Neuer La Strada Avanti F (2022): Erste Testfahrt
La Stradas Kasten für die ganze Familie
Ein Kastenwagen für die ganze Familie ist immer ein Kompromiss. Aber ein ziemlich eleganter, wenn es der neue La Starda Avanti F (2022) ist: Unter seinem Hochdach verbindet er Ducato-Raumkomfort mit Oberklasse-Wohnkultur. Erste Testfahrt!
Die erste Testfahrt im neuen La Strada Avanti F (2022) soll klären, ob sich der Kastenwagen tatsächlich auch für den Urlaub mit einer vierköpfigen Familie eignet. Ganz vorn die Sitzgruppe mit Drehsesseln und einer Bank, deren Lehne meist zu steil ausfällt, gegenüber der Küchenblock, in der Mitte die Nasszelle und dann noch zwei Betten, quer oder längs und oft zu kurz für lange Leute. Ja, das Layout der meisten Kastenwagen ähnelt sich wie ein Ducato dem anderen. Zumindest dann, wenn sie für allein reisende Paare gedacht sind. Spannend wird es erst, wenn mehr als ein Kind mitreisen soll, denn an dieser Aufgabe arbeiten sich die Einrichtungsprofis der Branche schon seit dem Bulli-Pleistozän ab. Aufstelldach oder Hubbett, Etagenbetten im Heck, Kinderbett in der Kabine oder Dinette zum Umbauen – alles das gibt es zu kaufen und macht schon die Auswahl zum Camping-Abenteuer, das beim Probeliegen beginnt und beim Blick in die Preisliste endet. Billig wird es nicht, das haben zumindest die brauchbaren Lösungen gemeinsam. Aufstelldächer sind selten günstiger als 5000 Euro, unterm Strich ist der Abstand zum Edel-Kastenwagen von La Strada dann nicht mehr allzu groß. Und schon sitzen wir drin im neuen La Strada Avanti F (2022), einem hohen Ducato, der vier und mit etwas gutem Willen sogar fünf Reisenden ein Bett unter seinem Hochdach bietet. Der Reiz dabei ist, dass der kleine Hersteller aus Hessen vieles ganz anders macht als seine Wettbewerber. Das beginnt schon damit, dass die Anwesenheit des Hubbetts auf den ersten Blick gar nicht auffällt, weil es sich zweifach gefaltet unters Dach des Ducato schmiegt. Beim Betreten des Wohnraums merken es Reisende über Einsachtzig an der eingeschränkten Kopffreiheit, was in der Kastenwagen-Klasse ja nicht ungewöhnlich ist. Doch hinten (und sogar im Bad) bietet das Wohnmobil knapp über 1,90 Meter Stehhöhe. Und im heruntergeklappten Hubbett können sich sogar Zwei-Meter-Kerle lang machen. Auch an der Breite wird die Nutzung als vollwertiges Elternbett nicht scheitern, eher an der Gelenkigkeit der Reisenden, die das Hochparterre mit Hilfe einer Aluminiumleiter erklimmen müssen. Und am Veto der Kinder, die garantiert nicht aufs hintere Querbett wollen, obwohl es mit 1,97 Meter Länge und 1,45 Meter Breite nicht kleinlich ausfällt. Mehr zum Thema: Unsere Produkttipps auf Amazon
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Erste Testfahrt mit dem neuen La Strada Avanti F (2022)
Zu den Vorteilen des Hubbetts zählt, dass es sich ohne Umlegen der vorderen Drehsitze absenken lässt. Auch gut: Die hinteren Kanten stützen sich auf zwei halbhohe Schränke und schaffen damit knarzfreie Stabilität. Theoretisch ließe sich jetzt noch die Sitzgruppe zum fünften Bett von 1,85 Meter Länge machen, aber dann wäre die Schiebetür zugebaut. Und bei heruntergeklapptem Hubbett gehen Frühaufsteher beim Kaffeekochen auf die Knie, wenn oben jemand schläft. Klingt nach Kompromiss? Ist ja auch einer, so wie jeder Kastenwagen für vier. Allerdings ein ganz gelungener, weil der neue La Strada Avanti F (2022) mit seinem Werks-Hochdach winterfester ist als die Klappdach-Kollegen. Und weil er nicht nur beim Blick auf die Preisliste ein ganz Feiner ist, sondern auch mit seiner präzisen Verarbeitung und der haptischen Qualität der Innenraum-Materialien in der Oberklasse mitspielt. Es gehört zu den sympathischen Obsessionen der Marke La Strada, jeden Millimeter Stauraum zu nutzen. Das macht den Möbelbau aufwendiger als die Einrichtung eines Nice-Price-Kastenwagens, schafft dafür aber enorm viel Platz im Wohnmobil für das Gepäck von vier Reisenden. Ein Alleinstellungsmerkmal der Marke ist der doppelte Ladeboden mit seinen vier gedeckelten Staufächern im Innenraum. Wer sie erreichen will, muss wie wir bei der ersten Testfahrt den serienmäßigen Teppich zurückschieben oder gleich zu Hause lassen, kann dafür aber in einer Tiefe von 15 Zentimetern erhebliche Mengen von Kleingepäck versenken.
