Mercedes E-Klasse/Audi A6: Vergleichstest Neuer E 220 d vs. A6 2.0 TDI Ultra
Die neue Mercedes E-Klasse (2016) wurde von Grund auf neu konzipiert und soll zuku?nftig den Oberklasse-Maßstab setzen. Wir haben den Mercedes E 220 d zum Vergleich gegen den Audi A6 2.0 TDI Ultra geschickt.
Wie man die neue Mercedes E-Klasse (2016) mit einem Wort beschreiben kann? Elegant würde den Auftritt des Stuttgarters ganz gut treffen. Denn die mit feinem Schwung vom breiten Kühler bis hin zu den Rückleuchten gezeichnete Karosserie steht der neuen Oberklasse-Limousine ausgesprochen gut. Sie wirkt gestreckter als die kurze C-Klasse und steht filigraner da als die wuchtige S-Klasse, die beide die gleiche Designsprache zitieren. E-Klasse bedeutet für Mercedes auch großen Erfolg. Gut 13 Millionen Fahrzeuge haben die Schwaben in diesem Segment bisher verkauft. Generation zehn soll diesen Erfolg fortsetzen. Dazu wurden zahlreiche technische Innovationen verbaut, die die starke Konkurrenz aus München und Ingolstadt auf Abstand halten und die neue E-Klasse zur Nummer eins machen sollen.Das merkt man bereits im Innenraum: Die Architektur des E-Klasse-Armaturenträgers orientiert sich deutlich an dem der S-Klasse. Vor allem die beiden optionalen, brillanten Displays mit jeweils 12,3 Zoll Bilddiagonale (Aufpreis: 1012 Euro) heben sich deutlich von der Instrumentierung des bereits seit fünf Jahren produzierten Audis ab. Wichtiger als die Bildschirme selbst ist aber, dass Mercedes die Menüführung und deren Bedienung über Schalter und Tasten grundlegend überarbeitet hat. Mittels berührungssensitiven kleinen Touchpads und Tasten in den Lenkradspangen lassen sich nun nahezu alle Funktionen des Comand-Online-Systems und die umfangreichen Fahrzeug-Konfigurationen einstellen. Der vom Vorgänger bekannte Dreh-Drücksteller und das Touchpad auf der Mittelkonsole sind aber immer noch mit an Bord. Auf eine Gestensteuerung oder einen zusätzlichen Touchscreen wie etwa im neuen BMW 7er verzichtet Mercedes jedoch.
Fakten zur Mercedes E-Klasse im Video:
Mercedes E-Klasse will sicherstes Auto der Welt sein
Im Audi A6 liegen die Bedienelemente weit auseinander und die Bedienstruktur ist – obwohl nicht so komplex wie die der E-Klasse – in viele Untermenüs aufgefächert. Neue Audi-Modelle wie der A3 oder Q7 zeigen allerdings, dass auch die Ingolstädter neue Pfade beschreiten. Die Stuttgarter Oberklasse verfügt zudem über eine neue Art des schlüssellosen Zugangs ins Fahrzeug per Smartphone. Das Mobiltelefon ist ohnehin fester Bestandteil der Bedienstruktur: Das Handy wird per spezieller "Near Field Communication" zum Autoschlüssel, lädt sich per Induktion auf, verbindet sich automatisch mit dem Kommunikationssystem und ermöglicht per App ein ferngesteuertes Einparken. Klare Nummer eins sein dürfte die Stuttgarter Oberklasse in Sachen Sicherheit – dank komplett neuer Features wie dem Drive Pilot, der das Fahrzeug teilautonom steuern kann und bei Blinkerbetätigung selbständig die Spur wechselt oder dem erweiterten Pre Safe-System. Bei einem möglichen Seitenaufprall drückt die äußere Luftkammer in den Seitenwangen der Sitze Fahrer und Beifahrer in Sekundenbruchteilen ein wenig weg von der Tür und schafft so wichtigen Überlebensraum. Da kann der A6 derzeit nicht mithalten. Natürlich lässt sich Mercedes die komplexen Multimedia- und Connectivity-Lösungen sowie den hohen Sicherheitsstandard extra entlohnen. Serienmäßig hingegen gibt es die gute Ergonomie im Innenraum. Lenkrad und Sitz lassen sich weiträumig einstellen. Und obwohl die neue E-Klasse nicht länger oder breiter ist als der A6, wirkt sie innen luftiger. Selbst mit dem großen Glas-Panoramadach (2106 Euro) bleibt reichlich Raum über dem Kopf. Hinten gibt es die klassenüblichen Platzverhältnisse.
