschäft
- Audi A6 Avant, BMW 5er Touring und Mercedes E-Klasse T-Modell im Vergleichstest
- Karosserie: BMW 5er Touring mit überraschend wenig Platz
- Fahrkomfort: Am Mercedes E-Klasse T-Modell kommen die Bayern nicht vorbei
- Motor/Getriebe: Allesamt mit niedrigen Verbräuchen
- Fahrdynamik: Das Mercedes E-Klasse T-Modell zeigt, wie es geht
- Umwelt/Kosten: Audi A6 Avant für kühl rechnende Menschen die beste Wahl
- Technische Daten & Messwerte von Audi A6 Avant 40 TDI quattro, BMW 520d xDrive Touring & Mercedes E 220 d 4Matic T-Modell
- Ergebnis in Punkten
- Fazit
BMW bringt den neuen BMW 5er Touring in die Spur – der in Ehren gealterte Audi A6 Avant und der aktuelle Klassenprimus, das Mercedes E-Klasse T-Modell, stehen für den ersten Vergleichstest bereit.
Audi A6 Avant, BMW 5er Touring und Mercedes E-Klasse T-Modell im Vergleichstest
Deutschland liebt Kombis. Nirgendwo anders auf der Welt sind die praktischen Ableger konservativer Limousinen als Familien-Express und/oder Business-Gleiter so begehrt wie bei uns. Die Premiumhersteller Audi, BMW und Mercedes prägen mit Avant, Touring und T-Modell das Segment in der Oberklasse. Vor allem die Kombi-Version der noch recht frischen E-Klasse setzte sich gleich in ihrem ersten Vergleichstest souverän an die Spitze ihrer Zunft. Jetzt fährt mit dem neuen 5er Touring aber der vielleicht schwerste Gegner vor. Mit einer Länge von 5,06 m zeigt er schon im Stand, dass er hier die Nummer eins sein will. Ob er diesen äußerlichen Führungsanspruch als BMW 520d xDrive Touring gegen den etablierten Audi A6 Avant 40 TDI quattro und das Mercedes E 220 d 4Matic T-Modell in puncto Qualität, Komfort, Agilität, Effizienz, Funktion sowie gefälliger Kostenstruktur bestätigen kann, klärt der Vergleichstest.
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Leslie & Cars zeigt das Mercedes E-Klasse T-Modell (2023) im Video:
Karosserie: BMW 5er Touring mit überraschend wenig Platz
Der 5er mit Kombiheck ist wie die Limousine der neuen G60-Generation über fünf Meter lang, während Audi und Mercedes gut zehn Zentimeter kürzer sind. Auch mit seinem Radstand von fast drei Metern überbietet er die Kombis der Konkurrenz um ein paar Zentimeter. Und das kommt beim Raumangebot in der ersten Sitzreihe auch spürbar an. Doch bereits im Fond bleibt der Bayer hinter den geschürten Erwartungen zurück (siehe Bild unten). Vor allem der Audi A6 Avant, der in diesem Vergleichstest kürzeste Familienfreund, gewährt hier am meisten Platz für weitere drei Personen. Insbesondere vor den Knien knappst der BMW 5er Touring mit angemessener Bewegungsfreiheit, die auch im Mercedes E-Klasse T-Modell eine Spur luftiger ausfällt. Und dann wären da der nutzbare Raum und die Variabilität hinter dem steilen Heck: Dass auch BMW unter hohem Kostendruck steht, wird am im Vergleich zum Vorgänger eingesparten, für BMW-Touring-Modelle typischen separat zu öffnenden Heckfenster deutlich. Dieses Feature taucht auch in der Aufpreisliste jetzt nicht mehr auf.
Wirklich überraschend ist aber, dass der lange Touring mit seinem maximalen Ladevolumen von 1700 l lediglich so viel Stauraum bietet wie sein Vorgänger und daher auch nur unwesentlich mehr Volumen bereitstellt als der Avant. Die fünf Liter mehr bei aufgestellter Fondlehne zugunsten des 5ers sind eher nicht der Rede wert. Vor allem dann nicht, wenn man die Werte der E-Klasse heranzieht. Das Stuttgarter Langheck kontert mit 615 bis 1830 l Stauraum und setzt damit den Maßstab in diesem Test. Dass der Schwabe zudem auch noch ein größeres Fach unter dem Ladeboden bereithält, wird ebenfalls positiv verbucht. BMW beschränkt sich wie Audi auf das Ordnungssystem mit Trenngitter, Laderaumabdeckung und Kleinzeug-Fächern. Was der BMW besser macht als Audi und Mercedes? Er sperrt sich zum Beispiel nicht gegen spontanes Türöffnen von außen.
