Neuer Lotus Eletre (2023): Erste Testfahrt
Der Eletre ist ein besonderer Sündenfall
Porsche will es, Ferrari braucht es – aber Lotus hat es: Das erste echte Starkstrom-Sport-SUV der alten Welt kommt nicht aus Deutschland oder Italien, sondern aus England. Na ja, zumindest fast. Erste Testfahrt mit dem neuen Lotus Eletre (2023)!
Wenn es im Himmel Zeit für Benzingespräche gibt, dann möchte man bei diesem lieber nicht zuhören. Denn falls sich dort Ferry Porsche und Lotus-Gründer Colin Chapman über ihren Nachlass unterhalten, dürften die beiden höllisch ins Fluchen verfallen über die Sündenfälle in ihrem Namen. Der eine muss schließlich schon seit 20 Jahren mitansehen, wie sich Porsche, dem Cayenne sei Dank, vom Sportwagen- zum SUV-Hersteller wandelt, dem anderen steht jetzt die gleiche Entwicklung bevor – nur, dass bei Lotus auch noch Chapmans Ideale vom Leichtbau auf dem Altar der Elektromobilität geopfert werden.
Aber genau so, wie Porsche am Cayenne genesen ist und mittlerweile zu den Vorreitern einer besseren Welt zählt, kann sich auch Chapman mit der Aussicht auf satte Gewinne über die SUV-Sünde hinwegtrösten. Und damit, dass es der englische Underdog mal wieder allen gezeigt hat. Denn während der E-Macan partout nicht fertig wird und von einem elektrischen Ferrari noch nicht mal die Rede ist, geht jetzt mit dem neuen Lotus Eletre (2023) ein elektrischer "Geländewagen" an den Start – und damit steigt Lotus ganz oben und die AUTO ZEITUNG jetzt zur ersten Testfahrt ein. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Leslie & Cars zeigt den Lotus Eletre (2023) im Video:
Erste Testfahrt mit dem neuen Lotus Eletre (2023)
Denn der – wie passend – neuen Lotus Eletre (2023) will nicht weniger sein als das erste Hyper-SUV und rechtfertigt dies mit zwar nicht ertesteten, aber vom Datenblatt abgelesenen Fahrleistungen, die Konkurrenten wie einen BMW iX oder den EQE AMG in die zweite Liga verbannen: Schon im Basismodell für 95.990 Euro (Stand: Juni 2023) leisten die beiden Motoren zusammen 450 kW (603 PS) und katapultieren den Koloss mit 710 Newtonmeter in 4,5 Sekunden auf Tempo 100. Die Topversion ab 150.990 Euro bietet wahnwitzige (662 kW) 900 PS, erreicht 985 Newtonmeter und fährt mit einem offiziellen Sprintwert von 2,9 Sekunden in jenen exklusiven Club, in dem sonst nur Supersportwagen zuhause sind. Und wer den Fuß nur lange genug stehen lässt, hat bald mehr als 265 km/h auf dem Tacho und zeigt der Generation E die Rücklichter. Die Energie liefert ein Akku, der mit 112 kWh für bis zu 600 Kilometer Reichweite steht und dank 800-Volt-Technologie an der Ladesäule ähnlich viel Tempo macht wie auf der Strecke: Bei bis zu 350 kW sind die ersten 80 Prozent in weniger als 20 Minuten erreicht.
Die Konkurrenten:
Klar ist ein Koloss von 5,10 Metern und fast drei Tonnen Lichtjahre entfernt von der Leichtigkeit einer Elise und fühlt sich verglichen mit dem Sportler für die Westentasche an wie eine Dampfwalze auf Speed. Doch in seinem Segment verdient sich der neuen Lotus Eletre (2023) das Sportabzeichen redlich: Ein adaptives Fahrwerk mit Luftfedern, die um bis zu 3,5 Grad mitlenkende Hinterachse und der variable Allradantrieb samt Torque Vectoring lassen zumindest ein paar überzählige Pfunde des Schwergewichts dahinschmelzen. Außerdem weiß Lotus nach Jahrzehnten auf der Rennstrecke, was es dafür braucht, so eine Fuhre auf Kurs zu halten und bei Bedarf schnell zum Stehen zu bringen.
Anders als bei Elise & Co muss man diesmal kein Yoga-Meister sein, um das Gebotene bei der ersten Testfahrt zu genießen. Denn statt wie eine Sardine in der Büchse eingezwängt in einer engen Sitzschale tief unten auf der Straße zu kauern, thront man im Eletre eine halbe Etage über der Fahrbahn in einer Lounge aus Lack und Leder und freut sich daran, dass er die Ausfahrt mit Kind und Kegel genießen kann. Tatsächlich schafft die Rückbank menschenwürdige Platzverhältnisse und der Kofferraum Raum für Koffer. Und wo man früher bitten und betteln musste für ein Radio oder gar für elektrische Helfer, wartet nun eine digitale Unterhaltungslandschaft mit Klappbildschirm, und alles bewegt sich auf Knopfdruck.
Selbst autonomes Fahren haben sie vorgesehen bei Lotus und können die Software dafür over the air nachliefern – weil der neuen Lotus Eletre (2023) eben nicht nur auf der Rennstrecke zuhause sein will, sondern auch in der Rush-Hour. Lotus bricht bei diesem Auto aber nicht nur mit dem Leichtbau, sondern auch mit seinen englischen Wurzeln. Entwickelt wurde der Eletre maßgeblich in Raunheim bei Frankfurt, gebaut wird er in Wuhan. Ausgerechnet dort hat der chinesische Gigant Geely seinem englischen Patienten eine neue Fabrik gebaut, aus der nun das Virus der Fahrfreude um die Welt gehen soll. Um die Kapazität von 150.000 Fahrzeugen auszuschöpfen, bekommt der Eletre noch zwei Geschwister: 2024 einen Gran Turismo wie den Porsche Taycan und ein handlicheres SUV im Stil des BMW X4.
Technische Daten des neuen Lotus Eletre (2023)
AUTO ZEITUNG 15/2023 | Lotus Eletre |
Technische Daten | |
Motor | zwei permanenterregte Synchronmaschinen |
Getriebe/Antrieb | Konstantübersetzung; Allradantrieb |
Systemleistung | 450 kW/603 PS |
Max. Drehmoment | 710 Nm |
Spannung/Batterie-Kapazität | 800 Volt/112 kWh (brutto) |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 5103/2135 (2231)*/1630 mm |
Leergewicht/Zuladung | k.A/3100 kg |
Kofferraumvolumen | 688-1532 l |
Fahrleistungen (Werksangaben) | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 4,5 s |
Höchstgeschwindigkeit | 258 km/h |
Verbrauch auf 100 km | k.A. |
Reichweite | 600 km |
Kaufinformationen | |
Basispreis (Testwagen) | 95.990 € |
Marktstart | Herbst 2023 |
Er wirkt mindestens so aufmerksamkeitserregend wie ein Urus. Und er fährt besser und vor allem schneller als alle elektrischen SUV, die es bislang bei etablierten Herstellern zu kaufen gibt. Das macht den Eletre zum ersten Sportler seiner Art. Nur der Preis will nicht zum Bild vom SUV unter den Hyper-Cars passen. Denn zu haben ist der Lotus schon ab ziemlich bodenständigen 95.990 Euro – eine Folge der günstigen Produktionsbedingungen in China.