Oberklasse-Limousinen im Vergleichstest Oberklasse-Limousinen
Chrysler, Citroën und Jaguar verlassen die von der deutschen Konkurrenz eingefahrenen Wege. Haben sie mit ihren eigenen Interpretationen einer Oberklasse-Limousine das Zeug, um an der Mercedes E-Klasse vorbeizuziehen?
Die Zeiten der grauen Mäuse sind vorbei. Individualität heißt das neue Zauberwort. Auch viele Automobilhersteller setzen wieder mehr auf Eigenständigkeit und rücken ihre eigene Identität verstärkt in den Vordergrund. Zulange bewegten sie sich in der Vergangenheit im Design-Mainstream, der vor allem von deutschen Modellen geprägt wurde. Doch es gibt Ausnahmen wie etwa den Jaguar S-Type, der mit britischer Clubatmosphäre um die Gunst der Kunden wirbt. Chrysler wiederum sorgt mit dem 300 C nach wie vor für Aufsehen. Und nun besinnen sich endlich auch die Macher von Citroën auf ihre ursprünglichen Stärken. Mit Citroëns markentypischer Formensprache hebt sich die Silhouette des neuen C6 erfreulich aus der Masse der Stufenhecklimousinen heraus. Dagegen wirkt die Mercedes E-Klasse wie aus dem Lehrbuch der Funktionalität. Emotionen kommen da kaum auf. Dennoch gehört die E-Klasse unbestritten zu den besten Fahrzeugen ihres Segments. Können Jaguar, Chrysler und Citroën mit extravagantem Design und, wie im Falle des C6, mit aufwändiger Fahrwerkstechnik der E-Klasse tatsächlich gefährlich werden? Der Vergleichstest mit den aktuellen Dieselvarianten klärt diese Frage.
Karosserie
Die verschiedenen Philosophien der vier Anbieter spiegeln sich auch im Innenraum wieder. Citroën setzt auf eine luftige Atmosphäre mit viel Kopf- und Schulterfreiheit auf den vorderen Plätzen. Chrysler bietet vor allem den Beinen des Fahrers nahezu unendliche Bewegungsfreiheit. Auf Wunsch lässt sich sogar die Pedalerie gegen einen Aufpreis von 260 Euro elektrisch in Längsrichtung einstellen. Von Enge kann man auch im Mercedes nicht reden. Dennoch sitzt der Fahrer näher an Tür und B-Säule. Der Jaguar ist zwar knapp geschnitten, zwickt aber auch große Passagiere nicht. Allerdings gilt dies nur für die vorderen Sitzplätze. Hinten sorgt, wie auch im Citroën, die eingeschränkte Kopffreiheit für etwas Unmut. Der C6 verwöhnt die Fondpassagiere hinten mit dem größten Knieraum und dem breitesten Innenraum im Vergleich. Insgesamt gesehen ist es jedoch die E-Klasse, die das beste Raumgefühl im Fond offeriert. Beim Mercedes steht die Funktionalität im Vordergrund, was ihm bei der Bedienung sämtlicher Schalter und Tasten zugute kommt. Von dieser Erfahrung profitiert das Konzernmitglied Chrysler 300 C. Wenige, klar gegliederte und große Schalter erleichtern die Bedienung. Ganz im Gegensatz dazu steht der Citroën, der eine mit zahllosen und viel zu kleinen Tasten überfrachtete Mittelkonsole im ansonsten sehr sachlichen Innenraum besitzt. Das Versteckspiel der Sitzheizungs-Einstellrädchen etwa hat erst beim Blick in die Bedienungsanleitung ein Ende: Sie befinden sich außerhalb des Blickfeldes an der vorderen Sitzflanke. Solche Spielchen leistet sich der Jaguar zwar nicht, ärgert seinen Fahrer aber mit einer teilweise umständlichen Bedienung des Touchscreen-Monitors. Vor allem der während der Fahrt gesperrte Zugriff auf einige Navigations-Funktionen kostet Nerven. Abstriche muss der S-Type-Eigner auch beim Kofferraumvolumen hinnehmen. Lediglich 400 Liter fasst das Gepäckabteil. Da stimmt es kaum versöhnlich, dass Citroën (421 Liter) und Chrysler (442 Liter) nur geringfügig mehr Gepäck aufnehmen können. Nur die E-Klasse verwöhnt mit 540 Litern geradezu; Mercedes lässt sich eine vorklappbare Rückenlehne aber mit 505 Euro teuer bezahlen. Auch die Isofix-Kindersitzbefestigung, die automatische Reifendruckkontrolle, Xenonlicht oder die hinteren Seiten-Airbags kosten Aufpreis. Citroën bietet diese Sicherheits-Features bereits serienmäßig. Obendrein rüsten die Franzosen den C6 mit einem Spurassistenten (590 Euro) sowie mit einer aktiven Motorhaube aus, die sich im Falle eines Unfalles anhebt, um einen möglichen Personenaufprall abzumildern. Dass es für den Chrysler nicht einmal vordere, geschweige denn hintere Seiten-Airbags gibt, ist alles andere als zeitgemäß. Betrüblich stimmt auch die Verarbeitung des 300 C. Die aufgesetzten Holzapplikationen lösten sich beim beherzten Schließen der Türen, und die Verkleidungen der C-Säulen leiden unter schlechten Passungen. Üblicherweise bleiben solche Verfehlungen bei Mercedes aus. Bei unserem Testwagen trübte jedoch die schlecht sitzende Lederhaut der hinteren Rückenlehne den ansonsten guten Gesamteindruck. Deutlich erfreulicher präsentieren sich der Citroën C6 (da war lediglich eine Sitzschiene nicht richtig befestigt) und erst recht der Jaguar. Insbesondere die Engländer ließen ihrem S-Type über die Jahre viel Detailpflege angedeihen.