Während der klassische Bügelgriff des Audi A6 Avant wegen der elektrisch gesteuerten Mechanik erst mit Verzögerung den Schließmechanismus hakelig freigibt und das Mercedes E-Klasse T-Modell zunächst seine Türgriffe ausfahren muss, bevor man die recht wackelig geführten Bügelgriffe betätigen kann, reicht dem BMW 5er Touring im Vergleichstest eine zarte Berührung zum Öffnen der Türen per Klappgriffe. Ohnehin ist die Bedienung des 5er, auch dank des abermals überarbeiteten BMW Operating Systems 8.5, mit etwas Eingewöhnung leichter. Wichtiger Bestandteil bleibt dabei der noch vorhandene iDrive-Dreh-Drück-Steller, mit dem sich vor allem während der Fahrt zum Beispiel der Maßstab der Navigationskarte einfacher anpassen lässt als über die ausschließlich per Touch zu bedienende Systeme der Konkurrenz.
Auch in Sachen Qualität kann der Touring glänzen. Dabei sind es in erster Linie nicht die verwendeten Materialien, sondern die Güte der Verarbeitung und die Solidität der Karosseriestruktur, die dem 5er wichtige Punkte bringen. In der E-Klasse passen die Glasflächen der Cockpitdisplays nicht sauber, und beim A6 stören vom Fahrwerk ausgelöste leichte Knistergeräusche im Vorderwagen den ansonsten hochwertigen Gesamteindruck. Auch wenn der Audi nicht alle teilautonomen Assistenzfunktionen seiner Rivalen bieten kann und er damit ein paar Punkte liegen lässt, verschafft das Angebot bei Mercedes und BMW nicht selten eher Frust als Lust. Die Lenk-, Spurführungs- und Spurwechselassistenten funktionieren nicht immer verlässlich – der damit versprochene Komfortgewinn kommt beim Fahrenden nicht an und wird durch die plötzlich eingreifenden Helfer eher als störend denn entlastend empfunden.
Fahrkomfort: Am Mercedes E-Klasse T-Modell kommen die Bayern nicht vorbei
Typisch ist das Fahrwerkslayout des Touring: Der BMW 5er Touring bleibt bei der Stahlfederung, diese wurde aber, wie in unserem Testfahrzeug, um adaptive Dämpfern ergänzt. Damit erzeugt der BMW einen sportlich-straffen, fein ansprechenden und stets harmonisch austarierten Federungskomfort. Unter Ausnutzung der Zuladung lassen sich die Dämpfer im Sportmodus nachjustieren, wodurch das auftretende leichte Schaukeln am Heck eliminiert wird. Zwar gibt es für den Audi A6 Avant ein Luftfederfahrwerk, aber auch in Ingolstadt vertraut man in der Testwagenabteilung auf Stahlfedern und adaptive Dämpfer. Eine gute Entscheidung, weil der A6 damit feiner auf Kanten reagiert als mit der etwas schwerfällig ansprechenden Luftfederung. Dass er dennoch nicht das Niveau des BMW erreicht, liegt an seiner sehr weichen Gesamtabstimmung, die man auch mit dem Sportmodus nicht ausgleichen kann, weil dann schlicht zu viel Härte ins System kommt.
Gegen den flauschigen Komfort des Mercedes E-Klasse T-Modells sind aber beide Bayern im Vergleichstest machtlos. Das Luftfahrwerk der neuen E-Klasse schafft den Spagat zwischen sensiblem Ansprechverhalten und wohlig-weicher Federung. Obendrein bietet es enorme Reserven, bleibt auch unter Last unbeeindruckt und erzeugt vor allem auf schnellen Autobahnetappen eine unglaubliche Ruhe im Aufbau, die beim BMW 5er Touring nicht so recht aufkommen will. Erstklassig ist der Sitzkomfort, den die optionalen Komfortsitze des 5er offerieren. Die Multikontursitze des Schwaben gefallen ebenfalls mit verwöhnendem Langstreckenkomfort, fallen allerdings im Schulterbereich etwas schmaler aus. Den Sportsitzen im Audi A6 Avant fehlen die vielfachen Einstellmöglichkeiten und Komfortfeatures der Konkurrenz, etwa die aktiven Seitenwagen – ordentlichen Halt und Komfort bieten sie aber dennoch. Blickt man auf die Geräuschmessungen, gefällt der Mercedes mit wohltuender Ruhe. Lediglich das Fahrwerk leistet sich auf Kanten und Fugen hier und da ein paar falsche Töne, was im gleichen Maß auch für den Audi gilt. Der neue BMW macht in diesem Punkt und bei hohen Geschwindigkeiten eine bessere Figur.
