Ford Mustang GT/Porsche 911 Carrera S: Vergleichstest Mustang gegen 911 – Prinzipien?
Wenn zwei Ikonen wie Ford Mustang und Porsche 911 im Test aufeinandertreffen, ist das feinster Stammtisch-Zündstoff. Acht Zylinder mit fünf Liter Hubraum wirft der wilde Ami in die Waagschale, der Porsche pariert mit Turbo-Boxer!
Schockstarre bei Porsche-Puristen im Jahr 1997: Die Ingenieure hatten das 911-Heiligtum, den Sechszylinder-Boxer, von Luft- auf Wasserkühlung umgestellt. Heute grämen sich die Klang-Fetischisten des freisaugenden Verbrenners, weil der Downsizing-Trend selbst vor einer Ikone wie dem Elfer nicht mehr Halt macht. Im Klartext: kleinere Aggregate und Zwangsbeatmung via Biturbo. Auch die Präsentation des 2015er Ford Mustang sorgte bei Muscle-Car-Freunden kurz für Schnappatmung, als in der Preisliste ein aufgeladener Vierzylinder auftauchte. Natürlich ist aber nach wie vor ein V8-Kraftspender im Angebot – quasi genauso stark wie der neue Dreiliter-Biturbo des 911 Carrera S. Vergleichstest zweier Sportwagen, die trotz technischen Fortschritts Traditionalisten geblieben sind.
Turbolader gegen Hubraum – Porsche gegen Mustang
Nur noch drei Liter Hubraum, dafür aber zwei Turbolader: Vorbei sind die Zeiten des freisaugenden 3.8er im Carrera S. Immerhin wirbeln nach wie vor sechs Boxer-Kolben tief unten im Heck des Testkandidaten. Grund für Ärger über die Abgasvorschriften gibt es aber eigentlich nicht, denn Porsche hat die Pflicht als Chance begriffen und dem Elfer-Antrieb nicht nur gute Trinkmanieren beigebracht, sondern auch ein Triebwerk entwickelt, das in allen Belangen besser ist als das bisherige. Dass die Gasannahme im Vergleich zu der des Vorgängers minimal verzögert passiert, wird der Ottonormalfahrer wohl kaum bemerken. Dass es eine doppelte Aufladung gibt, hingegen schon. Und wenn die beiden Borg Warner-Lader erst einmal angebissen haben und mit bis zu 1,1 bar Ladedruck Luft in die sechs Brennräume schaufeln, sind die Gedanken an den 991 1.0 schnell verflogen. Der Carrera in unserem spannungsgeladenen Test ist keine Schaltmaschine mehr, sondern verrichtet die meisten Alltagsaufgaben lässig zwischen vierter und sechster Welle. Bereits unter 2000 Touren schiebt der Biturbo kräftig an, darüber geht die Post so richtig ab – mit maximal 500 Nm Drehmoment. Noch schnell ein paar nackte Daten: 4,1 Sekunden von null auf 100 km/h, bis Tempo 200 nur 13,3 Sekunden, Spitze 308 km/h. Nach dem Verbrauchstest notieren wir 10,2 Liter Super Plus auf 100 km – das saugende Vorgängeraggregat genehmigte sich an gleicher Stelle zwei Liter mehr.
