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Geht auch ganz einfach:

Mercedes EQE/Polestar 2/VW ID.7: Vergleichstest

Business mit neuer Energie

Michael Godde Leitung Test & Sonderaufgaben
Inhalt
  1. Mercedes EQE, Polestar 2 und VW ID.7 im Vergleichstest
  2. Karosserie: Am luftigsten ist der VW ID.7
  3. Fahrkomfort: Polestar 2 sportlich hart gefedert
  4. Motor/Getriebe: Der Mercedes EQE lädt am schnellsten
  5. Fahrdynamik: Den Maßstab setzt der EQE
  6. Umwelt/Kosten: Am günstigsten ist der Polestar 2 
  7. Technische Daten & Messwerte von Mercedes EQE, Polestar 2 & VW ID.7
  8. Ergebnis in Punkten
  9. Fazit

In der Businessklasse steht das Angebot unter Strom. Volkswagen ist nun endlich mit dem VW ID.7 Pro im Geschäft. Erster Vergleichstest gegen Mercedes EQE und Polestar 2 Long Range Single Motor.

 

Mercedes EQE, Polestar 2 und VW ID.7 im Vergleichstest

Gerade bei Business-Limousinen, die ihre Bestimmung auf der Langstrecke finden, muss der Umstieg vom Tank- ins Ladezeitalter kritisch betrachtet werden. Aber trotz aller Reichweitendiskussionen wächst das Angebot in diesem Segment. BMW, Lucid, Tesla, Polestar, Porsche, Audi, Nio oder BYD haben sich bereits ins Geschäft mit der neuen Energie eingeschaltet. Weitere Hersteller wie Zeekr melden ebenfalls großes Interesse an und drängen in den Markt. Da wundert es schon, dass ausgerechnet VW recht spät mit dem VW ID.7 ein Angebot macht. Ob sich das Warten gelohnt hat, muss der VW ID.7 Pro in seinem ersten Vergleichstest gegen den Mercedes EQE und den Polestar 2 beweisen.

Leslie & Cars zeigt den Polestar 4 im Video:

 
 

Karosserie: Am luftigsten ist der VW ID.7

Wer auf eine große, geräumige und praktische Elektro-Limousine gewartet hat, wird mit dem VW ID.7 belohnt. Wie viel Raum man auf 4,96 m Länge und einem Radstand von 2,97 m für Passagier:innen und Gepäck realisieren kann, macht der direkte Vergleich mit dem 4,95 m langen, aber spürbar knapper geschnittenen EQE deutlich. Im Mercedes fehlt es gegenüber des luftigen VW an Bewegungsfreiheit. Im Fond kann man zwar auch im Mercedes EQE, der sogar einen Radstand von 3,12 m aufweist, nicht über fehlenden Knieraum klagen, aber im Vergleich zum ID.7 kommt der flach verlaufende Dachhimmel den Köpfen der Personen an Bord deutlich näher. Und der Polestar? Der nur 4,61 m lange Skandinavier ist schlicht eine Klasse kleiner als seine deutschen Rivalen im Vergleichstest.

Dafür punktet er wie der VW mit großer Heckklappe und variablem Laderaum – auch wenn die hohe Ladekante des Polestar 2 das Be- und Entladen etwas erschwert. Der ID.7 ist eigentlich ein Kombi mit sehr schrägem Heck, ebenem Ladeboden und enorm großen Fächern darunter. Nur die Zuladung von mickrigen 404 kg steht dem Ausnutzen der Kapazitäten im Weg. Immerhin 471 kg darf der Mercedes zuladen. Das Gepäckabteil des EQE ist aber mit nur 430 l eher dürftig bemessen und zudem durch die kleine Luke schlecht zu beladen. Dass Mercedes ins Gepäckabteil nicht allzu viel Liebe investiert hat, verdeutlicht auch dessen dürftige Verarbeitung. Schade, denn ansonsten gefällt der Stuttgarter Stromer mit einer sehr steifen Karosserie, solider Ausführung und weitgehend ordentlicher Materialgüte.

