Mercedes G/Toyota Land Cruiser: Classic Cars
Streitgespräch im Dickicht
Das Mercedes G-Klasse und der Toyota Land Cruiser gehören zur absoluten Speerspitze im Gelände. Beide gehen mit ihren Fans durch dick und dünn. Buschtaxi oder Stahltresor? Karsten Rehmann und Markus Schönfeld bekennen sich!
"Wenn der Classic Cars-Vergleich am Ende auf nur ein Auto hinauslaufen würde – es wäre für mich kein Toyota Land Cruiser sondern eine Mercedes G-Klasse. Und zwar keinesfalls eines aus der Luxus-optimierten Baureihe W463, die seit 1990 immer weiter in irrwitzige Preisregionen abdriftet. Nein – es wäre ein 290 GD mit Turbolader aus dem rustikalen Baumuster W461. Das ging in den Neunzigern hauptsächlich an Militär und Behörden und rettete so das spartanische Urmodell-Konzept von 1979 bis ins Jahr 2001. Kein Leder, kein Holz und keine flauschigen Teppiche. Stattdessen findet man viel lackiertes Blech, robustes Lkw-Plastik und dicke Gummimatten.
Nicht zu vergessen: die Stöpsel im Boden. Falls der Innenraum einmal geflutet werden sollte, läuft das Wasser hier einfach wieder ab. Dagegen wirken die eng verwandten, fein ausgepolsterten Luxusversionen mit Permanent-Allrad und drei elektronisch geschalteten Differentialsperren fast wie Showcars. G-Traditionalisten setzt indes auf Heckantrieb. Die Vorderachse kann jederzeit einfach per Hebel zugeschaltet werden. Mechanisch. Ohne Elektronik. Genau wie die zwei Achsdifferentialsperren oder das synchronisierte Untersetzungsgetriebe. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Mercedes G-Klasse & Toyota Land Cruiser: Classic Cars
Ein Auto wie die Mercedes G-Klasse – natürlich mit langem Radstand und fünf Türen – gehört für mich zu den vielseitigsten Fahrzeugen überhaupt. Denn es übersteht tägliche Pendeleien genauso unbekümmert wie strapaziöse Familienausflüge oder lange Urlaubsreisen mit viel Gepäck. Schwere Zuladungen, hohe Dachlasten oder 3,5 t am Haken steckt dieser Geländewagen einfach weg – irrsinnig steile Kletterausflüge, Schräglagen oder Flußdurchfahrten von 70 cm Tiefe sowieso. Die Kombination aus Platzangebot, Fahrkomfort und Geländegängigkeit macht diese Mercedes G-Klasse einzigartig. Und waren die 290er ohne Turbolader noch etwas schwach auf der Brust (Bundeswehr-Soldat:innen können ein Lied vom lahmen Wolf singen), so besserte Mercedes 1997 an der richtigen Stelle nach. Direkteinspritzung und Turbolader machten den Fünfzylinder-Diesel nicht nur stärker, sondern auch sparsamer. Egal, wie der Alltag dieses gutmütigen Antriebs auch aussieht, er begnügt sich mit weniger als zwölf Litern Diesel.
Wohlgemerkt für einen zwei Meter hohen und zweieinhalb Tonnen schweren Starrachser. Und obendrein gab es die Turbovariante nur noch mit der perfekt auf die Bedürfnisse abgestimmten und Elektronik-freien Viergang-Automatik. Kurzer erster Gang – langer Vierter. Damit lässt sich locker cruisen, bärig anziehen oder eben trittsicher klettern. Motor, Getriebe, Wellen und Achsen – alles ist für ein langes Leben ausgelegt. Nur ein Problemthema wird alle Mercedes G-Klassen der Baureihen W461/463 immer begleiten: Rost. Er tritt gern an Scheibenrahmen auf, an den vielen Blechfalzen, in Kotflügeln. Das Schlimmste: er befällt auch den massiven Leiterrahmen und seine Anbauteile. Feder- und Dämpferaufnahmen, Längsträger oder Querrohre lassen sich nur mit viel Aufwand von Fachleuten wieder in Stand setzen. Wer also tatsächlich nach einem G sucht, sollte das Auto bei der Besichtigung also vor allem auch von unten genau inspizieren. Tadellose Exemplare sind selten. Doch wer eines entdeckt, findet einen treuen und vielseitigen Begleiter für das ganze Leben."
von Markus Schönfeld
Mercedes G-Klasse im Video:
Mercedes G-Klasse & Toyota Land Cruiser sind begabte Offroader
"Der größte Komfort, den ein Auto bieten kann, ist unbedingte Zuverlässigkeit, wenn es darauf ankommt. Wenn Du 3000 km Luftlinie von der nächsten Notrufsäule entfernt bist, vor einer Woche zum letzten Mal planierten Boden unter die Räder genommen hast und nicht weißt, ob Dir am nächsten Wasserloch jemand sagen kann, wann dieser Maultierpfad die Geröllpiste nach Timbuktu kreuzt. Oder wenn der nächste Starkregen die Umgebung Deines Hauses mal eben in ein schlammüberzogenes Katastrophengebiet verwandelt hat, dann lernst Du einen Land Cruiser J7 wirklich zu schätzen. Er ist simpel, aber robust und zweckmäßig. Diese Schlichtheit hat sich millionenfach bewährt. Innen gibt es nacktes Blech und Kurbelfenster, Hartkunststoff und Haltegriffe statt Cupholder und Kleiderhaken.
