Neuer Aston Martin DB11: Erste Testfahrt (Update!) So fährt der Aston mit AMG-V8
Der neue Aston Martin DB11 markiert für die Briten das Ende des Neubeginns. Auf der ersten Testfahrt überzeugt der bildschöne Gran Turismo nicht nur mit seinem Design. Dabei haben wir sowohl den V12 als auch den neuen V8 von AMG unter die Lupe genommen.
Wer beim neuen Aston Martin DB11 gleich wieder an James Bond denkt, kann sich leicht den Unmut von Andy Palmer einhandeln. Nicht dass der Chef von Aston Martin etwas gegen seinen wichtigsten Werbeträger hätte, doch der Manager ist es langsam leid, dass alle Welt bei Aston Martin nur 007 assoziiert. "Das ist wie beim Cricket", klagt der Engländer: "Jeder weiß, was es ist. Aber man muss Insider sein, um es auch spielen zu können." Damit mit dieser Oberflächlichkeit endlich mal Schluss ist, gehen die Briten zumindest bei den Produkten ein wenig auf Distanz zum Geheimagenten ihrer Majestät: Denn der neue Aston Martin DB11 ist zwar im gleichen Geist gezeichnet wie Daniel Craigs Dienstwagen aus Spectre, doch statt DB10 trägt er das Kürzel DB11 und hat auch technisch keinerlei Gemeinsamkeiten mehr. Denn wo das Filmauto noch eilig auf der alten Plattform zusammengeschustert wurde, nutzt der DB11 als erstes von vielen kommenden Modellen eine komplett neue Architektur. Und die Strategie hat Erfolg: Mit dem neuen Aston Martin DB11 schaffte es der britische Autohersteller zum ersten Mal seit Urzeiten wieder in die Gewinnzone und konnte seinen Absatz im letzten Jahr verdoppeln. Aber der Aufwärtstrend mit dem neuen Aston Martin DB11 gelang natürlich nur „with a little help from my friends“, wie Aston Martin-Chef Andy Palmer erklärt. Denn der DB11 ist mit tatkräftiger Unterstützung von Mercedes-Ableger AMG entstanden. Im ersten Schritt haben die Briten zwar nur die Elektronik und das Infotainment übernommen, doch jetzt nach 2500 verkauften V12-Modellen in zwölf Monaten bringt Palmer die zweite Stufe der DB11-Offensive an den Start und zündet Ende Oktober den neuen Aston Martin DB11 mit V8-Motor.
Neuer Aston Martin DB11 im Video:
Erste Testfahrt im neuen Aston Martin DB11
Unter der ebenso langen wie flachen Haube des neuen Aston Martin DB11 steckt dann erstmals ein Motor von Mercedes – und zwar kein geringeres Aggregat als der famosen Achtzylinder aus dem AMG GT, der den mit Hilfe eines neuen Trockensumpfs noch tieferen Einbau in den DB11 quasi in den Adelsstand erhoben wird. Dafür hat Aston Martin nicht nur den Motor neu kalibriert, ihn weicher im Fahrzeug aufgehängt und ihn für einen niedrigeren Schwerpunkt näher an die Straße gerückt, sondern auch eine eigene Abgasanlage eingebaut, mit der die acht Zylinder plötzlich auch die leisen Töne beherrschen. Zumindest im GT-Modus klingt der Affalterbacher Achtzylinder im neuen Aston Martin DB11 plötzlich, als habe er Kreide gefressen und als seien die zwei Endrohre mit Watte ausgestopft, so verhalten ist sein Grollen und so brav sein Brüllen, wenn man den rot pulsierenden Startknopf drückt. Aber natürlich kann der elitäre Engländer auch anders. Man muss nur vom GT-Modus in den Sport- oder gar den Sport+-Betrieb wechseln und aus dem Edelmann wird ein Hooligan, der seine ganze Kraft und Wut nur so herausbrüllt, während die Gänge so hart und schnell wechseln, dass einem nach ein paar Kilometern der Nacken schmerzt.
Neuer DB11 jetzt auch mit AMG-V8
Ohnehin haben Stil und Sound wenig mit dem Speed zu tun, den der neue Aston Martin DB11 abliefert. Egal, in welchem Modus man gerade fährt, ist das Vierliter-Triebwerk ein Treibsatz von nahezu explosiver Wirkung: Mit 510 PS und 675 Newtonmetern liegt es in der Mitte dessen, was bei Mercedes alles möglich ist und ist zugleich nur knapp 100 PS und 25 Newtonmeter vom hauseigenen V12 entfernt. Kein Wunder, dass er für den Sprint von Null auf 100 mit 4,0 Sekunden nur eine Zehntel mehr braucht als das Top-Modell. Und dass der V12 bei Vollgas 21 km/h schneller ist, stört allenfalls beim Benzingespräch am Tresen. Denn mal ehrlich: 301 oder 322 km/h – das kann man im Alltag ohnehin nie ausprobieren. Und wer geht mit einem Auto wie diesem auf eine Rennstrecke? Dabei erweist sich der V8 bisweilen sogar als die bessere Wahl. Denn je schmaler die Straßen und je enger die Kurven werden, desto mehr profitiert man von den gut zwei Zentnern, die weniger auf der Vorderachse lasten. Schon möglich, dass der neue Aston Martin DB11 mit zwölf Zylindern die perfekte Interkontinental-Rakete ist, mit der man stundenlang über die linke Spur fliegen will. Doch bei einer flotten Landpartie auf einer einsamen Bergstraße gelten andere Gesetze. Dort, wo man um die Ideallinie noch ringen muss, wo man am Lenkrad rotiert und wo es auf jeden Millimeter ankommt, ist weniger bisweilen mehr. Und dass der der V8 auch noch 25.000 Euro weniger kostet als ein V12 und mit seinem Normwert von 9,9 Litern zumindest auf dem Papier sogar 1,5 Liter weniger verbraucht, ist ja auch kein Schaden.
