F-Type/718 Cayman GTS: Vergleichstest
Cayman und F-Type auf der Jagd nach Perfektion
- Jaguar F-Type und Porsche 718 Cayman GTS im Vergleichstest
- Fahrdynamik: Jaguar F-Type fehlt ein Quäntchen Gefühl
- Motor/Getriebe: Porsche 718 Cayman GTS lebendiger & sparsamer
- Fahrkomfort: Jaguar F-Type kommt nicht zur Ruhe
- Karosserie: Porsche 718 Cayman GTS ein Raumwunder
- Umwelt/Kosten: potenzielle Sammlerstücke
- Technische Daten & Messwerte von Jaguar F-Type P450 RWD und Porsche 718 Cayman GTS 4.0
- Ergebnis in Punkten
- Fazit
Beide wird es in dieser Form nicht mehr lange geben: sowohl der Jaguar F-Type P450 (Ende der Baureihe) als auch der Porsche 718 Cayman GTS (Wechsel auf E-Antrieb). Doch bevor das passiert, werfen beide nochmal alles in den Vergleichstestn – und den Nürburgring.
Jaguar F-Type und Porsche 718 Cayman GTS im Vergleichstest
Mehr als zehn Jahre hat der Jaguar F-Type mittlerweile auf dem schneidigen Buckel und auch der aktuelle Porsche 718 Cayman GTS hat seine Wurzeln im Jahr 2013. Beide bekamen im Lauf ihres Lebenszyklus aufgeladene Vierzylinder implantiert, die zwar mehr Effizienz versprachen, hüben wie drüben aber am charismatischen Image der beiden Sportler knabberten. Zum wohl letzten Showdown rollen die zwei daher mit dem vor, was sie einst groß gemacht hat: Der F-Type P450 fährt einen fünf Liter großen Kompressor-V8 unter seiner Fronthaube spazieren, während im Heck des 718 Cayman GTS 4.0 ein Sechszylinder-Boxer sein Unwesen treibt. Trotz grundsätzlich unterschiedlicher Philosophien trifft sich das dynamische Duo auf einem ganz ähnlichen Preisniveau am Nürburgring. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Leslie & Cars fährt die Porsches GTS-Modelle (2022) im Video:
Fahrdynamik: Jaguar F-Type fehlt ein Quäntchen Gefühl
Die britische Raubkatze kommt mit reichlich Speck auf den Hüften zum Vergleichstest: Die größeren Abmessungen und der mächtige Antrieb summieren sich zu rund 350 kg Mehrgewicht gegenüber dem Porsche 718 Cayman GTS. Ein Malus, den die Mehrleistung von 50 PS (37 kW) kompensieren könnte. Doch so einfach ist das nicht. Besonders die hypersensible Pedalerie macht es schwer, die Kraft wohldosiert auf den Asphalt zu bringen. Die eigens angemischten Pirelli P Zero-Pneus krallen sich gut in den Asphalt, der Jaguar F-Type hadert aber mit seinem vergleichsweise weichen Fahrwerks-Set-up, welches das Mehr an Masse im Kurvenbereich stets in Schwung hält. Die Lenkung arbeitet dabei direkt, lässt aber das letzte Quäntchen Gefühl vermissen, um stets und einfach die beste Linie zu finden. Dass der Jaguar bei seiner Vorstellung ein ausgesprochen launig zu fahrendes Auto ist, steht außer Frage – deutlich schneller ist hier aber ein anderer.
Die vergleichsweise schwachen und nachlassenden Bremswerte unterstreichen, dass die Rennstrecke nicht das liebste Revier des Jaguar F-Type ist. Die gemessenen Fahrleistungen und eine um vier Sekunden schnellere Rundenzeit auf der Kurzanbindung des Grand Prix-Kurses des Nürburgrings lassen nur erahnen, wie groß der fahrdynamische Unterschied hier tatsächlich ist. Es gibt derzeit wohl kaum ein anderes Modell auf dem Markt, das sich derart gefühlsecht wie der Porsche 718 Cayman GTS fahren lässt. Die sauber abgestimmte, sehr direkte Lenkung überträgt die Fahrbahn perfekt in die Hände der Person am Steuer, während das Fahrwerk jegliche Unebenheiten wegarbeitet und den Cayman durchweg sauber und neutral auf Kurs hält. Die Pedalerie wird zum feinfühligen Werkzeug. Sogar das ESP darf weiterhin im Hintergrund wachen, weil es ohnehin erst sehr spät eingreifen müsste – und das dann auch noch maximal gefühlvoll tut. Zur Wahrheit gehört aber auch dazu, dass vieles, was den Porsche auszeichnet, extra kostet. Doch dazu später mehr.