Auf ähnlichem Niveau fertigt Polestar 2 seine kompaktere Limousine und spendiert ihr obendrein auch noch ein piekfein ausgekleidetes Ladeabteil. Das und weitgehend hochwertige Oberflächen im Innenraum finden sich zwar auch im ID.7, der aber auf schlechten Strecken mit starkem Knarzen und Knistern aus dem Armaturenträgerbereich kein so solides Karosseriegefühl vermittelt wie seine Mitstreiter. Besser setzt sich die aufgeräumte Bedienstruktur des VW mit reaktionsschneller Sprachsteuerung in Szene. Allerdings verursacht die Doppelbelegung der Fensterhebertasten mitunter Fehlbedienungen. Auch das permanente Herunterfahren des Systems, sobald man den Wagen kurz verlässt, sollte VW beim ersten Update überdenken. Die komplexere digitale Infrastruktur des Mercedes lässt sich eine Spur schneller und noch umfangreicher per Sprache steuern. Das übersichtlichere System des Polestar versteht zwar die Sprachbefehle und spiegelt sie auf dem Touchscreen Wort für Wort wider, sperrt sich jedoch dagegen, die Befehle auch auszuführen.

 

Fahrkomfort: Polestar 2 sportlich hart gefedert

Platznehmen und Wohlfühlen! Das ist das Versprechen, dass die ErgoActive-Sitze des VW ID.7 geben und schon nach kurzer Zeit überzeugend einlösen. Die angenehme Polsterung, die Halt bietende, aber nicht einengende Kontur und die entspannende Massagefunktion sorgen für einen Premiumsitzkomfort, den die etwas weniger guten und zudem etwas schmaler geschnittenen Sitze der Konkurrenz nicht erreichen – was auch für den Fond gilt. Abgesehen von den Sitzen wird die Luft aber für den VW vor allem beim Federungskomfort und bei den Fahrgeräuschen dünn. Schon der kantige Polestar 2 gleitet geräuschärmer durch den Wind und verzichtet auf störende Fahrwerksgeräusche. Der Mercedes EQE ist im Vergleichstest noch eine Klasse besser unterwegs. Obwohl seine Seitenfenster ohne Rahmen auskommen, bleiben die Insass:innen vom Schall der Turbulenzen verschont. Sein Fahrwerk ist akustisch hervorragend entkoppelt. Dem Benz ist es vollkommen egal, ob er mit 50 km/h über kantige Pisten schwebt oder mit Volllast auf der linken Spur dahinschnalzt: Er bleibt flüsterleise.

Beim ID.7 hingegen verfängt sich der Wind an A-Säule und Seitenspiegel. Auch die Fahrwerkseinflüsse werden von seiner Karosseriestruktur nicht geräuschlos kommentiert. Apropos Fahrwerk: Der VW verfügt optional über adaptive Dämpfer, die über die Fahrmodi Eco, Comfort und Sport ihre Kennlinien erhalten oder nahezu stufenlos im Individual-Set-up frei abgestimmt werden können. Vor allem bei höherem Tempo auf der Autobahn gefällt das angebundene, dennoch soft agierende Arrangement zwischen Dämpfer und Federn, die den ID.7 gelungen austarieren. In der Stadt hadert dann aber vor allem der Hinterachse mit Kanten und Fugen, über die sie hier und da äußerst steifbeinig hinwegstolpert. Verglichen mit dem zwar fein ansprechenden, aber dann mit sportlicher Konsequenz hart über Unwegsamkeiten trampelnden Schweden, der bei hohem Tempo zudem keine Ruhe in den Aufbau bringen kann, ist das aber immer noch eine Wohltat. Steigt man allerdings in den Mercedes um, ist der Frust über die ungeschliffen agierende Hinterachse des ID.7 groß. Der mit optionaler Luftfederung versehene Mercedes kontert jede Unwegsamkeit mit unnachahmlicher Gelassenheit, blendet Kanten nahezu vollständig aus und findet beim wohlig wogendem Überschweben von Bodenwellen eine exzellente Harmonie zwischen Vorder- und Hinterachse – ein Lehrbeispiel für die in diesem Test unausgewogene Konkurrenz.

