Mercedes T-Klasse & VW Caddy: Familienautos im Testduell
Hochdachkombis im Duell
- Mercedes T-Klasse & VW Caddy im Vergleichstest
- Karosserie: Mercedes bietet vorne mehr Platz, VW hinten
- Fahrkomfort: Mercedes T-Klasse mit hohem Federungskomfort
- Motor/Getriebe: Caddy mit Schaltgetriebe & T-Klasse mit Doppelkupplung
- Fahrdynamik: VW Caddy erstaunlich flink
- Umwelt/Kosten: Der Stern kostet
- Ergebnis in Punkten
- Fazit
Wie viel Auto braucht man eigentlich? Diese Frage beantworten wir mit dem Vergleichstest zwischen Mercedes T-Klasse und VW Caddy, die deutlich mehr zu bieten haben als nur pragmatischen Nutzwert.
Mercedes T-Klasse & VW Caddy im Vergleichstest
Nicht alle kommen in den Genuss eines Firmenwagens inklusive Privatnutzung. Ein attraktives Familienauto zu vernünftigen Preisen zu finden, das auch genügend Raum vorweisen kann und mit praktischer Variabilität aufwartet, ist aktuell nicht leicht. Den begehrten SUV fehlt oft das Ladevolumen eines stattlichen Kombis, und Vans vom Schlag eines VW T7 oder einer Mercedes V-Klasse sprengen schnell das Familienbudget.
Auch die Irritationen um den nach wie vor auf der Anklagebank parkenden Diesel und der aktuelle politische Wackelkontakt bei der E-Mobilität erleichtern die Entscheidung nicht unbedingt. Aber es gibt sie durchaus, die attraktiven Modelle, die eigentlich alles können und bezahlbar sind: Es sind die zu Kombis verwandelten Kleintransporter des Mittelstands, die sich hier in den Fokus drängen. Wir haben uns im Vergleichstest den Mercedes T 180 und den VW Caddy 1.5 TSI einmal genauer angesehen und nachgehakt, was sie Familien bieten können.
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Karosserie: Mercedes bietet vorne mehr Platz, VW hinten
Das Angebot Nummer eins der kleinen Transporter aus diesem Vergleichstest ist Platz. Mehr Kopffreiheit gibt es in keinem anderen Segment. Auch die steil stehenden Seitenwände sorgen hier wie dort für viel Raum nach rechts und links. Vorne links und rechts kommt man in der Mercedes T-Klasse sogar in den Genuss von ein paar Zentimetern mehr Innenraumbreite als beim VW Caddy.
Im Fond dreht sich dann das Angebot – hier punktet der Niedersachse mit ausreichend Platz für drei Erwachsene oder einem Kindersitz-Trio nebeneinander, was selbst SUV der Luxusklasse oft nicht offerieren können. Im Schwaben klappt das zwar auch, allerdings ist der Fond des Mercedes doch etwas knapper geschnitten. Was der T-Klasse im Vergleich ebenfalls fehlt, ist die Option einer dritten Sitzreihe schon mit kurzem Radstand, die für den Caddy 994 Euro Aufpreis kostet und sogar für Erwachsene taugt.
Wer damit plant, sollte allerdings direkt den Wolfsburger mit langem Radstand ins Auge fassen, dann passt nämlich auch noch reichlich Gepäck ins Heck. Bei der Mercedes T-Klasse ist der lange Radstand für die siebensitzige Variante obligatorisch. Der VW Caddy punktet zudem mit satten 429 l mehr maximalem Laderaum und dank vorklappbarer, herausnehmbarer Fondsitze sowie optional umklappbarer Beifahrerlehne auch bei der Variabilität.
Etwas mehr Klarheit und Funktionalität sowie eine sauber gegliederte Menüführung bietet das Bediensystem des Mercedes, das unter anderem die Steuerung der Klimaanlage über klassische Drehregler organisiert statt über nicht immer exakt ansprechende und dadurch nervige Slider wie im Volkswagen. Hinzu kommt, dass das einfache Umlegen der Fondsitze und deren lässige Art, sich in den Fahrzeugboden abzusenken, den Umgang mit der T-Klasse kinderleicht macht.