Ford Mustang GT im Test nah am Normverbrauch
Wie der 911 erreicht der Ford Mustang GT seine maximale Leistung von 421 PS bei 6500 Touren, allerdings wirkt der Coyote-V8 im Vergleich zum hocheffizienten und komplexen Motor aus Zuffenhausen technisch einfacher gestrickt. Dennoch begeistert das fünf Liter große Ami-Aggregat in unserem Testverfahren auf seine ganz eigene Art. Schon im niedertourigen Betrieb spannt das Wildpferd die Muskeln an, ab rund 5000 /min hämmert der Achtzylinder seinen unnachahmlichen Heavy-Metal-Sound und könnte das Coupé noch schneller als 250 km/h machen – wenn nicht die Elektronik eingreifen würde. Der Standardsprint dauert eine Sekunde länger als mit dem Porsche, die 230 Kilo Mehrgewicht darf man dabei nicht außer Acht lassen. So ist es schon fast bemerkenswert, dass der Ford im Test "nur" 12,8 Liter Super schluckt und damit ziemlich nah am Normverbrauch bleibt – auch dank seiner Sechsstufen-Automatik, die im Alltagsbetrieb meist früh hoch- und nur selten unnötig zurückschaltet. Wir sind verblüfft, wie gut die Ford-Ingenieure die neue Generation des Mustang dressiert haben. Noch nie gab es so viel Sportwagen für so wenig Geld.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie Porsche das für fahrdynamische Höchstleistungen eigentlich nicht ganz ideale Heckmotor-Konzept des Elfer stets weiter verfeinert und perfektioniert – so auch jetzt. Ausgestattet mit sündhaft teuren Hightech-Zutaten wie Wankstabilisierung, aktiven Motorlagern, Hinterachslenkung und Karbon-Keramik-Bremse läuft der Carrera S zur Höchstform auf. Mit 73,2 km/h geht es durch die Slalomgasse – fast so schnell wie der GT3 RS. Fünf Sekunden eher als der getestete Mustang überquert der Stuttgarter die Ziellinie des Handlingkurses. Mit perfekter Bremsbalance, nach dem Anwärmen der Pirellis für einen Hecktriebler sensationeller Traktion, extremer Querbeschleunigung und einer feinnervigen, unaufgeregten Lenkung, die ihresgleichen sucht, schlägt er den Mustang in diesem Kapitel. Aber aufgepasst: Der Deutsche kostet auch fast dreimal so viel wie der Ami. Im Grenzbereich ist der Mustang mehr in Bewegung, und man muss das am Kurvenausgang bei zu viel Leistungseinsatz leicht auskeilende Heck mit spontanen Lenkbewegungen einfangen. Trotz fahrdynamischer Quantensprünge im Vergleich zu den alten Mustang-Generationen ist der Neue noch immer ein herrlich muskelbepacktes Wildpferd, das auch mit seinen kurzen Bremswegen von knapp 35 Metern (kalt/warm) überzeugt. Der Porsche kann das mit seiner 8500 Euro teuren Karbon-Keramik-Bremse noch besser und steht mit warmen Scheiben nach 30,7 Metern aus Tempo 100.
Porsche 911 Carrera S ist penibel verarbeitet
In beiden Test-Sportwagen herrscht auf den vorderen Sitzen kein Platzmangel. Aber obwohl der Porsche bei Innenhöhe und Beinraum mit dem Mustang auf Augenhöhe liegt, macht sich die um 13 Zentimeter großzügigere Innenbreite des Ford deutlich bemerkbar. Zudem fasst sein 408 Liter großer Kofferraum locker das Gepäck eines Wochenendausflugs, und bei umgeklappten Rücksitzlehnen bewältigt er sogar den kompletten Wocheneinkauf oder eine Urlaubsfahrt. Mit nur 145 Liter Ladevolumen hat der 911er hier klar das Nachsehen. Dafür überflügelt der penibelst verarbeitete und extrem verwindungssteife Porsche den Mustang bei der Qualitätsanmutung. Das Ford-Cockpit ist zwar sehr ordentlich gefertigt, die Knistergeräusche auf schlechter Fahrbahn und die ab Tempo 140 flatternde Motorhaube sind aber wohl eine Reminiszenz an alte Zeiten. Obwohl gerade der Porsche, aber auch der Ford, eher auf Performance als Fahrkomfort getrimmt sind, machen beide 420-PS-Boliden ihre Sache gut. Im Mustang kommen Fahrer und Co-Pilot auf angenehm gepolsterten Ledersesseln unter, die in schnell gefahrenen Kurven den nötigen Halt geben. Die hohe Sitzposition ist zwar der Übersichtlichkeit zuträglich, allerdings fühlt man sich nicht so gut ins Auto integriert. Störend zeigen sich im Vergleichstest zudem die etwas kurz geratenen Oberschenkelau¬flagen sowie das sehr grobe manuelle Einstellraster der Rückenlehnen.
