Kässbohrer PistenBully 600 Polar W: Testfahrt
Ein cooles Männerspielzeug
Im Cockpit des Kässbohrer PistenBully 600 Polar W wird schnell klar: Der Umgang mit der modernen, aber komplexen Technik des 520 PS starken Ketten-Kolosses erfordert viel Übung. Zumindest, wenn eine perfekt präparierte Piste das Ziel ist. Spaß macht die Testfahrt aber in jedem Fall.
Ruhig, Martin, ganz ruhig. Ich ermahne mich innerlich, meine nächsten Fingerbewegungen bei der Testfahrt mit dem Kässbohrer PistenBully 600 Polar W ganz sachte und überlegt auszuführen. Kann ja eigentlich nix passieren, schließlich habe ich eben das Kabel der Seilwinde in die armdicke Drahtschlinge der Verankerung eingeklinkt – und David sitzt noch ganz gelassen auf dem Beifahrersitz. Wird schon klappen, schließlich ist der PistenBully ja genau hierfür gebaut. Also schiebe ich mit der linken Hand die beiden kleinen Hebel für die Kettensteuerung nach vorn und drücke behutsam aufs Gaspedal. Meinen linken Fuß verkeile ich sicherheitshalber noch an der massiven Stütze unterhalb der riesigen Frontscheibe, dann kippt die gut 13 Tonne schwere Pistenraupe auch schon über einen schmalen Grat von oben in den Sonnenhang.
Von wegen sonnig … Draußen tobt ein Schneesturm vom Allerfeinsten. Und die etwas mehr als 40 Grad Hangneigung fühlen sich im Inneren der Kabine eher nach senkrechter Wand an. "Ohne die Winde würden wir jetzt Schlittenfahren", wirft David lakonisch ein. Der automatisch geregelte Seilzug bremst unsere Talfahrt mit etwa 800 Kilo, sodass wir ganz sachte und gleichmäßig durch den tiefen, losen Neuschnee abwärts surfen. Immer schön in der Falllinie bleiben – ein gruseliger Begriff – und Meter um Meter das Kabel abspulen. Die Anzeige zeigt inzwischen knapp 950 Meter, als David nach schräg vorn deutet und meint: "Da kannst du drehen." Er muss es ja wissen. David präpariert seit vier Jahren die Pisten der Bergwelt Hahnenkamm, kennt hier jeden Hang und – was mich noch mehr beeindruckt – auch jeden Knopf im Cockpit des Kässbohrer PistenBully 600 Polar W. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
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Testfahrt mit dem Kässbohrer PistenBully 600 Polar W
Als wir vorhin in der Pistenraupen-Garage mit dem Kässbohrer PistenBully 600 Polar W unsere Testfahrt gestartet sind, hat er mir alles geduldig erklärt: "Lenkrad und Bremse – gibt's nicht. Wie viel Kraft an jede Kette gelangt und in welche Richtung sie läuft, wählst du mit den zwei kleinen Hebeln am vorderen Ende der linken Armlehne. Wie viel Kraft der Motor liefert, bestimmst du per Gaspedal. Nimmst du das Gas weg, bremst das Gerät. Zur Not: Schild runter! Der Joystick rechts steuert den Räumschild in vier Achsen: rauf und runter, rechts und links schwenken, mehr oder weniger Schnittwinkel sowie nach rechts oder links kippen. Wenn du hier vorn die mittlere Taste drückst und dabei den Joystick vor- oder zurückbewegst, klappst du den linken Flügel am Schild ein oder aus. Für den rechten …" David hat mich längst verloren. Fahren, Bremsen und Lenken finde ich schon verwirrend genug. Doch der Joystick des Kässbohrer PistenBully 600 Polar W, dessen Bedienung er mir gerade verklickern will, hat 15 Tasten und drei Rädchen (auf die kann man übrigens auch drücken). Dazu noch vier Knöpfe auf der Vorderseite, die man nur mit den Fingerkuppen der aufgelegten Hand erfühlt – alle unbeschriftet und individuell konfigurierbar.
Ergonomisches iCockpit im Kässbohrer PistenBully 600 Polar W
Ich muss zu meiner Schande gestehen: Beim Kässbohrer PistenBully 600 Polar W haben sie alles richtig gemacht. Der Joystick schmiegt sich in der Testfahrt regelrecht in die Hand, lässt sich gefühlvoll und klar definiert dosieren. Dabei hilft, dass der superbequeme Sitz und die rechte Armlehne samt Joystick eine Einheit bilden. Das bringt Ruhe. Alle Funktionen lassen sich außerdem auch über das narrensicher strukturierte Menü des Touchscreens sowie die unzähligen Tasten rechts vom Fahrersitz steuern. Nein, das Problem bin ich. Das gleichmäßige Fahren und exakte Lenken über die sensibel reagierenden Ketten erfordert zwar etwas Gewöhnung, doch das klappt nach einigen Minuten schon recht gut. An den ganz engen Stellen fahre ich zwar so langsam, dass David sicher fürchtet, bis zum Morgengrauen noch nicht fertig zu sein, aber er beklagt sich nicht. Sein knapper Einwurf "Du musst auch nach der Fräse schauen, die schwenkt weiter aus", bewahrt mich (und den PistenBully) vor einem harten Kontakt mit der einbetonierten Pistenbegrenzung. Ich hatte mich voll auf die Außenkanten des 5,50 Meter breiten Räumschilds konzentriert, die ich mit wenigen Zentimeter Freiraum zwischen besagter Begrenzung rechts und dem Fels auf der linken Seite hindurchzirkle.
