Kia Cee'd SW 2.0 CVVT im Dauertest Kia Cee'd SW 2.0 CVVT
Mit dem Kombi cee’d hat Kia technisch zur Konkurrenz aufgeschlossen – doch gilt das auch für die Zuverlässigkeit? Der Koreaner im harten Dauertest
Eckdaten | |
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PS-kW | 143 PS (105 kW) |
Antrieb | Vorderrad, 5 Gang manuell |
0-100 km/h | 9.4 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 205 km/h |
Preis | 20.700,00€ |
Der Kia cee’d ist das erste Fahrzeug der Südkoreaner, das nicht nur in Europa entwickelt wurde, sondern auch dort produziert wird – und zwar im slowakischen Zilina. Dabei trägt der Kompaktwagen auch deutsche Wurzeln in sich. So entstand das Design im Designzentrum Rüsselsheim, und auch die Fahrwerksentwicklung erfolgte hierzulande. Auf diese Weise wollten die Koreaner endgültig den Anschluss an die europäische Konkurrenz schaffen.
Und die Mission ist geglückt. Mit moderner Technik, frischem Auftritt, attraktiven Preisen und großzügigen Garantieleistungen hat Kia ein Auto auf die Räder gestellt, dass sich zum ernsthaften Wettbewerber für die etablierte Konkurrenz entwickelt hat. Ob dies auch für die Zuverlässigkeit zutrifft, klärt der Dauertest der AUTO ZEITUNG – hier musste der cee’d über die Distanz von 100.000 Kilometern seine Qualitäten unter Beweis stellen.
DER cee’d SW IST EIN ECHTER LADEMEISTER
Schon beim Erstkontakt hinterlässt der Kia cee’d einen positiven Eindruck. Das Blechkleid des auf den Namen Sporty Wagon – kurz SW – getauften Kombis ist flott gezeichnet und weit entfernt von der optischen Belanglosigkeit, die manch anderem Fahrzeug aus dem asiatischen Raum so anhaftet. Ebenfalls erfreulich ist, dass die Koreaner dabei den praktischen Nutzen nicht aus den Augen verloren haben. Das Platzangebot in beiden Sitzreihen fällt für ein Modell der Kompaktklasse recht üppig aus.
Und in puncto Ladevolumen steckt der Kia Cee'd SW 2.0 CVVT sogar Lademeister wie den Skoda Octavia Combi in die Tasche. 534 bis 1.664 Liter passen in das glattflächige und durch die große Heckklappe bestens beladbare Gepäckabteil. „In den cee’d geht erstaunlich viel rein, und das Trennnetz lässt sich einfach handhaben“, notierte Redakteur Markus Bach nach einer Fotofahrt.
Auf langen Etappen lernte er auch die straffen und groß dimensionierten Vordersitze zu schätzen: „Die Sitze sind absolut langstreckentauglich und bieten ordentlichen Seitenhalt.“ Allerdings missfiel der Fahrersitz bereits nach rund 20.000 km mit Knarzgeräuschen im Lehnenbereich. Und die aktive Kopfstütze sorgte wiederholt für stutzige Blicke und Einträge im Fahrtenbuch. Drückt man sich etwas stärker in den Sitz, bewegt sich nämlich die Kopfstütze nach vorn.
GERÄUMIGER UND PRAKTISCHER INNENRAUM
Dass die Kia-Ingenieure großen Wert auf die Alltagstauglichkeit gelegt haben, sieht man auch an den zahlreichen Ablagen im Fahrzeuginnenraum. In den geräumigen Seitenfächern der Türen sowie den Ablagenmöglichkeiten unterhalb der Mittelkonsole findet viel Krimskrams Platz. Auch die Bedienbarkeit des aufgeräumten Cockpits gibt kaum Grund zur Klage. Der cee’d Sporty Wagon war mit dem 830 Euro teuren Navisystem – im Übrigen das einzige aufpreispflichtige Extra des Dauertesters – ausgestattet.