Preis und Ausstattung des Wohnmobils
Das hilft auf großer Tour deshalb, weil es wegen des Hubbetts im vorderen Teil des Wohnraums keine Stauschränke gibt. Hinten haben die Einrichter gleich sieben Dachboxen untergebracht, dazu kommen ein Schubladenschrank, zwei Rollladenschränke sowie ein stattliches Kleiderfach rechts neben dem Küchenblock. Auch der fällt so großzügig aus, dass unterwegs die ganze Familie satt wird. Die hochwertige Edelstahl-Arbeitsfläche mit dem schweren Metallgestell über den beiden Gasflammen und dem eckigen Waschbecken ist eine Spezialität des designorientierten Herstellers. Kenner erinnert sie an eine Camping-Version von Otl Aichers legendärer Bulthaup-Werkbank. Und an der Außenseite des Küchenblocks sitzt eine geräumige Schublade mit Deckel, die sich im Sommer gut als Tisch fürs schnelle Picknick nutzen lässt. Es zählt zu den Vorzügen der hessischen Manufaktur-Camper, dass das alles nicht nur lecker aussieht, sondern auch so tadellos funktioniert, wie es der Preis von über 70.000 Euro nahelegt. Selbst an eine Neigungseinstellung für die steile Lehne der Rückbank wurde gedacht – das bietet sogar die hochpreisige Konkurrenz nicht mal gegen Aufpreis. Auch der Liegekomfort dank Tellerfedern für Heck- und Hubbett ist in der Kastenwagen-Szene nicht alltäglich. Ein Teilintegrierter der Mittelklasse offeriert fürs gleiche Geld zwar mehr Wohnraum und meist auch ein größeres Bad, aber nicht die Individualisierungsmöglichkeiten des neuen La Strada Avanti F (2022), bei dem sich – theoretisch – rote Paisley-Polster mit betongrauen Schrankklappen kombinieren lassen. Was es auch gegen Aufpreis nicht gibt, ist eine andere Basis als den Fiat Ducato. Die gepflegte Aussprache eines Sprinter würde gut zur feinen Familienpackung passen, aber den Mercedes hat La Strada für seine Topmodelle Regent und Nova reserviert. Und der frisch modernisierte Ducato passt speziell mit dem neuen Infotainment-Paket, dem 180-PS-Motor und der Neunstufen-Automatik so gut zum La Strada Avanti wie nie. Der Mehrwert zeigt sich weniger in der Wucht der 450 Newtonmeter Drehmoment, denn auch Ducato mit 140 und 160 PS fühlen sich bekanntlich nicht schlapp an. Der Reiz liegt vielmehr in der Stille und Gelassenheit, mit der dieses Drei-Tonnen-Wohnmobil auf unserer Testfahrt bei Tempo 120 mit 1800 Umdrehungen vor sich hin strömt und Verbräuche im Zehn-Liter-Bereich möglich macht. Auf schnellen Nachtetappen ohne Seitenwind und Lkw-Kolonnen sind auch 150 km/h möglich. Sie sind sogar legal, weil der La Strada als 3,5-Tonner unterwegs ist. Viel Zuladung ist bei einem Leergewicht von knapp über drei Tonnen aber nicht drin: Wer zu viert reist und bei den Zubehör-Kreuzen nicht spart, sollte über eine Auflastung und tiefenentspanntes Tempo 100 nachdenken. Denn zumindest für den Gesetzgeber ist der neue La Strada Avanti F (2022) nur ein großer Kastenwagen – so wie alle anderen.
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Technische Daten & Messwerte des neuen La Strada Avanti F (2022)
Für knapp über 70.000 Euro gibt es auch gestandene Teilintegrierte, doch der Charme des neuen La Strada Avanti F (2022) liegt im gerade noch kompakten Kastenwagen-Format. Mit seiner Höhe von etwas mehr als drei Metern reagiert der Hochdach-Ducato allerdings sensibler auf Seitenwind als reguläre Kastenwagen. Den Campervans mit Aufstelldach hat er dagegen die bessere Wintertauglichkeit voraus. Und die Manufaktur-Machart des Avanti ist ein Argument, das die große Zahl auf dem Preisschild plausibel macht.