Ford/Peugeot/Seat/Skoda/VW: Vergleichstest ST gegen Cupra, 308, RS & GTI
Mit 272 PS aus nur 1,6 Litern Hubraum will der Peugeot 308 GTi das Spitzenfeld der Kompaktklasse abhängen. Doch das steht dank zwei Liter großer Turbomotoren auch nicht gerade schlecht im Futter.
Der Turbolader ist aus dem Motorenbau nicht mehr wegzudenken. Sowohl effiziente Dieselaggregate als auch winzige Downsizing-Benziner erreichen durch die kleinen Schaufelräder eine enorme Leistungsausbeute. Das gilt natürlich auch für die druckvollen Powermaschinen aus der sportlichen Kompaktklasse. Hier zieht im Gewand des Peugeot 308 GTi nun auch ein Motor ein, der schon im flachen Coupé RCZ R für Furore gesorgt hat: Ein nur 1,6 Liter großer Turbo-Benziner mit beachtlichen 272 PS. Reichen allein diese imposanten Leistungswerte aus, um den etablierten Konkurrenten Ford Focus ST (250 PS), Seat Leon Cupra (265 PS), Skoda Octavia RS 230 und VW Golf (beide 230 PS) auf dem Asphalt das Fürchten zu lehren? Ring frei für den Vergleichstest.
VW Golf GTI im Video:
Der Golf GTI setzt den Klassenmaßstab
Er sieht schon verdammt gut aus, der Peugeot im perlmuttweißen GTi-Anzug. Elf Millimeter gegenüber einem Basis-308 tiefergelegt, mit 19-Zoll-Felgen und zwei dicken, verchromten Endrohren geschmückt, stimmen die Proportionen des 4,25 Meter langen Franzosen perfekt. Innen gibt er sich luftiger als Ford Focus und Seat Leon, auch wenn die Platzverhältnisse auf der Rückbank nicht ganz an die von VW Golf und erst recht Skoda Octavia heranreichen. Der gut 4,65 Meter lange Tscheche fährt beim Raumangebot ohnehin in einer eigenen Klasse. Allein der riesige Kofferraum unter der großen Klappe (590 bis 1580 Liter) erinnert an Kombiverhältnisse. Mit 420 bis 1228 Litern hält der Peugeot 308 aber tapfer dagegen. Und die eigensinnige, sehr reduzierte Innenraumgestaltung mit guter Verarbeitung schafft zunächst tatsächlich mehr Platz im Innern. Brauchbare Ablagen gibt es dafür nur wenige. So findet man versteckt in der Mittelkonsole nur einen ausklappbaren Cupholder, in den Standardbecher jedoch nur schlecht hinein passen. Auch bei der Sicherheitsausstattung muss man Abstriche machen. Zwar sind LED-Scheinwerfer, Notrufassistent sowie Einparkhilfen vorn und hinten bereits serienmäßig an Bord des 308. Kurven- oder Abbiegelicht gibt es ebenso wie einen Müdigkeitswarner oder die Verkehrszeichenerkennung aber nur bei der Konkurrenz. Auch einen Spurhalteassistenten sucht man in der kurzen Ausstattungsliste von Peugeot vergeblich. Den Klassenmaßstab setzt in dieser Disziplin Volkswagen. Der Golf GTI ist mit allen erdenklichen Sicherheitsassistenten bestückt – vorausgesetzt, man hat die hohen Aufpreise für die Extras gezahlt.
