Maxi-Tiguan oder Mini-Touareg? Erste Testfahrt im VW Tayron
Der VW Tayron, betonen Volkswagen-Verantwortliche, habe weder mit dem chinesischen Tayron etwas zu tun, noch sei er ein gestreckter VW Tiguan – und somit auch kein 1:1 Allspace-Nachfolger. Vielmehr könnte – die Betonung liegt auf könnte – der Tayron mittelfristig das Top-SUV der Marke werden, zumindest mit einem Verbrenner. Über eine Zukunft des Touareg ist noch nicht beschieden. Dessen nächste Generation – falls es sie gibt – könnte ausschließlich elektrisch fahren. Apropos Touareg: Um sich gegenüber dem Tiguan nicht nur bei den Maßen abzuheben, sondern auch dem selbst verordneten Premiumgedanken gerecht zu werden, erhält der Tayron zweierlei technische Goodies vom Oberklasse-SUV spendiert. Mit LED-Matrix-Scheinwerfern und einer Akustikverglasung kann der Tiguan nämlich nicht dienen.
Und wenngleich der Tayron auf den ersten Blick wie ein gestreckter Tiguan-Klon wirken mag, teilen sich die zweieiigen Zwillinge kein einziges Blech. Der markantesten Unterschiede ist freilich die Front- und Heckgestaltung. Erstere fällt gegenüber dem Tiguan deutlich steiler ab. Dadurch soll das Auto nicht nur beim Fußgängerschutz besser abschneiden, sondern auch übersichtlicher, weil besser einzuschätzen sein. Letzteres können wir mit Nachdruck bestätigen.
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Der VW Tayron (2025) im Fahrbericht (Video):
Testfahrt: Der lange VW Tayron (2025) ist ziemlich behände
Damit wären wir schon bei den Eindrücken unserer ersten Testfahrt. Bei einer Länge von knapp 4,8 m, einer Breite von 1,85 m und einer Höhe von 1,66 m ist der Tayron gute 25 cm länger als der Tiguan, 6,6 cm länger als der Vorgänger Allspace, aber gerade einmal 8,6 cm kleiner als der Touareg. Kritische Zeitgeister werden sicherlich nicht zu Unrecht das stetige Wachstum moderner Autos kritisieren. Das Familien-SUV in der Größe eines Skoda Kodiaq lässt sich aber ziemlich behände selbst durch enge Radien zirkeln. Nizza, sein Flughafen und das Hinterland geizen nicht mit verwinkelten Straßen und engen Überlandpassagen. Man darf also mit Fug und Recht behaupten: Diese Prüfung hat der Tayron gut gemeistert.
Ob die Akustikverglasung den Geräuschpegel im Interieur tatsächlich um die versprochenen fünf Dezibel reduziert, lässt sich so auf Anhieb nicht überprüfen, aber immerhin festhalten, dass der Geräuschkomfort bei Geschwindigkeiten von bis zu 120 km/h tatsächlich gut ausfällt. Ein leises Säuseln um die A-Säulen und ein manchmal angestrengtes, weil durch einen beherzten Tritt aufs Gaspedal provoziertes Knurren des 1,5-l-Benziners stehen einer entspannten Langstreckenfahrt nicht entgegen.
Von der AUTO ZEITUNG getestet und empfohlen:
1.5 eTSI wohl meistverkauftes Aggregat – aber auch gut?
Der von uns gefahrene Mildhybrid (Das sind die Vor- und Nachteile) mit 150 PS (110 kW) wird laut VW-Prognosen das meistverkaufte Aggregat sein. Mit dem Leergewicht von rund 1,7 t hat der Benziner keine Probleme. Dank des bei schon 1500 U/min anstehenden maximalen Drehmoment (250 Nm) erlaubt er ein beschwingtes Mitfahren und angemessen dynamische Zwischenspurts bei Verbräuchen von rund sieben Litern auf 100 km laut Display. Adäquat ist wohl der passende Begriff, wenn es um die Charakterisierung dieses Motors in diesem Auto geht. Die Spannbreite reicht im Übrigen vom 150 PS starken Basisbenzinern über zwei weitere Benziner und Diesel bis hin zu den 272 PS (220 kW) Systemleistung eines der zwei Plug-in-Hybride.
Das optionale DCC-Fahrwerk, das vorerst exklusiv für den Tayron ein Software-Update erhalten hat, soll dabei noch besser ansprechen. Wir können nach der ersten Testfahrt zumindest einmal mehr bestätigen, wie gut es ist: Selbst in ambitioniert genommenen Kurven kommt keine Unruhe in den Aufbau. Der angenehme Federungskomfort harmoniert mit dem serienmäßigen DSG-Getriebe, das äußerst unauffällig die Gänge sortiert. Die VW-typisch direkte Lenkung gibt überdies eine gute Rückmeldung und erlaubt präzise Richtungsbefehle.