Motor/Getriebe: Allesamt mit niedrigen Verbräuchen
In allen drei Kombis arbeitet jeweils ein vorn längs eingebauter 2,0-l-Turbodiesel, der seine Kraft über alle vier Räder auf den Asphalt bringt. Der BMW 520d xDrive Touring und das Mercedes E 220 d 4Matic T-Modell bekommen einen extra Punch E-Power aus einem 48-V-Hybridsystem, das ihnen vor allem beim Ansprechverhalten gegenüber dem beim Anfahren etwas zögerlichen Audi Vorteile bringt. Der Audi A6 Avant 40 TDI quattro kann da mit seinem 12-V-Startergenerator nicht kontern. Der Extra-Punch wird vor allem beim fülligen Drehmoment des Mercedes spürbar, dessen Motor gefühlt wie ein Dreiliter-Turbodiesel aus dem Drehzahlkeller antritt. Oben heraus fehlt ihm allerdings etwas die Lust. Da bleibt der kultivierte Biturbodiesel im BMW munterer. Dennoch markiert der Touring mit nur 218 km/h Spitze das Schlusslicht bei schnellen Etappen. Der Mercedes schafft neun km/h mehr, während der quirlige Audi dem Trio mit 241 km/h mühelos enteilt.
Warum der 2,0-l-Turbodiesel so beliebt ist, zeigt sich vor allem auf der Verbrauchsrunde: Der Audi A6 Avant 40 TDI quattro, der BMW 520d xDrive Touring und der Mercedes E 220 d 4Matic T-Modell (siehe Bild vom Motor oben) erzielen Durchschnittsverbräuche von unter sieben Litern, der Mercedes kratzt sogar an der Sechs-Liter-Marke. Bei den aktuellen Dieselpreisen sind diese Aggregate für Vielfahrende daher die beste Wahl. Auch, weil sich so Reichweiten von über 1000 km realisieren lassen. Selbst als wir die Leistung im Vergleichstest konsequent abforderten, schafften wir es nicht, die Verbräuche auf über neun Liter zu treiben.
Fahrdynamik: Das Mercedes E-Klasse T-Modell zeigt, wie es geht
Dass die Fahrdynamik in der DNA aller BMW-Modelle ein fester Bestandteil ist, ist weithin bekannt. Mit dem neuen BMW 5er Touring und dem Mercedes E-Klasse T-Modell wendet sich allerdings das Blatt. In diesem Trio ist es die E-Klasse, die auf dem Handlingkurs des Contidroms bei Hannover hochmotiviert in der Hand liegt, mit Feedback verwöhnt, der Spur präzise und mit grandioser Balance folgt und im Grenzbereich brilliert. Im Schwaben steckt trotz des wunderbar geschmeidigen Komforts auch eine große Portion Fahrspaß. Hinzu kommt ein darauf exzellent abgestimmtes ESP.
Dem BMW 5er Touring fehlt im direkten Vergleich die Entschlossenheit an der Vorderachse. Er drängt früher aus der Spur, verlangt trotz Allradlenkung ausgesprochen große Lenkwinkel und verzichtet auf die innige Kommunikation, die das Mercedes E-Klasse T-Modell über die Lenkung mit der Person am Steuer pflegt. Zudem zeigt auch der 5er die von anderen BMW-Modellen bekannte undefinierte Mittellage der Lenkung, die den Geradeauslauf beeinträchtigt. Der Audi A6 Avant agiert auf ähnlichem Niveau, lässt aber noch mehr Informationen im System der Allradlenkung versickern. Dennoch bleibt er unter allen Umständen narrensicher auf Kurs. Kritik muss das Bremssystem des Audi hinnehmen, dessen Dosierbarkeit in unserem Vergleichstest unter starker Belastung leidet.
