Ferrari 488 Pista: Tracktest Neue Bestzeit im 488 Pista
Der Ferrari 488 Pista mit 720 PS starkem V8-Biturbo-Aggregat setzt eine neue Bestzeit auf dem Nürburgring. Tracktest mit dem Karbon-Keil!
Eigentlich ist der 670 PS starke 488 GTB schon genug. Aber das Noch-einen-drauflegen hat eben auch in Maranello Tradition – unter anderem mit Stradale, Scuderia oder Speciale und jetzt mit dem Ferrari 488 Pista, der sich unserem Tracktest stellt. Den umgibt wieder einmal dieser viel zitierte Mythos Ferrari, den man nicht erklären, vielleicht aber an den Reaktionen des Publikums ablesen kann. Bei Fahrzeugen eines anderen italienischen Sportwagenherstellers sehen die noch so aus: Smartphones raus und Gasfußbewegungen imitierende, ausgestreckte Handflächen. Boah ey. Taucht aber ein Ferrari auf, herrscht erst einmal Fassungslosigkeit, und die Münder stehen weit offen. Dann macht es doch irgendwann klick und es folgen enthemmtes Drauflosstürzen, Bewunderung, Freude, Liebe. Und bei der, weil mythosgeblendet, unvollständig formulierten Frage "Äh, wie, was...?" muss man zwangsläufig referieren. Vielleicht nicht gerade darüber, dass die Klimaregler des Ferrari 488 Pista mehr nach Fiat als nach Ferrari aussehen. Oder dass der 17 Kilogramm leichte Sitz keine ergonomische Offenbarung ist, weil man beim Lenken mit den Ellenbogen an die ausladenden Seitenwangen stößt und die Hosenträgergurte am Hals kratzen. Mehr zum Thema: Ferrari baut kompromissloses Einzelstück P80/C
Ferrari 488 Pista im Onboard-Video:
Ferrari 488 Pista im Tracktest
Viel wichtiger ist die Botschaft, dass das V8-Biturbo-Aggregat mit Twinscroll-Ladern aus dem Ferrari 488 Pista im Vergleich zu dem des GTB um 18 Kilogramm leichter ist. Andächtiges Zuhören, also weiter im Programm. Schwungrad gewichtsreduziert, leichter Krümmer aus einer Nickel-Chrom-Legierung, spezielle Ventile samt Federn, Titanpleuel, geändertes Nockenwellenprofil, verstärkte Kolben und Zylinderköpfe. Die Aufmerksamkeit lässt immer noch nicht nach. Verbesserter Luftansaugtrakt mit um 15 Grad niedrigerer Temperatur am Einlass, neues Kühlerlayout vorn. Ergebnis: 720 PS bei 8000 Kurbelwellenumdrehungen und 770 Newtonmeter Drehmoment. Und weil die beweglichen Motorteile nun leichter, also weniger träge sind, der 3,9-Liter-V8 besser durch- und angeströmt wird, spricht das Triebwerk noch unmittelbarer an. Aufs Gaspedalantippen folgt ein Tsunamibrecher aus Druck, der via Kurbelwelle – selbstverständlich ebenfalls gewichtsoptimiert – Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe und zu guter Letzt zwei 305 Millimeter breiter Semislicks in Vortrieb umgewandelt wird. So senst der Ferrari Pista 488 im Tracktest die Nullhundert in 2,7 Sekunden regelrecht nieder, wobei Gangwechsel nahtlos passieren und ihr einziger Zeuge die tanzende Drehzahlnadel ist. Mehr zum Thema: Ferrari-Einzelstück SP38
720 PS starker 3,9-Liter-V8 im Ferrari 488 Pista
Druck ist im Tracktest mit dem Ferrari 488 Pista immer da, im Überfluss, niemals abnehmend – mit 1,5 bar pressen die beiden Twinscroll-Lader unter Volllast Luft in die acht Brennräume. Was der fantastischen Biturbo-Maschine durch ihre nahezu perfekte Leistungsentfaltung allerdings abgeht, ist dieser Leistungskick kurz vor dem Begrenzer, wo der kreischende Sauger vergangener Tage den Ton nochmals verschärfte und aus voller Kehle schrie. Sei’s drum, das hier ist schneller, objektiv besser. Nullzweihundert in 7,4 Sekunden – trotz minimal mehr Luftwiderstand durch den gestiegenen Abtrieb. Der ist in der engen Slalom-Gasse kaum entscheidend, hier kommt es auf Fahrwerk und Reifen an. Und auf das Gewicht. Eine um zehn Prozent höhere Federrate hat der Ferrari 488 Pista, der Testwagen die spezifischen, ultraweichen Cup 2 R-Pneus von Michelin, montiert auf Karbon-Felgen – das macht ein Minus von acht Kilo auf der Waage – und 50.000 Euro auf dem Konto. Warum man im Gewichtsoptimierungswahn nur das Soundsystem, nicht aber die Klimaanlage weggelassen hat? Keine Ahnung. Unterm Strich sind es jedenfalls 1485 Kilogramm, vollgetankt ohne Fahrer, was einem Leistungsgewicht von 2,06 Kilogramm pro PS entspricht. Mehr zum Thema: Ferrari plant eigenes SUV
