Citroën DS/CX/C6: Classic Cars
Der Tradition zum Trotz
Auch wenn Citroën mehr als 100 Jahre alt ist, Rost hat die Marke noch nicht angesetzt. Seit jeher hat bei ihr der Bruch mit der Konvention Tradition – das zeigt das Generationentreffen mit einem Classic Cars-Vergleich von Citroën DS, Citroën CX und Citroën C6.
Hätten alle Autohersteller nur eine Kundschaft wie die Sobezyk-Molinas, könnten sie Werbung und Marketing komplett einstellen. Die Familie aus Versailles fährt nur Citroën – und zwar seit 1937. So erklärt sich auch Bruno Sobezyk-Molinas Faible für den CX. Zum Generationentreffen kommt der Telekommunikationsfachmann mit seinem 84er CX zum Chateau d’Ermenonville nahe Paris vorgefahren, wo der Philosoph und Freidenker Jean Jacques Rousseau seinen Lebensabend verbrachte. "Der Mensch ist frei geboren und liegt doch überall in Ketten."
Nicht ausgeschlossen, dass Rousseaus Feststellung auch André Citroën beeindruckt hat, als er sich entschloss, im Autobau zusammen mit Konstrukteur André Lefèbvre den Traditionen zu trotzen und besonders fortschrittliche Autos zu bauen – wie den 1934 vorgestellten "Traction Avant" mit selbsttragender Karosserie, Frontantrieb, hydraulischen Bremsen und ab 1954 mit hydropneumatischer Federung an der Hinterachse. Ein Meilenstein im Automobilbau. Überhaupt der Frontantrieb: "Ein Pferd schiebt ja auch keinen Wagen, sondern zieht ihn", soll André Citroën dieses Antriebskonzept und die seinerzeit sensationelle Straßenlage begründet haben, die auch mehr als 100 Jahre nach der Gründung Citroëns in aller Munde ist. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Der Citroën ë-C3 (2024) im Video:
Classic Cars vergleicht Citroën DS, CX & C6
André Citroëns Fortschrittsvermächtnis zeigt sich auch in dem Nachfolger, der "Göttin" Citroën DS, die 1955 die Autowelt überraschte und sich nun dem Vergleich mit Citroën CX und C6 stellt. Mit einer DS 23 "Pallas" aus dem vorletzten Baujahr 1974 lässt Citroën-Enthusiast Jérôme Berge aus Pantin den Chateau-Kies unter den Rädern knirschen. "Mich beeindruckt an diesem Auto besonders das Design", erklärt Modellbauer Berge seine Vorliebe für die Göttin und ihre unkonventionellen Formen. Noch immer ist das von Flaminio Bertoni stammende Design mit spitz zulaufender, Kühlergrill-loser Front und den hinteren, aus dem Dach herauswachsenden Blinkern zeitlos. Der Zeit voraus war damals die aufwendige Technik mit Hochdruckbremse, Zentralhydraulik für Lenkung, Bremse, Kupplung, Schaltung sowie mit hydropneumatischer Federung und – ab 1967 – Kurvenlicht.
Citroën CX mit futuristischem Ambiente debütierte 1974
Formale Extravaganzen kennzeichnen ebenfalls den Citroën DX, der 1974 debütierte. Ein Symbol automobilen Freigeistes, das es – Ironie der Geschichte – als Spitzenmodell "Prestige" mit langem Radstand und Vinyldach gar in den Fuhrpark von Erich Honecker schaffte. Die langgestreckte Silhouette der Schräghecklimousine, die unter der Federführung von Robert Opron entstand, der Einarmwischer und die teilverkleideten Hinterräder zeigen, woher der CX seinen Namen hat: CX ist eine andere Bezeichnung für cW-Wert. Und der lag – für damalige Serienautos sensationell – bei strömungsgünstigen 0,39. Den Innenraum dominieren die elipsenförmige Instrumenteneinheit mit Lupentacho und "Bedienungssatelliten" rechts und links. Damit lassen sich Blinker, Warnblinker, Scheibenwischer und -wascher sowie Hupe und Licht betätigen, ohne dass der:die Fahrer:in die Hände vom Lenkrad nehmen muss. Das futuristische Ambiente versprüht Science-Fiction-Feeling, sodass man mit dem CX spontan abheben und einen Satelliten persönlich ins All befördern möchte.
Markentypisches Fahrgefühl
Geschichte wiederholt sich – in diesem Fall mit dem aktuellen Citroën C6. Das Schrägheck, die konkave Heckscheibe, die Rückkehr der rahmenlosen Seitenscheiben und die weiterentwickelte Hydropneumatik – Design- und Technik-Zitate, gekonnt arrangiert, die nicht unter einer Überdosis Retro leiden. All das dürfte dafür sorgen, dass Brunos Familie auch im Jahr 2047 noch Citroën fährt. Der Citroën DX-Besitzer ist nach den ersten Kilometern im C6 entsprechend begeistert. Überhaupt machen Deja-vù-Erlebnisse einen Teil der Fahreindrücke von den drei Citroën-Limousinen DS, CX und C6 im Vergleich aus. Zum Start der Citroën DS dreht man keinen Schlüssel, sondern stellt den spindeldürren Wählhebel der Halbautomatik auf D (für démarrer = starten), drückt selbigen dann nach hinten, um den ersten Gang einzulegen – und beschwingt helfen einem die 126 PS (93 kW) des 2,3-l-Benzineinspritzers, der Zeit zu enteilen. Stilecht seitengeneigt durch die wenigen Kurven der Picardie gleitend, wähnt man sich auch in dieser über 50 Jahre alten Konstruktion noch auf dem Weg in die Zukunft.
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Seitengeneigtes Gleiten im Citroën DX
Jenes Gleiten, das sanfte Wiegen auf Bodenwellen, die nahezu perfekte Absorption von Schlaglöchern – das ist es auch, was den Citroën DX auszeichnet. Neu gegenüber der Citroën DS ist die gewöhnungsbedürftige DIRAVI-Servolenkung (DIrection assistée à RAppel asserVI, frei übersetzt: Servolenkung mit automatischer Rückstellung) und ihrer Eigenart, die Vorderräder von allein wieder in Geradeausstellung zu bringen. Dafür wartet der Citroën CX aber mit einem sensationellen Geradeauslauf auf. Gemeinsam, aber nicht minder gewöhnungsbedürftig, hat der Citroën CX mit der Citroën DS eine druck- statt weggesteuerte Bremse, welche die Dosierung erschwert. 138 PS (101 kW) aus 2,5 l Hubraum, eine Einspritzanlage und eine elektronische Zündung sorgen für Laufkultur und zügige Beschleunigung, die Karosserie verursacht nur wenig Windgeräusche. "Der Verbrauch liegt im Schnitt bei 9,5 l Super auf 100 km", lobt Bruno Sobezyk-Molina die Aerodynamik.
Citroën C6 glänzt mit hohem Geräuschkomfort
Mit hohem Geräuschkomfort glänzt auch der Citroën C6 im Vergleich mit Citroën DS und Citroën DX. Dank weiterentwickelter Hydropneumatik gab der große Gallier bei Citroën ab 2005 den Ton in puncto Federungskomfort an. Und beim Drehmoment stellt der flüsterleise Common-Rail-Diesel die Benziner der Ahnen in den Schatten: 400 Nm Drehmoment und die Sechsgangautomatik sorgen für noch mehr Gelassenheit. Geblieben ist das sanfte Wiegen auf zweitklassigen Landstraßen. So spannend kann Entspannung sein.