 

Motor/Getriebe: Der Mercedes EQE lädt am schnellsten

Drei Elektro-Limousinen mit nahezu identischer Leistung, konstanter Übersetzung und Hinterradantrieb lassen auf dem Papier kaum Raum für eine Differenzierung. Aber dennoch gibt es sie. Das fängt schon bei der von VW freiwillig auf 180 km/h begrenzten Höchstgeschwindigkeit an, weil Polestar seinem Stromer 205 km/h erlaubt und Mercedes dem EQE sogar Tempo 215 gönnt. Und auch die Kennlinien, die die jeweilige Abstimmungsabteilung ihrem Stromer in die Motorsteuerung programmiert hat, differieren. Polestar und Mercedes sind sehr direkt in der Ansprache, der VW hingegen ein wenig diffuser. Bei der Leistungsentfaltung fällt der Wolfsburger bis Tempo 100 mit einem gehemmteren Kraftaufbau auf, während die beiden Mitstreiter sehr impulsiv in den Sprint gehen und ihr Drehmoment und ihre Leistung wuchtig an die Hinterachse leiten. Auf der anderen Seite ist der Niedersachse der Effizienteste. Er benötigt auf unserer Normrunde lediglich 22,4 kWh auf 100 km, der Polestar, aber vor allem der Mercedes verbrauchen im Vergleichstest mehr Energie. Allerdings kann der VW ID.7 Pro auf der Langstrecke nur auf einen Akku mit einer nutzbaren Energie von 77 kWh zurückgreifen – dem Skandinavier stehen 79 kWh, dem Mercedes sogar 89 kWh zur Verfügung.

Damit empfiehlt sich in erster Linie der Mercedes EQE 350 als Kilometerfresser. Selbst dann, wenn der Schwabe seine Leistungsreserven ausnutzt und auch mal mit Tempo 200 und mehr durch den Wind schießt und sein Verbrauch sich bei fast 28 kWh einpendelt, sind Reisestrecken von knapp 300 km immer noch machbar. Sogar die gute Ladeperformance, die den ID.7 auszeichnet, kann der Mercedes noch toppen: Er lädt seinen größeren Akku im Test immer ein paar Minuten schneller von zehn auf 80 Prozent mit mehr Energie. Der Polestar 2 Long Range Single Motor sollte die Rivalen mit seinen bis zu 205 kW Ladeleistung eigentlich übertreffen, löst dieses Versprechen allerdings nicht ein: Während sich der Schwede Zeit lässt und Mühe hat, seinen Akku auf 80 Prozent zu puschen, überschreiten die beiden Mitstreiter in der gleichen Zeit den SoC (State of Charge) von über 90 Prozent. Dass der Mercedes als Einziger zudem an AC-Ladern optional mit bis zu 22 kW laden kann, VW und Polestar nur mit maximal 11 kW, bringt ihm weitere Sympathiepunkte.

 

Fahrdynamik: Den Maßstab setzt der EQE

Dass bei über zwei Tonnen schweren Familienstromern nicht unbedingt die dynamischen Talente bei der Kurvenhatz entscheidend sind, zeigt sich auch in diesem Vergleichstest. Allerdings ist ein dynamisch leicht zu händelndes Fahrzeug auch die Basis für ein sicheres Fahrverhalten. Und da setzt der Mercedes EQE eindeutig den Maßstab in diesem Vergleich. Der mit optionaler Allradlenkung ausgestattete Schwabe ist narrensicher unterwegs, gibt sich in jeder Situation unmissverständlich verbindlich und ist frei von jeder Tücke bei Lastwechseln. Das ESP ist zwar an Bord, bleibt aber selbst bei extremen Fahrmanövern gelassen im Hintergrund und korrigiert nur sehr zurückhaltend und äußerst präzise, ohne zu bevormunden. Auch der Polestar 2 bleibt frei von Überraschungen. Allerdings nervt seine in der Mittellage versteifende Lenkung vor allem bei leichten Kurskorrekturen auf der Autobahn und verhindert dadurch einen ruhigen Geradeauslauf. Sicher fährt zwar auch der VW ID.7, doch seine auf Lastwechsel lebhaft reagierende Hinterachse bittet das ESP deutlich energischer um Hilfe.

