Ford Fiesta, Kia Rio und VW Polo im Vergleich Ford Fiesta, Kia Rio, VW Polo
Kia ist auf dem Vormarsch, mit dem Rio möchten die Koreaner zur deutschen Konkurrenz aufschließen. Reicht es sogar, um VW Polo und Ford Fiesta im Test zu übertrumpfen?
Längst hat VW-Chef Martin Winterkorn die wahre Konkurrenz ausgemacht, die ihm auf dem Weg zum weltgrößten Automobilhersteller gefährlich werden könnte. Nicht Toyota, sondern der koreanische Autokonzern Hyundai/Kia bereitet ihm am meisten Kopfzerbrechen. Und das nicht ohne Grund, betrachtet man die steile Lernkurve der Asiaten über die letzten Jahre. In der volumenträchtigen Kleinwagenklasse tritt Kia ab sofort mit dem vollkommen neu entwickelten Rio an. Er soll den in Deutschland mäßig erfolgreichen Vorgänger vergessen lassen und der etablierten Konkurrenz das Leben schwer machen. Um zu sehen, was er kann, lassen wir den Kia Rio 1.4 gegen den Klassenprimus VW Polo 1.2 TSI sowie das Kölner Erfolgsmodell Ford Fiesta 1.4 antreten. Die drei Kleinwagen werden von rund 100 PS starken Benzinern angetrieben, verfügen über fünf Türen und kosten zwischen 14.960 (Kia) und 17.610 Euro (VW).
Karosserie
Auch wenn das Design nicht in die Punktewertung mit einfließt, muss man Kia-Chef-Designer Peter Schreyer attestieren, dass er beim neuen Rio ganze Arbeit geleistet hat, was zahlreiche hochgereckte Daumen anderer Verkehrsteilnehmer belegen. Doch auch die inneren Werte des Kia überzeugen. Die Passagiere nehmen vorn wie hinten auf straffen und bequemen Sitzen Platz, das Raumangebot fällt in der zweiten Reihe für einen Kleinwagen regelrecht opulent aus. Kein Wunder, misst der Radstand des Kia Rio 1.4 mit 257 Zentimetern doch nur fünf Millimeter weniger als der eines VW Golf. Und das spürt man. Die Beinfreiheit ist im Vergleich die beste, auch über dem Scheitel geht es am luftigsten zu. Polo und Fiesta sind im Fond enger geschnitten, bieten dafür aber vorn das bessere Platzangebot.
Die Kofferräume der drei Kleinwagen schlucken annähernd gleich viel Gepäck, am meisten passt dabei in den Ford Fiesta. Dafür enttäuscht dessen Laderaum bei umgeklappten Rücksitzlehnen mit einer großen Stufe, was ihn Punkte bei der Variabilität kostet. Auch in puncto Bedienung und Qualität muss er sich hinten anstellen. Die Mittelkonsole mit ihren zahlreichen Knöpfen sieht zwar stylisch aus, lässt sich aber weniger intuitiv bedienen als bei der Konkurrenz. Und der Innenraum ist bei näherer Betrachtung weniger sorgfältig zusammengebaut. In diesem Punkt kommt der gut verarbeitete Kia dem soliden VW erstaunlich nahe, der mit der besten Bedienbarkeit sowie der umfangreichsten Sicherheitsausstattung aufwartet und das Kapitel letztlich gewinnt.