Aber das ist ja erst der halbe Spaß. Denn nachdem ich die menschenleere Piste Richtung Gipfel mit Schwung und Stolz erklommen habe, meint David, ich solle die Pisten nicht kaputt fahren, sondern präparieren. Also: Fräse hinten absenken, anschalten und – vergessen. Dank intelligenter Steuerung läuft das Ding brav hinter uns her, verwischt unsere Spuren und hinterlässt die charakteristischen Rillen. Der vordere Schild hingegen ist etwas ganz anderes! Der muss nämlich permanent von Hand an die Bodenkontur angepasst und nachjustiert werden. Anfangs schabe ich nur zaghaft über die Kuppen der größeren Schneehaufen. "Du musst weiter runter gehen und den Schild stärker anstellen", lauten Davids Anweisungen. Ok, mach' ich. "Hoch, hoch!" So sehr ich mich auch bemühe, ramme ich ungewollt Löcher in die Piste, schiebe Sprungschanzen auf, wo keine sein sollten, oder forme harmlose Flachstellen zu anspruchsvollen Buckelpisten. Ein paar Bahnen später tauschen wir im Kässbohrer PistenBully 600 Polar W die Plätze. Für morgen soll die Piste schließlich wieder sauber präpariert sein.
Der PistenBully ist ein Kraftpaket
Bei David sieht das so einfach aus. Er scheint mit dem Joystick des Kässbohrer PistenBully 600 Polar W verwachsen zu sein und planiert im Handumdrehen die Spuren meiner kläglichen Bemühungen. Selbst die ganz dicken Buckel schiebt der PistenBully mühelos vor sich her und verteilt den Schnee wieder in die von mir bei der vorherigen Testfahrt gerissenen Löcher. Dabei grummelt der 11,8 Liter große Cummins-Diesel unter der Abdeckung zwischen uns erstaunlich leise vor sich hin und wirkt nie wirklich angestrengt. Dank 520 PS (382 kW) und einem Drehmoment von 2375 Newtonmeter bügelt der 600er Polar alles weg, was ihm vor den Schild kommt. Natürlich auch dort, wo es steil bergauf geht.
Seine hydraulisch angetriebenen Ketten fräsen durch Eis und Schnee, als wäre es griffiger Asphalt. "Wozu braucht ihr eigentlich die Winde? Der kommt doch auch so überall rauf!" frage ich David. "Nicht den Sonnenhang!" wendet David ein und lotst mich hin, um es zu demonstrieren. Inzwischen fahren wir dort wieder bergauf und folgen dem Drahtseil zurück zum Verankerungspunkt. "Mehr Gas und die Winde auf maximalen Zug", mahnt David, bevor das rote Kraftpaket doch noch im tiefen Schnee versinkt und stecken bleibt. Jetzt weiß ich, wozu man die Winde braucht. PistenBully zu fahren macht noch mehr Spaß als erhofft, die Technik begeistert, und die Arbeit mit dem Kässbohrer PistenBully 600 Polar W verdient Respekt. Insbesondere von jenen, die sich der Gefahr durch das teils hunderte Meter lang gespannte Windenseil scheinbar nicht immer bewusst sind. ![endif]-->!--[if>
Technische Daten des Kässbohrer PistenBully 600 Polar W
AUTO ZEITUNG 06/2023 | Kässbohrer PistenBully 600 Polar W |
Technik | |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | R6-Zyl. ,Turbodiesel, |
Hubraum | 11.800 cm³ |
Leistung | 382 kW/520 PS |
Max. Drehmoment | 2375 Nm bei 1200 U/min |
Getriebe/Antrieb | stufenloser hydraulischer Antrieb über Zahnräder und Traktionsketten |
Messwerte | |
Leergewicht/Zuladung | 13.190 / 1310 kg; |
Zugkraft Winde | 45 kN / 4,6 t |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 20 km/h |
Steigvermögen | 100 % (45 °) |
Verbrauch | Ab 19,5 l D/h |
Tankvolumen | 300 l |
Preise | |
Grundpreis | 670.922 € |