Fahrkomfort: Mercedes T-Klasse mit hohem Federungskomfort
Auch auf langen Reisen gibt es weder in der Mercedes T-Klasse noch im VW Caddy aus dem Vergleichstest einen wirklichen Grund zur Klage. Man sitzt hüben wie drüben hoch und genießt dank der großen, weit öffnenden Türen einen sehr komfortablen Einstieg. Auch der Zustieg in die zweite Reihe gelingt mit den Schiebetüren selbst in sehr engen Parklücken ohne Verrenkungen – ein großer Vorteil für nicht mehr so bewegliche ältere Fahrgäste oder das Sichern kleiner Kinder in ihren Sitzen. T-Klasse und Caddy sind eben echte Mehrgenerationsfahrzeuge.
Selbst wenn der getestete VW nicht über die optionalen AGR-Sitze verfügt, bieten die Standardsitze eine etwas bessere Kontur und einen größeren Einstellbereich als die Pendants im Mercedes, was den Sitzkomfort positiv beeinflusst. Auch im Fond sitzt man im Caddy mit mehr Halt im Rücken und entspannter Beinauflage spürbar besser als auf der rustikalen Bank der T-Klasse.
Ganz nach Art des Hauses gefällt die Mercedes T-Klasse im Vergleichstest jedoch mit flauschigem Federungskomfort, der mit steigender Last sogar noch etwas harmonischer wird. Das sachliche Fahrwerkslayout mit hinterer Verbundlenkerachse und einer auf hohe Last ausgelegten Feder-Dämpfer-Konfiguration profitiert dabei von den komfortsteigernden hohen Reifenflanken. Der VW Caddy ist bodenständiger abgestimmt, bringt eine etwas sportlicher Note ins Spiel und kann vor allem seine rustikaler geführte, hier und da staksig arbeitende Starrachse unterm Heck nicht verleugnen.
Der grundsätzlich leisere VW macht auf schlechten Strecken Fahrwerksgeräusche, und der Vierzylinder-Turbo läuft unter Last präsenter. In der praktischen Familienbox aus Stuttgart – die eigentlich aus Maubeuge (Frankreich) stammt und dort mit dem eng verwandten Renault Kangoo vom selben Band läuft – geht es vor allem bei höherem Tempo eine Spur zurückhaltender zu.
Motor/Getriebe: Caddy mit Schaltgetriebe & T-Klasse mit Doppelkupplung
Für viel Fahrende, die zügig von A nach B reisen, sind bei beiden Kandidaten die bulligen Turbodiesel die erste Wahl. Die im Vergleichstest herangezogenen Benziner sind da nicht die optimale Lösung. Nicht zuletzt, weil die beiden Vierzylinder-Turbomotoren in den Hochdachkombis bei zügiger Autobahnhatz ihre Wohlfühlzone widerwillig verlassen und ausgesprochen durstig werden.
Bei den Verbrauchsfahrten über Land, durch die Stadt und mit unterschiedlichen Tempi auf der Autobahn halten sich ihre Trinkgewohnheiten aber im Rahmen. Der mit Automatik zum Vergleichstest antretende Renault-Motor im Mercedes T 180 verlangt aber immernoch 7,7 l auf 100 km, während sich der VW Caddy 1.5 TSI mit 6,7 l begnügt.
Der Wolfsburger überzeugt im Alltag mit seinem harmonischen Zusammenspiel aus ausreichend kraftvollem Drehmoment und darauf ausgelegter Getriebeabstimmung. Ohnehin ist das sauber und leicht zu schaltende Getriebe, bei dem die Zahnradpaarungen locker und sanft ineinanderfinden, eine Freude für alle Fans der manuellen Gangwechsel.
Allerdings gefällt das automatisch arbeitende Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Gängen im lästigen Stop-and-go des Großstadtverkehrs dank höherem Komfort und guter Aufmerksamkeit für die passenden Übersetzungen noch besser, weshalb der Mercedes T 180 auch immer etwas zackiger Fahrt aufnimmt als der Volkswagen. Ist der VW Caddy 1.5 TSI aber einmal in Schwung, folgt er dem stärkeren Mercedes unter Volllast immer dicht im Windschatten.
Fahrdynamik: VW Caddy erstaunlich flink
Selbstverständlich sind die aus der Transportszene stammenden, hoch aufragenden Kombis keine Fahrdynamikkünstler. Oberste Priorität hat in ihrer Gilde die Fahrsicherheit. Und diese an sie gestellte Aufgabe arbeiten beide souverän ab. Dennoch sorgt der sportlich-straffe VW Caddy auf dem Handlingparcours tatsächlich für etwas Fahrfreude. Seine Lenkung gibt ansprechende Rückmeldung. Angenehm neutral durcheilt der auf Stahlfelgen mit Standardbereifung dahinflitzende Caddy enge wie weite Radien und kann, wenn er an seine Grenzen kommt, auf sein sehr gut austariertes ESC (ESP) vertrauen.