Karosserie | Max. Punkte | VW Polo 1.2 TSI | Kia Rio 1.4 | Ford Fiesta 1.4 |
---|---|---|---|---|
Raumangebot vorn | 100 | 62 | 61 | 63 |
Raumangebot hinten | 100 | 40 | 44 | 39 |
Übersichtlichkeit | 70 | 44 | 37 | 41 |
Bedienung/ Funktion | 100 | 87 | 86 | 84 |
Kofferraumvolumen | 100 | 18 | 18 | 20 |
Variabilität | 100 | 40 | 38 | 30 |
Zuladung/ Anhängelast | 80 | 28 | 28 | 22 |
Sicherheit | 150 | 75 | 71 | 66 |
Qualität/ Verarbeitung | 200 | 143 | 142 | 137 |
Kapitelbewertung | 1000 | 537 | 525 | 502 |
Fahrkomfort
Was heutige Kleinwagen im Bereich Komfort zu bieten haben, kann sich wahrlich sehen lassen. Bester Beleg dafür ist der VW Polo 1.2 TSI, der hier nach wie vor Maßstäbe setzt. Seine Sitze bieten guten Seitenhalt und sind großzügig geschnitten, das Geräuschniveau ist das niedrigste unter den drei Kleinen. Das Gestühl im Rio ist ebenfalls straff gepolstert und gut konturiert, allerdings hat die tief montierte Sitzbank eine angewinkelte Beinhaltung der Fondpassagiere zur Folge. Die Insassen im Fiesta haben ebenfalls keinen Grund zur Klage, jedoch fühlt man sich beim Ford aufgrund der recht hohen Sitze weniger gut ins Auto integriert. Was die Geräusche anbelangt, rangieren Ford und Kia ebenfalls hinter dem Wolfsburger. Während den Fiesta das kernigere Motorgeräusch Punkte kostet, fallen beim Rio die recht lauten Abrollgeräusche der 17-Zöller negativ auf.
Allein Ford verlangt für die Klimaanlage Aufpreis (1140 Euro), dafür ist nur für ihn eine beheizbare Frontscheibe zu haben. Der Kia kontert dies mit einem optional beheizbaren Lenkrad. Dass man es in Köln-Merkenich versteht, ausgewogene Fahrwerke zu entwickeln, demonstriert der Fiesta immer wieder aufs Neue. Obwohl tendenziell straff abgestimmt, reagiert er sensibel auf kleine Unebenheiten und lässt sich selbst durch grobe Bodenwellen nicht aus der Ruhe bringen. Im direkten Vergleich liegt der Polo hier knapp dahinter, speziell die Hinterachse wirkt bei Querfugen weniger geschmeidig. Die Karosserie des Rio ist auf schlechten Straßen stärker in Bewegung, Fahrbahnschäden schluckt die Federung nicht so sensibel wie die Pendants der beiden Deutschen.
Fahrkomfort | Max. Punkte | VW Polo 1.2 TSI | Kia Rio 1.4 | Ford Fiesta 1.4 |
---|---|---|---|---|
Sitzkomfort vorn | 150 | 90 | 86 | 81 |
Sitzkomfort hinten | 100 | 50 | 43 | 45 |
Ergonomie | 150 | 125 | 124 | 121 |
Innengeräusche | 50 | 38 | 31 | 31 |
Geräuscheindruck | 100 | 70 | 63 | 63 |
Klimatisierung | 50 | 34 | 35 | 22 |
Federung leer | 200 | 112 | 106 | 112 |
Federung beladen | 200 | 108 | 102 | 110 |
Kapitelbewertung | 1000 | 627 | 590 | 585 |
Motor und Getriebe
Auch in Sachen Antrieb spielt der Kia Rio nicht ganz auf Augenhöhe mit Fiesta und Polo. Zwar läuft der 1,4 Liter kleine Vierzylinder angenehm ruhig, sodass man ihn im Stand kaum wahrnimmt. Allerdings fehlt ihm trotz 109 PS das Temperament der Rivalen. Zudem erfolgt die Gasannahme zu indirekt, und die Dosierbarkeit mit dem Pedal ist inbesondere im Stop-and-go-Verkehr nur mäßig, sodass der durchzugsschwache Vierventiler unnötig ruckelig anspricht.
Fast zwei Sekunden schneller als seine Rivalen absolviert der VW Polo 1.2 TSI den Standardsprint. Sein kleiner Turbomotor macht schon bei 1550 Touren mit einem maximalen Drehmoment von 175 Newtonmetern gehörig Druck und treibt ihn bei Bedarf bis auf 190 km/h. Die Kraftentfaltung des Wolfsburgers ist im Vergleich vehement, aber nicht ganz so harmonisch wie die des frei atmenden und drehfreudigeren Ford. Der Kölner hängt direkt und bissig am Gas. Er zeigt auch mit dem knackig und exakt zu schaltenden Fünfgang-Getriebe Sportsgeist.