Tracktest: Gute Dosierbarkeit im Ferrari 488 Pista
Wir waren beim Slalom. Da überzeugt der Ferrari 488 Pista im Tracktest zunächst nicht, weil die Bremszangen an der Vorderachse im CT-Off-Modus stets mitarbeiten und die Lenkung so beim Umsetzen verhärtet. Lösung: alles ausschalten. Fußfesselbefreit finden Pista und Pilot ihren Rhythmus, schaffen aber nicht mehr als 72,7 km/h, weil dann doch das letzte Bisschen mechanischer Grip fehlt. Auch beim Bremsen ist noch etwas Luft nach oben, betrachten wir die Werte anderer Kandidaten in unserer Datenbank. Die Dosierbarkeit aber ist erste Liga. Slalom und Bremse hin oder her, der Ferrari trägt den Namen Pista nicht ohne Grund – was für uns Auftrag, ach was, Verpflichtung ist. Bereits in der Einrollrunde wird klar, wie die heutige Fragestellung lautet: Wie bekomme ich diese unverschämt hohe Leistung allein über die Hinterachse auf den Asphalt, wenn mich kein Regelsystem unterstützt? Die simple Antwort: per sensiblem und beherztem Gasfuß. Denn man kann erst dann wieder voll durchladen, wenn der Ferrari Pista 488 gerade steht. Weil das aber zu viel Zeit kosten würde, muss man schon ab dem Kurvenscheitel wieder Drehmoment aufbauen – was zunächst ziemlich einfach ist. Mehr zum Thema: Pista Spider krönt 488-Baureihe
Ferrari 488 Pista mit neuer Nürburgring-Bestzeit: 1:29,8 min
Doch obwohl man beim Tracktest das Gefühl hat, allein mit dem großen Zeh jede der 720 Pferdestärken des Ferrari 488 Pista einzeln abrufen zu können, fällt die Leistung doch immer wieder sehr plötzlich über einen her. Genau jetzt kommt der Einsatz des beherzten, aber sensiblen Gasfußes, der nicht zu stark zucken, sondern nur so viel Druck vom Pedal nehmen darf, dass die Power nicht vollends in Rauch aufgeht. Und ein bisschen Gegenlenken sollte man auch. Während sich der Ferrari 488 Pista langsam wieder stabilisiert, der Lenkwinkel abnimmt und die Reifen weniger schlupfen, sollte man bloß nicht nachlassen, sondern Leistung nachlegen, Hochschalten nicht vergessen oder das die Automatik machen lassen. Ist das erledigt, kann eigentlich nichts mehr schief gehen – weil der Pista sagenhaft konstant und stark bremst, auch wenn man sich wegen der etwas zu weit rechts platzierten Pedalerie ans Linksbremsen gewöhnen muss. Weil er mit der elektrohydraulischen Lenkung jede Art von Kurvenradius sehr fein seziert, weil er dank 240 Kilogramm Gesamt-Abtrieb bei 200 km/h in Hochgeschwindigkeits-Passagen stabil bleibt und in schnellen Wechselkurven wie der Veedol-Schikane sehr neutral liegt. Dort zickt der Ferrari 488 Pista im Tracktest selbst dann nicht, wenn man den Randsteinbuckel am zweiten Scheitelpunkt voll mitnimmt. Mehr zum Thema: LaFerrari trifft auf 918 Spyder
Verbeugung vor dem Ferrari 488 Pista, der in erster Linie wegen seines vor Kraft nur so strotzenden V8-Biturbo-Motors und der Cup 2 R-Reifen von Michelin mit 1:29,8 Minuten eine neue Bestzeit auf dem Nürburgring setzt. Unterm Strich wären die 720 PS aber nichts wert, würde der Pista nicht so ausgezeichnet rückmelden, wären Motor, Bremse und Lenkung nicht so herrlich fein dosierbar – und wäre er nicht so eine wunderbare Fahrmaschine.