Mercedes EQA/VW ID.3: Vergleichstest
Einstiegs-Stromer EQA und ID.3 im Vergleichstest
Mercedes und VW machen den Übergang vom Verbrenner zum Elektrischen leicht. Der Mercedes EQA und der VW ID.3 bilden bei beiden den Einstieg in die elektrische Kompaktklasse – wenn auch auf ganz unterschiedliche Art. Vergleichstest!
Gesamtbewertung (max. Punkte) | Mercedes EQA | VW ID.3 |
Karosserie (1000) | 607 | 560 |
Fahrkomfort (1000) | 726 | 695 |
Motor/Getriebe (1000) | 696 | 712 |
Fahrdynamik (1000) | 629 | 659 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2658 | 2626 |
Kosten/Umwelt (1000) | 377 | 391 |
Gesamtwertung (5000) | 3035 | 3017 |
Platzierung | 1 | 2 |
Mit dem Start des VW ID.3, hier im Vergleichstest gegen den Mercedes EQA, geht es Schlag auf Schlag. Während der VW-Konzern ein Modell nach dem anderen aus dem modularen Elektro-Baukasten lanciert, ist auch die Konkurrenz plötzlich wie elektrisiert. Allen voran: Mercedes. Nach EQC und EQV folgen bei den Stuttgartern jetzt EQA, EQB und EQS. Und wie es die lang erlernte Nomenklatur vermuten lässt, markiert das "A" in EQA den frontgetriebenen Einstieg in die neue Elektro-Welt. Wenn man bei einem knapp 4,50 Meter langen SUV für fast 50.000 Euro überhaupt von Einstieg sprechen darf. Immerhin profitiert der EQA noch vom vollen Umweltbonus für E-Autos und ist so ganze 9570 Euro günstiger. Gleiches gilt für den VW ID.3, und das sogar mit großem Akku. Endlich gibt es den hinterradgetrieben Elektro-VW mit 77-kWh-Vorrat im Unterboden. Genug Saft für einen ausgiebigen Vergleichstest zwischen VW ID.3 und Mercdes EQA.
Der VW ID.3 (2020) im Fahrbericht (Video):
Mercedes EQA und VW ID.3 im Vergleichstest
Mit 4,26 Metern trägt der VW ID.3 klassische Golf-Maße. Durch den dickeren Unterboden, in dem sich die Batterie versteckt, sitzt man allerdings etwas höher – vor allem auf der Rückbank. Großgewachsene kommen so schon mal mit dem Dachhimmel in Berührung. Übrigens ist die Rückbank in den beiden 77-kWh-Modellen Pro S und Tour nur für zwei Personen zugelassen. Nur der "Tour 5" besitzt eine Dreier-Sitzbank im Fond. Zwar trägt auch sein Vergleichstests-Konkurrent Mercedes EQA seinen Akku im Unterboden, das aufrechte SUV-Package verbirgt diesen Umstand aber sehr gut. Gerade in zweiter Reihe können sich Erwachsene hier freier bewegen. Überhaupt fühlt man sich im EQA sofort wohl. Feine Materialien, weich geschäumte Türverkleidungen und das sehr moderne Ambiente umschmeicheln die Insass:innen. Dagegen wirkt der karge Innenraum des VW ID.3 regelrecht unterkühlt. Auf viel Hartplastik, eine sehr reduzierte Cockpit-Gestaltung und die nicht ausgereifte Bedienlogik muss man sich einstellen. Nur schwer gewöhnen will man sich allerdings an die fragile Mimik zur Spiegeleinstellung oder nur zwei Fensterhebertasten für vier Fenster. Immerhin passt die serienmäßige Sicherheitsausstattung, auch wenn der Mercedes EQA mit Pre-Safe oder 360-Grad-Kamera noch einige Assistenten mehr an Bord hat. Und wer ein E-Auto mit Anhänger-Option sucht, wird nur beim EQA fündig, der bis zu 750 Kilogramm schwere Trailer an den Haken nehmen darf.