Straff ausgelegtes Focus-ST-Fahrwerk
Die Tieferlegung um elf Millimeter merkt man dem 308 direkt an. Er liegt damit zwar wie das sprichwörtliche Brett auf der Straße, wirkt aber gerade im Vergleich zu seinen Mitstreitern aus dem VW-Konzern fast kompromisslos. Auf lange Autobahnwellen oder harte Kanten reagiert der Franzose jedenfalls schroffer. Ähnlich straff ist das Sportfahrwerk des Focus ST ausgelegt, der bei aufeinander folgenden Bodenwellen zu deutlichen Nickbewegungen neigt. Die verdaut der Skoda mit seinem längeren Radstand (2,69 Meter) viel harmonischer, obwohl er ebenfalls auf 19-Zoll-Rädern unterwegs ist und auch auf adaptive Dämpfer verzichten muss. Die bieten in diesem Vergleichstest nur Seat (serienmäßig) und VW (DCC, 1160 Euro). Gerade im Golf GTI bewirkt die Comfort-Einstellung des DCC Wunder. Der sonst so sportliche Wolfsburger verwandelt sich quasi auf Knopfdruck in eine lammfromme Sänfte. Die mit klassischem Karostoff bespannten Sitze zeigen sich ausgesprochen langstreckentauglich, und die Geräuschdämmung des VW Golf ist ohnehin mustergültig. Im Peugeot verhindern die begrenzten Einstellbereiche eine komfortablere Sitzposition, im Ford sind es die harten Sitzflanken der engen Recaros. Der Focus ist obendrein der einzige, bei dem eine Klimaautomatik nicht im Basispreis enthalten ist.
Peugeot 308 GTi leichter als der ST
Doch wen interessieren solche Nebensächlichkeiten, wenn ein so potentes Herz unter der Haube schlägt? Zwar ist der legendäre Fünfzylinder-Turbo aus der Ford-Palette verschwunden, doch steht der Zweiliter-Vierzylinder dem alten Fünfer in nichts nach. Satten Sound und Druck liefert er aus jeder Lebenslage, und dazu hängt der Kurzhuber extrem gut am Gas. Weil auch Getriebe und Schaltung bestens ausgelegt sind, liefert der ST ultimative Fahrfreude – von leichten Antriebseinflüssen in der Lenkung einmal abgesehen. Dass der Focus bei den Fahrleistungen nicht zu den besten gehört, dürfte am hohen Gewicht liegen. Der Peugeot 308 GTi ist jedenfalls fast 150 Kilogramm leichter. So hat der kleinste Motor im Testfeld leichtes Spiel, sich in Szene zu setzen. Vehement schiebt der 1,6-Liter-Vierzylinder den Franzosen nach vorn – begleitet von gierigem Turboschnaufen und Pfeifen aus dem Waste-Gate. So stürmt der 308 dank Torsen-Differentialsperre und kurz übersetztem Getriebe in nur 6,1 Sekunden auf Tempo 100. Schneller ist nur der rassige Leon Cupra, der wegen seiner direkten Abstimmung in diesem Umfeld am ehesten zum Schnellfahren animiert. Dabei kommen wie im Peugeot auch Schaltfaule auf ihre Kosten, denn Überholmanöver lassen sich dank üppigem Drehmoment prompt auch im sechsten Gang absolvieren. Gegen die drei Heißsporne geben sich Golf und Octavia regelrecht zivilisiert. Dabei liegen die Fahrleistungen auf ähnlich hohem Niveau. Mit durchschnittlich 8,5 Litern auf 100 Kilometer verbrauchen sie auch am wenigsten. Etwas aus dem Rahmen fällt auf der Testrunde der AUTO ZEITUNG nur der Ford, der nach zwei Litern mehr verlangt.