Fakten zum Audi A6 im Video:
A6 kann sein Alter nicht immer verbergen
Ganz nach Stuttgarter Philosophie bettet sich unser Mercedes E 220 d auf ein Luftfederfahrwerk mit adaptiven Dämpfern und Niveauregulierung (2261 Euro). Damit wogt die viertürige Limousine sanft über wellige Pisten und zeigt ein sensibel Ansprechverhalten. Auch der Audi beherrscht mit Luftfederung und adaptivem Dämpfungssystem (1950 Euro) diese Disziplin. Hier fahren beide Konkurrenten auf einem sehr hohen Niveau – das gilt auch für die exzellente Geräuschdämmung. Die Mehrkammer-Luftfederung der E-Klasse mit drei unterschiedlich großen Kammern an der Hinterachse und jeweils zwei in den vorderen Federbeinen ermöglicht eine individuelle Anpassung oder variiert zwischen softer Grundnote und hoher Fahrstabilität bei zügigem Autobahntempo selbständig. Auch wenn Mercedes-Kunden vor allem den Reisekomfort als höchstes Gut schätzen, dürfte ihnen die ebenfalls gesteigerte Fahrdynamik der neuen E-Klasse gefallen. Ohne Härte, mit gutem Feedback, fein regelndem ESP und neutralem Grenzbereich lässt sich die heckgetriebene Limousine zügig auch über kurvige Straßen treiben. Insbesondere aus engen Kehren heraus hat der Audi deutlich mehr Arbeit damit, Lenkbefehle und Antriebskraft ausschließlich über die Vorderachse umzusetzen.
Sitze und Komfort der neuen E-Klasse top
Ein Glanzpunkt der neuen Mercedes E-Klasse ist der Sitzkomfort. Die Sitze bieten zum einen mit der deutlich höheren Lehne eine erheblich bessere Schulterabstützung als bisher. Zum anderen wertet das Aktiv-Multikontursitz-Paket (2131 Euro) das Mobiliar mit aktiven Seitenpolstern, intensiver Massagefunktion, justierbarer Schenkelauflage und perfekt sitzenden Multikonturlehnen zur Wellness-Lounge auf. Auch Audi bietet Individualkontursitze (2500 Euro) an, die aber nicht ganz so intensiv den Fahrer umschmeicheln. Direkt zum Marktstart im April 2016 setzt Mercedes auf komplett neu entwickelte Vierzylinder-Dieselmotoren. Als E 220 d leistet das Zweiliter-Triebwerk 194 PS und produziert maximal 400 Newtonmeter. Auch wenn der Audi A6 2.0 TDI ultra mit 190 PS und 400 Newtonmeter nahezu identische Werte aufweist, schafft Mercedes zumindest bei den Werksangaben bessere Verbrauchs- und Beschleunigungswerte. Der E 220 d sprintet in 7,3 Sekunden auf 100 km/h, der Audi benötigt mit 8,2 Sekunden fast eine Sekunde mehr. Bereits der von Audi angegebene Verbrauchswert von 4,2 Litern auf 100 Kilometer klingt beeindruckend. Mercedes will aber dank komplexer Abgasnachbehandlung und dem durch geringe Reibung auf Effizienz getrimmten Antrieb einen Verbrauchswert von 3,9 Liter auf 100 Kilometern ermöglichen. Während der ersten Ausfahrt war der Stuttgarter mit rund 5,5 Litern unterwegs, während der Audi einen Verbrauchswert von 5,7 Litern auf dem Bordcomputer auswies. Die genauen Werte werden wir demnächst beim ersten Vergleichstest der beiden direkten Konkurrenten auf unserer Verbrauchsstrecke ermitteln.
A6 2520 Euro günstiger als neue E-Klasse
Im direkten Vergleich der beiden Turbodiesel fällt die verbesserte Laufruhe des Mercedes-Motors auf. Der bisher knurrige Unterton bei hohen Drehzahlen fällt beim neuen Aggregat milder aus. Die serienmäßige Neunstufen-Automatik schaltet sanft und setzt die über ein breites Drehzahlband nutzbare Kraft gelungen in Szene. Dem auf Wunsch erhältlichen Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe des A6 fehlen im direkten Vergleich vor allem die beiden oberen Fahrstufen. Damit gleitet die E-Klasse bei Tempo 130 mit niedrigeren Drehzahlen auf der Drehmomentwelle leise dahin. Dass es das neue Aushängeschild der Schwaben nicht als Sonderangebot gibt, versteht sich von selbst. Bereits in der Basiskonfiguration kostet der Mercedes E 220 d 47.124 Euro. Der A6 2.0 TDI ultra ist inklusive Doppelkupplungsgetriebe 2520 Euro günstiger. Bei der Grundausstattung liegen beide Business-Limousinen trotz der Preisdifferenz auf einem Niveau.
Mit der neuen E-Klasse will Mercedes künftig das Oberklasse-Segment dominieren. Dazu haben die Schwaben an allen Stellschrauben gedreht und ein komplett neu entwickeltes Auto auf die Räder gestellt. Schon beim ersten Aufeinandertreffen des E 220 d mit seinem derzeit härtesten Rivalen, dem Audi A6 2.0 TDI ultra, wird klar, dass die neue Stuttgarter Oberklasse durchaus das Zeug zum Klassenprimus mitbringt. Das neue Bedienkonzept, die zukunftsweisende Cockpit-Architektur, der gelungene Spagat zwischen Komfort und Dynamik sowie der kraftvolle und sparsame Antrieb zahlen sich aus. Der Audi A6 kommt zwar in die Jahre, kann dem Mercedes aber immer noch mit feiner Verarbeitung, gutem Komfort und günstigerer Preisgestaltung gefährlich werden.