Die sechste Stufe des Polo ist ganz im Sinne des Spritsparauftrags lang übersetzt, das Kia-Getriebe hingegen ist weniger sinnvoll abgestuft. Bei Tempo 130 im sechsten Gang dreht der Rio ähnlich hoch wie der Fiesta im fünften. Das macht dem Koreaner mit serienmäßigem Start-Stopp-System auf der Verbrauchsrunde jedoch nichts aus: 6,6 Liter Super schluckt der Rio auf 100 Kilometern – genauso viel wie der Polo, der mit seinem 45-Liter-Tank ohne Stopp am weitesten kommt. 6,8 Liter Super genehmigt sich der Fiesta – gerade einmal 0,2 Liter oder ein Wasserglas mehr als seine Konkurrenten.
Motor und Getriebe | Max. Punkte | VW Polo 1.2 TSI | Kia Rio 1.4 | Ford Fiesta 1.4 |
---|---|---|---|---|
Beschleunigung | 150 | 105 | 90 | 91 |
Elastizität | 100 | 70 | 58 | 63 |
Höchstgeschwindigkeit | 150 | 46 | 40 | 34 |
Getriebeabstufung | 100 | 90 | 85 | 87 |
Kraftentfaltung | 50 | 22 | 20 | 25 |
Laufkultur | 100 | 68 | 69 | 66 |
Verbrauch | 325 | 256 | 256 | 253 |
Reichweite | 25 | 12 | 11 | 10 |
Kapitelbewertung | 1000 | 669 | 629 | 629 |
Fahrdynamik
Das knackige Design des Fiesta und der muntere Antrieb werden von einer für Kleinwagen-Verhältnisse herrlich direkten Lenkung bestens ergänzt. Diese vermittelt viel Rückmeldung und verbindet den Fahrer quasi direkt mit der Fahrbahnoberfläche. Nur die vergleichsweise schmalen 195er-Reifen und der Leistungsnachteil gegenüber Rio und Polo verhindern höhere Geschwindigkeiten in der Slalomgasse beziehungsweise zügigere Rundenzeiten. Obwohl das Bremspedal etwas teigig wirkt, verzögert der Ford mit 35,1 Metern kalt und 35,8 Metern warm auf sehr hohem Niveau. Übertroffen wird er dabei nur vom VW, der mit seinen hervorragenden Werten im Sportwagen-Revier wildert.
Auf der Handlingstrecke setzt der Wolfsburger dank Turbokraft, direkter Lenkung und gut haftender Dunlop-Reifen die Bestzeit. Im Slalom muss er sich jedoch dem quirligen Kölner, aber auch dem Neuling aus Korea unterordnen. Mit den 205 Millimeter breiten SportContact5 von Continental überzeugte der Kia Rio 1.4 in den querdynamischen Disziplinen. Bei den zehn Vollbremsungen aus Tempo 100 bis zum Stillstand lieferten die Kia-Bremsen jedoch keine Top-Performance ab. 38,5 Meter mit kalten und 37,1 Meter mit warmen Stoppern sind zwar keine schlechten Werte, lassen aber Raum für Verbesserungen. An das äußerst geräuschvoll arbeitende ABS-System, das uns während der Bremsmessungen mit einem starken Knarzen zunächst irritierte, sollte Kia noch Hand anlegen.
Im Vergleich ebenfalls nur Mittelmaß ist die leichtgängige Lenkung des Novizen in diesem Test, die für einen Kleinwagen ausreichend direkt arbeitet, es aber an Gefühl mangeln lässt. Auch das ESP kann nicht vollauf überzeugen, da es erst spät eingreift. Zwar untersteuert der Rio im Grenzbereich ganz brav und kontrollierbar, allerdings macht er bei simulierten Ausweichmanövern erstaunlich große Heckschwenks. Diese lassen den Puls des Fahrers höher schlagen und kosten den Kia in puncto Fahrsicherheit auch fünf Zähler.