Zwar lässt sich dieses einwandfrei bedienen, und auch die Routenführung erfolgte meist zuverlässig. Doch das Display des Infotainment-Systems ist viel zu klein geraten: „Das Display des Navis lässt sich nur mit der Lupe ablesen“, hielt Art-Director Andreas Schulz fest. Hinsichtlich der Qualitätsanmutung haben die Koreaner auf die deutsche Konkurrenz noch Boden gutzumachen – was die nicht sonderlich hochwertigen Materialien im Innenraum belegen. Viel Hartplastik und eine schwer zu reinigende, geriffelte Armaturenbrettoberfläche zeigen, dass es noch Verbesserungspotenzial gibt.
Das Cockpit präsentiert sich übersichtlich gestaltet, und die Rundinstrumente lassen sich generell einwandfrei ablesen. Allerdings merkte der Geschäftsführende Redakteur Jürgen Voigt an, dass das automatische Dimmen der Instrumentenbeleuchtung nicht optimal funktioniert: „Fährt man in einen Tunnel, muss man meist manuell nachregulieren. Andernfalls wird man geblendet.“ Auch der Automatikmodus der Scheinwerfer konnte nicht vollends überzeugen.
Testredakteur Michael Godde notierte dazu im Fahrtenbuch: „Der Lichtsensor aktiviert das Licht bei einer Tunneleinfahrt erst, nachdem man dutzende Meter im Blindflug unterwegs war. So macht eine Fahrlichtautomatik keinen Sinn, wenn man die Scheinwerfer am Ende doch selbst einschalten muss.“ Auch deren Lichtausbeute stieß bei den meisten Fahrern auf Kritik. Testredakteur Elmar Siepen formulierte etwas überspitzt: „Die Leuchtkraft der Scheinwerfer bei Dunkelheit entspricht der von Teelichtern. Nachtfahrten werden damit zu einer anstrengenden Angelegenheit.“
DAS FAHRWERK IST ZU SPORTLICH ABGESTIMMT
Die recht straff geratene Fahrwerksabstimmung konnte ebenfalls nicht überzeugen. Hier hat es Kia mit der Sportlichkeit etwas übertrieben. „Das Fahrwerk ist holprig und steifbeinig, zudem sind deutliche Abrollgeräusche zu vernehmen“, hielt Test-Chef Martin Urbanke fest. Und Kollege Thorsten Elbrigmann stellte gar die Frage, ob denn im Kia Cee'd SW 2.0 CVVT ein Sportfahrwerk verbaut sei. Den generell sicheren Fahreigenschaften steht eine ausgeprägte Traktionsschwäche bei nasser Fahrbahn gegenüber. Trotz Antriebsschlupfregelung drehen die Vorderräder beim flotten Anfahren im ersten Moment rasch durch.
Ebenfalls in Richtung Sportlichkeit getrimmt ist die elektrische Servolenkung, zumindest was die hohen Bedienkräfte angeht. Leider geizt sie mit Rückmeldung, und aufgrund der direkten Übersetzung erfordert sie bei rasanten Autobahnpassagen ständig kleine Lenkkorrekturen. Einen überzeugenderen Eindruck hinterließ dagegen der Motor, der für ausreichende Fahrleistungen sorgte und die Testdistanz ohne Probleme hinter sich brachte. Der 2,0 Liter große Benziner leistet 143 PS und entwickelt ein maximales Drehmoment von 186 Newtonmeter, das jedoch erst bei späten 4600 Umdrehungen anliegt.
Wer möchte, beschleunigt den Sporty Wagon in 9,4 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht ohne größeren Anlauf die Höchstgeschwindigkeit von 205 km/h. Chefreporter Stefan Miete charakterisierte den Antrieb so: „Der Motor tritt wacker an, lässt aber jenseits der 4000 Umdrehungen spürbar nach. Dafür lärmt der Vierzylinder dann unangenehm.“ Doch der Vierventiler hat nicht nur einen kräftigen Ton, er läuft auf der Autobahn auch mit hohen Drehzahlen. Schuld daran ist der fehlende sechste Gang des hakeligen Fünfganggetriebes: Neben dem Geräuschpegel würde ein Sechsgang-Getriebe auch den Verbrauch senken, der über die Dauertest-Distanz bei 9,8 Litern pro 100 Kilometer lag.