Der Seat Leon zeigt extrem viel Grip
Ginge es nach dem subjektiven Eindruck, so würde man meinen, der Ford Focus ST jage am schnellsten um den Rundkurs. Das famose Klangbild, das agile, aber gut kontrollierbare Hinterteil und die treffgenaue Lenkung erzeugen auf der Handlingstrecke die meisten Emotionen. Allerdings ist der ST wegen seines Gewichts und der nicht so leistungsfähigen Bremse (36,7 und 35,5 Meter) nur einige Zehntelsekunden schneller als der vergleichsweise zurückhaltende Skoda Octavia RS 230. Gewohnt zackig und zielgenau, aber relativ unspektakulär kurvt der Golf GTI um die Pylonen. Welch fahrdynamisches Potenzial seine Gene haben, demonstriert aber erst der Seat Leon. Mit extrem viel Grip, sehr präziser Lenkung und gut dosierbarer Leistungsabgabe liefert er eine mustergültige Vorstellung mit sensationeller Rundenzeit ab. Noch knackiger, aber wegen des kleinen, tiefen Lenkrads nicht ganz so präzise lässt sich der 308 um die Kurven jagen. Allerdings sollte man den immensen Turboschub in Kurven zügeln, sonst marschiert der Franzose wegen der plötzlich einsetzenden Leistung über die Vorderräder nach außen. Weil auch die Bremse passend bissig ausgelegt ist (34,8 und 33,5 Meter), kann er sich bei der Fahrdynamik mit den Besten seiner Klasse messen. So verlockend eine solche Performance auch sein mag – der Peugeot 308 GTi ist zwar gut ausgestattet, in diesem Test aber klar der Teuerste. Mit 34.950 Euro ist er ganze 3650 Euro teurer als ein Golf GTI "Performance". Nochmals 2200 Euro weniger zahlt man bei Ford für den Focus ST (29.100 Euro). Der höhere Verbrauch und die geizige Multimedia-Grundausstattung kosten aber Punkte. Unterm Strich entpuppt sich so der Leon Cupra als das am fairsten kalkulierte Angebot. Im Grundpreis von 31.820 Euro sind sogar schon das adaptive Fahrwerk, Lederausstattung und LED-Scheinwerfer enthalten.
Technische Daten | Ford Focus ST | Peugeot 308 GTi | Seat Lean Cupra 265 |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/4; Turbo | 4/4; Turbo | 4/4; Turbo |
Nockenwellenantrieb | Kette | Kette | Kette |
Hubraum | 2000 cm³ | 1598 cm³ | 1984 cm³ |
Leistung bei | 184 kW/250 PS 5500 /min | 200 kW/272 PS 6000 /min | 195 kW/265 PS 5350 – 6600 /min |
Max. Drehmoment bei | 360 Nm 2000 – 4500 /min | 330 Nm 1900 /min | 350 Nm 1700 – 5300 /min |
Getriebe | 6-Gang, manuell | 6-Gang, manuell | 6-Gang, manuell |
Antrieb | Vorderrad | Vorderrad | Vorderrad |
Höchstgeschwindigkeit | 248 km/h | 250 km/h | 250 km/h |
Grundpreis | 29.100 € | 34.950 € | 31.820 € |
Technische Daten | Skoda Octavia RS 230 | VW Golf GTI "Performance" |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/4; Turbo | 4/4; Turbo |
Nockenwellenantrieb | Kette | Kette |
Hubraum | 1984 cm³ | 1984 cm³ |
Leistung bei | 169 kW/230 PS 4700 – 6200 /min | 169 kW/230 PS 4700 – 6200 /min |
Max. Drehmoment bei | 350 Nm 1500 – 4600 /min | 350 Nm 1500 – 4600 /min |
Getriebe | 6-Gang, manuell | 6-Gang, manuell |
Antrieb | Vorderrad | Vorderrad |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 250 km/h |
Grundpreis | 33.490 € | 33.490 € |
Unter den Kompaktsportlern entpuppt sich der Peugeot 308 GTi als echte Waffe. Tolle Optik, viel Leistung und eine kompromisslose Fahrdynamik lassen sogar den günstigen und fahrspaßorientierten Ford Focus ST staunen. Den verweist der Franzose auf den fünften Platz. Selbstbewusst ist allerdings der Preis des 308 – mit 34.950 Euro ist er im Vergleich der Teuerste. Und so stellen sich der rassige Seat Leon Cupra und der große Skoda Octavia RS 230 als deutlich bessere Angebote heraus. Dabei überzeugt der Spanier vor allem mit toller Fahrdynamik und bester Motor-Getriebe-Abstimmung. Wer möglichst viel Platz mit kaum schlechteren Fahrleistungen sucht, findet im komfortablen Tschechen das Auto seiner Wahl. Den besten Kompromiss aus beiden Welten stellt am Ende Volkswagen selbst auf die Räder: Der VW Golf GTI vereint Sportlichkeit, Alltagsnutzen und feinsten Komfort zu einem sehr fairen Preis – verdienter erster Platz.