V8-Motor kann durchaus mit V12 mithalten
Dabei gibt der neue Aston Martin DB11 den perfekten Allrounder für alle Wege – fährt auch mit dem V12 rasend schnell und trotzdem ungeheuer komfortabel auf der Autobahn, cruist wunderbar casual auf weit geschwungenen Magistralen im Hinterland und verbeißt sich wütend in den Asphalt, wenn die Kurven enger und die Straßen schmaler werden. Diesmal nur noch 5,2 statt 6,0 Liter groß, dafür aber mit zwei Turbos bestückt, leistet er 608 PS und schüttelt mit imponierender Lässigkeit 700 Newtonmeter aus dem Ärmel. Das reicht für einen Sprint von Null auf 100 in 3,9 Sekunden und ein Spitzentempo von 322 km/h. Und vor allem reicht es für den Superlativ "Stärkstes Serienmodell in der bisherigen Aston Martin Geschichte." Diese Aufrüstung können auch Umweltbewegte fast ohne schlechtes Gewissen genießen: Dank Zylinderabschaltung und Start-Stopp-Automatik braucht der neue Aston Martin DB11 bis zu 20 Prozent weniger Kraftstoff als sein Vorgänger DB9. Natürlich kann er sein Gewicht von über 1,8 Tonnen nicht verhehlen und auch nicht seine gelassene Grundstimmung, doch der überraschend zierliche und mit dem Getriebe im Heck perfekt ausbalancierte, neue Aston Martin DB11 wird spätestens dann zur Präzisionswaffe, wenn man Fahrwerk und Antrieb mit den Lenkradtasten drei Stufen schärfer stellt: Die Bilstein-Federn sind plötzlich bocksteif, die erstmals elektrisch unterstützte Lenkung kann auf einmal scharf und spitz, das Getriebe schaltet schneller und der Motor bläst nach Herzenslust. Heissa, was für ein heißer Ritt.
Aston Martin DB11 mit kluger Aerodynamik
Neben dem Motor ist es vor allem die ausgeklügelte Aerodynamik, die den Wagen so schnell und in Kurven so stabil macht. Bevor er vorne leicht und labil wird, führen die Ingenieure die Luft deshalb mit einem schönen Trick aus dem Radhaus und profilieren die Kiemen so, dass genau berechnete Verwirbelungen entstehen. Und hinten fangen sie den Luftstrom an den C-Säulen mit zwei konischen Düsen ein, die ein bisschen an die Finnen des i8 erinnern. In den Röhren verdichtet, strömt die Luft unter dem Kofferraudeckel nach hinten und dann genau so aus dem Auto, das sie wie ein Spoiler im Fahrtwind steht und massig Abtrieb erzeugt. So kommt der neue Aston Martin DB11 ganz ohne Flügel aus und leistet sich lediglich einen winzigen Windabweiser, der nur bei hohem Tempo und nur im sportlichen Fahrprogramm ausfährt. Der Rest des Designs ist pure Eleganz, die ohne Drama oder Blendwerk und Funktion in ihrer schönsten Form zeigt. Das ist ohnehin die Devise der Briten. So biestig das Auto im Ernstfall auch fahren mag, so viel Wert legen sie auf Schönheit und Understatement. Das gilt für das Design, das gilt für den souveränen und bei Vollgas natürlich auch brüllenden Sound, im gemäßigten Betrieb aber überraschend verhaltenen Sound. Und es gilt auch für das Interieur, das damit seinen ganz eigenen Stil bekommt. Es riecht nach Lack und Leder und vielen Stunden Handarbeit, wirkt aber lange nicht so barock und opulent wie etwa beim Bentley Continental GT. Es ist nüchtern, aber keineswegs so sachlich und kühl wie bei einem McLaren. Und es ist einnehmend und engagiert, spart sich aber das fast schon peinlich imitierte Piloten-Gefühl eines Lamborghini.
Neuer Aston Martin DB11 würde auch 007 gefallen
James Bond-Gadgets wie den Schleudersitz, die Startknöpfe für den Raketenantrieb oder wenigsten einen Defibrilator im Handschuhfach gibt es nicht. Und leider ist auch die wie ein Kristall geschliffene Emotion Control Unit verschwunden, die bei Aston Martin mal den Zündschlüssel ersetzt hat. Doch dafür gibt es jetzt endlich mal zeitgemäße Elektronik vom stilvoll digitalisierten Cockpit bis hin zum modernen Navigationssystem mit Touchpad und Rändelrad für die Zieleingabe, wundervollen Sensortasten in der Mittelkonsole und einer 360 Grad-Kamera-Überwachung auf dem großen Bildschirm. Wofür hat Aston Martin schließlich Daimler fünf Prozent der Aktien abgegeben, wenn nicht für de tiefen Griff ins Teilelager? Selbst automatisch einparken kann der neue Aston Martin DB11 jetzt. Das wäre wahrscheinlich sogar ein Feature für Mister Bond, James Bond.