Umwelt/Kosten: Audi A6 Avant für kühl rechnende Menschen die beste Wahl
Auch das Premiumsegment ist preissensibel. BMW verzichtet beim neuen 5er Touring auf traditionelle Gimmicks wie das bereits erwähnte separat zu öffnende Heckfenster, reduziert Knöpfe und Tasten und deklariert das Ganze als moderne Gestaltung. Auch dadurch ist es BMW gelungen, den Preis für den 520d xDrive Touring nicht explodieren zu lassen. Er ist zwar teurer als der bereits seit 2018 produzierte Audi A6 Avant 40 TDI quattro, aber deutlich günstiger als das Mercedes E 220 d 4Matic T-Modell. Doch auch wenn der BMW hier den Abstand zum Mercedes im Vergleichstest wahren kann, empfiehlt sich für kühl rechnende Menschen unterm Strich der Audi.
Technische Daten & Messwerte von Audi A6 Avant 40 TDI quattro, BMW 520d xDrive Touring & Mercedes E 220 d 4Matic T-Modell
AUTO ZEITUNG 14/2024 | Audi A6 Avant 40 TDI quattro | BMW 520d xDrive Touring | Mercedes E 220 d 4Matic T-Modell |
Technik | |||
Motor | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbo; 1968 cm³ | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Biturbo; 1995 cm³ | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbo; 1993 cm³ |
Antrieb | 7-Gang, Doppelkupplung, Allrad | 8-Gang, Automatik, Allrad | 9-Gang, Automatik, Allrad |
Leistung | 150 kW / 204 PS | 145 kW / 197 PS + 8 kW / 11 PS | 145 kW / 197 PS + 17 kW / 23 PS |
Max. Drehmoment | 400 Nm, 1750 – 3250 /min | 400 Nm, 1500 – 2750 /min | 440 Nm, 1800 – 2800 /min |
Karosserie | |||
Außenmaße (L/B/H) | 4939/1886 (2110)*/1494 mm | 5060/1900 (2157)*/1515 mm | 4954/1880 (2060)*/1467 mm |
Leergewicht (Werk/Test) | 1770/1894 kg | 1895/1970 kg | 1840/2023 kg |
Kofferraumvolumen | 565-1680 l | 570-1700 l | 615-1830 l |
Fahrleistungen | |||
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 8,4 s | 7,8 s | 8,4 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 241 km/h | 218 km/h | 227 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 34,3 / 34,2 m | 33,3 / 32,1 m | 33,6 / 32,0 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 6,7 l / 5,6 l | 6,2 l / 5,7 l | 6,0 l / 5,0 l |
Preise | |||
Grundpreis | 61.950 € | 64.350 € | 69.556 € |
Testwagenpreis | 68.465 € | 75.930 € | 82.009 € |
Ergebnis in Punkten
Gesamtbewertung (max. Punkte) | Audi A6 Avant 40 TDI quattro | BMW 520d xDrive Touring | Mercedes E 220 d 4Matic T-Modell |
Karosserie (1000) | 725 | 742 | 751 |
Fahrkomfort (1000) | 780 | 787 | 797 |
Motor/Getriebe (1000) | 710 | 722 | 728 |
Fahrdynamik (1000) | 725 | 763 | 776 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2940 | 3014 | 3052 |
Kosten/Umwelt (1000) | 285 | 280 | 270 |
Gesamtwertung (5000) | 3225 | 3294 | 3322 |
Platzierung | 3 | 2 | 1 |
Der neue BMW 520d xDrive Touring will mit seiner Größe den Maßstab setzen, verpasst aber, diesen effizient auszunutzen. Auch wenn er mit kommodem Komfort sowie sicherem und aktivem Handling die an ihn gestellten Erwartungen erfüllt, kann er dennoch gegen den bisherigen Klassenprimus aus Stuttgart kein Highlight setzen und muss sich daher auch als Kombi mit dem zweiten Rang zufriedengeben. Den Sieg fährt das Mercedes E 220 d 4Matic T-Modell ein. Es bietet den Platz, den eine Familie braucht, knausert mit dem Kraftstoff, schiebt bullig an, verwöhnt mit flauschigem Komfort und generiert gleichzeitig den größten Fahrspaß, ist aber teuer. Rang drei geht an den in Würde gereiften Audi A6 Avant 40 TDI quattro, der für für kühl rechnende Menschen auch nach sechs Produktionsjahren begehrenswert bleibt.