Motor/Getriebe: Porsche 718 Cayman GTS lebendiger & sparsamer
Den vier Liter großen Sechszylinder-Boxermotor gibt es im Porsche 718 Cayman GTS ohne Aufpreis. Ein herrliches Aggregat, das Charisma mit Drehfreude vereint. Es mag untenherum vielleicht spritzigere Triebwerke geben, doch der Boxer braucht im Vergleichstest nicht wirklich lange, um auf Touren zu kommen, wie die Messwerte zeigen. Einmal in Schwung hängt der Sechszylinder bemerkenswert willig am Gas – flankiert von einem hervorragenden Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Die Schalteingriffe via Paddle am Lenkrad sind ein Genuss – wer trotzdem lieber im Getriebe rührt, spart sogar noch ein paar Euro. Wirklich bemerkenswert ist die Tatsache, dass der GTS die Verbrauchs-Werksangabe unterbietet. Mit zahmem Gasfuß sind Werte von unter zehn Litern pro 100 km kein Problem – so schwierig das bei dem fahraktiven Charakter auch sein mag.
Der Jaguar F-Type gibt in diesem Kapitel den edlen Briten – Understatement pur. Sein V8 ist zwar stärker und mit mehr Drehmoment gesegnet, doch unterm Strich nicht kräftig genug, um damit den leichteren Porsche 718 Cayman GTS in die Schranken zu weisen. Ohne den direkten Vergleich gefällt der F-Type mit seiner Souveränität und seinem gediegenen Auftritt. Erst unter provozierter Last wird die Abgasanlage zum krawalligen Musikinstrument. Der Achtender läuft geschmeidiger als der Boxer, braucht aber auch mehr Sprit. Vorteil Jaguar: Super reicht – der Zuffenhausener verlangt nach Super Plus. Zu wenig, um dem Porsche im Motoren-Kapitel gefährlich zu werden. Der Cayman ist schneller, sparsamer und insgesamt lebendiger.
Fahrkomfort: Jaguar F-Type kommt nicht zur Ruhe
Wer denkt, dass im Vergleichstest jetzt die Stunde des Jaguar F-Type geschlagen hätte – jein. Dabei gibt die Marke alles: vielfach elektrisch einstellbare Sitze, eine gute Dämmung, mehr Ablagen, eine schluckfreudige Federung und eine fast komplette Multimedia-Ausstattung. Es sind Details, die nicht genügend Punkte-Abstand zum Porsche 718 Cayman GTS schaffen. Angefangen bei dem feinen Gestühl, das zwar viele Einstellmöglichkeiten bietet, aber mit einer merkwürdigen Ergonomie irritiert: Die Kopfstützen setzen sehr weit unten an, was für Großgewachsene eher nicht passt. Und dann wäre da die Feder- und Dämpferabstimmung, die zwar weicher, aber (Fahrmodus-übergreifend) keinesfalls besser ausfällt. Der Jaguar wird permanent angeregt und beruhigt sich erst spät, was in lästigen Aufbaubewegungen mündet. Dabei spielt das Tempo keine Rolle, auch auf langen Autobahnetappen bleibt der F-Type unnötig unruhig.
Von ganz anderem Naturell ist der Porsche 718 Cayman GTS. Die optionalen Vollschalen-Sitze sind nicht nur teuer, sondern auch in ihrer Justierbarkeit stark eingeschränkt. Doch Porsche bringt es fertig, das radikale Gestühl für viele Körpergrößen passend zu machen. Selbst Großgewachsene finden hier einen ausgezeichneten Sitzkomfort. Federn und Dämpfer sind straffer, arbeiten aber schneller. Ergebnis: Sämtliche Anregungen sind spürbar, verpuffen jedoch schnell im Zusammenspiel der Komponenten. Nicht zuletzt auf der Autobahn liegt der GTS 4.0 wie das sprichwörtliche Brett. Die Geräusche im Innenraum sind geringfügig höher – doch subjektiv ist der Geräuscheindruck eine Frage des persönlichen Geschmacks.
