Mercedes-AMG GT 63 Pro (2024): Erste Testfahrt im Tracktool
Affalterbachs Rennstrecken-Waffe gefahren
Der Standard-AMG GT wurde auf Kundenwunsch softer, was Platz für ein neues Spitzenmodell einräumt: den neuen Mercedes-AMG GT 63 Pro. Rennstrecken-versiert wie er ist, testen wir ihn auch genau dort aus – auf dem Ascari-Rundkurs im spanischen Málaga!
Alle wollen einen kompromisslosen Supersportwagen, aber niemand will jeden Tag einen kompromisslosen Supersportwagen fahren. Das ist so ziemlich das, was Mercedes von der Kundschaft der ersten Generation des GT 63 gehört hat. Deshalb ist der Neue in der Standardausführung etwas weicher, komfortabler und praktischer als zuvor. Für die etwas hartgesottenere Minderheit gibt es jetzt dafür den neuen Mercedes-AMG GT 63 Pro (2024). Schneller, griffiger, aber immer noch mit allen Annehmlichkeiten ausgestattet, die man sich von einem sechsstelligen Auto wünscht, ist er eine härtere Version des bisher praktischsten Supersportwagens aus Affalterbach.
Der neue Mercedes-AMG GT 63 Pro (2024) ist nicht nur für den Einsatz auf der Rennstrecke konzipiert, sondern auch für die Fahrt dorthin. Er steht neben dem GT 63 S E Performance-Hybrid an der Spitze der GT 63-Reihe - zumindest bis der GT R Pro auf den Markt kommt. Was also ist der Unterschied zwischen Pro und Standard? Und wie schafft der Pro den Spagat zwischen rennstreckenorientiertem Wahnsinn und vernünftigem 911-Konkurrenten? Um das herauszufinden, gehts bei unserer ersten Testfahrt auf die feuchte Ascari-Rennstrecke.
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Das macht den neuen Mercedes-AMG GT 63 Pro (2024) technisch aus
Alle anderen Neuerungen des Pro zielen darauf ab, sowohl die Leistung als auch die Ausdauer zu verbessern. Die neue Frontschürze verbessert sowohl die Stabilität als auch den Grip, und der neue Mercedes-AMG GT 63 Pro (2024) verfügt über das gleiche aktive Aero-Airpanel wie das Serienfahrzeug. Wie das AMG One-Flaggschiff profitiert auch der Pro von Unterbodenverkleidungen, welche die Luft unter dem Auto beschleunigen und zu den Bremsen umleiten. In Kombination mit dem feststehenden Heckflügel verringert sich der Auftrieb an der Vorderachse um 30 kg und erhöht sich der Abtrieb an der Hinterachse um 15 kg.
Da der neue Mercedes-AMG GT 63 Pro (2024) auch im Dauereinsatz hohe Leistungen erbringen können soll, wurde auch die Kühlung verbessert. Die neue Frontschürze sorgt nicht nur für mehr Abtrieb, sondern stiehlt auch Luft für die Bremsen und den Motor. Die Kühler für die Differentiale an jeder Achse werden jetzt aktiv gekühlt, um den Anforderungen des schnellen Dauerbetriebs gerecht zu werden, und es gibt jetzt zwei Kühler in den vorderen Kotflügeln, um die neuen Anforderungen an die Wärmeabfuhr zu erfüllen. Zudem leiten überarbeitete Bremsen mehr Luft zu den 420-mm-Stoppern.
Die Konkurrenten:
Aerodynamik, Bremsen, Allrad(lenkung) & Wankstabilisierung – alles an Bord
Neben dem neuen Luftstrommanagement hat Affalterbach auch dem Motor eine kleine, aber spürbare Leistungssteigerung verpasst. Es handelt sich nach wie vor um den 4,0-l-V8 mit Biturboaufladung, aber durch eine Steuergeräteanpassung erhält der Motor zusätzliche 27 PS (20 kW) Leistung und ein zusätzliches Drehmoment von 50 Nm, sodass sich die neuen Werte auf 612 PS (450 kW) und 850 Nm belaufen. Die Leistung wird über ein AMG Speedshift-Getriebe mit neun Gängen auf den Allradantrieb und die Straße übertragen. Das Ergebnis ist eine Beschleunigung von null auf 100 km/h in identischen 3,2 s, aber eine Zeit von null auf 200 km/h von 10,9 s, 0,5 s schneller als das Standardfahrzeug. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 317 km/h.
Wie nicht anders zu erwarten, ist der neue Mercedes-AMG GT 63 Pro (2024) mit so ziemlich allen Fahrwerkskomponenten ausgestattet, die von AMG bekannt sind. Am wichtigsten ist das AMG Performance 4Matic+-Allradsystem, das die Kraft intelligent dorthin lenkt, wo sie am meisten gebraucht wird – oder nur auf die Hinterachse, wenn gewünscht. Dabei arbeitet es mit der AMG Active Ride Control zur aktiven Wankstabilisierung und der serienmäßigen Hinterachslenkung zusammen.