Die etwas schaukelnd um den Kurs wogende Mercedes T-Klasse bleibt zurückhaltender, verhüllt Informationen in seiner soften Lenk- und Fahrwerksabstimmung und unterbindet zu ambitionierte Ausflüge in die Fahrspaßzone mit energischen ESP-Eingriffen. Einigkeit herrscht im Vergleichstest bei den eher langen Bremswegen von 100 auf null km/h, die in beiden Fällen bei über 37 m liegen und auch in diesem Segment kürzer ausfallen sollten.
Umwelt/Kosten: Der Stern kostet
Mehr Auto für weniger Geld als bei den beiden Hochdachkombis aus diesem Vergleichstest lässt sich aktuell kaum realisieren: Der Mercedes T 180 ist schon im Standardtrimm für 28.367 Euro zu haben. Der VW Caddy 1.6 TSI in der Basisausstattung kostet mit 31.292 Euro immerhin fast 3000 Euro mehr, wofür man bei Mercedes unter anderem das empfehlenswerte, komfortable Doppelkupplungsgetriebe ordern kann. Attraktive Pakete vervollständigen die umfangreichen Serienausstattungen mit dem kompletten Angebot an Multimedia-Funktionen und zahlreichen Assistenzsystemen für beide Modelle. Die hohen Wartungskosten der Mercedes T-Klasse zeigen, dass der Stern auf der Front dennoch seinen Preis hat.
Technische Daten & Messwerte von Mercedes T 180 & VW Caddy 1.5 TSI
AUTO ZEITUNG 15/2024 | Mercedes T 180 | VW Caddy 1.5 TSI |
Technik | ||
Motor | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbo; 1332 cm³ | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbo; 1498 cm³ |
Antrieb | 7-Gang; Doppelkupplung; Vorderrad | 6-Gang; manuell; Vorderrad |
Leistung | 96 kW/131 PS, 5000/min | 84 kW/114 PS, 5000/min |
Max. Drehmoment | 240 Nm, 1600/min | 220 Nm, 1500-3000/min |
Karosserie | ||
Außenmaße (L/B/H) | 4498/1859 (2140)*/1811 mm | 4500/1855 (2101)*/1833 mm |
Leergewicht (Werk/Test) | 1556/1597 kg | 1499/1502 kg |
Kofferraumvolumen | 517-2127 l | 760-2556 l |
Fahrleistungen | ||
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 10,7 s | 11,2 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 183 km/h | 182 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 37,4/37,6 m | 37,3/37,7 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 7,7l/6,7 l | 6,7l/6,5 l |
Preise | ||
Grundpreis | 28.367 € | 31.392 € |
Testwagenpreis | 31.871 € | 31.392 € |
*Breite mit Außenspiegel |
Ergebnis in Punkten
Gesamtbewertung (max. Punkte) | Mercedes T 180 | VW Caddy 1.5 TSI |
Karosserie (1000) | 651 | 701 |
Fahrkomfort (1000) | 657 | 665 |
Motor/Getriebe (1000) | 610 | 617 |
Fahrdynamik (1000) | 517 | 540 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2435 | 2523 |
Kosten/Umwelt (1000) | 381 | 393 |
Gesamtwertung (5000) | 2816 | 2916 |
Platzierung | 2 | 1 |
Der VW Caddy 1.5 TSI gewinnt diesen Vergleichstest souverän. Der praktische Niedersachse ist handlicher, ein Spur geräumiger, bietet dank zahlreicher Sitzkonfigurationen bereits mit kurzem Radstand bis zu sieben Personen Platz und ist deutlich sparsamer als sein Rivale. Dem Mercedes T 180 bleibt Rang zwei. Er leistet mit angenehmem Komfort und guter Ausstattung Überzeugungsarbeit. Zudem lockt der Schwabe mit seinem günstigen Einstiegspreis und einer attraktiven Aufpreispolitik. Allerdings verspielt er diesen Bonus durch hohe Folgekosten bei Wartung, Kraftstoff und Versicherung.