"Wer einmal nach einer Wasserdurchfahrt vergebens den Knopf für die elektrischen Fensterheber drückte, weiß: Derlei Spielereien sind nett, aber für die harte Arbeit schlicht unnötig", resümiert Alex Wohlfarth, ausgewiesener Experte für Toyota Land Cruiser, Webmaster des Kultforums buschtaxi.de und als solcher auch der Auftraggeber der hier vorgestellten "Dampfmaschine". Der Land Cruiser J7 ist ein Kernstück der Legende von unzerstörbarer Toyota-Qualität. Er wurde 1984 vorgestellt und wird heute noch gebaut. In 14 verschiedenen Ländern rund um den Globus rollte er schon aus den Fabriken, sogar in Trinidad und Simbabwe. Von den entlegensten Andentälern bis zur zentralasiatischen Steppe und selbst im Hunsrück kann jeder halbwegs talentierte Mechaniker dieses Auto nach einem Unfall wieder fahrfähig machen.
Toyota Land Cruiser braucht keine Straßen
Sein "Heavy Duty"-Chassis gibt es in fünf verschiedenen Längen von "short" (2310 mm Radstand) bis "super long" (3180 mm), die Aufbauten zwei- und viertürig, mit und ohne Ladefläche, vom Pritschenwagen bis zum 13-sitzigen Dschungelbus, daher der Spitzname "Buschtaxi". Im Laufe der Modellvita kamen schon 22 verschiedene Motoren zum Einsatz. Unser Fotowagen wurde nach 270.000 locker abgespulten Kilometern, die meisten davon im Braunkohle-Tagebau, von vier versierten Handwerkern der ungarischen Firma Sandlander fachgerecht zerlegt, restauriert, modifiziert und wieder zusammengesetzt. Der Vierliter-Turbodiesel unter seiner Fronthaube ist nach 25 Dienstjahren gereinigt und mit neuen Schläuchen und Dichtungen versehen worden und sieht aus wie neu.
Dieser famose Reihensechser stammt aus der Baureihe J6. Seine siebenfach gelagerte Kurbelwelle sorgt für tolle Laufruhe bei büffelartiger Zugkraft. Es fühlt sich so an, als könne man im Standgas ein Fertighaus von seiner Bodenplatte herunterziehen, meint Alex. Dazu verfügt der Land Cruiser über ein höhergelegtes Parabelfahrwerk mit maximalen Böschungswinkeln und großem Talent zur Verschränkung der Achsen. Darüber sitzt ein an Sachlichkeit nicht zu übertreffender Aufbau, an dem nur die "Lightweight"-Alustoßstangen etwas aus der Art schlagen. Oft sind Land Cruiser im Expeditionstrimm deshalb mit Rammbügeln vom Typ "Elefantenschreck" ausgestattet – passend zum Motto der Buschtaxi-Community: "Straßen? Wo wir unterwegs sind, braucht man keine Straßen." Das ist doch wahre Unabhängigkeit."
von Karsten Rehmann
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Technische Daten von Mercedes G-Klasse & Toyota Land Cruiser
"Mit Anfang 40 gehört die Mercedes G-Klasse bei den Offroadern immer noch zu den Jungspunden. Den Toyota Land Cruiser gibt es seit 1951, die Baureihe J7 wird seit 1984 hergestellt. Längst werden bequemere Nachfolgemodelle für komfortverwöhnte Europäer angeboten, doch in Übersee bleibt der J7 weiterhin unangefochten: Von Sumatra bis Simbabwe erledigt er seine Arbeit mit der Ausdauer eines Kaltblüters. Und seit ein Land Cruiser die Gesamtwertung der Silvretta Classic gewann, ist er auch als Sportgerät eine Klasse für sich", sagt Karsten Rehmann.
"Deinen legendären Toyota Land Cruiser mit dem Fabel-Motor in allen Ehren – aber Blattfedern, nur zwei Türen und diese knorrige Handschaltung wären mir im Alltag lästig. Und um überhaupt bequem sitzen zu können, müsste ja noch das Originalgestühl raus. Da klettere ich lieber in den 290er, klappe die Armlehnen nach unten, lege die Fahrstufe D ein und rolle mit Tempomat komfortabel in der G-Klasse durch die Welt. Tauschen? Vielleicht einmal, irgendwo in Afrika", sagt Markus Schönfeld.