Zur Entschleunigung sind serienmäßig Keramik-Verbundbremsen mit Sechs-Kolben-Festsätteln vorn und Ein-Kolben-Schwimmsätteln hinten an Bord. Mit 420 mm Größe an der Vorderachse sind sie die massivsten, die im gesamten AMG-Programm verfügbar sind. Der neue Mercedes-AMG GT 63 Pro (2024) läuft auf 21-Zoll-Schmiederädern und ist serienmäßig mit Michelin Pilot Sport 5-Reifen ausgestattet. Michelin Pilot Sport Cup 2R-Reifen sind jedoch ohne Aufpreis erhältlich.
Erste Testfahrt im Windschatten von Bernd Schneider und Peter Ebner
Auf den ersten Blick klingt es einfach: Wir werden in jedem Testlauf fünf Runden fahren, und wir werden einem AMG-Pace-Fahrer folgen – entweder Bernd Schneider (ja, der) oder Peter Ebner. Was die Sache zumindest für mich erschwert, ist der Regenschauer Stunden zuvor und die bedrohlichen dunklen Flecken auf der schnellen, hügeligen Ascari-Strecke. Oh, und die ziemlich glatten Pirelli Cup 2R-Stiefel, die der neue Mercedes-AMG GT 63 Pro (2024) trägt. Aber für solche Gedanken ist jetzt keine Zeit. Als wir die Einführungsrunde beenden, stelle ich den Antriebsstrang über das Lenkrad auf Race.
Ebner kommt aus der letzten Kurve vor uns heraus, und als ich Vollgas gebe, fühlt sich die Sprintzeit von 10,9 s von null auf 200 km/h plötzlich sehr real und sehr relevant an. Die Boxenmauer zischt rechts an mir vorbei, und schon geht es in den ersten Abschnitt, eine kurze Bergauffahrt, gefolgt von einer Schikane und einer Linkskurve. In Ascari geht es unaufhörlich bergauf, und ich erinnere mich vage daran, dass die AMG-Ingenieur:innen sagten, es sei eine tolle Teststrecke, um die Fahrdynamik zu testen. Als wir auf den Bordstein zusteuern, kann man die Hinterradlenkung bereits spüren. Trotz seines breiten Standes und seiner gedrungenen Grundfläche lenkt der neue Mercedes-AMG GT 63 Pro (2024) unmittelbar ein. Es fühlt sich künstlich, aber flüssig und leicht an, und in Kombination mit dem beruhigenden Lenkgefühl platziere ich den Pro, wo immer ich will.
Die Keramikbremsen sind ebenfalls gut, offensichtlich kraftvoll, aber berechenbar. Jetzt die Linkskurve. Wir kommen aus dem Scheitelpunkt heraus, geben Vollgas und spüren, wie alle 612 AMG-Pferde auf den Asphalt gedrückt werden. Das ESP darf freier agieren, es gelangt mehr Kraft an die Hinterräder als sonst. Wir driften über den äußeren Randstein. Mit Vollgas gehts durch eine feuchte Stelle, aber das scheint den neuen Mercedes-AMG GT 63 Pro (2024) nicht zu stören. In den nächsten Runden ermutigen sowohl Peter im Auto vor uns als auch der GT 63 mich, weiterzumachen. Später oder weniger zu bremsen fühlt sich gut an. Überhaupt lässt die Bremswirkung spürbar nicht nach – der Beweis für die Rennstreckentauglichkeit. Die Leistung kommt der eines Rennwagens nahe, aber mit der Benutzerfreundlichkeit eines Straßenwagens.
Technische Daten
AUTO ZEITUNG | Mercedes-AMG GT 63 Pro |
Technische Daten | |
Motor | 8-Zylinder, 4-Ventiler, Biturbo; 3982 cm³ |
Antrieb | 9 Stufen; Automatik; Allrad |
Leistung | 450 kW/612 PS |
Max. Drehmoment | 850 Nm |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4728/1984 (2100)*/1354 mm |
Leergewicht/Zuladung | 1950/180 kg |
Kofferraumvolumen | 321 l |
Fahrleistungen | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 3,2 s |
Höchstgeschwindigkeit | 317 km/h |
Verbrauch auf 100 km | k.A. |
Kaufinformationen | |
Grundpreis | 219.674 |
Marktstart | 2024 |
Alle Daten Werksangaben; *Breite mit Außenspiegel |
In der Standardausführung ist der GT 63 ein vielseitiger, praktischer Supersportwagen, und in der Pro-Ausführung ist er einfach besser für den Einsatz auf der Rennstrecke geeignet. Schärfer und einnehmender – zumindest auf der Rennstrecke – steigert der Pro die Ausdauer und vor allem die Präzision, nicht aber auf Kosten der Benutzerfreundlichkeit oder Praktikabilität. Er ist scharf genug und schnell genug für die Rennstrecke, aber nicht das letzte Wort in Sachen Leistung: Er lässt immer noch Platz für einen superstarken, kompromisslosen GT R Pro.