Neuer Mercedes EQS (2021): Erste Testfahrt
Der Mercedes EQS reicht weiter
Komplett neue Elektro-Plattform, aerodynamisch gefeilt und verbrauchsoptimiert – der neue Mercedes EQS (2021) beweist auf der ersten Testfahrt Stehvermögen. Und mehr!
Klarer kann man es über den neuen Mercedes EQS (2021) nicht sagen: "Der EQS ist für uns die wichtigste Neuerscheinung in den kommenden Jahren", das räumt man bei Mercedes vor der ersten Testfahrt der AUTO ZEITUNG unumwunden ein. Und dann gehen alle Erklärungsversuche in genau eine Richtung – Reichweite. Deren Mangel hat man im Segment der großen Langstrecken-Tourer als das eigentliche Hindernis für einen Übergang vom Verbrenner hin zum Elektroantrieb ausgemacht, den EQS daher mit dem Rekord-Cw-Wert 0,20 zum bisher windschlüpfrigsten Serien-PKW geglättet und im Unterboden der riesenhaften Elektro-Limousine eine moderne Batteriegeneration mit höchster Energiedichte verbaut. Ausgeklügelte Batterie-Management-Software steuert Energieabgabe, Ladungen und Rekuperation, zukünftige Verbesserungen können auch nachträglich per Over-the-Air-Updates aufgespielt werden. Besonders stolz ist man bei Mercedes-EQ auf die Rekuperationsleistung des EQS: Bis zu 290 kW lädt der EQS beim Bremsen zurück in die Batterie, situationsoptimiert und vorausschauend auf Verkehrslage und Topographie. Der:die Fahrer:in kann den Status aber auch selbst festlegen, von unmittelbarem und kräftigem Rekuperations-Bremsen bis zum Fahrzeugstillstand über eine moderate und natürlich wirkende "Motorbrems"-Wirkung bis hin zu völlig deaktiviertem Rekuperieren im Segelmodus. Je nach installierter Batterie und Motorleistung soll der neue Mercedes EQS (2021) so bis zu 780 Kilometer (WLTP) Reichweite schaffen und sich damit wie sein traditioneller Bruder, die S-Klasse, uneingeschränkt zum Langstreckengleiten empfehlen. Mehr zum Thema: Das ist der Mercedes-AMG EQS
Der Mercedes MBUX Hyperscreen im Video:
Erste Testfahrt mit dem neuen Mercedes EQS (2021)
Für die erste Testfahrt des neuen Mercedes EQS (2021) haben sich die Stuttgarter:innen herausforderndes Terrain ausgesucht: die Alpen. Viele Kilometer sind zwischen Vierwaldstättersee und den Passhöhen der Zentralalpen zurückzulegen, natürlich ohne dazwischen Ladepausen einlegen zu müssen. Man kann es kurz machen: Wie der EQS selbst als nur hinterradangetriebener EQS 450+ die steilsten Pässe hinauffegt, das ist beeindruckend. Geräuschloser Vortrieb mit mächtig zupackendem Punch – das macht Freude. Auf der anderen Pass-Seite geht es dann ebenso steil hinab, jetzt schlägt die Stunde des:der Fahrer:in: Mit etwas Übung lässt sich die dicke Limousine völlig ohne Bremspedal die Rampen hinuntersurfen. Im Segelmodus D-Minus dahinfliegen, dann per kurzem Zug an der Lenkradwippe im Modus D sanft rekuperierend die Kurven anbremsen, jetzt auf D-Plus klicken und mit maximaler Rekuperation bis zum Scheitelpunkt der Serpentinen verzögern. Jetzt ein Doppelklick bis D-Minus – und schon nimmt der große Wagen wieder bergabsegelnd Fahrt auf. Es braucht ein paar Eingewöhnungskilometer, dann hat man aber den Bogen raus, schätzt das Tempo intuitiv richtig ein und weiß den Schwung der Fahrzeugmasse sowie die richtigen Punkte fürs Anlegen der perfekt passenden Rekuperation einzuschätzen. Großer Fahrspaß, im Tal sind die Bremsen kalt und die Batterie des neuen Mercedes EQS (2021) hat kräftig Reichweiten-Kilometer zurückgeladen.
Neuer Mercedes EQS (2021) als 580 4MATIC mit viel Grip auf nasser Strecke
Dasselbe Spiel versuchen wir im stärkeren und allradgetriebenen, neuen Mercedes EQS (2021) als 580 4MATIC mit seinen 385 kW gleich noch einmal, genießen ein spürbares Plus an Durchzug und Beschleunigung, aber kaum mehr Fahrspaß auf der ersten Testfahrt. Erst auf nasser Straße macht sich der Allradantrieb des 580ers eindrücklich bemerkbar, rigoros packt er die mächtige Limousine durch Gischt und Glitsch den Passhöhen entgegen. Empfehlenswert ist übrigens die Allradlenkung, mit der sich der lange Radstand des EQS in Serpentinenkehren (und beim Rangieren) verblüffend kurz macht. Herrlich lässig schlenzt er um die engsten Ecken. Zurück im Tal zeigt sich der neue Elektro-Star auf den 120-km/h-Autobahnen der Schweiz von seiner besten Seite: Nahezu geräuschlos zieht er dahin, so lässt es sich hervorragend reisen. Opulenten Platz hat der EQS sowieso auf allen Plätzen, das Infotainment-Gewitter der (für den EQS 450 optionalen) Riesen-Anzeigelandschaft "Hyperscreen" mit drei Bildschirmen sorgt jetzt für reichlich Ablenkung – gut, dass per Sonderausstattung "Drive Pilot" bis zu 60 km/h hochautomatisiert gefahren werden kann. Schneller geht es natürlich auch, erst bei 210 km/h regelt Mercedes den EQS ab. Damit es einem die Reichweite nicht verhagelt. Allerdings ist die wirklich kein Problem: An schnellen Ladern saugt sich der Technologieträger mit Stern innerhalb von wenigen Minuten von 20 auf 80 Prozent Batterieladung. Und damit beweist der neue Mercedes EQS (2021) exakt eines: Reichweite ist kein Thema mehr – die Infrastruktur ist es. Nächste Bunderegierung, egal welcher Farbe, bitte übernehmen Sie.