Fahrkomfort: Mercedes EQA rollt softer ab
Dass man es sich im Mercedes EQA schnell bequem macht, liegt auch an den sehr guten Sitzen. Serienmäßig mit verlängerbarer Beinauflage und Vier-Wege-Lordosenstütze bestückt, lässt das fein ausgeformte EQA-Gestühl kaum Einstellwünsche offen. Den ebenfalls guten Sitzkomfort der ergoActive-Sitze im VW ID.3 muss man sich hingegen mit der höherwertigen Tour-Ausstattung (7690 Euro) erkaufen. Nicht für die 77-kWh-Version zu haben ist dagegen die adaptive Fahrwerksregelung DCC. Doch auch mit dem Basisfahrwerk federt der VW sehr anständig. Nur auf schlechten Untergründen mit groben Asphaltflicken dringen hier und da Fahrwerksgeräusche in den Innenraum durch, und harte Kanten mag der schwerste aller VW ID.3 auf den großen 20-Zoll-Rädern gar nicht. Dagegen rollt der spürbar weicher ausgelegte Mercedes EQA mit ebenso imposanten Rädern im Vergleichstest softer über die Straße. Leichte Nickbewegungen beim Bremsen und Gasgeben sowie die etwas poltrige Kopfsteinpflasterreaktionen trüben jedoch das ansonsten fein abgestimmte Gesamtbild. Beiden E-Autos gemein sind die wirkungsvolle Akustikdämmung und das prinzipbedingt niedrige Geräuschniveau. Einen tuckernden Verbrenner unter der Motorhaube vermisst hier jedenfalls niemand.
Motor/Getriebe: VW ID.3 ist stärker
Apropos Motor: Leistungsmäßig ist in diesem Vergleichstest der VW ID.3 mit seiner 150 kW starken E-Maschine in diesem Vergleichstest leicht im Vorteil. Diese sitzt beim ID.3 direkt an der Hinterachse. Im Mercedes EQA, der mit mächtigen 375 Newtonmetern sogar kräftiger ist, arbeitet das Triebwerk an der Vorderachse. Beim Ampelstart muss die Elektronik also fleißig regeln, um durchdrehende Räder zu verhindern. Auf dem Papier sorgt das für einen Nachteil von 0,4 Sekunden bis Tempo 100. Mercedes hat aber bereits angekündigt, dass leistungsstärkere Modelle mit einem zusätzlichen E-Motor an der Hinterachse – also mit Allradantrieb – folgen werden. Doch schon jetzt kann man im EQA-Alltag fast ohne Bremsen auskommen. Stattdessen nutzt man die Schaltpaddel, über die die Rekuperationsstärke blitzschnell eingestellt werden kann. Über Landstraßen wird gesegelt, in der Stadt stark rekuperiert. So variabel zeigt sich der VW ID.3 nicht. Einzig das "B" am hinter dem Lenkrad versteckten Fahrschalter lässt den Wolfsburger etwas stärker verzögern. Im Alltag wird man das kaum nutzen. Effizienter arbeitet das Paket dennoch: Im Testschnitt verarbeitet der VW gut 19 Kilowattstunden an elektrischer Energie je 100 Kilometer. Im etwas schwereren Mercedes EQA mit seiner größeren Stirnfläche sind es 21,4 Kilowattstunden. Weil der Mercedes mit seiner 66,5-kWh-Batterie zudem etwas weniger Energie speichern kann, pegelt sich seine realistische Reichweite bei rund 300 Kilometern ein. Im ID.3 mit 77 Kilowattstunden-Akku sind es dagegen knapp 400 Kilometer.
Fahrdynamik: Mercedes EQA hat das Nachsehen
Heckantrieb und viel Drehmoment versprechen eigentlich echten Fahrspaß. Doch die Wolfsburger:innen gehen beim VW ID.3 auf Nummer sicher und erlaubt ihm keinerlei fahrdynamische Eskapaden. Hinzu kommen ein etwas distanziertes Bremsgefühl und wenig Rückmeldung in der Lenkung. Der Mercedes EQA schiebt im Grenzbereich hingegen etwas über die Vorderräder. Und am engen Kurvenausgang haben die Vorderräder alle Mühe, den plötzlich einsetzenden Punch in Vortrieb zu verwandeln. Hin und wieder spürt man das auch in der ansonsten definierten Lenkung. Überhaupt ist der Aufbau des Mercedes EQA in diesem Vergleichstest deutlich mehr in Bewegung als der des VW ID.3, was den Schwaben am Ende zwei Sekunden auf dem Rundkurs kostet. Weil er auch beim Bremsen nicht gegen den VW bestehen kann, muss er sich in diesem Kapitel mit Platz zwei begnügen.