Karosserie | Max. Punkte | Citroën C6 V6 HDI 205 | Mercedes E 320 CDI | Jaguar S-Type 2.7 D | Chrysler 300C 3.0 CRD |
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Raumangebot vorn | 100 | 82 | 80 | 77 | 81 |
Raumangebot hinten | 100 | 77 | 79 | 75 | 75 |
Übersichtlichkeit | 70 | 55 | 55 | 50 | 57 |
Bedienung/ Funktion | 100 | 68 | 76 | 70 | 74 |
Kofferraumvolumen | 100 | 42 | 56 | 39 | 44 |
Variabilität | 100 | 15 | 10 | 15 | 15 |
Zuladung/ Anhängelast | 80 | 27 | 37 | 38 | 32 |
Sicherheit | 150 | 132 | 103 | 95 | 80 |
Qualität/ Verarbeitung | 200 | 170 | 167 | 171 | 158 |
Kapitelbewertung | 1000 | 668 | 663 | 630 | 616 |
Fahrkomfort
Wie bei der Verarbeitung zeigt sich der Jaguar auch beim Komfort von seiner besten Seite. Neben seinen angenehm gepolsterten Executive-Sitzen, bei denen sich die Sitzflächen für eine optimale Schenkelauflage verlängern lassen, schmeicheln den Insassen auch die Federelemente - obwohl sie betont sportlich abgestimmt sind. Denn der S-Type überzeugt mit einem sehr feinfühligen Ansprechverhalten und hält übertriebene Härte von den Insassen fern. Der Mercedes reagiert genauso wie der Chrysler empfindlich auf Querfugen und dämpft lange Federbewegungen recht abrupt ab. Dabei arbeitet die Federung des 300 C allerdings stets deutlich unsensibler als die der E-Klasse. Eine Sonderstellung genießt der Citroën C6. Im Gegensatz zur mit Stahlfedern ausgerüsteten Konkurrenz übernimmt beim C6 eine hydropneumatische Federung mit elektronisch geregelten Dämpfern und Niveauausgleich die Arbeit. Und das macht sie derart gelassen, dass der C6 seine Mitstreiter auf allen Fahrbahnbelägen in den Schatten stellt. Stellenweise fragt man sich, ob die Straßenmeisterei über Nacht die Fahrbahndecke erneuert hat, auf der man noch einen Tag zuvor mit einem der Konkurrenten holprige Bodenwellen ausmachen konnte. Selbst die manuelle anzuwählende Sportabstimmung ändert daran nichts. Vielmehr macht sie sich auf schnellen Autobahnetappen positiv bemerkbar: Die leichten Aufbaubewegungen der Karosserie werden dann nahezu vollständig eliminiert und der C6 durcheilt zügige Kurven mit stoischer Ruhe sowie ohne erkennbare Seitenneigung. Die großen und straffen Fauteuils bieten zudem ausreichende Schulterunterstützung und vervollständigen den gediegenen Komfort. Genauso wie der sehr kultiviert laufende Motor, der im C6 noch zurückhaltender seine Stimme erhebt, als der mit gleichem Motor bestückte Jaguar.