Vergleichstest So testet die AUTO ZEITUNG
So testet die AUTO ZEITUNG 5000 Punkte in fünf Kapiteln

 

Umwelt/Kosten: Am günstigsten ist der Polestar 2 

Man muss schon zweimal hingucken, wenn der Konfigurator des Mercedes inklusive der testrelevanten Extras aus dem schon selbstbewussten Grundpreis von 70.995 Euro nach ein paar Klicks stolze 94.641 Euro macht – auch wenn der Metallic-Lack bereits serienmäßig ist. Zwar sind beim VW ID.7 Pro ebenfalls die notwendigen Extras in Paketen gebündelt, wodurch auch bei ihm aus 56.996 am Ende 68.036 Euro werden – abzüglich der von VW gewährten 4760 Euro Aktionsprämie. Aber selbst dann bleibt noch ein Preisvorteil von 31.365 Euro auf der Habenseite. Dass der rundum gut ausgestattete Polestar 2 gerade einmal das Budget mit 59.275 Euro (abzüglich 6500 Euro Rabatt) belastet, spricht für ihn. Ein paar Punkte kann der teure Mercedes EQE im Vergleichstest mit seiner zehnjährigen Garantie auf den Akku wieder gutmachen – bei der Konkurrenz sind es nur acht.

 

Technische Daten & Messwerte von Mercedes EQE, Polestar 2 & VW ID.7

AUTO ZEITUNG 06/2024Mercedes
EQE 350
Polestar 2
Long Range
Single Motor
VW ID.7
Pro
Technik
MotorPermanenterr. Synchronmasch.Permanenterr. Synchronmasch.Permanenterr. Synchronmasch.
AntriebKonstantübers.; HinterradKonstantübers.; HinterradKonstantübers.; Hinterrad
Systemleistung215 kW/292 PS220 kW/299 PS210 kW/286 PS
Systemdrehmoment565 Nm490 Nm545 Nm
Spannung; Kapazität netto328,5 V/89 kWh400 V/79 kWh350 V/77 kWh
Max. Ladeleistung AC/DC170 kW/11 (opt.: 22) kW205 kW/11 kW175 kW/11 kW
Karosserie
Außenmaße (L/B/H)4946/1961 (2103)*/1510 mm4606/1859 (1983)*/1479 mm4961/1862 (2094)*/1536 mm
Leergewicht (Werk/Test)2330/2424 kg2009/2068 kg2176/2226 kg
Kofferraumvolumen430 l407-1097 l532-1586 l
Fahrleistungen
Beschleunigung 0-100 km/h (Test)6,1 s5,9 s6,3 s
Höchstgeschwindigkeit (Werk)210 km/h205 km/h180 km/h
Bremsweg aus 100 km/h
kalt/warm (Test)
34,5/33,9 m35,7/34,5 m34,2/34,5 m
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP)23,5/16,8 kWh22,6/14,8 kWh22,4/14,1 kWh
Reichweite (Test/WLTP)379/615 km350/655 km344/621 km
Preise
Grundpreis70.995 €54.475 €56.996 €
Testwagenpreis94.641 €52.775 €63.276 €
*Breite mit Außenspiegel  
 

Ergebnis in Punkten

Gesamtbewertung (max. Punkte)Mercedes
EQE 350
Polestar 2
Long Range
Single Motor
VW ID.7
Pro
Karosserie (1000)655650687
Fahrkomfort (1000)780701741
Motor/Getriebe (1000)752747725
Fahrdynamik (1000)709677677
Eigenschaftswertung (4000)289627752830
Kosten/Umwelt (1000)273337314
Gesamtwertung (5000)316931123144
Platzierung132

 
Michael Godde Michael Godde
Unser Fazit

Der neue VW ID.7 Pro überzeugt mit viel Platz und Funktion, geht effizient mit der Energie seines Akkus um und überspannt den Bogen nicht bei der Preisgestaltung. Dennoch reicht es in diesem Test nicht für den Sieg. Den sichert sich der Mercedes EQE 350. Seinen unverschämt hohen Preis gleicht er mit solider Verarbeitungsqualität und sehr fein austariertem Fahrwerk aus, das einerseits mit mustergültigem Federungskomfort und andererseits mit Sicherheit sowie Dynamik überzeugt. Außerdem sorgt sein großer Akku, der langstreckentaugliche Reichweiten generiert, für die wichtigen Punkte, die ihn als Gewinner vom Platz gehen lassen. Für den deutlich kleineren, aber dafür sehr günstigen Polestar 2 Long Range Single Motor bleibt nur der dritte Platz.

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