Karosserie: Porsche 718 Cayman GTS ein Raumwunder
Der Porsche 718 Cayman GTS ist ein Phänomen: Die Grundfläche ist klein, der Motor sitzt vor der Hinterachse – aber die Raumausnutzung ist optimal. Selbst mit Helm kommt man hier perfekt unter. Zudem gibt es in Front und Heck zusammen 420 l Volumen für das Gepäck. Das Ganze ist in ein zwar angestaubtes, aber wertiges Ambiente gehüllt. Die Fensterflächen sind vergleichsweise groß – auf der Position vorne links ein entscheidender Vorteil im Vergleichstest. Der Jaguar F-Type kontert mit feinsten Materialien und einem schicken Panoramadach. Doch genau das raubt wertvollen Raum – mit Helm darunter passen? Unmöglich. Zudem sitzt man sehr nah an der Tür samt ausladender Mittelkonsole neben sich. Nein, Raumökonomie können andere besser. Schade zudem, dass sich die hochwertigen Ledereinsätze mit billigem Plastik abwechseln. Dafür gefällt das Infotainment mit seinem Funktionsumfang sowie der problemlosen Bedienung.
Umwelt/Kosten: potenzielle Sammlerstücke
Für die allermeisten dürften beide Kontrahenten dieses Vergleichstests Traumautos bleiben, denn die Preise orientieren sich an der 100.000-Euro-Marke. Den deutlich günstigeren Grundpreis erkauft sich der Porsche 718 Cayman GTS mit einer vergleichsweise einfachen Ausstattung. Packt man PDK, Karbon-Keramik-Bremsen, die Servolenkung Plus und die Vollschalensitze ins Auto, landet man schnurstracks im Bereich des Jaguar. Den Briten gibt es nur noch in der noblen 75-Jahre-Ausstattung, mit der man die eigene Sportwagen-Historie feiert und dem Jaguar F-Type einen repräsentativen Schlusspunkt setzt. Für die Kundschaft endet das Kostenkapitel aber keineswegs an der Kasse: Die Unterhaltskosten fallen – mit leichten Vorteilen für den Zuffenhausener – ebenfalls happig aus. Ob die von der DAT ermittelte Restwertprognose wirklich so eintritt, wird die Zukunft erst noch zeigen. Gut möglich, dass die Letzten ihrer Art eines Tages zu begehrten Sammlerstücken werden.
Technische Daten & Messwerte von Jaguar F-Type P450 RWD und Porsche 718 Cayman GTS 4.0
AUTO ZEITUNG 20/2023 | Jaguar F-Type P450 RWD | Porsche 718 Cayman GTS 4.0 |
Technik | ||
Zylinder/Ventile pro Zylin. | V8/4; Kompressor | B6/4 |
Hubraum | 5000 cm³ | 3995 cm³ |
Leistung | 331 kW/450 PS bei 6000 /min | 294 kW/400 PS bei 7000 /min |
Max. Drehmoment | 580 Nm, 2500 – 5000 /min | 430 Nm, 5500 /min |
Getriebe/Antrieb | 8-Stufen-Automatik/Hinterrad, Sperrdiff. (hinten) | 7-Gang, Doppelkupplung/Hinterrad, Sperrdiff. (hinten) |
Messwerte | ||
Leergewicht (Werk/Test) | 1706/1790 kg | 1435/1433 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 4,8 s | 3,9 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 285 km/h | 288 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 35,1/35,6 m | 34,2/32,9 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 10,9/10,5 l SP | 9,7/10,1 l SP |
CO2-Ausstoß (Test/WLTP) | 258/240 g/km | 230/230 g/km |
Preise | ||
Grundpreis | 105.500 € | 90.958 € |
Testwagenpreis | 105.500 € | 107.149 € |
Ergebnis in Punkten
Gesamtbewertung (max. Punkte) | Jaguar F-Type P450 RWD | Porsche 718 Cayman GTS 4.0 |
Karosserie (1000) | 362 | 390 |
Fahrkomfort (1000) | 312 | 311 |
Motor/Getriebe (1000) | 682 | 733 |
Fahrdynamik (1000) | 697 | 809 |
Kosten/Umwelt (1000) | 357 | 358 |
Gesamtwertung (5000) | 2410 | 2601 |
Platzierung | 2 | 1 |
Kein Fotofinish auf der Zielgeraden: Der Porsche 718 Cayman GTS 4.0 ist ein derart rundes Gesamtpaket, sodass der Jaguar F-Type P450 RWD nur auf dem undankbaren zweiten Platz landet. Wo der Porsche mit Perfektion und Emotion begeistert, bietet der Brite lediglich Emotion. Bis ins hohe Alter bleibt er also der ungeschliffene Diamant. Ganz unabhängig davon und rein subjektiv ist es dennoch bedauernswert, dass diese Sprit verbrennenden Koryphäen bald das Zeitliche segnet. Möge ihr Geist elektrisch und mit nachhaltigem Erfolg weiterleben. Verdient haben es beide.