Noch zwei kurze Nebensätze an dieser Stelle zum Infotainment: Volkswagen hat, auch von der AUTO ZEITUNG, viel Kritik für Software und Menüführung erhalten, aber offensichtlich daraus gelernt. Denn im Tayron fällt das nach und nach feingeschliffene System durchweg positiv auf. Das gilt sowohl für die Rechenleistung als auch die Bildschirmauflösung und nicht zuletzt für die cleveren Kurzwahltasten für eilige Befehle, etwa zur Einstellung der Assistenzsysteme.
Die Konkurrenten:
Das kann der Tayron besser als der Tiguan
Der wahre Unterschied zwischen Tiguan und Tayron ist also wohl weniger am Steuer, denn hinter den Vordersitzen zu finden. Elf Zentimeter mehr Radstand bedeuten zusätzliche Beinfreiheit in der zweiten Reihe, in der schon der kleine Bruder nicht gerade mit Raum geizt. Selbst für 1,87 m große Automobiljournalisten garantiert das verlängerte Set-up eine bemerkenswert bequeme Sitzposition, wie das Probesitzen bei der ersten Testfahrt klärt.
Per "Easy entry" gelingt der Zugang in die dritte Sitzreihe. Gemeint ist damit, dass die zweite Sitzreihe per Lasche neben der Kopfstütze entriegelt und dann mit einem gewissen Kraftaufwand (gar nicht mal so "easy") nach vorne gezogen wird. Gelenkigkeit ist nicht von Schaden, wenn es nach ganz hinten soll. Wenig überraschend finden dort nur Menschen bis zu einer Körpergröße von schätzungsweise 1,50 m halbwegs bequem Platz, alles darüber darf als Quälerei bezeichnet werden. Und Obacht: Die Option auf sieben Sitze beschränkt sich auf die Verbrenner – die Plug-in-Hybride sind stets reine Fünfsitzer, der Akku im Kofferraum fordert seinen Tribut.
Beim Stichwort Kofferraum fährt der Tayron natürlich groß auf, bietet 850 bis 2090 l Stauraum sowie 705 bis 1915 l als eHybrid. Hinter der dritten Sitzreihe sind es immerhin noch 345 l. Zum Vergleich: Der kleinere Tiguan bietet 652 bis 1650 l Stauraum. Mit überbordender Variabilität glänzt der Tayron allerdings nicht. Die kleinen Sitze der dritten Reihe lassen sich einzeln per Hand wegklappen, die zweite Reihe ist im Verhältnis 1:3 und 2:3 teil- und deren Lehnen umklappbar. Außerdem ist die zweite Sitzreihe längs verschieb- und ihre Lehne stufenlos in der Neigung verstellbar. Auszubauen gibt es dagegen nichts.
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Preisliche Einordnung: So Premium ist der Neuling wirklich
Der VW Tayron startet bei 45.475 Euro (Alle Preise: Stand Februar 2025) und ist damit 7000 Euro teurer als der kleinere VW Tiguan. Der Aufpreis ist, wenngleich nicht ausstattungsbereinigt, happig. Von einem echten Premiumfahrzeug lässt sich jedoch sowohl preislich als auch ausstattungstechnisch nicht sprechen: Der Aufschlag in Höhe von 1000 Euro gegenüber dem Vorgänger ist bei einem Modellwechsel (leider) üblich, ein ähnlich großer Skoda Kodiaq mit rund 43.000 Euro überschaubar günstiger.
Technische Daten des neuen VW Tayron 1.5 eTSI
AUTO ZEITUNG 07/2025 | VW Tayron 1.5 eTSI |
Technische Daten | |
Motor | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbo; 1498 cm³ |
Antrieb | 7-Gang; Doppelkupplung; Vorderrad |
Leistung | 110 kW/150 PS |
Max. Drehmoment | 250 Nm |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4792/1853 (2151)*/1668 mm |
Leergewicht/Zuladung | 1682/528 kg |
Kofferraumvolumen | 885 - 2090 l |
Fahrleistungen | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 9,4 s |
Höchstgeschwindigkeit | 204 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 6,2 l S |
Kaufinformationen | |
Grundpreis | 45.475 € |
Marktstart | März 2025 |
Alle Daten Werksangaben; *Breite mit Außenspiegel |
Mehr Platz und eine dritte Sitzreihe bei rund 7000 Euro Aufpreis zum Tiguan – man muss das Mehr eines VW Tayron wirklich wollen oder brauchen, damit sich das rechnet. Doch für sich genommen macht der Neuling bei der ersten Testfahrt hinsichtlich Bedienung, Komfort und Platz einen rundum guten Eindruck. Und weil der Touareg zur Sprache kam: Das 30.000 Euro teurere Oberklasse-SUV ist nicht nur wegen der Preisdifferenz, sondern auch wegen der fehlenden Option auf sieben Sitze keine ernsthafte Alternative.