Umwelt/Kosten: VW ID.3 mit wenig Options-Spielraum
Eine klassische Aufpreisliste sucht man beim VW ID.3 vergebens. Stattdessen gibt es eine etwas unübersichtliche Ausstattungstabelle, in der die zwölf unterschiedlichen Basismodelle nach Akku und Leistung sortiert sind. Drei Varianten tragen die große Batterie und damit auch ein Preisschild, das an das des Mercedes heranreicht. Viel Spielraum für Individualisierung bieten die Wolfsburger nicht. Das sieht beim Vergleichstest-Gegner Mercedes EQA ganz anders aus. Obwohl er von Haus aus schon viel umfangreicher bestückt ist, lassen sich Optik und Innenraum variantenreich verfeinern. Allein 30 Seiten der Preisliste sind dick mit "Design" überschrieben. Lacke, Räder, Zierelemente oder Leder-Pakete – das 4,46 Meter lange SUV lässt sich wie ein imposantes Accessoire gestalten. Dass der Stuttgarter am Ende erwartungsgemäß etwas teurer ist als der VW, sieht man ihm allerdings auch an jeder Ecke an. Ein besonderes Highlight des Mercedes EQA ist die dank des ohnehin schon stimmungsvollen Ambientelichts illuminierte Spiraloptik hinter der Instrumententafel (Serie ab Electric-Art-Ausstattung).
Messwerte & technische Daten: Mercedes EQA und VW ID.3
AUTO ZEITUNG 10/2021 | Mercedes EQA 250 | VW ID.3 Pro S |
Technik | ||
E-Motor | Asynchronmaschine, flüssigkeitsgekühlt | Synchronmaschine, perm. erregt, flüssigkeitsgekühlt |
Systemleistung | 140 kW / 190 PS | 150 kW / 204 PS |
Systemdrehmoment | 375 Nm | 310 Nm |
Batterie | Lithium-Ionen, klimatisiert | Lithium-Ionen, klimatisiert |
Spannung/Kapazität netto | 367 V / 66,5 kWh | 355 V / 77 kWh |
Max. Ladeleistung DC/AC | 100 / 11 kW | 125 / 11 kW |
Getriebe/Antrieb | Konstantübers. / Vorderrad | Konstantübers. / Hinterrad |
Messwerte | ||
Leergewicht (Werk/Test) | 1965/1988 kg | 1730/1929 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 8,2 s | 7,8 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 160 km/h | 160 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 36,8/36,0 m | 36,0/35,1 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 21,4/17,7 kWh | 19,3/16,1 kWh |
CO2-Ausstoß (Test/WLTP) | 86/0 g/km | 77/0 g/km |
Reichweite (Test/WLTP) | 311 km | 399 km |
Preise | ||
Grundpreis | 47.541 € | 41.995 € |
Testwagenpreis | 41.113 € | 40.715 € |
E-Autos bleiben ein teures Vergnügen. Der VW ID.3 mit großem Akku kostet abzüglich Umweltbonus immer noch gut 40.000 Euro. Bei Antrieb und Fahrdynamik wird er einem Auto dieser Preisklasse gerecht. In Sachen Qualität und Verarbeitung ist er aber eine Enttäuschung – Platz zwei. Dass man in dieser Preisklasse auch von einem E-Auto mehr erwarten darf, belegt der neue Mercedes EQA eindrucksvoll. Tolle Materialien, schickes Ambiente und modernes Digital-Cockpit – so kann man sich die automobile Zukunft gefallen lassen. Der Schwabe gewinnt diesen Vergleichstest aber auch wegen des guten Fahrkomforts und der besseren Raumausnutzung. Auch wenn er etwas mehr Strom verbraucht, spricht preislich gar nicht so viel gegen ihn, wie man vielleicht erwartet hätte.