In der Praxis waren mit dem 53 Liter fassenden Tank Reichweiten von nur knapp über 400 Kilometern möglich, da sich dieser nur schwer randvoll befüllen ließ. „Nach dem ersten Abschalten der Zapfsäule gehen noch gut und gern zehn Liter Sprit rein“, ärgerte sich Tester Paul Englert. Hinzu kommt, dass der Bordcomputer bei einer Reichweite von 50 km nur noch Striche anzeigt. Beim Ölverbrauch gab sich der Saugmotor hingehen genügsamer – lediglich 2,3 Liter Öl mussten wir zwischen den Inspektionsterminen nachschütten.
DER KIA cee’d MUSS ALLE 15.000 km ZUR INSPEKTION
Kia bittet die cee’d-Benzinermodelle alle 15.000 Kilometer oder spätestens nach zwölf Monaten zum Inspektionstermin. Allerdings halten sich die Kosten dafür mit rund 300 Euro in Grenzen. Deutlich teurer fiel mit 1.157,23 Euro nur der 90.000er-Service aus, bei dem aber auch die Bremsen vorn wie hinten neue Scheiben samt Belägen erhielten. Ansonsten erwies sich der cee’d SW 2.0 CVVT als ein anspruchsloses und zuverlässiges Alltagsauto, das die Werkstatt nur einmal außerplanmäßig aufsuchen musste – und das auch noch unverschuldet: Nach einem Steinschlag wurde bei Kilometerstand 35.477 die Windschutzscheibe ersetzt.
10.000 km vor Dauertestende traten starke Poltergeräusche an der Vorderachse auf. Gut, dass ohnehin ein Inspektionstermin anstand. Die Diagnose der Werkstatt besagte, dass die Koppelstangen des vorderen Stabilisators ausgeschlagen waren. Doch der Defekt blieb ohne finanzielle Folgen und wurde auf Garantie behoben. Ohnehin sind die äußerst umfangreichen Garantieleistungen der Koreaner (drei Jahre ohne Kilometerbegrenzung, fünf Jahre bis 150.000 km; seit 2010 gibt Kia sieben Jahre bzw. 150.000 km auf Neuwagen) gemeinsam mit dem günstigen Preis die größten Pluspunkte des geräumigen Kombis.
23.335 Euro kostete der cee’d SW mit dem 2,0-Liter-Benziner in der höchsten Ausstattungsvariante samt optionalem Navisystem – wahrlich ein günstiges Angebot, zumal der Koreaner von der Klimaautomatik über ein CD-Radio bis hin zu 17-Zoll-Alu-Rädern und Tempomat so ziemlich alles serienmäßig an Bord hat, was den täglichen Umgang angenehmer macht. Nach den 100.000 Kilometern hat der Kia cee’d SW jetzt noch einen Restwert von 8.125 Euro – und damit 65 Prozent seines Wertes eingebüßt. Damit ergeben sich Kosten pro Kilometer in Höhe von 36 Cent, ohne Wertverlust sind es immerhin 21 Cent.
MODELLHISTORIE KIA CEE‘D
01/2007: Markteinführung des fünftürigen Kia cee’d mit fünf Motor- und vier Ausstattungsvarianten als Nachfolger des Kompaktmodells Kia Cerato
07/2007: Modelleinführung des Kombis Sporty Wagon (SW)
01/2008: Präsentation des dreitürigen Coupés pro_cee’d
12/2009: Umfangreiches Facelift: Neues Frontdesign, neu gestaltetes Cockpit, überarbeitetes Fahrwerk sowie neu programmierte Servolenkung
01/2010: Die Fahrzeuggarantie wird auf sieben Jahre und 150.000 km erweitert
12/2010: 6-Gang-Getriebe für Benzinermodelle, Start-Stopp-System (ISG) optional erhältlich
DAS SAGT KIA …
… ZU DEN HÄUFIGEN BESCHWERDEN ÜBER EINEN FEHLENDEN DREHZAHLSENKENDEN SECHSTEN GANG:
Bei den Benzinmotoren haben wir bislang das Sechsgang- Getriebe nicht angeboten. Ab dem Modelljahr 2012 sind aber alle Benzinmotoren mit sechs Gängen erhältlich.
