Beim Test im Rückspiegel widmen wir uns vergangenen Exoten und Ikonen, welche die AUTO ZEITUNG durch die knallharte Testmangel genommen hat. Dieses Mal: der MG XPower SV-R von 2005.
Es ist schon beeindruckend: Überall dort, wo das tief geduckte, grüne Geschoss auftaucht, drehen sich Passant:innen ungläubig um und schauen mit Staunen hinterher. Was war das? Die Rede ist vom MG XPower SV-R – einem Aufsehen erregenden, englischen Sportwagen, der in einer Kleinserie von rund 600 Exemplaren gefertigt wird (Anm. d. Red.: Nur gut 60 Exemplare entstanden tatsächlich) und etliche Anleihen aus dem Motorsport mitbringt. Eine Spezies, die scheinbar vom Aussterben bedroht war. Seine steife Karosserie nebst mächtigem Flügelwerk und ausladenden Kotflügeln besteht aus Kohlefaser-Verbundstoff, und das Fahrwerk mit Einzelradaufhängung an Doppelquerlenkern verfügt ebenfalls über reinrassige Rennsport-Technik.
Dass der MG XPower SV-R als ein kompromissloses Sportgerät verstanden werden will, beweist der Zweisitzer auch dadurch, dass auf Airbags und ESP gänzlich verzichtet wird. Dies würde nur die puristischen Tugenden verwässern. Einzig eine elektronisch geregelte Traktionskontrolle gestanden die Entwickler:innen bei MG Sports & Racing dem XPower zu. Für den Antrieb sorgt ein großvolumiger Fünfliter-V8. Das Aggregat stammt aus dem Ford Mustang Cobra und bringt es im SV-R – leistungsgesteigert – auf 385 PS (283 kW), schafft aber nur die Euro 3-Abgashürde. Dafür schlägt der MG mit imposanter Stimmgewalt zu. Allein das Anlassgeräusch, welches er über zwei fulminante Auspuffrohre ungehemmt und fauchend seiner Umwelt mitteilt, gleicht einem kleinen Erdbeben und lässt die Tassen auf dem antiken Mobiliar des Nachbarn taktgleich mitzittern.
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Test im Rückspiegel: MG XPower SV-R in nur 5,7 s auf 100
Ein Tritt aufs Gas, und das hochgezüchtete Triebwerk katapultiert den 1,5 t schweren MG XPower SV-R in nur 5,7 s auf Tempo 100. Es ist schon faszinierend, wie der SV-R seine Motorkraft bereits aus niedrigen Drehzahlen in vehementen Vortrieb umsetzt. Gewaltige 510 Nm bei 4750 Umdrehungen pro Minute stellen nicht nur die gut konturierten Sitzlehnen der Recaro-Schalen auf eine Belastungsprobe, sondern auch das Gehör der Mitmenschen. Denn das immer präsente laute V8-Bellen in Kombination mit der optional lieferbaren Sportauspuffanlage (2261 Euro) gleicht in den Häuserschluchten der Großstädte einem wahren Donnerhall.
Der XPower schüttelt seine Kraft so locker aus dem Ärmel wie ein Zauberer das Kaninchen aus dem Hut – zumindest in den Gängen eins bis drei. Eine zu lang gewählte Übersetzung der Gänge vier und fünf bremst den Vorwärtsdrang des SV-R jedoch spürbar ein. Deshalb erreichte der SV-R, der noch aus der Vorserie stammt, im Test die angegebene Werksangabe von 271 km/h Spitze auch nicht, sondern hangelte sich jenseits von 230 km/h nur mühsam hoch. In Deutschland wird der MG deshalb mit einer anderen Getriebeübersetzung ausgeliefert. Besser wäre es jedoch, gleich ein Sechsgang-Getriebe an Stelle der serienmäßigen Fünfgang-Box zu nehmen, die beim Schalten viel Kraft erfordert und präziser geführt sein könnte.
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Polarisierend: Design, Sound und Produktionsqualität
Dafür folgt der MG XPower SV-R zielgenau dem auferlegten Kurs. Zwar erfordert eine flotte Kurvenhatz hohe Haltekräfte in der exakt arbeitenden Lenkung, dennoch bereitet das agile, leicht untersteuernd ausgelegte Fahrverhalten des MG viel Fahrspaß. An die Leichtfüßigkeit eines BMW M3 reicht er aber nicht heran. Dennoch gewähren eine Differentialsperre und die Traktionskontrolle beim Herausbeschleunigen aus Spitzkehren genügend Grip, ohne zu bevormunden. Lässt man es zügig angehen, steigt der Verbrauch über 20 l. Im Testschnitt konsumierte der MG 17,4 l Super.
Der MG verfügt über ausgeprägte Stärken, zeigt aber auch Schwächen. Die verwindungssteife Karosserie zeugt von hoher Güte, die Verarbeitung mit stellenweise lieblos gefertigten Details und Windgeräuschen an den Türen enttäuscht hingegen. Der SV-R polarisiert nicht nur durch seine extreme Formgebung, sondern auch mit der ebenso extremen Klangkulisse seines bissigen V8. Doch er wird nur wenigen vergönnt sein – nicht nur wegen seiner geringen Stückzahl, sondern auch auf Grund des Preises von 129.920 Euro. Der MG SV-R ist ein exklusiver, englischer Sportwagen mit hohem Aufmerksamkeitsfaktor.
Von Guido Borck
Technische Daten des MG XPower SV-R
AUTO ZEITUNG 2005 | MG XPOWER SV-R |
Positiv | Agiles Fahrverhalten, extreme Klangkulisse |
Negativ | Enttäuschende Verarbeitungsqualität, suboptimales Fünfgang-Getriebe |
Technik | |
Motor | V8-Zylinder, 4-Ventiler; 4996 cm³ |
Antrieb | 5-Gang; manuell; Hinterrad |
Leistung | 283 kW/385 PS 6000/min |
Max. Drehmoment | 510 Nm 4750/min |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4480/1900/1335 mm |
Leergewicht (Test) | 1500 kg |
Kofferraumvolumen | k.A. |
Fahrleistungen | |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 5,7 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 271 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 39,2/37,7 m |
Verbrauch auf 100 km (Test) | 17 l S |
Preise | |
Grundpreis | 129.920 € |
Testwagenpreis | 135.617 € |