Fahrkomfort | Max. Punkte | Citroën C6 V6 HDI 205 | Mercedes E 320 CDI | Jaguar S-Type 2.7 D | Chrysler 300C 3.0 CRD |
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Sitzkomfort vorn | 150 | 135 | 130 | 132 | 126 |
Sitzkomfort hinten | 100 | 73 | 72 | 68 | 70 |
Ergonomie | 150 | 100 | 112 | 100 | 112 |
Innengeräusche | 50 | 40 | 31 | 37 | 33 |
Geräuscheindruck | 100 | 79 | 72 | 75 | 74 |
Klimatisierung | 50 | 43 | 43 | 38 | 36 |
Federung leer | 200 | 178 | 158 | 162 | 152 |
Federung beladen | 200 | 178 | 155 | 163 | 150 |
Kapitelbewertung | 1000 | 826 | 773 | 775 | 753 |
Motor und Getriebe
Obwohl jeweils Jaguar und Citroën sowie Mercedes und Chrysler die gleichen Triebwerke nutzen, ergeben sich durch die auf die jeweiligen Ansprüche angepasste Motorabstimmung und die verschiedenen Automatikgetriebe deutliche Unterschiede beim Antrieb. Sowohl im S-Type als auch im C6 arbeiten das 2,7 Liter große Dieselaggregat von PSA sehr kultiviert. Die zurückhaltende und sanfte Art, wie die Automatik des C6 die Gänge sortiert, passt hervorragend zum Komfort-Charakter des noblen Franzosen. Dem Jaguar verhilft die sportlichere Automatik zu besseren Beschleunigungswerten. Der S-Type 2.7 D verbraucht gegenüber dem C6 V6 HDi, der mit 10,3 Liter/100 km der durstigste Testkandidat ist, zudem weniger. Die beiden deutlich hörbar als Diesel auszumachenden 3,0-Liter-Motoren des DaimlerChrysler-Konzerns begnügen sich mit weniger Kraftstoff. Der günstige Verbrauch des E 320 CDI (8,9 l/100 km) ist auch ein Ergebnis der Sieben-Stufen-Automatik, die stets die passende Übersetzung bereitstellt. Die dazu notwendigen häufigen Schaltvorgänge wirken jedoch stellenweise übereilt. Der Chrysler verweilt länger in einer seiner fünf Stufen. Dennoch kann ihn bis 160 km/h keiner seiner Verfolger einholen. Darüber verhindert seine lang übersetzte fünfte Stufe allzu viel Temperament. Oberhalb von 200 km/h kann ohnehin nur noch der Mercedes, dessen Vortrieb erst bei 248 km/h endet, noch druckvoll an Geschwindigkeit zulegen.
Motor und Getriebe | Max. Punkte | Citroën C6 V6 HDI 205 | Mercedes E 320 CDI | Jaguar S-Type 2.7 D | Chrysler 300C 3.0 CRD |
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Beschleunigung | 150 | 141 | 156 | 144 | 157 |
Elastizität | 100 | ||||
Höchstgeschwindigkeit | 150 | 100 | 118 | 92 | 100 |
Getriebeabstufung | 100 | 84 | 89 | 85 | 85 |
Kraftentfaltung | 50 | 35 | 36 | 35 | 38 |
Laufkultur | 100 | 89 | 83 | 87 | 84 |
Verbrauch | 325 | 137 | 151 | 149 | 143 |
Reichweite | 25 | 25 | 35 | 27 | 25 |
Kapitelbewertung | 1000 | 611 | 668 | 619 | 632 |
Fahrdynamik
Die hohe Leistung, die 300 C und E-Klasse bereitstellen, sorgt dafür, dass die Traktionskontrollen viel Arbeit haben. Übermütige Gasfüße werden in Kurven schnell eingebremst. Zuvor zeigt der Mercedes aber ein durchaus ausgeprägtes Eigenleben seines Hecks. Insgesamt fährt sich die E-Klasse sehr indirekt. Die Lenkung spricht verspätet an, verhärtet bei schnellen Richtungswechseln und lässt es an Präzision fehlen. Auch die Lenkung des 300 C bietet Spielraum für Verbesserungen. Die enormen Lenkwinkel, die beim Manövrieren an einen Ozeanriesen erinnern, unterdrücken von vornherein jede sportliche Ambition. Dafür bleibt der schwere Brocken stets sicher auf Kurs. Lastwechselreaktionen sind ihm völlig fremd. Er bremst zu viel Kurvengeschwindigkeit mit sehr starkem Untersteuern ein. Auch beim C6 bleiben kritische Fahrzustände aus. Die elektronischen Regelprogramme haben alles fest im Griff. Die minimierten Karosseriebewegungen, die leichtgängige, mit geringen Winkeln operierende Lenkung und das entkoppelte Fahrwerk lassen den Fahrer das Gewicht von knapp zwei Tonnen kaum spüren. Wirklich sportlich bewegt sich nur der Jaguar. Seine Lenkung setzt Richtungswechsel am direktesten um und bietet zudem sehr feine Rückmeldungen. Lediglich leichtes Übersteuern muss die elektronische Fahrdynamikregelung im Extremfall einbremsen.