Fahrdynamik | Max. Punkte | VW Polo 1.2 TSI | Kia Rio 1.4 | Ford Fiesta 1.4 |
---|---|---|---|---|
Handling | 150 | 62 | 60 | 54 |
Slalom | 100 | 67 | 74 | 69 |
Lenkung | 100 | 63 | 60 | 65 |
Geradeauslauf | 50 | 35 | 34 | 36 |
Bremsdosierung | 30 | 19 | 22 | 20 |
Bremsweg kalt | 150 | 103 | 66 | 99 |
Bremsweg warm | 150 | 98 | 79 | 92 |
Traktion | 100 | 33 | 34 | 32 |
Fahrsicherheit | 150 | 120 | 115 | 120 |
Wendekreis | 20 | 19 | 13 | 17 |
Kapitelbewertung | 1000 | 619 | 557 | 604 |
Umwelt und Kosten
Nicht nur, dass der Kia Rio mit einem Grundpreis von 14.960 Euro das günstigste Angebot darstellt, er verfügt zudem noch über die reichhaltigste Serienausstattung – selbst Alu-Räder bringt er schon ab Werk mit. Der Ford Fiesta 1.4 ist nur auf den ersten Blick ein günstiges Angebot, da das Modell Trend recht karg ausstaffiert ist. Rüstet man ihn entsprechend der AUTO ZEITUNG Normausstattung aus, ist er knapp 2000 Euro teurer als der Kia. Den Polo trennen dann sogar über 3600 Euro vom Koreaner. Doch nicht nur hier sehen VW und Ford alt aus, auch die Garantieleistungen des Rio sind großzügiger bemessen. Sieben Jahre oder 150.000 Kilometer geben die Koreaner auf das Fahrzeug, VW und Ford jeweils nur zwei Jahre.
Dem nominell höchsten Wertverlust stehen beim VW Polo 1.2 TSI die geringsten Kosten für Wartung, Versicherung und Steuer gegenüber. Dennoch muss der VW in diesem Kapitel seine einzige Niederlage einstecken und den preiswerten Rio davonziehen lassen.
Kosten/Umwelt | Max. Punkte | VW Polo 1.2 TSI | Kia Rio 1.4 | Ford Fiesta 1.4 |
---|---|---|---|---|
Bewerteter Preis | 675 | 285 | 320 | 318 |
Wertverlust | 50 | 31 | 32 | 33 |
Ausstattung | 25 | 11 | 21 | 2 |
Multimedia | 50 | |||
Garantie/Gewährleistung | 50 | 28 | 45 | 18 |
Werkstattkosten | 20 | 17 | 14 | 14 |
Steuer | 10 | 10 | 10 | 9 |
Versicherung | 40 | 34 | 34 | 32 |
Kraftstoff | 55 | 42 | 42 | 41 |
Emissionswerte | 25 | 87 | 87 | 86 |
Kapitelbewertung | 1000 | 545 | 605 | 553 |
Fazit
Der neue Kia Rio 1.4 ist zweifellos ein gutes Auto geworden und belegt in diesem hochkarätigen Feld einen respektablen zweiten Platz. Er ist schick gezeichnet, gut verarbeitet, günstig und mit dem umfangreichsten Garantiepaket ausgestattet. Allerdings fehlt ihm etwas Feinschliff an Lenkung, Fahrwerk und Bremsen. So entscheidet der VW Polo 1.2 TSI diesen Dreikampf souverän für sich. Er leistet sich keine Schwäche, lässt sich dies aber entsprechend bezahlen. Der Ford Fiesta 1.4 glänzt mit knackigem Fahrwerk, direkter Lenkung und drehfreudigem Motor – bleibt anonsten aber blass.
Gesamtbewertung
Max. Punkte | VW Polo 1.2 TSI | Kia Rio 1.4 | Ford Fiesta 1.4 | |
---|---|---|---|---|
Summe | 5000 | 2997 | 2906 | 2873 |
Platzierung | 1 | 2 | 3 |