Die Integralsitze des Sportwagens aus Zuffenhausen sind nicht nur besser konturiert, sondern schaffen auch eine Porsche-typisch tiefe Sitzposition, die den Fahrer scheinbar mit dem Fahrzeug verschmelzen lässt. Auf den hinteren Plätzen bietet dafür der Ford klare Vorteile. Während man die beiden Notsitze im Fond des 911 besser nur als Ablagefläche nutzt, sitzen Kinder oder Mitreisende bis 1,70 Meter im Mustang auch auf längeren Strecken durchaus bequem. Selbst in puncto Geräuschdämmung überrascht der bullige Ami. Bei konstantem Autobahntempo bis 150 km/h werden Wind- und Abrollgeräusche recht wirkungsvoll von den Insassen ferngehalten, und der blubbernde V8-Motor wechselt nur bei Überholvorgängen in eine brummig-dröhnige Tonlage. Das Turbo-Aggregat des Porsche zeigt sich in jedem Drehzahlbereich präsenter. Und während die Abschottung gegen Fahrtwind ebenfalls wirkungsvoll ist, stören die vergleichsweise lauten Abrollgeräusche.
Fairer Preis für den besten Mustang
Beeindrucken kann der adaptiv gedämpfte Porsche in den Testfahrten beim Federungskomfort. Im Alltag gefällt die straffe und dennoch komfortable Abstimmung, die lange Wellen und kurze Unebenheiten souverän und ohne nennenswerte Aufbaubewegungen verarbeitet. Auch die extremen Bedingungen auf der mit Unebenheiten übersäten Teststrecke meistert der neue Elfer souverän. Wegen der hecklastigen Gewichtsverteilung fällt die Hinterachse zwar teilweise etwas plump in querliegende Vertiefungen, die Balance zwischen Zug- und Druckstufe ist aber ebenso gelungen wie die geringe Ausfederbewegung. Der Mustang hinterlässt auf der Teststrecke ebenfalls einen guten Eindruck. Im Alltagsbetrieb auf welligen Autobahnen liegt das Wildpferd aber nicht so gelassen auf der Fahrbahn, sodass die angeregte Karosserie einen etwas nervösen Fahreindruck vermittelt. Der Ford Mustang GT kostet mit umfangreicher Ausstattung, Automatik-Getriebe und V8-Triebwerk gerade einmal 44.000 Euro. Für den besten Mustang aller Zeiten ist das ein fairer Preis. Der inklusive der bewerteten Sonderausstattungen 131.092 Euro teure Carrera S ist dagegen fast dreimal so teuer und spricht somit eine ganz andere Käuferklientel an. Punkten kann der teure Schwabe unseres Vergleichstests mit der über 200 Euro geringeren Kfz-Steuer. Obwohl der Elfer im Gegensatz zum Mustang nach teurem Super Plus verlangt, sind dank des gut zweieinhalb Liter niedrigeren Testverbrauchs auch die Aufwendungen für den Kraftstoff geringer. Enttäuschend ist jedoch das schwache Garantiepaket des Porsche. Für beide Sportler gilt allerdings generell, dass der Unterhalt hier wie dort nach ordentlichen finanziellen Reserven verlangt.
Technische Daten | Ford Mustang GT | Porsche 911 Carrera S |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | V8/4 | B6/4; Biturbo |
Hubraum | 4951 cm³ | 2981 cm³ |
Leistung bei | 310 kW/421 PS 6500 /min | 309 kW/420 PS 6500 /min |
Max. Drehmoment bei | 530 Nm 4250 /min | 500 Nm 1700 - 5000 /min |
Getriebe | 6-Stufen-Automatik | 7-Gang, manuell |
Antrieb | Hinterrad | Hinterrad |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h (abger.) | 308 km/h |
Testwagen-Preis | 44.000 Euro | 131.092 Euro |
Porsche hat alles richtig gemacht und dem Testsieger 911 Carrera S einen Motor spendiert, der rundum begeistert: starker Antritt, heftiger Durchzug, niedriger Verbrauch. Auch in Sachen Fahrdynamik hat der Elfer weiter zugelegt. Genau wie der 2015er Ford Mustang GT mit seinem bulligen V8 und seinem bärigen Sound. Der beste Mustang aller Zeiten ist zudem ein richtig guter Sportler, der als Testwagen in diesem Vergleich auch noch knapp 90.000 Euro weniger kostet als der 911 Carrera S.