Fahrdynamik | Max. Punkte | Citroën C6 V6 HDI 205 | Mercedes E 320 CDI | Jaguar S-Type 2.7 D | Chrysler 300C 3.0 CRD |
---|---|---|---|---|---|
Handling | 150 | 69 | 81 | 90 | 78 |
Slalom | 100 | 45 | 33 | 50 | 37 |
Lenkung | 100 | 66 | 65 | 68 | 60 |
Geradeauslauf | 50 | 42 | 40 | 38 | 35 |
Bremsdosierung | 30 | 12 | 10 | 15 | 7 |
Bremsweg kalt | 150 | 95 | 108 | 105 | 93 |
Bremsweg warm | 150 | 127 | 113 | 112 | 118 |
Traktion | 100 | 42 | 37 | 40 | 39 |
Fahrsicherheit | 150 | 120 | 110 | 115 | 118 |
Wendekreis | 20 | 1 | 12 | 1 | 4 |
Kapitelbewertung | 1000 | 619 | 609 | 634 | 589 |
Umwelt und Kosten
Keine Frage: Der Chrysler 300 C 3.0 CRD ist ein Sonderangebot. Niemand sonst bietet ein Fünf-Meter-Auto zum Preis eines Mittelklasse-Fahrzeugs an. Zudem zahlt der Kunde in den ersten vier Jahren (bis 50000 km) keinen Cent für die Wartungskosten. Da hat die Konkurrenz nichts entgegenzusetzen. Der neue Citroën C6 kostet nicht nur fast so viel wie der ohnehin als teuer bekannte Mercedes, er verbucht auch noch den höchsten Wertverlust. Der Umwelt zuliebe erfüllen alle vier Diesel-Limousinen die Euro-4-Grenzwerte und reinigen ihre Abgase vom Ruß. Allerdings verlangt Mercedes als einziger Anbieter einen Aufpries für den Partikelfilter.
Kosten/Umwelt | Max. Punkte | Citroën C6 V6 HDI 205 | Mercedes E 320 CDI | Jaguar S-Type 2.7 D | Chrysler 300C 3.0 CRD |
---|---|---|---|---|---|
Bewerteter Preis | 675 | 299 | 296 | 313 | 324 |
Wertverlust | 50 | 27 | 35 | 40 | 44 |
Ausstattung | 25 | 48 | 48 | 48 | 48 |
Multimedia | 50 | ||||
Garantie/Gewährleistung | 50 | 28 | 27 | 30 | 26 |
Werkstattkosten | 20 | 42 | 36 | 36 | 50 |
Steuer | 10 | 18 | 15 | 18 | 15 |
Versicherung | 40 | 28 | 33 | 28 | 30 |
Kraftstoff | 55 | 35 | 38 | 37 | 36 |
Emissionswerte | 25 | 73 | 79 | 76 | 80 |
Kapitelbewertung | 1000 | 598 | 607 | 626 | 653 |
Fazit
Nur wer an sich glaubt, wird seine Ziele erreichen. Citroën hat an sich geglaubt, die individuellen Vorzüge der Marke perfektioniert und das Ziel Vergleichstestsieg erreicht. In erster Linie ist es das hydropneumatische Fahrwerk, dass den Ausschlag gibt. Hinzu kommt, das die Franzosen die Sicherheit genauso wie den Komfort in den Vordergrund gerückt haben. Da müssen selbst die Schwaben passen. Dennoch bleibt der Mercedes ein vorzüglicher Wagen, der nicht nur durch seinen kräftigen Motor gefällt. Ausgesprochen gut schneidet der Jaguar ab. Dem sportlichen Engländer wurde viel Feinarbeit zuteil. Er empfiehlt sich für alle, die es gerne etwas enger geschnitten haben. Der Chrysler 300 C ist das Gegenteil dazu. Keine Frage: Er leistet sich einige Schwächen. Dafür bietet er ein Fahrgefühl, das so amerikanisch ist, dass man sich den Urlaub in den USA fast schenken kann. Im Citroën C6 dürfen sich die Passagiere dagegen wie Gott in Frankreich fühlen.
Gesamtbewertung
Max. Punkte | Citroën C6 V6 HDI 205 | Mercedes E 320 CDI | Jaguar S-Type 2.7 D | Chrysler 300C 3.0 CRD | |
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Summe | 5000 | 3322 | 3320 | 3284 | 3243 |
Platzierung | 1 | 2 | 3 | 4 |