… ZU DEN AKTIVEN KOPFSTÜTZEN DER VORDERSITZE, DIE SICH BEREITS NACH VORN BEWEGEN, WENN SICH DER FAHRER ETWAS STÄRKER IN DEN SITZ DRÜCKT:
Dies ist mechanisch bedingt. Die Kopfstützen sind mit nach unten längeren Leisten und einer Querverbindung im Sitz ausgestattet. Bei stärkerem Druck auf die Rückenlehne wird somit die Kopfstütze nach vorn bewegt.
… ZUR GERINGEN REICHWEITE VON NUR RUND 400 KILOMETERN AUFGRUND DES SCHLECHT ZU BETANKENDEN KRAFTSTOFFBEHÄLTERS:
Der cee’d hat einen 53 Liter großen Tank, der damit in der üblichen Spanne von 50 bis 60 Litern in diesem Fahrzeugsegment liegt. Bekanntlich hängt die Reichweite auch von der Nutzung und der Fahrweise eines Fahrzeugs ab.
… ZUM KLEIN GERATENEN DISPLAY DES INFOTAINMENT-SYSTEMS, DAS DURCH SCHLECHTE ABLESBARKEIT AUFFIEL:
Seit dem Modelljahr 2011 wird ein optimiertes Infotainment-System angeboten.
… ZU DEN FRONTSCHEINWERFERN, DIE DURCH IHRE BESCHEIDENE LEUCHTKRAFT NEGATIV AUFFIELEN:
Seit dem Modelljahr 2010 werden neue Reflektoren verbaut.
… ZU DEN AUSGESCHLAGENEN KOPPELSTANGEN DES VORDERACHSSTABILISATORS, DIE STARKE POLTERGERÄUSCHE
VERURSACHT HATTEN UND GETAUSCHT WERDEN MUSSTEN:
Dies wurde mit der Serviceaktion im November 2009 behoben.
Fazit
Hinsichtlich der Zuverlässigkeit hat der Kia cee’d Sporty Wagon eine überzeugende Vorstellung abgeliefert: Kein Liegenbleiben, nur die Koppelstangen des vorderen Stabilisators mussten außerplanmäßig getauscht werden. Auch die Preisgestaltung und die umfangreichen Garantiebedingungen des geräumigen Koreaners verdienen ausdrücklich Lob. In puncto Fahrwerk sowie Antrieb ist jedoch noch Feinschliff nötig. Die Reichweite fällt in der Praxis mit rund 400 Kilometern zu gering aus.
Technische Daten | |
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Motor | |
Zylinder | 4-Zylinder, 4-Ventiler |
Hubraum | 1975 |
Leistung kW/PS 1/Min | 105/143 6000 U/min |
Max. Drehmom. (Nm) bei 1/Min | 186 4600 U/min |
Kraftübertragung | |
Getriebe | 5 Gang manuell |
Antrieb | Vorderrad |
Fahrwerk | |
Bremsen | v: innenbelüftete Scheiben h: Scheiben |
Bereifung | v: 225/45 R 17 W h: 225/45 R 17 W |
Messwerte | |
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Gewichte (kg) | |
Leergewicht (Werk) | 1322 |
Beschleunigung/Zwischenspurt | |
0-100 km/h (s) | 9.4 |
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 205 |
Verbrauch | |
Testverbrauch | 9.6l/100km (Super) |
EU-Verbrauch | 7.3l/100km (Super) |
Reichweite | k.A. |
Abgas-Emissionen | |
Kohlendioxid CO2 (g/km) | k.A. |